Interrail III 2+1

1.Teil

Österreich,

Warum um Himmels Willen 2+1? Es ist doch kein Baby unterwegs oder bereits geboren worden! Nein, aber mein lieber Mann hat die Reise „Interrailtour III“ genannt, weil er bereits vor langen Jahren, als er noch unter 20 und Single war, zweimal per Interrail unterwegs war. Ich dagegen bin noch ein Neuling, obwohl ich mit meinen gerade erlangten 60 Jahren nun schon zu den Senioren auf der Schiene gehöre und im Gegensatz zu ihm sogar ermäßigt reise. Damit dieser Bericht nun also auf uns beide passt, habe ich aus Stefans Interrail III, 2+1 gemacht, ich war ja schließlich auch dabei.

Wie kommen denn so Oldies wie wir eigentlich auf die Idee, per Interrail durch Europa zu fahren? Das sind doch eigentlich immer diese jungen Leute, die mit ihren Rucksäcken in den Sommermonaten auf den Bahnhöfen hängen oder nachts irgendwo auf den Sitzen schlafen, oder? Geht das denn überhaupt für Senioren und können die das überhaupt?

Ein klares „Ja“, die können das auch! Seit ein paar Jahren wird das Interrailticket auch für alle über 27-Jährigen angeboten, allerdings für einen höheren Preis. Man hat inzwischen auch viel mehr Auswahlmöglichkeiten, so kann man zwischen 1-3 Monatstickets wählen, mit dem Global Ticket nahezu alle Länder Europas bereisen, oder nur bestimmte Ländertickets erstehen, oder statt täglich zu fahren auswählen, dass man nur an einer bestimmten Anzahl von Tagen pro Monat fährt. Seit einiger Zeit spielten wir schon mit dem Gedanken, mal umweltfreundlicher zu reisen, aber ich muss zugeben, auch ich war in dem Gedanken gefangen, dass das eventuell nicht mehr die richtige Art zu reisen ist in unserem Alter. Außerdem lag uns der doch recht hohe Preis von 902€ pro Person für drei Monate in der zweiten Klasse auf dem Magen. Dann kam Corona und an eine derart intensive Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur zum Vergnügen war überhaupt nicht mehr zu denken.

Im Frühjahr diesen Jahres aber, als wir beide geimpft und geboostert waren und überall Lockerungen bei der Einreise beschlossen wurden, feierte gerade zur rechten Zeit das Interrailticket seinen 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass brachte die Bahn für nur wenige Tage das super Angebot heraus, einen dreimonatigen Global Pass für den halben Preis anzubieten und durch Zufall stieß ich gerade noch rechtzeitig auf das Angebot. Wir brauchten nicht lange zu überlegen, wir griffen umgehend zu, und das nicht nur einmal, sondern wir bestellten für jeden von uns gleich zwei Dreimonatstickets. Da Corona aber immer noch nicht vorbei ist und wir uns wenigstens etwas sicherer sein wollten, nicht unbedingt in überfüllten Zugabteilen eng an eng sitzen zu müssen, wählten wir 1. Klasse Tickets. Wir waren zuvor erst einmal in der 1. Klasse gefahren und das war bei einer betrieblich bezahlten Reise. Niemals hatten wir uns diesen Luxus bisher gegönnt. Im Anbetracht der Coronasituation erschien uns das aber eine sinnvolle Lösung.

Nun begannen wir das Internet zu durchforsten nach interessanten Strecken, Möglichkeiten, auch in den teuren Ländern bezahlbare Übernachtungen zu finden, denn wir konnten uns nicht wirklich vorstellen, ganze Nächte mit Maske im gefüllten Abteil zu übernachten. Wir überlegten hin und her, wann wir den ersten Trip beginnen wollten und in welche Richtung. Ein paar Eckpunkte waren klar, und zwar hatten wir zwei Termine in Deutschland, zu denen wir noch einmal zwischenzeitlich nach Hause mussten, sowie eine Verabredung mit unseren amerikanischen Freunden in Frankreich, die eingebaut werden musste. Wir entschieden uns, mit Osteuropa anzufangen. Unser Plan war eigentlich, entweder über Ungarn, Serbien runter nach Griechenland zu fahren, oder in die Türkei. Wir lernten aber schnell, dass bei einer solchen Reise Flexibilität gefordert ist und nicht alles ganz so einfach ist, wie die Werbung der Bahn es verspricht. Aber dazu später. Jetzt geht es erst einmal los:

Donnerstag, 19.5.2022 Abfahrt nach Österreich

Heute war unser erster Tag Interrailreise. Am Morgen ging es los ab Zorneding mit der S-Bahn nach Grafing, von dort mit Zug nach Rosenheim und mit einem weiteren Zug nach Salzburg. Bis dort fuhren wir per Bayern-Ticket, um uns die zwei erlaubten Fahrten innerhalb Deutschlands noch aufzuheben. In Salzburg haben wir dann das Interrailticket zum ersten Mal eingesetzt bis Linz. Wir fuhren 1.Klasse in einem Railjet der Österreichischen Bahn, was aber nicht besonders komfortabel war. In Linz haben wir einen kleinen Stadtbummel gemacht und uns erinnert, dass wir dort schon mal waren. Ich hatte es mit Graz verwechselt, weil mir meine Freundin damals eine Eisdiele empfohlen hatte und sie häufiger mit ihrem Mann in Graz ist. Der letzte Zug nach Wien war von der Westbahn und hier war die 1. Klasse ganz nett. Sie war über der 2.Klasse, nicht so überfüllt und es gab kostenlos Kekse und Mineralwasser zur Begrüßung. So konnte es weitergehen ;). Bemerkenswert war, dass alle Züge Verspätung hatten. Bei der Westbahn sagten sie durch, dass es an einer Verspätung der Verbindung der Deutschen Bahn läge.

Zu unserer Unterkunft war es ca. 30 Minuten Fußweg. An die Rucksackschlepperei musste ich mich erst gewöhnen. Ich hatte denselben Kofferrucksack mit, den ich immer für Ryanair nehme und er hatte auch nur 5,4 kg, aber trug sich nicht so super. Wir hatten wirklich sehr sparsam gepackt. Stefan hatte auch nur um die 6 kg mit. Die Unterkunft war ein 2-Bettzimmer in einer 3- Zimmer Wohnung. Alle drei Zimmer wurden touristisch vermietet, wie es schien. Ein Bad und eine Küchenzeile konnten gemeinschaftlich genutzt werden. Sie erwies sich als ganz ok, obwohl die Bewertungen bei Airbnb ziemlich mies waren. Vorab bekamen wir noch harsche Regeln mit Strafandrohungen zugeschickt, z.B. dass die Handtücher auch nur als solche zu nutzen und wie hoch die Strafe für Lärm etc. wären. Wir mussten Passkopien online schicken, so verlangten es die Behörden. Am folgenden Tag wollten wir die Stadt erobern. Wir waren beide zwar schon mehrfach in Wien, aber das war lange her.

Freitag, 20.5.22 Wien

Ein Tag Wien, das waren 26460 Schritte und diverse Fahrten mit U-Bahn, Straßenbahn und Bus. Wir kauften uns morgens ein 24 Std-Ticket für 8€ p.P. für die öffentlichen Verkehrsmittel, da bei Interrail leider nur S-Bahnen inkludiert sind und die innerhalb von Wien uns nicht weiterbrachten. Unser erstes Ziel waren zwei Straßen, die laut Google sehr abwechslungsreich sein sollten, die Reindorf-Gasse und die Mariahilfer Straße. Letztere liefen wir zuerst westlich vom Westbahnhof hoch und fragten uns, wo hier die Fußgängerzone sein sollte und was besonders an der Straße war, später erwies sie sich in Richtung Donau aber doch als ganz abwechslungsreich. Danach fuhren wir raus auf den Zentralfriedhof und bestaunten die Grabsteine von Beethoven, Schubert und anderen Musikern, Schauspielern und Persönlichkeiten. Die werden wohl noch einige Generationen die Nachwelt an sie erinnern. Es gab hier aber auch bereits etliche alte Grabsteine, die markiert waren, weil sie den Sicherheitsbestimmungen nicht mehr genügten und demnächst abgebaut werden. Der Friedhof ist gigantisch, der größte Europas, und hat sogar einen Bezahlparkplatz auf dem Friedhofsgelände und man kann sich mit Pferdekutsche oder Führung die wichtigsten Gräber zeigen lassen. Wir sind auf eigene Faust herumgelaufen und Stefan konnte es sich nicht verkneifen, als wir auf der Bank saßen, Wolfgang Ambros‘ bissig- böses Lied über den Zentralfriedhof abzuspielen. Ich konnte ihn aber schnell daran hindern.

Wieder in der Einkaufsstraße besorgte er sich second hand ein neues Laufshirt und wir kühlten uns bei einem Café mit einem Eiskaffee etwas ab. Die Sonne schien den ganzen Tag und wir hatten ca. 25-27Grad. Abends entdeckten wir nahe dem Museumsquartier Zelte mit wissenschaftlichen Mitmachaktionen. Wir hatten das Glück, die Nacht der Wissenschaften zu erleben und außer den Ständen hatten auch etliche Museen ab 18 Uhr ihre Tore kostenlos geöffnet. Ins Mumox, dem Museum für moderne Kunst, konnten wir ebenfalls kostenfrei, weil gerade Ausstellungseröffnung von Wolfgang Tillmanns Ausstellung „Schall ist flüssig“ war. Hungrig begaben wir uns danach zum Naschmarkt in der Hoffnung, ein paar Kostproben naschen zu können, aber das war nichts. Es hatten zwar zahlreiche Restaurants geöffnet, aber die meisten Stände hatten schon geschlossen und es sah auch nicht so aus, als könnte man da sonst etwas testen. Wir holten uns bei der Kebabbude gegenüber zwei gefüllte Teigtaschen und stärkten uns für den letzten Programmpunkt, den Prater. Wie zu erwarten, war überall war viel los, denn es war ein lauer Freitagabend, ideal, um auszugehen. Wir fotografierten die bunt erleuchteten Fahrgeschäfte, beobachteten Leute und machten uns gegen 21:00 auf den Rückweg zu unserer Unterkunft.

Ungarn I

Samstag, 21.5.22 Ungarn

Heute war wieder ein Fahrtag, d.h., wir verließen  kurz vor 10 Uhr das Zimmer in unserem Appartement, fuhren mit unserem 24 Std Ticket vom Vortag zum Hauptbahnhof und schlossen für 2€ unsere beiden Rucksäcke dort im Schließfach ein. Davon können sich deutsche Bahnhöfe eine Scheibe abschneiden. Nicht nur, dass wir zuhause deutlich teurere Schließfächer haben, sie sind auch gerade mal halb so groß. 2€ pro Tag in Wien fand ich doch überaus fair. Es bot uns die Möglichkeit, unser 24-Std Ticket voll auszunutzen und am Morgen noch zum Stephansdom zu fahren. Auf der Rückfahrt schafften wir eine Punktlandung. Wir kamen genau in der Sekunde aus dem U-Bahn Bereich, als es auslief. Ich weiß nicht, ob wir das Risiko bei elektronischer Schranke gewagt hätten, aber so etwas hat Wien nicht. Da wir etwas zu früh wieder am Hauptbahnhof ankamen für unsere Fahrt nach Budapest, nutzten wir das tolle Angebot der Lounge für 1. Klasse Fahrgäste. Das hat sich gelohnt. Dort konnten wir uns kostenlos Kaffee/Tee/Kakao, Saft und Mineralwasser, sowie Obst und Käsebrötchen nehmen und fanden eine kostenlose, saubere Toilette und gemütliche Sitzecken. Pünktlich um 12:42 verließ der EC 145 mit uns den Wiener Hauptbahnhof. Wir hatten ein 6-er 1. Klasse Abteil für uns, aber weder Strom, um die Handys zu laden, noch WLAN funktionierte. Die meiste Zeit hatten wir unterwegs gar keinen Empfang, aber das Leiden kennt man ja aus Deutschland auch. Wir leben halt nicht in Asien, wo Digitalisierung selbstverständlich ist. Um 15:19 fuhren wir in Budapest-Keleti, dem wohl größten der drei Bahnhöfe der Hauptstadt ein. Als wir in die Eingangshalle kamen, war ich zuerst begeistert, weil das Kuppeldach eine recht majestätische Wirkung ausstrahlte, beim näheren Hinsehen konnten wir aber erkennen, wie fertig das Gebäude war. In den Nebenflügeln kam überall der Mörtel von der Decke, die Infoschalter, immerhin 4 oder 5, waren in einem kleinen Räumchen untergebracht, vor dem man Wartetickets am Automaten ziehen musste, je nach Auskunftsbereich. Da wir Nr. 225 hatten und wir gerade mal Nr. 124 aufgerufen sahen, erwarteten wir eine horrende Wartezeit. Es standen auch etliche Leute vor der Tür. Wir entschieden uns, uns erstmal um einen Tagespass o.ä. für öffentliche Verkehrsmittel in Budapest zu kümmern. Nachdem wir den Automaten dafür gefunden hatten und auch wussten, dass wir ein 72 Std Ticket wollten, weigerte der sich aber unsere Forint anzunehmen, die wir von einer früheren Reise mitgenommen hatten. Wir zahlten mit Karte die 4150 Forint (rd. 10,80€), um die nächsten Tage frei in der Stadt herumfahren zu können. Wieder zurück beim Infoschalter der Bahn begriffen wir, dass die Nummern wild durcheinander aufgerufen wurden, je nach Auskunftswunsch, und wir waren ruckzuck dran. Sehr schnell wurde uns klar, dass eine Verbindung nach Serbien nicht möglich war, wir also nicht über Belgrad nach Griechenland würden fahren können. Im Angebot war Bukarest. Von dort sollte es eine Verbindung über Sofia nach Thessaloniki geben. Wir entschieden uns für den Nachtzug nach Bukarest am 24.5. um 19:10, der uns am 25.5. ausgeschlafen ans Ziel bringen sollte. Für alle Züge nach Bukarest waren zuschlagspflichtige Reservierungen nötig. Da wir sowieso noch etwas draufzahlen mussten, entschieden wir uns für den ganz angenehmen Weg und buchten eine Zweibettkabine im Schlafwagen, allerdings 2. Klasse. Das war zwar echt teuer mit über 40€ pro Person, aber wir ersparten uns eine Nacht eine Unterkunft in Bukarest und würden hoffentlich frisch und ausgeschlafen und voller Tatendrang dort ankommen. Nachdem wir endlich die Formalitäten erledigt hatten, fuhren wir per Bus direkt bis vor unsere Unterkunft. Google sei Dank, dass diese Dinge mit Hilfe von Maps so einfach herauszufinden sind. Wir hatten ein Zimmer mit Küchenzeile, Bad und Balkon in eindeutigem Ost-Charme. Unser erster Eindruck von Budapest war, dass es baufälliger wirkte als Sofia, aber wir waren ja auch noch nicht in irgendwelchen touristischen Prachtstraßen. Genial fanden wir, dass ein Lidl 50 m entfernt war und wir uns so gleich eindecken und am Abend kochen und auf dem Balkon essen konnten.

Sonntag, 22.5.22 Budapest

Wir waren wandern im Pilisi Parkerd, einem National- oder Naturpark in der Umgebung Budapests. Wir konnten unser 72 Stunden-Budapest Ticket nutzen, um dorthin zu kommen, was wir absolut erstaunlich fanden, denn wir waren über eine Stunde mit Bussen unterwegs. Mit Hilfe von Komoot und Google Maps hat die An- und Rückfahrt super geklappt. Wir sind durch sehr schöne Natur mit vielen blühenden Blumen, Hagebuttenbüschen auf zumeist bewaldeten, schattenspendenden Waldwegen bergauf und bergab gewandert, vorbei an Resten einer Burganlage, die ein Nachbau der Burg von Eger darstellt und als Filmkulisse für eine Serie diente. Wir kamen an Felsen vorbei und erreichten auf 570 Metern einen schönen Ausblick auf die Landschaft rund um Budapest. 350 Höhenmeter mussten dafür überwunden werden. Es war sonnig, aber ein leichter Wind machte das Wetter ideal zum Wandern. Wieder zurück im Apartment ließen wir es uns bei einem Teilchen und Kaffee gutgehen. Wir hatten tags zuvor Teilchen beim Lidl gekauft, die nicht nur echt billig waren mit ca. 60 ct, sondern auch sehr lecker. Sie schienen landestypisch zu sein, denn wir haben sie zuvor noch nie beim Lidl gesehen.

Am Abend planten wir Langos essen zu gehen.

Montag, 23.5.22 Budapest

Ich lief fast 23000 Schritte kreuz und quer durch Budapest, obwohl wir gefühlt die meiste Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln verbracht haben. Unser Plan war, gleich am Morgen nach Szentendre im Norden von Budapest zu fahren, um Ort und Marzipanmuseum zu besuchen. Als wir bereits im Zug saßen, stellten wir fest, dass weder unser 72 Std Budapest Ticket noch unser Interrailpass für diesen Zug gültig war, zumindest nicht so weit draußen vor der Stadt. Wir stiegen also gleich wieder aus und fuhren zurück. Wir planten, uns am kommenden Tag uns ein Erweiterungsticket für den Außenbereich Budapests zu kaufen und die Tour nachzuholen. Wieder in der Stadt machten wir uns auf den Weg zum Burgviertel in Buda, wir selbst wohnten in Pest, auf der anderen Donauseite. Das Burgviertel ist die Altstadt und liegt auf einem Hügel. Wir brachten die Stufen zu Fuß hinter uns, statt die Standseilbahn zu nutzen. Von oben hat man einen schönen Blick über die Donau auf das Parlamentsgebäude und die Stadt. Es war allerdings sehr voll und touristisch dort oben. Dann machten wir uns auf die Odyssee, unsere alten Forint in neue zu tauschen. Man hatte uns gesagt, das ginge bei Post und Banken, die erste Post machte uns aber gleich klar, dass nur die Nationalbank den Umtausch durchführe. Sie gaben uns eine Adresse, aber ohne Hausnummer, weswegen wir auf Google zurückgriffen. Das hätten wir lieber gelassen, denn Maps führte uns zwar zur Bank, aber die war komplett eingerüstet und hatte geschlossen. Eine andere Bank gab uns dann die komplette Adresse und wir fuhren nochmals ein ganzes Stück mit öffentlichem Verkehr, bis wir endlich am Ziel waren und unsere neuen Scheinchen in Empfang nehmen konnten. Unterwegs wurden wir am Eingang der Metro zum ersten Mal kontrolliert. Stefans 72 Std Ticket war ein Fehldruck, aber man konnte die 72 Std und das Datum gut erkennen, sodass uns bei unserer ersten Fahrt vorgestern der Busfahrer sagte, das wäre so ok. Die Kontrolle an der Metro fand das heute nicht und schickte uns zwei Stationen weiter, um dort bei der Zentrale zu fragen. Dort war aber niemand und kein Bus- oder Straßenbahnfahrer schickte uns weg. Nun würde das Ticket wohl auch noch am kommenden Tag bis zur Abreise so ok sein. Wir erholten uns bei Palatschinken mit Hüttenkäse und Kirschen, bevor wir wiederum ein ganzes Stück mit dem Bus zum Memento Park fuhren. Hier hatte man alte Denkmäler aus der kommunistischen Zeit zusammengetragen und in einem Park aufgestellt. Interessanter als die Heldenstatuen war aber die Ausstellung mit einer Dokumentation von Beginn bis Ende des Kommunismus in Ungarn. Besonders beeindruckend, wenn auch bedrückend waren die Aufstände 1956/57, die letztendlich mit Moskaus Hilfe niedergeschlagen wurden und die viele Tote, Verletzte und Repressalien für die zumeist jungen Freiheitskämpfer brachte. Weiterhin wurde ein Lehrfilm gezeigt, der damals nur jungen Polizisten in der Ausbildung gezeigt wurde. Es war ein Lehrfilm darüber, wie Geheimagenten der Staatssicherheit und ihre IMs arbeiteten, also wie man richtig spioniert.

Vom Memento Park fuhren wir wieder in die Innenstadt, guckten uns von außen die Synagoge, die größte Europas, an und schlenderten durch ein nettes Viertel mit Ruin Bar und vielen veganen, koscheren und internationalen Bars und Restaurants. Ruin Bars sind in Budapest Trend. Es handelt sich um alte, heruntergekommene Häuser, die zu Bars umgebaut werden und mit alten Möbeln, Graffitis etc. ihren unkonventionellen Style erhalten. Damit endete unser zweiter und vorletzter Tag in Budapest. Am kommenden Abend würde unser Nachtzug nach Rumänien fahren und ich war schon sehr gespannt.

https://youtu.be/tIsIKSueJHU

Rumänien I,

Dienstag, 24.5.22 Nachtzugfahrt nach Bukarest

Gegen 10:20 Uhr verließen wir unser Zimmer in Budapest und begaben uns zum Bahnhof. Die kommende Nacht würden wir auf der Schiene in einem hoffentlich bequemen Bett verbringen. Viel schlechter als das Hotelbett konnte es nicht werden, da ich hier alle Federn im Rücken spürte. An sich war das Zimmer ok, aber es wurde abends unglaublich schnell stickig heiß darin, wenn wir nicht die Balkontür aufließen. Das bedeutete aber leider auch gelegentlich Rauch im Zimmer, weil unsere Zimmernachbarn auf ihrem Balkon qualmten. Die Lage des Hotels war hingegen spitze. Der Bus hielt genau vor unserer Tür und Lidl war 50m entfernt. Wir fuhren zum Bahnhof und schlossen unser Gepäck für ca. 2,50€ im Schließfach ein. Nun konnten wir nochmal auf Entdeckungsreise gehen.

Unser 72 Std Ticket hat sich vollkommen gelohnt. Wir sind in den drei Tagen kreuz und quer durch Budapest damit gefahren. Manchmal war es nicht ganz einfach herauszufinden, bis wohin wir mit dem Ticket fahren durften, da nirgends Pläne mit der Tarifgrenze ausgehängt waren. Ebenso erging es uns mit unserem Interrailticket nach Szentendre. Dass wir den Zug H5 der Vorortzuggesellschaft nicht nutzen durften, war klar, aber eine S-Bahn bis Rakos, auf der halben Strecke? Die Zugbegleiterin wusste es selber nicht. Für den Rest kauften wir uns noch Einzeltickets. Die Preise waren mit 1,80€ erträglich. Wir schlenderten durch den netten kleinen Ort Szentendre an der Donau. Nette kleine Häuschen und Geschäfte und vor allem Gastronomie. Es war ziemlich touristisch, aber zum Glück waren keine großen Touristenströme unterwegs. Zum Abschluss besuchten wir das Marzipanmuseum mit Konditorei. Man konnte beobachten, wie ein Marzipankunstwerk kunstvoll verziert wurde, besonders konnten wir aber super Kunstwerke bestaunen wie die Houses of Parliament, Märchenszenen, einen lebensgroßen Michael Jackson aus Marzipan und ein Tisch mit Stühlen mit feinster Spitze mit einer Etagentorte und Bildern von Chopin, Strauss und einer Dame (Sissi?), alles aus Marzipan! Das waren echte Kunstwerke.

Auf dem Rückweg beabsichtigten wir eigentlich noch das 3D- Museum zu besuchen, aber das hatte wegen einer privaten Veranstaltung geschlossen. Wir aßen ein letztes Mal Langos, kauften etwas Verpflegung für die Nachtfahrt und kehrten zum Bahnhof zurück. Unser Gepäck wartete brav im Schließfach. Mit Sack und Pack begaben wir uns in die Business Lounge mit unseren 1. Klasse Interrailtickets. Diese Möglichkeit erwies sich wirklich als ein toller Vorteil. Die Zugplätze waren bisher nicht so besonders, aber sich in einer gemütlichen Lounge verwöhnen zu lassen mit Snack und Getränken, das war schon toll. Kurz vor Abfahrt begaben wir uns zu unserem Zug. An jeder Tür stand ein Schaffner und wies einem den Weg zum richtigen Wagen. Dort gab man beim Einstieg sein Reservierungticket ab und das Interrailticket wurde erfasst, dann konnten wir in unsere Kabine. Stefan war enttäuscht. Er hatte etwas anderes erwartet für 40€ pro Person, aber ich war dennoch froh, ein Bett und eine Kabine für uns allein zu haben, besonders zu Zeiten von Corona. Drin ist auch noch ein Waschbecken, das zugeklappt ein Tisch ist und ein Spiegelschrank mit Stromanschluss, Licht und zwei Flaschen Wasser. Ich war gespannt, wie ich schlafe würde, wenn ich die ganze Zeit sanft geschüttelt würde. Ob wohl an der Grenze bei Loekoeshaza und Curtici die Pässe kontrolliert würden zwischen 22:45Uhr und 23:55Uhr? So lange sollten wir laut Fahrplan dort halten. Wir ließen uns überraschen.

Mittwoch, 25.5.22 Bukarest

Es dauerte in der Nacht etwas, bis ich einschlafen konnte, aber das lag zum einen daran, dass tatsächlich Passkontrollen durchgeführt wurden und das von Grenzern beider Länder. Außerdem wurden nochmals die Tickets kontrolliert und mit Spiegel und Licht in unserer kleinen Kabine rumgeguckt, ob wir auch niemanden versteckt hatten. Danach dauerte es noch eine ganze Weile, bis das Umkoppeln und sonstiges Gerumpel vorbei war. In Rumänien wurde die Zeit um eine Stunde vorgestellt, sodass ich erst gegen 1:30, als der Zug wieder gleichmäßig durch die Landschaft ruckelte, in den Schlaf fiel. Der war dann aber recht gut bis gegen 8:30Uhr. Am Morgen machten wir uns ein bescheidenes Frühstück mit unserer mitgenommenen Marmelade, Zopfbrot und Butter. Das erhoffte Frühstück, oder wenigstens Kaffee durch das Zugpersonal, das es wohl bei anderen Night Trains laut Internet gibt, blieb leider aus. Schade! Mit ca. 1 Std Verspätung zur angekündigten Ankunftszeit – ggf hing das mit der Zeitumstellung zusammen – erreichten wir Bukarest. Berichte im Internet darüber, dass man unterschiedliche Tickets für U- Bahnen und Busse/Straßenbahnen braucht, Stationen nicht angezeigt würden etc., erwiesen sich als Humbug. Der Nordbahnhof Bukarests war moderner als in Budapest. Wir fanden schnell einen Geldautomaten und konnten auch wieder ein 72 Std Ticket (7.09€) für alle Verkehrsmittel innerhalb der Stadt kaufen. Inzwischen gingen WhatsApps zwischen unserer Vermieterin und mir hin und her, wann wir beim Appartement ankämen und wie wir hereinkämen. Sie hinterließ uns einfach den Schlüssel im nicht verschlossenen Briefkasten. Mit Bussen erreichten wir ohne Probleme das Ziel, was fast am anderen Ende der Stadt lag. Wir fanden ein nettes Appartement in einem typischen Ost-Wohnblock vor mit kleiner Küche, Bad und Schlafzimmer. Wir hatten sogar wieder eine Waschmaschine und zahlten für zwei Nächte knapp 44€. Nach einem Kaffee machten wir uns auf den Weg zum Naturschutzgebiet Parcul Natural Väcäresti. Erst bekamen wir einen Schock. Vor uns tauchte ein riesiges, rundherum mit Betonwänden versehenes Auffangbecken auf, indem eine Grünfläche von Wegen durchzogen wurde. Im Hintergrund ein Industriegebiet mit rauchenden Schornsteinen und Hochhäuser. Was war das denn?! Als wir jedoch ins Grüne hinabgestiegen waren, erwies sich das Gebiet als außerordentlich abwechslungsreich mit unterschiedlichen Habitaten für Vögel und andere Tiere wie Schildkröten, Insekten und ich wäre sogar fast auf eine Ringelnatter getreten. Gerade in dem Augenblick, als ich darüber nachsann, dass hier zwar das Klima für Schlangen stimmte, aber sicher nicht innerhalb dieser städtischen Umgebung, da bewegte sich plötzlich die vermeintliche Schnur zwischen meinen Füßen! Nach dem Ausflug in die grüne Oase fuhren wir in die Innenstadt, um irgendwo etwas zu trinken. Dort am Stadtrand war die Umgebung zu hässlich und die Getränke hatten Preise wie bei uns an touristischen Stellen. Damit hätten wir nicht gerechnet. Wir landeten in der Altstadt, die uns mit historischen Bauten und vielen hippen Bars und Restaurants etwas an Plovdiv in Bulgarien erinnerte. Überhaupt erschien es uns, dass die Länder mehr Gemeinsamkeiten haben als mit Ungarn. Budapest hatte dort, wo wir waren, zumeist ein recht einheitliches Bild alter, häufig herrschaftlicher Gebäude, die wohl so aus dem Beginn des letzten Jahrhunderts stammten. Reste der ehemaligen Monarchie, manchmal sehr prächtig, häufig aber auch mit hohem Renovierungsbedarf. Die typischen Plattenbauten sozialistischer Art fanden wir kaum. Hier in Bukarest mischten sich hypermoderne Gebäude mit klassischen Prachtbauten und Ost-Wohnblocks zu einem bunten Bild. Typisch waren hier auch wieder die vielen Parks innerhalb der Stadt, zumeist mit Wasserspielen. Die gab es hier sogar entlang einer scheußlich stark befahrenen, mehrspurigen Straße. Vielleicht sollten sie die Gemüter derjenigen abkühlen, die hier im Stau standen? Zumindest halfen sie etwas gegen den Feinstaub. Wir gingen Pizzaessen, kauften bei Lidl etwas ein und verbrachten den Abend im Appartement mit rauchenden Köpfen über Fahrplänen. Die Organisation der Fahrten von A nach B war alles andere als easy. Da ließen sich Züge, die es laut Google gab, nicht in der Interrail APP finden, weil anscheinend einige Länder ihre Züge nicht oder zu kurzfristig einstellten. Fast alle Züge waren kostenpflichtig zu reservieren und man musste immer wieder über irgendwelche Knotenpunkte fahren und häufig gab es nur Nachtzüge oder sie fuhren nur an bestimmten Tagen. Dummerweise hatte ich am 15.6. einen Termin in Göttingen und wir mussten Ende Juni pünktlich in Frankreich in Boulogne Sur Mer sein, um unsere amerikanischen Freunde zu treffen. Das vorzuplanen war wirklich knifflig. Wir wollten ja eigentlich runter bis Griechenland, aber fanden keine vernünftige Verbindung, da serbische Züge nicht angezeigt wurden. (erst später fanden wir heraus, dass das serbische Schienennetz anscheinend derartig marode ist, dass derzeit keinerlei internationale Verbindungen per Zug möglich sind) Nunja, wir würden sehen. Erst nahmen wir uns vor, einen Abstecher nach Moldawien zu machen.

Donnerstag, 26.5.22 Bukarest

26060 Schritte durch Bukarest! Der Tag begann mit einem Besuch in Ceaucescous Villa. Wir nahmen an der englischen Führung teil und konnten nur staunen, wie es der Diktator Nicolae Ceaucescou und seine Frau Elena während seiner 24-jährigen Herrschaft geschafft haben, ihre feudale Lebensweise vor ihrem bitterarmen Volk zu verstecken. Das Paar und ihre drei Kinder hatten nicht nur jeder ein Büro, ein Schlafzimmer, Ankleidezimmer, und ein äußerst exquisites Bad – Elena’s war sogar mit goldbelegen Wänden und Armaturen -, sondern es gab dasselbe auch für private Gäste. Es gab prächtige Aufenthaltsräume, in den 70-gern bereits einen überall begehrten Farbfernseher und einen Kinoraum im Keller, wo alle westlichen Filme zu sehen waren, während das Volk pro Tag nur ganze 2 Std Staatsfernsehen zu sehen bekam und meist nur Propaganda, oder eventuell mal einen Comicfilm. Abends wurde der Bevölkerung auch über Nacht der Strom abgestellt, und zu essen hatten die meisten nur einen Teil einer normalen Portion. Ceaucescous durften sich hingegen an allem Luxus erfreuen, schmückten ihre Villa mit hocherlesenen Geschenken anderer Staaten, die als Gastgeschenke mitgebracht wurden. Vasen, Orientteppiche, Leuchter und vieles mehr wanderte in ihren Besitz. In Deutschland kommen diese Gastgeschenke in ein Museum und es wird genau darüber Buch geführt, was private und was Staatsgeschenke sind. Im Keller der Villa war ein Wellnessbereich inklusive medizinischer Massagen. Das beeindruckendste fand ich aber das Schwimmbad, dessen Wände rundherum mit Bildern aus Millionen kleiner Mosaiksteine gestaltet waren. Von hier ging es direkt in einen sehr schönen Garten im Innenhof. Die Villa war während der kommunistischen Ära rundherum von der Staatssicherheit abgeschirmt. Als 1989 das Volk bei der Revolution die Villa stürmte, konnten die Menschen ihren Augen kaum trauen. Während Ceaucescous nur in erlesenen Möbeln und Kleidung von weltberühmten Designern lebten, gingen Bilder von den grauenhaften Zuständen in Rumäniens Kinderheimen um die Welt. Beim Umsturz kamen über 1000 Menschen uns Leben, über 3000 wurden verletzt. In einem Scheinprozess wurde das Ehepaar zum Tode verurteilt und erschossen. Von den drei Kindern lebt heute nur noch ein Sohn in normalen Verhältnissen in Bukarest. Ihm konnte keinerlei Mitschuld nachgewiesen werden. Bruder und Schwester starben an Krebs.

Nach unserem Weg in die kommunistische Zeit Rumäniens, besuchten wir den Bordei Park. Eigentlich ist es ein ganzes Gebiet aus verschiedenen Parks mit einem Wasserlauf und einem großen See. Um den See sind wir fast komplett herumgewandert. Es ist ein sehr schönes Naherholungsgebiet zum Wandern, Radfahren, mit Badestelle und Fähre, Yachtclub, Restaurants und Buden und dem Freilichtmuseum „Muzeul National Al Satului „Dimitrie Gusti“ mit vielen typischen Gebäuden aus den 19. Und 20. Jahrhundert, aus verschiedenen Gegenden Rumäniens. Ganz in der Nähe kamen wir zum rumänischen Arc de Triumph, der dem französischen nachempfunden ist. Bukarest galt ehemals als Paris des Ostens. Von hier fuhren wir zum Gara de Nord, dem Hauptbahnhof und reservierten unseren Zug nach Iasi für den kommenden Tag. Dafür mussten wir in einer von vier Schlangen lange warten. Die Frau am Ticketschalter kam mit unseren Online-Tickets nicht klar und holte erstmal Hilfe. Für diese idiotische Reserviererei bezahlten wir zusammen 1,42€! und angeblich hätte der Zug keine 1. Klasse, obwohl es im Internet stand. Da fast für jeden Zug eine Reservierung in Rumänien benötigt wurde, war das die reinste Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und für die Fahrgäste nur nervig. Auf der Suche nach einer 1. Klasse Lounge mussten wir feststellen, dass sämtliche Warteräume im Bahnhof für ukrainische Flüchtlinge reserviert waren. Die brauchten das zugegebenermaßen auch mehr als wir, schade war es dennoch.

Mit der Metro fuhren wir zum Athenaeum, dem Opernhaus der Stadt und landeten nach dem Durchqueren der Macca- Villacross Passage wieder an einer Ecke der Altstadt, die wir vom Vortag wiedererkannten. Damit schloss sich der Kreis, und wir machten uns auf den Heimweg.

Freitag, 27.5.22 Fahrt nach Iași

Pünktlich um 9:45 Uhr kam unsere Vermieterin zur Wohnungsübergabe. Wir fuhren zwar erst um 12.07 Uhr ab Gara de Nord, aber um dahin zu kommen, mussten wir schon eine gute Stunde einrechnen, und wir wollten nochmals versuchen, doch noch Sitze in der 1. Klasse zu reservieren. Da wir uns zum ersten Mal in Bukarest auch noch verfuhren, war unsere Zeitplanung ganz passend. Erste Klasse durften wir dann aber doch nicht reisen, sie war laut Aussage der Bahnbeamtin ausgebucht. Der Zug Richtung Iasi war insgesamt sehr gut gebucht, zu Beginn standen sogar Leute in der zweiten Klasse. Vielleicht hatten wir also sogar Glück, überhaupt noch Plätze bekommen zu haben. Wir ließen fast durchgängig unsere Masken auf, weil immer wieder jemand hustete. Der Zug war der IR1663, vergleichbar mit unseren Interregios: Großraumwagen, Polstersitze nicht verstellbar, automatisch belüftet und er hielt relativ oft. Die Geschwindigkeit war bei uns zwischen 90-130, was auch angezeigt wurde. Er gehörte also schon zu den schnelleren Zügen und IR-Züge mussten meist reserviert werden. Die Strecke zwischen Bukarest und Iasi war nicht besonders aufregend. Zumeist führte sie an landwirtschaftlichen Flächen vorbei, kleine Dörfer am Wegesrand und das 6 ¼ Std lang. Die Stadt Iasi schien es jedoch in sich zu haben. Sie galt laut Internet als Brutstätte der organisierten Kriminalität. Es sollte sogar regelrecht eine Schule für Taschendiebe dort geben, die dann in Berlin und anderen Großstädten ihr Handwerk ausüben.

Inzwischen waren wir angekommen, hatten für zwei nächste Züge in drei Tagen Reservierungen für die erste Klasse! Das war aber auch wichtig, weil der eine ein Nachtzug zurück nach Bukarest war und wir danach noch weiter nach Brasov fahren wollten und alles in Sitzabteilen. Daher sollten die Sitze wenigstens bequem sein. Hoffentlich würden die Züge nicht wieder so voll sein, damit wir uns im Nachtzug wenigstens etwas ausbreiten könnten. Wir hatten fürs erste Türkei und Griechenland gestrichen. Die Zeit war einfach zu kurz für so eine lange und umständliche Fahrt, wenn wir spätestens am 12.6. wieder In Zorneding ankommen und nach Bad Harzburg fahren mussten. Wir beabsichtigten, uns im Anschluss an Moldawien, nach Brasov zu begeben und dort zu entspannen und zu versuchen, Abstecher in die Berge der Umgebung zu machen. Nach all der Stadt musste dann mal etwas Natur sein.

Moldawien

Samstag. 28.5.22 Fahrt per Bus nach Chisinau in Moldawien

Bevor wir unsere Pension in Iasi heute Morgen verließen, lud uns unsere Vermieterin Kristina zu einem Kaffee ein, und wir hatten ein sehr interessantes Gespräch. Da sie selber ähnlich reisebegeistert war wie wir, unterhielten wir uns über unsere Reise und was Corona für ein Einschnitt war, aber noch interessanter war, mit ihr über den Krieg zu reden. Sie hatte im Februar/März einige Flüchtlinge aus der Ukraine. Als die erste Frau mit Kind kam, bot sie ihr an, ihnen eine Pizza auszugeben und war zuerst recht konsterniert, als die Frau antwortete, dass sie lieber ein Bier und eine Maniküre hätte. Später realisierte Kristina, dass die Frau voll unter dem Fluchtschock stand und das Bier zur Beruhigung brauchte. Die Frau erklärte ihr später auch, dass sie sich eine Maniküre gewünscht hätte, um sich wieder sauber und als Mensch zu fühlen nach all dem Horror. Sie hatte mit Kind tagelang vor der Flucht im U-Bahn Tunnel ausgeharrt, bevor sie aufbrach. Sie bestätigte darüber hinaus Berichte aus dem Fernsehen, wo Geschwister in Russland und Ukraine telefonieren und die Russen ihrer eigenen Familie nicht glauben, dass das, was in der Ukraine gerade geschieht, ein Krieg ist und Putins Sprüche von der Niederschlagung der Nazis nachbeten. Eine ukrainische Stewardess wurde irgendwo im Ausland von einer Russin im Toilettenraum angemacht, dass sie, bzw. ihre Leute, Schuld hätten, dass alle jetzt schlecht über Russen redeten. Welche eine Verdrehung von Tatsachen, und wie muss es für die Ukrainerin gewesen sein, diesen Vorwurf von einer Russin zu hören! Kristina erzählte auch, dass ihre Großeltern, die den 2. Weltkrieg miterlebt und den Einmarsch der Deutschen und dann der Russen erlebt hatten, das heutige Drama kommen gesehen hätten. Sie glaubten nie an dauerhaften Frieden in Freundschaft mit Russland, weil es nicht nur einen Putin gäbe, sondern Millionen Russen, die hinter ihm stünden. Als die Deutschen damals Rumänien besetzten, hätten die Soldaten sich trotz Krieg in den meisten Fällen zivilisiert verhalten, die Russen dagegen hätten sich wie die Barbaren verhalten, zerstört und Frauen vergewaltigt. Über das Verhalten der deutschen Soldaten gibt es sicher auch andere Meinungen und Erfahrungen.

Leider haben wir selber auch nicht nur positive Erfahrungen mit Russen gemacht, sondern haben, während der 10 Tage in Russland 1988/89, mehrfach brutale Schlägereien beobachtet und ich selber fing mir grundlos eine Ohrfeige in der Straßenbahn ein.

Wir merkten hier in den ehemaligen Ostblockländern schon verstärkt die Angst vor dem russischen Nachbarn und die Solidarität mit den Ukrainern.

Uns führte der Weg dennoch heute weiter Richtung Osten, nach Chisinau in Moldawien. Moldawien war nicht im Interrailticket enthalten, daher fuhren wir mit einem Kleinbus, der mehrmals täglich Iasi in Rumänien mit der moldawischen Hauptstadt verband. Wir wollten nur Chisinau besuchen und auch nur für zwei Nächte. Noch vor einem halben Jahr war uns Transnistrien, ein russischer Scheinstaat innerhalb der moldawischen Grenzen, der laut Internet das frühere kommunistische Russland wie im Bilderbuch nachahmt, eigenes Geld und Pässe, sowie Grenzkontrollen hat, der aber von keinem Land der Welt anerkannt, sondern ehr als verschroben belächelt wird, als kurioses Reiseziel erschienen. Heute besteht die Gefahr, dass Putin diesen Scheinstaat als Grund für einen Einmarsch in ein weiteres Land der ehemaligen Sowjetunion zum Anlass nimmt.

An der Grenze wurden von beiden Seiten die Pässe eingesammelt und wir bekamen einen moldawischen Einreisestempel. Es ist ja auch eine EU Außengrenze, vielleicht ist das der Grund, dass ein deutscher Zöllner die rumänischen Kollegen unterstützte. Während LKWs Schlange standen, ging es für Autos und uns zügig. Wir hatten niemanden vor uns, aber die Passkontrolle dauerte insgesamt dann doch ca. 30 Minuten. Unsere Fahrt ging fast ausschließlich durch eine Landschaft mit bewaldeten oder grasbewachsenen Hügeln, Ackerland und Weinanbau. Die Gegend schien sehr fruchtbar zu sein. Die Orte bestanden meist nur aus ein paar Häusern und es sah noch ärmer aus, als das Hinterland Rumäniens. Chisinau zeigte sich dann plötzlich als lebhafte Stadt mit einem Busbahnhof, der einem südostasiatischen in nix nachstand. Zig Busse, buntes Gewusel von Marktständen, Betrunkene, die rumkrakelten, Armut. Ein paar Straßen weiter Universitäten, schöne Parks mit Wasserspielen, hypermoderne Malls, dann wieder zerfallenen Bruchbuden und Wohnblocks mit hunderten von Wohnungen. In einem gerade mal zwei Jahre alten haben wir jetzt für zwei Tage unsere Unterkunft. Sie ist super ausgestattet, der Stil ist aber der krasseste, den wir je hatten. Die Farben von Tapeten, Möbeln, Gardinen bissen sich nicht nur, sie hatten auch alle verschiedene Muster. Beleuchtet wurde das Ganze von einem unglaublichen Kronleuchter mit rosa Glasrosen. Wäre es nachts nicht dunkel, ich könnte bei dem Anblick kein Auge zu tun. Dennoch war die Wohnung klasse, weil sie sauber, geräumig und komfortabel ausgestattet war. Zum Abschluss dieses interessanten Tages, der gleichzeitig unser 37. Beziehungstag war, gingen wir lecker essen. Stefan schlug sich den Bauch mit Salat, Pizza und Grillgemüseplatte und anschließendem Käsekuchen voll. Eigentlich alles, was vegetarisch auf der Karte zu haben war. Ich hatte eine sehr leckere Grillplatte mit Gemüse und Lachs und ebenfalls Käsekuchen. Für das alles, inklusive zwei Cola und Trinkgeld zahlten wir 30€. Da die Lebensmittel im Geschäft uns nicht besonders billig vorkamen, konnte man schon auf ziemlich niedrige Löhne schließen. Am kommenden Tag wollten wir sehen, was die Stadt so zu bieten hat.

Sonntag, 29.5.22 Chisinau

Dieser Tag war unser „Park-Tag“. Angefangen mit dem Stefan Park zu Ehren von Stefan III oder auch Stefan dem Großen, einem der großen Herrscher des Landes, in dem sich genussvoll herumschlendern, ein Kaffee trinken und/oder live einem Orchester zuhören ließ, ging es weiter zum Kathedralen Park. Er war nicht sehr groß, bot aber auf kleiner Fläche eine Kathedrale und andere Bauwerke, unter anderem wieder mal einem Triumphbogen in bescheidenem Ausmaß. Von hier liefen wir weiter zum Valea Morilor Park, der zahlreiche Freizeitvergnügen ermöglichte. Ein großer See bot sich zum Angeln, baden, Bootfahren oder drumherum joggen, schlendern oder Radfahren an. Viele Familien mit Kindern waren hier unterwegs mit Rollern oder ausgeliehenen Kinderautos, Kettcars etc. Auch hier konnte man leckeren Genüssen frönen wie Eis oder Kaffeegetränken. Wir liefen einmal um den See und kamen zu einem kleinen Vergnügungspark mit Live-Musik, wo die Caritas ein Programm für ukrainische Flüchtlinge anbot. Es war natürlich gut, zu versuchen, gerade die Kinder mal für ein paar Stunden das Erlebte vergessen zu lassen, aber ob den Frauen und Kindern nach lauter Musik mit Polonaise zumute war, erschien mir fraglich. Es schien mir ehr eine gequälte Fröhlichkeit hervorzurufen. Wir steuerten von hier unseren letzten und größten Park, den Dendrarium Park an. Hier musste man Eintritt zahlen, was aber mit 50 ct pro Person ein Witz war. Nach all den lebhaften, auf Freizeitvergnügen ausgelegten Parks mit hübschen Blumenrabatten, Springbrunnen etc. erschien dieser ehr langweilig. Das Besondere waren hier wohl die unterschiedlichen Bäume. Es war uns zuvor nicht bekannt, dass es sich bei dem Park um eine Art Arboretum handelte und er auch eine wissenschaftliche Funktion hatte. Zwischen all den Parks kamen wir am Parlamentsgebäude, dem Präsidentenpalast und anderen Regierungsgebäuden vorbei, u.a. auch der Deutschen Botschaft. Die Gegenden waren teils sehr unterschiedlich, vom Villenviertel über ein ärmeres Gebiet mit Straßenhändlern, eine Straße mit kleineren bunten Häusern mit Geschäften und Ärzten, zu hochmodernen, verglasten Fassaden von Unternehmen und historischem Bauten von Theatern und Universität. Nachdem wir mit über 20000 Schritten die Stadt erkundet hatten, begaben wir uns auf die Suche, zu welchem Busbahnhof wir am kommenden Tag mussten. Der Bus sollte nämlich nicht dort abfahren, wo wir angekommen waren. Wir wollten vorsichtshalber bereits jetzt Tickets für die Rückfahrt nach Iasi kaufen, nicht dass wir am kommenden Tag hier festsäßen und unser reservierter Nachtzug nach Bukarest und von dort nach Brasov ohne uns führe. Herauszufinden, wo wir abfahren und wie wir dorthin kommen, war gar nicht so einfach. Wir hatten uns zwar bei Google Maps die Karte und die Verbindung zum Busbahnhof Süd in unserem Appartement mit WLAN heruntergeladen, aber gleich der erste Bus fuhr uns vor der Nase weg. Nun hatten wir kein Internet und konnten keine neue Verbindung herausfinden. Letztlich schafften wir den Hin- und Rückweg mit Umsteigen und ca. 30 Haltestellen bei überfüllten Bussen, indem wir einmal zwischendrin einen Kaffee trinken gingen, um WLAN zu bekommen. Trolleybusse fuhren hier häufig, waren aber dennoch immer voll. Man zahlte im Bus, wo sich eine arme Schaffnerin zum Kassieren durch den Gang quälte. Eine Strecke in der Stadt, egal wie viele Haltestellen, kostete immer 2 Lei pro Person, das sind nicht mal ganz 10 ct. In den Bussen fuhren gelegentlich auch Ukrainerinnen mit, mit einer Mappe mit Bildern von ihren Babys oder Kleinkindern und bettelten um Geld. Es gab kaum jemanden, der nichts gab, auch wir nicht. Gegen Abend hatten wir endlich unsere Tickets und kamen wieder bei unserer Unterkunft an. Wir überprüften, wieviel moldawisches Geld wir noch übrig hatten, legten ausreichend Kleingeld für tags drauf für die Fahrt zum Busbahnhof zurück und ließen uns für den Rest noch einmal eine Grillgemüseplatte und Kartoffelvariationen im Restaurant schmecken. Nun mussten wir gut vorschlafen, denn uns stand ein langer Tag mit 4 Std Busfahrt und danach eine Nachtfahrt von 6,5 und 2,5 Std in normalen Zug- Sitzabteilen bevor. Hoffentlich würde der lange Zug nach Bukarest leer sein.

Rumänien II

Montag. 30.5.22 Fahrt nach Brasov/Rumänien

Es klappte alles wie am Schnürchen. Wir verließen unser Appartement um 12:00 Uhr, fuhren endlos lang, sprich über eine Stunde mit zwei Trolleybussen zum Busbahnhof Süd von Chisinau und pünktlich um 15 Uhr starteten wir mit einem Kleinbus in Richtung Iasi. An der Grenze wieder das etwas grummelige Gefühl im Magen wie immer, wenn es um eine „echte“, d.h. kontrollierte Grenze geht, und dann waren wir wieder in Rumänien, in der EU. Nun hatten wir noch 4 Std Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges nach Bukarest. Wir liefen mit Rucksäcken in die Innenstadt von Iasi. zur Metropolitan Kathedrale und von dort, durch eine sehr schöne Fußgängerzone mit viel Blumenschmuck, zum prächtigen Kulturpalast. Er wirkte fast wie ein Schloss, besonders, als er abends beleuchtet wurde. Dahinter erstreckte sich ein Park mit Springbrunnen, künstlichem Wasserfall, leicht in Terrassen angelegtem Rasen, Trampolin und Karussell für Kinder. Daneben fanden wir Essensstände und eine hochmoderne und edel wirkende Einkaufsmall mit Kongresscenter. Wir kauften uns Brot, Käse und etwas Süßes und ließen es uns auf einer Bank bei lauer Abendstimmung und tollem Licht gutgehen. Gut 1 1/2Std vor Abfahrt gingen wir zum Bahnhof und saßen danach in der ersten Klasse Großraumabteil, das wahrscheinlich von Deutschland ausgemustert wurde. Es sah für erste Klasse echt fertig aus. Die Wagen der zweiten Klasse waren moderner. Nun hofften wir, dass wir wenigstens möglichst allein blieben, um Platz und Ruhe zum Schlafen zu finden. Lang würde die Nacht nicht, da wir um 5:13 Uhr in Bukarest umsteigen mussten nach Brasov. Dann mal gute Nacht.,

Dienstag, 1.6.22 Nachtfahrt Iasi – Bukarest

Die Nachtfahrt fand ich total doof. Unser Erste Klasse Abteil war ein Großraumabteil mit abwechselnd 3er und 2er Sitzen gegenüberliegend und dann wieder 2×2 gegenüber und auf der anderen Gangseite 2×1 gegenüberliegend. Wir hatten 2 Plätze am Fenster in einer 2×2 Nische. Erst war es fast leer in unserem Abteil, sodass sich Stefan eine Reihe weiter auf Dreiersitze legte zum Schlafen. Sein Rucksack, Schuhe etc lagen bei mir. Da ich kein direktes Gegenüber hatte und wir es geschafft hatten ein Fenster zu öffnen, wagte ich es, ohne Maske zu versuchen zu schlafen. Es gelang mir auch ca. 1Std mit Kopf auf dem Rucksack über zwei Sitzen liegend, Schlafmaske und Ohrenstöpsel. Als ich bei irgendeinem Halt wach wurde – der Zug hielt an jeder Milchkanne – saß mir plötzlich ein fremdes Paar gegenüber ohne Maske, auf dem Einzelsitz am Gang ein Mann mit OP-Maske unter der Nase, das Fenster war zu, das Licht blieb die ganze Zeit an, und es war ätzend warm. Ich versuchte, mit Maske weiterzuschlafen, aber es ging einfach nicht. Ich wechselte den Platz zu Stefans Nische, ließ aber seinen Rucksack und Schuhe unter meinem reservierten Sitz. Nun konnte ich wegen Luftnot nicht mit Maske, aber aus Angst mir etwas einzufangen auch nicht ohne Maske schlafen. Aus der Klimaanlage vorm Fenster blies mich heiße Luft an, die auch, nachdem ich darum gebeten hatte, nicht wirklich kühler gestellt wurde. Auf dem Klo gab es nicht mal Licht. Wie gut, dass das Handy eine Lampe hat! Ich wagte es ohne Maske wieder einzuschlafen und hoffte nun, mir nichts einzufangen. Tags zuvor gab es bereits im Bus eine kritische Situation. Mir setzte sich eine Mutter mit zwei kleinen Kindern gegenüber, natürlich ohne Masken. Der kleine Junge war total rot im Gesicht, was mir schon komisch vorkam, es hätte aber auch Sonnenbrand sein können. Dann fing er an zu husten, aber nicht in die Ellenbeuge, sondern voll in die Gegend. Stefan machte das Fenster auf und ich versuchte mir einen Stehplatz zu ergattern und drehte dem Jungen den Rücken zu. Viel Platz war nicht. Die Busse in Chisinau waren immer voll besetzt inkl. Stehplätzen. Nun konnten wir nur hoffen, dass unsere Masken uns gut geschützt hatten.

Gegen 5:13 Uhr erreichten wir Bukarest, und unser Anschlusszug war erfreulicherweise schon da. Wir teilten ein 1. Klasse 5-Personen Abteil mit einer Dame, die auch eine Maske trug, eine absolute Seltenheit. Stefan besorgte noch Kaffee und gegen 6:08 Uhr zuckelten wir ab nach Brasov, was auch Kronstadt genannt wird. Eine Erklärung dazu aus Wikipedia:

„Kronstadt wurde von den Ritterbrüdern des Deutschen Ordens im frühen 13. Jahrhundert als südöstlichste deutsche Stadt in Siebenbürgen unter dem Namen Corona gegründet (später auch Krunen genannt). 1225 mussten die Deutschordensritter ihre Komturei Kronstadt verlassen und ließen sich im Baltikum nieder. Kronstadt war über Jahrhunderte neben Hermannstadt das kulturelle, geistige, religiöse und wirtschaftliche Zentrum der Siebenbürger Sachsen, die seit dem 12. Jahrhundert auf Einladung des ungarischen Königs in der Region siedelten und bis ins 19. Jahrhundert hinein die Mehrheit der Stadtbevölkerung bildeten.“

Wir fanden den richtigen Bus zu unserer Unterkunft, die wir freundlicherweise schon am Morgen beziehen durften. Wir haben wieder ein kleines Apartment mit Küche, Bad und Balkon für 75€ für 3 Nächte. Während Stefan eine Runde schlief, bastelte ich erneut an unserer kommenden Strecke herum, weil er gerne noch nach Constanza am Schwarzen Meer wollte. Danach gingen wir einkaufen und machten uns etwas zu Mittag. Bevor wir uns auf Erkundungstour in die Stadt begaben, erwischte mich die Müdigkeit mit Wucht, sodass ich beschloss, doch erst einen Mittagsschlaf zu halten. Stefan nutzte die Zeit zum Joggen, Wäsche waschen und leckere Erdbeeren auf dem Markt vor unserem Haus zu kaufen, die wir dann gemeinsam auf dem Balkon genossen. Dann konnte es losgehen. Wir fuhren in die Altstadt und stellten fest, dass wir die letzte Bahn auf den Burghügel verpasst hatten. Um dort hochzuwandern, hatte ich aber nicht die richtigen Schuhe an und auch nicht genug Elan. Wir erkundeten also die Altstadt. Es war deutlich zu erkennen, dass an einigen Stellen schon Fassaden restauriert und Geld für touristische Infrastruktur in die Hand genommen worden war, es blieb aber noch einiges zu tun außerhalb der Fußgängerzone. Die Lage der Stadt am Rande der Karpaten ist sehr schön. Stefan durfte beim Joggen auch gleich um die 300 Höhenmeter hinter sich bringen. In dieser Gegend schienen die Menschen einen süßen Zahn zu haben. Die Anzahl an Bäckereien, Patisserien und Eisdielen war überwältigend, noch mehr der Geschmack der Strudel. Ich aß dort wohl den leckersten Quarkstrudel meines bisherigen Lebens. Sie wurden hier wie andere Gebäckstücke durch kleine Fenster von Bäckereien verkauft. Was uns sowohl in Ungarn, als auch Rumänien und Moldawien aber auch begeisterte, war der öffentliche Stadtverkehr. Niemand scherte sich hier groß um Abfahrtszeiten, wenn sie auch häufig durch digitale Anzeigen an den Haltestellen angezeigt wurden. Man wartete nie lange, um zu seinem Ziel zu kommen und es war fast immer mit ein bis zwei Bussen erreichbar, egal wo man war und wo innerhalb der Stadtgrenze man hin wollte. Die meisten Busse fuhren an Oberleitungen und fast alle hatten mindestens ein bis zwei Gelenke, waren also wirklich lang und dennoch gut gefüllt. Letzteres besonders in Moldawien. Da hatte man selten Glück, einen Sitzplatz zu erwischen, nicht wie bei uns, wo häufig Busse fast leer fahren. Mit Internet war es auch unkompliziert, sich Verbindungen zu suchen und im Bus die Strecke zu verfolgen. Wieviel einfacher ist das zu früheren Zeiten, wo man sich erst durchfragen, Busfahrpläne entziffern und dann im Bus jemanden finden, der einem Bescheid sagte wo man aussteigen musste

Mittwoch, 1.6.22 Wandertag Busteni

Auf unserem Weg von Bukarest nach Brasov kamen wir durch die Karpaten und sahen den kleinen Bahnhof von Busteni. Hier wollten wir hin zum Wandern. Wir begaben uns also an diesem Morgen zum Bahnhof und befürchteten, dass uns durch die dumme Reservierungspflicht der Zug vor der Nase wegfahren würde, er hatte aber 1 Std Verspätung und die Schalterbeamtin schickte uns zu einem anderen Zug auf Gleis 1. Erst kam keiner, dann sahen wir einen der Privatbahn ASTRA, den wir nicht nehmen durften. Wir fragten beim Busbahnhof, aber die schickten uns wieder zum Zug. Inzwischen war die Stunde Verspätung zusammengeschmolzen auf 20 Minuten, wir reservierten doch den ursprünglichen Zug und fuhren damit nach Busteni. Im Zug war eine ganze Reisegruppe Deutscher. Als wir in Busteni ankamen, war der Ort voll von wandernden Schulklassen oder Kinder-, Jugend- und Familiengruppen. Alle waren auf dem Weg in den Nationalpark. Stefan hatte eine Wanderung zum Wasserfall Urlatoarea bei Komoot ausgeguckt. Entgegen vorheriger Wetteraussichten hielt sich auch an diesem Morgen das Wetter. Es war sonnig und mit 27Grad fast zu warm. Der Weg war steil und teils rutschig, weil es wohl in den letzten Tagen geregnet hatte, aber er war noch gut zu bewältigen. Einen Bären haben wir leider (oder zum Glück) nirgendwo erblickt, was aber bei dem Aufkommen kreischender Kinder auch nicht zu erwarten war. Der Wasserfall war nett, wenn auch nicht überragend, es tat aber gut, mal wieder in der Natur zu sein. Der Ort lag sehr schön eingebettet in den Bergen, war aber auch sehr touristisch. Gerade als wir auf den letzten Metern zum Bahnhof waren, begann es zu regnen. Da wir nicht bis zum nicht reservierungspflichtigen Zug warten wollten, fragten wir bei dem gerade einfahrenden Privatzug nach dem Preis. Für 10 Lei (2,02€) konnten wir beide direkt nach Brasov fahren. 8 Lei hätten wir sonst schon für die Reservierung bezahlt und noch dazu fast 2 Std warten müssen. Wieder in Brasov kauften wir nochmals Gemüse auf dem Markt für unser Abendessen. Der Markt war wirklich groß und duftete verführerisch nach Kräutern. Es gab sogar ein ganzes Areal für Schnitt- und Topfblumen. Blumensträuße schienen hier sehr beliebt zu sein. Am letzten Sonntag gab es kaum eine Frau, die nicht mit einem Strauß unterwegs war, und auch sonst sah man häufig Leute mit Blumen im Bus oder auf der Straße. Was ebenfalls auffiel war, dass Rumänien sehr sauber ist. Da lag selten irgendwo Müll auf der Straße oder in Parks herum und man sah häufig die Müllabfuhr und auch Leute, die z.B. im Park Müll mit Saugern wegsaugten. Wie in Bulgarien und natürlich Asien zog man auch bei Unterkünften sofort die Schuhe aus. Meist standen bereits Badelatschen bereit.

Donnerstag, 2.6.22 Brasov

Wir ließen uns Zeit, bevor wir uns mit dem Bus wieder Richtung Zentrum aufmachten. Wir hatten noch zwei Punkte auf unserer To Do-Liste, das Landschaftsschutzgebiet Tampa auf dem Hügel in der Stadt und die Schnurgasse. Da Stefan beim Joggen am Morgen bereits mit dem steilen Aufstieg Erfahrung gemacht hatte, wählten wir die Gondelbahn zur Auffahrt auf den Tampa. Wir hatten 27Grad und von der Bergstation waren es noch ein paar Höhenmeter bis zur Spitze, sodass mir trotz bequemer Auffahrt der Schweiß lief. Ich war sehr froh, dass wir es nicht versucht hatten, zu laufen. Meine Knie waren noch von der Wanderung am Vortag wackelig. Von oben hatte man einen guten Blick auf die Stadt. Noch schöner wäre er vielleicht bei Sonnenauf– oder -untergang, aber da fuhr die Bahn nicht. Als wir wieder unten waren, besuchten wir die Schnurgasse, so genannt, weil sie sehr schmal war. Laut Schild war sie die drittengste Gasse in Europa. Die, für Notfälle wie Feuerbekämpfung im 17. Jahrhundert gebaute Gasse in der Kronstädter (Brasov) Festung, wurde in den letzten Jahren als Kunstobjekt initiiert und von jungen einheimischen Künstlern gestaltet. Wir liefen noch etwas durch die Stadt auf der Suche nach Crêpes oder ähnlich leckerer Süßspeise, aber für 180 gr. 6€ und mehr zu zahlen, fanden wir übertrieben und fuhren zu unserem Apartment zurück. Ich fühlte mich kaputt und sprang erstmal unter die Dusche, während Stefan Teilchen und leckere Erdbeeren besorgte. Es war echt fein, einen fest installierten Markt, der jeden Tag geöffnet hatte, vor der Haustüre zu haben. Wir schlemmten die Leckereien und machten uns einen faulen Nachmittag. Am kommenden Tag wollten wir weiterfahren ans Schwarze Meer nach Constanta.

Freitag, 3.6.22- Fahrt nach Constanta

Ca. 12:30 Uhr ging es von Brasov nach Constanta, also vom Gebirge ans Meer. Wir freuten uns, denn die zwei Züge konnten ohne Reservierung genutzt werden. Lange dauerte die Freude nicht an, denn „kann“ heißt nicht, dass auch niemand sonst reserviert! Es dauerte nicht lange, da mussten wir unsere Plätze zum ersten Mal verlassen, weil jemand sie reserviert hatte. Leider wurde das in rumänischen Zügen nicht angezeigt, also tappte man immer im Dunklen. Beim nächsten Stopp dasselbe Spiel, bis wir irgendwann getrennt voneinander irgendwo im 1. Klasse Wagen saßen. Immerhin fanden wir aber bis zum Zugwechsel in Bukarest immer einen Sitzplatz, und es gab auch ein 1 Klasse Großraumabteil, was mehr Beinfreiheit und bessere Federung bedeutete. In Bukarest überlegten wir erst, ob wir für den Anschlusszug noch schnell reservieren sollten, aber im Bahnhof war die Hölle los. Ob Pfingstverkehr oder bereits Ferien, keine Ahnung. Wir stiegen also wieder ohne Reservierung ein, mussten diesmal aber nur einmal weichen. Dafür fuhr der Zug erst mit 50 Minuten Verspätung ab. Leute stiegen ein und aus, es sammelten sich immer mehr auf dem Bahnsteig, im Zug wurde es heiß und die Luft zum Durchschneiden, weil keine Aircondition funktionierte wenn der Motor nicht lief. Draußen waren es um die 30Grad. Es muss wohl ein technisches Problem gegeben haben, denn irgendwann gab es einen kräftigen Ruck und kurz drauf ging es endlich los. Ich schätze, wir haben eine andere Lok bekommen. Als die Belüftung lief, ging es dann auch mit dem Klima und es war kein Schweißbad mehr hinter der Maske. In Constanta war im und vor dem Bahnhof ein Betrieb wie in Asien. Selbst die Taxifahrer versuchten, uns zu sich zu locken. Wir wussten aber von unseren Vermietern, welche Busnummer wir nehmen konnten. Zum ersten Mal auf der Reise fuhren wir erst in die falsche Richtung, merkten es aber gleich und stiegen an der nächsten Haltestelle wieder aus. Mit über einer Stunde Verspätung zur vereinbarten Check- in Zeit erreichten wir unsere Unterkunft. Gut, dass es möglich ist, die Vermieter per Handy einfach zu kontaktieren. Wir hatten wieder ein nettes Studio, also Schlafraum, Küche und Bad und auch wieder eine Waschmaschine. Wir nutzen sie bisher immer ohne Waschpulver, denn meist waren immer noch kleinere Reste in der Maschine und außerdem waren unsere drei/vier Teile eh in der Regel nur verschwitzt. Draußen auf dem Balkon in der Sonne getrocknet waren sie danach immer frisch. Wir gingen noch Pizzaessen und einkaufen und damit war der Tag dann auch zu Ende. Erfreulicherweise hatten wir es morgens in Brasov sogar noch geschafft, alle drei Züge für Montag zu reservieren, wobei wieder ein Zug ein Nachtzug mit Schlafabteil ist, voraussichtlich derselbe Zug wie beim letzten Mal, nur in die Gegenrichtung von Bukarest nach Budapest. Dieses Mal sollte es dann aber noch weiter nach Bratislava in der Slowakei gehen.

https://youtu.be/WXrJWlUR33o

Samstag, 4.6.22 Constanta

11,5 km zu Fuß erwanderten wir an diesem Tag Constanta. Zuerst ging es am Schwarzen Meer entlang bis in die Innenstadt zum Ovidiu Platz, auf dem ein sportliches Fest für Kinder und Jugendliche stattfand. Ein Kletterturm mit Sicherung, diverse Ballspielangebote und Geschicklichkeitsspiele wurden angeboten. Das Ganze wurde von Kaufland gesponsert. Ich hatte bisher gefühlt nirgendwo so viele Spielplätze und auch kleine Vergnügungsparks innerhalb von Parks gesehen wie hier in Rumänien und sie waren immer gut besucht. Auch viele Eltern schienen sich dort zu treffen. Ebenso fielen uns die vielen Kindergruppen auf, entweder wandernd in der Natur bei Busteni oder auch in den Städten.

Wir gingen weiter bis zur Carol-I.- Moschee, auf deren Minarett man gegen Eintritt steigen konnte. Von dort bot sich einem ein guter Ausblick über die Stadt und den Hafen. Constanta hat Rumäniens größten Hafen und war nun auf Grund des Krieges im Gespräch, die Abwicklung der Getreidelieferungen nach Afrika zu übernehmen. In einem Internetbericht darüber las ich über die große Anforderung, weil weder der Hafen, noch der Schienenverkehr auf diese Kapazitäten vorbereitet waren.

Unser Weg führte uns weiter zum Casino, einem an sich sehr prächtigem Bau, an dem aber der Zahn der Zeit erheblich genagt hatte und das vorübergehend geschlossen war. Es schienen Bautätigkeiten begonnen aber noch lange nicht fertiggestellt zu sein. Vor dem Casino oberhalb der Küste fand das internationale FIBA 3×3 Europacup Basketballspiel Ungarn gegen UK statt. (https://www.fiba.basketball/3x3europecup/2022/romania/about) statt. Etwas ganz Besonderes kann das aber nicht gewesen sein, denn es guckten kaum Leute zu.

Durch die Stadt ging unser Weg dann zurück zur Unterkunft. Unterwegs stärkten wir uns mit einer lecker gefüllten Bubble Waffel, die wir uns teilten. Über unsere Unterkunft, die eigentlich ganz nett war, ärgerten wir uns an diesem Tag. Die im Angebot aufgeführte und auch vorhandene Waschmaschine konnten wir nicht nutzen. Sie durfte nur von Langzeitgästen über Winter genutzt werden. Wir wuschen unsere Wäsche also auf herkömmliche Art im Waschbecken.

Constanta hatte ein paar schöne Stellen, zeigte aber insgesamt viel Verfall. Die Strände waren enorm breit und noch sehr leer, aber irgendwie auch ohne Charakter. Dafür fehlte der Stadt aber auch der typische Tourismustrubel mit zig Geschäften an der Promenade, was eher positiv anzumerken ist. Aber auch hier reihte sich ein Privatstrand mit seinen Liegen an den anderen, nette schattige Stellen, die frei nutzbar waren, suchte man vergebens. Ich glaube, den einzigen wirklich schönen Strand am Schwarzen Meer haben wir im Jahr zuvor in Bulgarien gefunden und der war Naturschutzgebiet.

Sonntag, 5.6.22 Fahrt Richtung Bratislava

Wir verließen Constanta um 12:30 Uhr mit einem angenehmen Interregio in der ersten Klasse. Im Großraumabteil waren immer Vierersitzgruppen mit Tisch und auf der anderen Seite des Ganges Zweiersitze gegenüber mit Tisch. Man hatte viel Beinfreiheit, die Sitze waren gemütlich, wenn auch nicht verstellbar und die Klimaanlage funktionierte hervorragend, was man besonders merkte, als wir in Bukarest den Zug verließen. Wir hatten 2,5 Std Wartezeit und verdrückten uns schnell im schattigen Park gegenüber des Bahnhofs. Es waren draußen 33Grad und es war eklig schwül. Bevor wir uns ca. 45 Min vor Abfahrt wieder in den Bahnhof begaben, deckten wir uns noch mit leckerem Gebäck zum Abendessen und fürs nächste Frühstück ein. Wir hatten erneut eine Nachtfahrt vor uns, dieses Mal aber wieder im Schlafabteil. 16 Std Fahrt und Schlafen mit Maske ging einfach nicht. Ich fand so ein Zweibettabteil auch ganz gemütlich, wenn es mit 40€ pro Person Zuschlag im Gegensatz zu ca. 3€ im Sitzabteil auch total überteuert ist. Unsere Unterkünfte waren bisher immer erheblich preiswerter.

Unterwegs bekamen wir plötzlich eine furchtbar laute Unwetterwarnung auf Rumänisch auf unser Handy. Verstanden haben wir erst nichts, konnten dann aber die schriftliche Meldung übersetzen. Zwischen 18-19 Uhr waren schwere Gewitter mit starken elektrischen Entladungen zu erwarten, man sollte Reisen unterlassen. Wir saßen aber im Zug und es war bereits nach 19:00 Uhr und draußen nur leicht bewölkter Himmel. Erst jagte uns das aber schon einen Schreck ein. Nun zuckelten wir bis zum nächsten Morgen durch die Landschaft. Es war dieselbe Strecke, die wir schon einmal im Nachtzug verbracht hatten. Dass immer alle großen Züge über die Hauptstädte fahren und nicht direkt, war schon manchmal nervig.

https://youtu.be/tPVlbrNrYDM

Slowakei

Montag, 6.6.22 Bratislava

Nach 20,5 Std reiner Fahrzeit und knapp 3 Std Aufenthalten bei zwei Stopps rollten wir zur Mittagszeit gut in Bratislava ein. Die Nacht im Schlafwagen des Nachtzuges „Ister“ war recht kurz, denn ich war erst gegen Mitternacht in einen etwas unruhigen Schlaf gefallen, weil ich das Gefühl hatte, dass meine Liege etwas nach vorne abschüssig war, und dann kamen gegen 5 Uhr die Grenzer zur Passkontrolle. Ich war todmüde, aber anstatt beide Länder ihre Zollbeamten gleichzeitig reinschickten, dauerte es mindestens nochmal eine Dreiviertelstunde, bis der Zug die paar hundert Meter weiterfuhr und die Ungarn zur Passkontrolle anrückten. Dann waren wir uns immer noch nicht sicher, ob, wie beim letzten Mal, nochmal unsere Tickets geprüft würden, sodass ich es erst nach sechs Uhr nochmal wagte, einzuschlafen. Immerhin bescherte mir das Ganze einen schönen Sonnenaufgang. Zum Frühstück haben wir unsere leckeren, gefüllten Strudelteilchen gegessen und kamen fast pünktlich um 9:00 Uhr in Budapest an. Hier mussten wir mit dem Bus zu einem anderen Bahnhof fahren. Dort gab es leider nicht so eine feine Erste Klasse-Lounge wie in dem anderen, also begaben wir uns zu Starbucks und tranken einen riesigen Kaffee zusammen und aßen einen Muffin. Damit hielten wir uns die 1,5 Std Wartezeit bis zum nächsten Zug auf. Um 11:40 Uhr ging es weiter per EC, der wirklich bequem war, die meiste Zeit WIFI hatte und wo wir sogar jeder eine Flasche Wasser bekamen. Gegen 14:00 Uhr waren wir endlich am Ziel. Wie schön, dass unsere Airbnb Unterkunft nur ein paar hundert Meter vom Bahnhof entfernt lag. Das war aber auch das einzig Gute an ihr. Unser Vermieter P., ein Schwarzer, der meiner Meinung nach autistische Züge hatte, begrüßte uns mit einer ganzen Litanei an Erklärungen, wobei er zwar gut, aber sehr schnell Englisch redete und uns dabei überhaupt nicht anguckte. Wenn er erklärte, welches Kühlschrankfach oder welche Räume nicht für uns seien, redete er immer in der dritten Person, also das ist P‘s Reich oder „P. mag seine Lebensmittel gerne selber essen“. Unser Zimmer hatte höchstens 9 qm. Darin stand ein Doppelbett, dass es zur Hälfte füllte, ein Plastikcampingschrank, den man mit Reißverschluss verschloss, zwei Plastikklappstühle mit kaputten Sitzen, ein Minischreibtisch und ein Ventilator. Die Wände waren zig Mal ausgebessert und die Kopfkissen so dick und unförmig wie von meiner Oma. Die Luft war trotz offenem Fenster und Ventilator heiß und stickig. Gut, dass es vergittert war, so konnten wir es nachts wenigstens geöffnet lassen, sonst hätte man leicht von draußen einsteigen können. Dafür zahlten wir 61€ für zwei Nächte, wobei unser Gastgeber nur 52€ bekam, der Rest war Steuer und Airbnb-Gebühr. Wir konnten die Küche und natürlich Bad und Toilette mitbenutzen. Für zwei Nächte war es ok, es war zumindest sauber, aber Airbnb war doch immer wieder gut für Überraschungen.

Wir brachen gleich auf in die Altstadt Bratislavas, die wirklich sehr schöne Häuserfassaden zu bieten hatte. Man hatte an Verzierungen nicht gespart. Wir liefen bis zur Donau und dem UFO Tower, einem Brückenturm mit Panoramarestaurant, mit der Form eines UFOs. Von dort oben hatte man sicher einen tollen Blick über die Stadt, aber 9,50€ pro Person war uns das nicht wert. In der Stadt merkte man die Nähe zu Wien. Cafehäuser, Palatschinken und andere süße Leckereien waren überall zu finden Man hörte auch erstaunlich häufig deutsche Stimmen. Nach 10 km kreuz und quer durch die Stadt packte mich Müdigkeit und Erschöpfung mit Macht. Die Hitze und die lange Fahrt machten sich bemerkbar. Stefan brachte mich nach Hause und ging dann nochmal alleine los zum Einkaufen für unser Abendessen.

Dienstag, 7.6.22 Ausflug Trencin/ Slowakei

Trotz der stickigen Luft in unserem Zimmer schliefen wir ganz gut. Bei offenem Fenster und laufendem Ventilator war es auszuhalten. Morgens hat Stefan beim Joggen einen Braunbären gesichtet, der aber zum Glück Reißaus genommen hatte, sodass ich nicht als Witwe weiterreisen musste. Beim Frühstück haben wir dann weitere Gäste unserer Unterkunft kennengelernt. Ein Pärchen oder Geschwister von den Philippinen. Sie arbeitete seit letztem Herbst in Bremerhaven als Krankenschwester und er in einem Altenheim auf Malta.

Da wir am Vortag bereits über 10 km zu Fuß Bratislava erkundet hatten, nutzten wir unser Interrailticket für einen Ausflug nach Trencin, 130 km nord-östlich von Bratislava. Unser Zug und die Fahrt durch die Landschaft mit Gebirgen am Horizont waren sehr schön. In der 1. Klasse hatte das Großraumabteil zwischen den Sitzgruppen Glasabtrennungen, die sowohl mehr Privatsphäre, als auch Schutz gegen Viren boten, sodass wir hier auch mal ohne Maske fuhren. Der Komfort wurde noch gesteigert durch eine Flasche Wasser, die es pro Person kostenlos gab. In Trencin war besonders die Burg sehenswert, die oberhalb der Stadt lag. Umso näher wir kamen, umso mehr erkannten wir ihre Ausmaße. Man hatte vom Turm einen sehr schönen Ausblick auf die Umgebung und es gab innen drin sogar noch Räume mit Einrichtung, allerdings war vieles neu und nur dem Ursprünglichen nachempfunden. Durch einen schönen Waldpark kamen wir zur Altstadt. Der Schatten der Bäume war sehr angenehm, denn die Sonne knallte teils unerbittlich auf uns nieder. Die Stadt war im Gegensatz zu dem, was man von oben erwartet hatte, nicht besonders schön. Zwischen die paar netten historischen Gebäude hatte man ein super hässliches Betonrathaus gebaut, und auch sonst waren ein paar hässliche Überreste des Sozialismus präsent. An Pizzerien und Restaurants mangelte es nicht, aber die Preise kamen hier locker an die bei uns zuhause heran. Gegen späten Nachmittag fuhren wir mit dem gleichen Zug wieder zurück nach Bratislava, wo es sich merklich abgekühlt hatte und windete. Es begann sogar zu regnen. Solange es am kommenden Morgen wieder trocken wäre, sollte es uns recht sein. Vielleicht wäre es danach nicht mehr ganz so schwül.

https://youtu.be/9wecUtUayAI

Ungarn II

Mittwoch 8.6.22 Weiterreise nach Györ/Ungarn

Von diesem Tag gibt es nicht viel zu schreiben. Wir brachen morgens um 10:00 Uhr unsere Zelte in Bratislava ab und fuhren zurück nach Ungarn. Hier im Dreiländereck Slowakei, Österreich, Ungarn war alles nur ein Katzensprung entfernt. Nach kurzer Fahrt hatten wir einen Zwischenstopp in Wien. So riesig war mir bei unserem ersten Aufenthalt der Wiener Hauptbahnhof gar nicht vorgekommen. In der First Class Lounge wurden nun auch hier Flüchtlinge betreut, aber sie war trotzdem auch geöffnet für Reisende. Das Spielzimmer war voll mit Kindern und Müttern und auch im Sitzbereich waren etliche Familien, Alleinerziehende und auch behinderte Flüchtlinge. Neben uns saß eine blinde Familie, die von einer Frau mit Getränken und Essen versorgt wurde. Allen merkte man Stress und Erschöpfung deutlich an. Was hatten sie bereits hinter sich? Wo führte ihr Weg hin?

Eine Stunde später fuhr unser Zug nach Györ, einer 130000 Einwohnerstadt nordwestlich von Budapest. Wir hatten gelesen, dass sie schön sein sollte und am Zusammenfluss der Raab in einen Arm der Donau läge. Wir wohnten ziemlich weit draußen in einem gemütlichen Stadtteil mit kleinen Häusern, vollen, verlockenden Kirschbäumen, in einem 1- Zimmerapartment mit Küchenzeile, Schlafsofa und Bad und direktem Eingang zum Garten. Wir kochten und lauschten ansonsten stundenlang einem Hörspiel und relaxten in unserer Unterkunft. Das musste auch mal sein.

Donnerstag, 9.6.22 Györ

Wir erkundeten Györ. Die sehr schöne Altstadt mit zahlreichen barocken Gebäuden, gemütlichen Cafés, zweistöckigen, pastellfarbenen Häusern mit farblich abgesetzten Fenstern, kleinen Pavillons, die Imbisse oder Souvenirläden beherbergen, Springbrunnen und dem angenehm entspannten Flair einer Kleinstadt, obwohl sie das mit 130000 Einwohnern nicht war, gefiel uns sehr gut. Es gab sogar eine Universität. Der Zusammenfluss der Raab und des Donauarms ist von einer Brücke gut zu beobachten. Vielleicht lag es am Wind oder dem Regen am Morgen, auf jeden Fall war das Wasser des Donauarms sehr aufgewühlt, hingegen das Wasser der Raab klar. Wo sie zusammenflossen, entstanden interessante Muster der aufgewühlten Sedimente. Wir hatten Glück, es begann erst ein wenig zu regnen, hörte dann aber schnell auf, sodass wir bei angenehmen Temperaturen und bedecktem Himmel entspannt die Stadt genießen konnten. Gegen Mittag ließen wir es uns bei Kaffee und Kuchen auf einer Cafeterrasse gut gehen und entschieden dann, dass wir die Flexibilität unseres Interrailtickets ausnutzen und noch einen Ausflug per Zug ins 100 km entfernte Sopron machen wollten. Sopron ist an der Grenze zu Österreich, laut Internet zweisprachig, auch wenn nach unserer Beobachtung das Ungarische stark überwog. Auf Deutsch heißt die Stadt Ödenburg. 1921 fand eine Volksabstimmung statt, die ergab, dass die Bevölkerung mehrheitlich zu Ungarn und nicht Österreich gehören wollte. Wegen des Ergebnisses der Volksabstimmung wurde der Stadt vom ungarischen Staat der Titel Civitas Fidelissima („die treueste Stadt“) verliehen.

Soprons Geschichte reicht bis in die Eisenzeit. In den Trümmern des Zweiten Weltkrieges fand man Reste einer alten römischen Stadtmauer, auf die im Mittelalter und wohl auch später noch gebaut wurde. Heute kann man Teile der archäologischen Reste in der Stadt ansehen.

Bei Sopron fand am 19. August 1989 das Paneuropäische Picknick statt, bei dem 661 DDR-Bürger über die Grenze nach Österreich flohen. Am Ort dieses Ereignisses werden jährlich Gedenkfeiern veranstaltet. (https://www.budapest.com/ungarn/stadte/sopron/geschichte.de.html).

Die Stadt hat heute rund 60000 Einwohner und die Nähe zu Wien beeinflusst ihre Wirtschaft positiv, wenn sie auch auf uns etwas baufälliger wirkte als Györ.

Freitag, 10.6.22 Keszthely am Plattensee

Die letzten 2 Tage unseres ersten Teils dieser Interrailreise verbrachten wir entspannt am Plattensee oder Balaton, wie er auf Ungarisch heißt. Vor ein paar Jahren waren wir auf der südöstlichen Seite des Sees, bei Siófok. Hier hatten unsere Kinder ihre erste Jugendgruppenreise ins Ausland hin gemacht, deshalb wollten wir dort vorbeifahren auf dem Rückweg von Rumänien. Es hatte uns dort damals gar nicht gefallen, aber wir wollten der Gegend dennoch eine erneute Chance geben. Wie gut! Wir kamen am Mittag mit dem Zug von Györ. Dieses Mal waren wir im Nordwesten des Sees im Ort Keszthely (wie immer das auch ausgesprochen werden mag) und die gemütliche Atmosphäre konnten wir schon vom Zug aus wahrnehmen, der ein paar Stationen am See entlang fuhr. Wir sahen viele Radfahrer, Campingplätze ohne viel Halligalli, nur mit Spiel- oder Minigolfplätzen und kleine Pensionen mit vielen Blumen. In einer dieser netten Pensionen hatten auch wir ein großzügiges Zimmer mit Balkon und Bad. Im Eingangsbereich gab es Mikrowelle, Kühlschrank und Wasserköcher und mehrere Tische, an denen man sein selbstzubereitetes Essen gemütlich genießen konnte. Sofort meldete sich unser Magen und wir besorgten uns Brot, Marmelade etc. für das Frühstück am kommenden Morgen und Teilchen für eine nachmittägliche Stärkung, bevor wir auf Entdeckungstour gingen. Letztere führte uns durch eine großzügige Fußgängerzone mit zahlreichen Restaurants und Eisdielen, die aber nicht touristisch aufdringlich wirkten, sondern einfach sommerlich entspannt. Die kleine Stadt hatte sage und schreibe 7 Museen, von Marzipanmuseum (schien in zu sein) bis Spielzeugmuseum und von Nostalgiemuseum bis zu einem historisch erotischen Wachsfigurenkabinett. Uns war aber das Wetter viel zu schön, um uns in Museen zu verkriechen, wir zogen es vor, zum beeindruckenden barocken Palast zu schlendern, der von einem schönen Park umgeben war. Dort gab es auch einen Palmengarten mit Vogelpark, aber der schloss gerade seine Tore als wir ankamen. Nachdem wir die Innenstadt, die schön verkehrsberuhigt war, durchwandert hatten, liefen wir zur Uferpromenade. Es blies ein heftiger Wind und ein Kiter hatte merklich Probleme, sich auf dem Wasser zu halten. Wir teilten uns zum Abendessen eine Portion Langos, die uns völlig ausreichte und beendeten damit unseren Spaziergang. Der Ort gefiel uns beiden gut und wir freuen uns darauf, am nächsten Tag einen kleinen Ausflug mit dem Zug weiter östlich an den Balaton zu machen nach Becehegy. Es sah so aus, als gäbe es dort ein Gebiet, das sich zum Wandern anböte.

Samstag,11.6.22 Keszthely

Wie geplant, wanderten wir an diesem Tag. Von uns aus ging es erst lange Zeit durch Wohngebiete mit hübschen Häusern und blühenden, sehr gepflegten Gärten. An einer Straße befand sich eine Art breiter Graben und ich hielt ihn erst für einen Abwassergraben, er stellte sich aber als sehr belebtes Biotop dar. Als erstes sah ich eine Schildkröte, die aber schneller untertauchte als wir unsere Handykameras zücken konnten. Dann begann ein Froschkonzert, und wir konnten auch welche sehen. Nach ein paar Kilometern ging die Strecke in einen Waldweg über, der anstieg, und nach einer Weile lag die Vadlany Höhle unter uns. Von hier liefen wir weiter Richtung des nächsten Ortes, Vonjarcvashegy. Mir taten die armen Kinder leid, die solche Namen schreiben lernen müssen. Auch hier gab es wunderbare Gärten mit noch wunderbareren Kirschen, die uns rot anstrahlten. Als vor einem Haus gerade welche aussortiert wurden, fragte ich, ob wir ein paar kaufen könnten und so kamen wir zu einem Pfund Kirschen, die wir unterwegs genossen. Nun kamen wir zu einem Kreuzweg, der zur St.Michaelskapelle auf gleichnamigen Hügel führte. Darüber findet man im Internet folgende Informationen:

„Die 136 Meter hohe Dolomitformation war einst eine Insel. Im 13. Jahrhundert wurde auf der Bergkuppe eine kleine Burg errichtet, die bis auf die kleine Kapelle im Sturm der Geschichte fast vollständig zerstört wurde. Der Folklore zufolge wurde die Kapelle 1729 von 40 Fischern erbaut, die glücklicherweise einem verheerenden Sturm auf dem Plattensee entkommen waren. Die Legende der Kapelle ist eine Mischung aus Märchen und Realität.

Neben dem Gebäude befindet sich ein alter Friedhof. Die Umgebung des denkmalgeschützten Gebäudes bietet eine schöne Aussicht auf das Keszthelyer Gebirge und den Plattensee, von der Bucht von Keszthely bis zum Ufer von Berényi, aber die Aussicht auf die „Zeugenberge“ von Szigliget bis Badacsony ist wunderbar.

Die erstaunliche Schönheit dieser Landschaft, der Kapelle und ihrer Legende haben viele Schriftsteller und Dichter inspiriert“(https://vonyarcvashegy.hu/szent-mihaly-domb-es-szent-mihaly-kapolna)

Da die Sonne inzwischen ganz schön wärmte und wir auch schon über 8 km hinter uns gebracht hatten, entschied ich, dass wir es damit gut sein lassen und zum nächsten Bahnhof gehen sollten, der auch noch einmal 3 km entfernt war. Wir fuhren mit dem Zug zurück nach Keszthely, wobei Stefan eine Haltestelle eher ausstieg, um noch für den nächsten Tag Reiseverpflegung einzukaufen. Wir würden zwar mehrere Umstiege haben, aber alle nur recht knapp bemessen und würden unsere erste Erfahrung mit dem 9€ Ticket ab deutscher Grenze machen. Nach dem, was wir bisher darüber gehört hatten, graute es mir vor der Fahrt nach Zorneding. Hoffentlich schafften wir es überhaupt bis dort und blieben nicht unterwegs auf der Strecke, weil uns ein Zug nicht mehr reinließ. Gut, dass unsere Rucksäcke nicht allzu groß waren, aber beliebt machten wir uns damit sicher nicht.

Zum Abschluss unseres ersten Reiseabschnitts und von Ungarn genossen wir an der Mole noch einmal leckere Langos von einem Imbissstand, an dem bereits eine lange Schlange auf diese Köstlichkeit wartete.

Sonntag,12.6.22 Rückfahrt nach Deutschland

Nun ging also unser erster Teil der ersten gemeinsamen Interrailreise zu Ende. Da wir früh am Bahnhof Keszthely waren, versuchten wir noch einmal für den Zug von Györ bis Salzburg eine Reservierung für die erste Klasse zu bekommen, aber auch diese zwei Bahnmitarbeiterinnen schienen sowohl überfordert als auch zu unmotiviert, wenigstens nachzusehen. Sie teilten uns einfach mit, dass wir keine Reservierung benötigten, obwohl es in unserer APP anders angezeigt wurde. Wir fuhren also wie bei der Hinreise mit dem Regionalzug FT9690 zurück nach Györ. Ab dort ging es weiter im Railjet 62, einem international verkehrenden Schnellzug, wohl vergleichbar mit unserem ICE, nach Salzburg. Auf dem Bahnsteig und im Zug stand gleich fest, dass wir froh sein konnten, überhaupt Plätze in der 2.Klasse zu haben. Es wurde richtig voll und viele standen mit großen Koffern in den Gängen. Eine Frau mit Kind, einem gigantischen Rollkoffer und einem Hamsterkäfig in der Hand zeigte sich begründet besorgt, ob sie es bis zum nächsten Bahnhof schaffen würde, bis zur Tür vorzudringen, um aussteigen zu können. In Wien, dem einzigen Bezirk Österreichs, der die Maskenpflicht nicht für die kommenden drei Monate ausgesetzt hatte, zog kaum jemand den ungeliebten Mundschutz an, obwohl es dichtes Gedränge war. Wir trugen durchgehend Maske, was bei der Enge und Dauer schon sehr anstrengend war, uns aber hoffentlich, trotz wieder steigender Inzidenzen, schützte. Irgendwann sagte Stefan voller Schreck, dass er gerade einen Stromschlag bekommen hätte. In der 230 Volt Steckdose am Sitz steckte ein spitzer Metallgegenstand, an den er mit seiner Hand gestoßen war. Anscheinend war einem Fahrgast ein Stecker dort kaputt gegangen und ein Stück drin geblieben. Ich bekam einen Schreck und hatte Angst, dass das gesundheitliche Folgen haben könnte. Ich beobachtete ihn genau, aber er wurde nicht bleich und sein Puls schien auch nicht auffällig zu sein, als er ihn mit seiner Uhr kontrollierte. Wir machten Fotos zur Dokumentation. Als der leitende Zugbegleiter im Wagen erschien, rief ich ihn gleich zu uns. Er klebte die Steckdose notdürftig ab und bot uns mehrmals an, einen Arzt zu kontaktieren. Später schaffte er es, die Stromzufuhr für die Steckdose auszustellen. In Salzburg stiegen wir um in einen Regionalzug nach München Ost, den wir glücklicherweise ohne Gedränge erreichen konnten und der auch nicht überfüllt war trotz 9€ Ticket und Sonntag. Wir hatten zuvor online für das Stück bis zur Grenze gezahlt und für jeden ein 9€-Ticket in Deutschland. An der Grenze, also vielleicht 5 Minuten nach Abfahrt, kam es zum ersten längeren Halt und einer Verspätung von 15 Min. weil die deutschen Grenzer so lange kontrollierten. Darüber hinaus, dass man sich über den Sinn der Kontrolle im vereinten Europa streiten konnte, stellte sich die Frage, ob sie immer stattfand und wenn ja, warum sie nicht in die Zeitplanung des Zuges eingeplant wurde. Auf der weiteren Strecke kam es zu mehreren weiteren ungeplanten Halts über mehrere Minuten. Die Durchsagen liefen völlig durcheinander, sodass auf die Zugangaben außen am Zug während der Fahrt hingewiesen und noch nach Rosenheim als nächster Halt Rosenheim angesagt wurde. Zeitweise konnte man den Gesprächen im Führerhaus zuhören, weil das Mikrofon wohl unbeabsichtigt angeschaltet wurde. Getoppt wurde diese, mit heftiger Verspätung in München Ost ankommende Fahrt dann mit der Durchsage, dass der Zug heute wegen Bauarbeiten nicht bis zum Hauptbahnhof weiterführe, am Bahnsteig aber noch der Hauptbahnhof angezeigt wurde. Wie planlos war das denn, und wie sollten fremdsprachige Fahrgäste das durchblicken, wenn diese wichtige Mitteilung nicht auch auf Englisch durchgesagt wurde? Was für ein peinliches Bild gab da bloß die Deutsche Bahn ab? Wir waren froh, nur noch die S-Bahn erreichen zu müssen, während zahlreiche Fahrgäste den ICE nach Stuttgart abschreiben mussten. Wir zuckelten also gemächlich mit der S6 nach Zorneding und wurden in unserer letzten Unterkunft dieses Reiseabschnitts mit einer herzlichen Umarmung und einem leckeren Essen von Stefans Mutter begrüßt.

Schweiz I

Sonntag, 19.6.22 Luzern

Es ging weiter mit unserer Interrailreise. Wir schafften es, trotz 40 Minuten Verspätung beim ICE aufgrund von Leuten auf den Schienen bei Darmstadt, dennoch einen IC Richtung Luzern und einen Regionalzug nach Horw zum Campingplatz bekommen. Als wir in Basel ankamen, kam es uns vor, als wären wir in den Tropen gelandet. Auch in Horw bei Luzern waren es laut Internet 32Grad und wir hatten großes Glück, dass die Dame an der Rezeption uns noch einen anderen, schattigeren Platz gesucht hat. Eigentlich hätten wir wohl in der vollen Sonne unser Zelt aufbauen müssen. Neben dem Campingplatz war gleich der Vierwaldstättersee mit einem Seebad, für das wir Eintrittskarten bekamen. Nach dem Zeltaufbau konnten wir uns in dem 21Grad kühlen Wasser gut abkühlen. Danach haben wir uns auf die Suche nach was essbarem gemacht und sind dabei beinahe gescheitert. Dass Geschäfte sonntags um 19:00 Uhr geschlossen haben, ist ja noch verständlich, aber hier hatten auch alle Restaurants und Cafés dicht! Ein einziger Dönerladen hatte geöffnet und uns dennoch nahezu zum Verhungern verdammt. Ich sag nur: Pommes für 7 Schweizer Franken (=€)! Wir haben uns für 14€ eine Pizza Margherita geteilt und Stefan kochte sich beim Zelt noch ein Süppchen. Gut, dass ich Tütensuppen mitgenommen hatte. Unser Frühstück am kommenden Morgen würde dann wohl aus Keksen von meiner Freundin Heike, ein paar Stücke Schokolade und Nüsse, sowie ein Käsebrötchen, das ich mir von der Fahrt aufgespart hatte, bestehen. Ich war gespannt, wie die Preise in den Supermärkten seien würden.

Die Fahrt an diesem Tag war trotz Verspätung sehr angenehm. Der Campingplatz war OK und sehr international. Der See und die Berge gefielen uns sehr, der Ort Horw erschien ehr hässlich. Viele nicht zueinanderpassende Häuser, alles recht nichtssagend. Wir waren gespannt, ob wir am kommenden Tag unsere Panoramazugfahrt machen würden, oder ehr am Tag drauf. Es sah nach Gewitter aus.

Wir hatten bei dieser Tour in der Schweiz immer nur auf dem Campingplatz WLan, woran wir uns sehr gewöhnen mussten. Leider inkludierten unsere Telefonverträge in der Schweiz kein kostenloses Roaming und wir hatten schon immer im Zug Panik, dass wir unser Ticket nicht aufrufen konnten und Orientierung war auch nicht so einfach, bis Stefan die Region bei Google gedownloadet hatte.

Montag, 20.6.22 Panoramafahrt, Schifffahrt und Luzern

Die erste Nacht in der Schweiz war, wie beim ersten Mal zelten seit Jahren und dann auch noch im Minizelt zu erwarten, nicht super, aber auch nicht so schlecht wie erwartet. Es hatte sich abends etwas abgekühlt, sodass wir in unserem Zelt nicht sauniert wurden. Am Morgen haben wir uns wie geplant auf den Weg gemacht, um die Golden Pass Route zu fahren. Ein örtlicher Nahverkehrszug brachte uns nach Luzern, und von dort genossen wir die Fahrt im Panoramazug, in einer nicht zu vollen ersten Klasse, während in der zweiten Klasse eine Schulklasse und viele andere Leute zum Teil stehend fahren mussten. Stefan hatte vor der Fahrt noch schnell Teilchen und kalten Latte Macchiato gekauft, sodass auf der fast zweistündigen Fahrt für unser leibliches Wohl gesorgt war. Wir fuhren durch eine wunderschöne Berglandschaft bis hoch auf den Haslibergpass auf 1013m Höhe. Um dort hochzukommen, wurde Zahnradtechnik eingesetzt. Die Strecke führte entlang des Vierwaldstättersees, des Wichelsees, des Samersees und Lungernsees bis zum Brienzer See in Interlaken Ost, wo wir in den Zug nach Zweisimmen umsteigen wollten. Da wir noch etwas Zeit hatten, verließen wir den Bahnhof und gingen zum See hinüber. Mehr durch Zufall sah ich dort ein Schild, dass mitteilte, dass Inhaber von Schweizer-, Euro- oder Interrailpässen kostenlos an Bord gehen könnten für eine Schifffahrt auf dem Brienzersee! Wahrscheinlich war das möglich, weil das Schiff auch ein reguläres Transportmittel war, um an andere Orte des Sees zu gelangen. Da konnten wir natürlich nicht nein sagen und schmissen erstmal unsere weitere Route über den Haufen. Wir fanden letztlich zwar doch noch eine Möglichkeit, die Tour inkl. Zweisimmen und Montreux laut Fahrplan am selben Tag durchzuführen, aber dann kam es doch anders. Wir fuhren nach der Schifffahrt über den wunderschönen Brienzer See nach Spiez, um von dort dann nach Montreux und über Zweisimmen zurück nach Luzern zu fahren. In Spiez wurde durchgesagt, dass es bei Zweisimmen derzeit eine Störung aufgrund eines defekten Gleises gäbe und nicht klar wäre, wie lange die Strecke gesperrt wäre. Na, da hatten wir ja wahrscheinlich ein riesiges Glück, dass wir uns so spontan für die Schifffahrt entschieden hatten! Andernfalls hätten wir ggf. auf der Strecke festgesessen. So machte es dann auch keinen Sinn, nach Montreux weiterzufahren, weil wir von dort ja nicht auf der Panoramastrecke zurückgekommen wären. Wir fuhren also zurück nach Interlaken Ost und wiederum die schöne Strecke nach Luzern. Dort bummelten wir durch die Stadt, besuchten eine Brücke, an die Stefan sich meinte noch erinnern zu können von einem Ausflug mit seinen Eltern als er ca. 5 Jahre alt war. Später stellten wir fest, dass es eine ganz ähnliche Holzbrücke mit Dach ca. 200m entfernt noch einmal gab. Nun ist er sich nicht mehr sicher, welche er denn nun als Kind gesehen hatte. Wir besuchten die Jesuitenkirche von innen, die beeindruckend viel Marmor hatte und reich verziert war, wie im Barock üblich. Luzern hatte eine sehr schöne und lebendige Altstadt mit mehreren Brücken über die Reuss. Zwei davon waren wie erwähnt aus Holz und überdacht und mit Malereien und Sprüchen aus der Bibel und Landesgeschichte verziert. Es gab bis zum 19.Jahrhundert sogar noch eine dritte Brücke der Art, die aber den Seeaufschüttungen weichen musste. Gebaut wurden die Brücken im 13./14.Jahrhundert.

Inmitten der Stadt hatte Luzern ein uraltes Wasserkraftwerk. Bereits seit 1178 wurden Mühlen durch die Wasserkraft des Flusses Reuss betrieben. 1878 baute man ein Turbinenkraftwerk und seit 1926 erzeugte hier ein Generator aus Wasserkraft Strom. Das Wasserkraftwerk war jetzt ein Vorzeigeobjekt für Natur- und Umweltschutz, denn es wurde strengstens auf seine Verträglichkeit für Umwelt und Tiere geachtet, so hatte man z.B. extra eine Bibertreppe eingebaut, damit sein gewohnter Lebensraum nicht zerstört wurde.

Zum Abschluss unseres Rundgangs kauften wir noch Nudeln und eine Melone ein, die wir zum Abendessen aßen.

Dienstag, 21.6.22 Wanderungen Aareschlucht und Brünig-Häsliberg- Lungern

Heute forderten wir uns mal wieder selber ein wenig und ließen uns nicht nur durchschaukeln. Wir fuhren nach dem Frühstück zuerst bis Innertkirchen-Grimseltor und wollten dann mit dem Postbus hoch zum Grimselpass. Der Spaß an dem Vorhaben verging uns aber schlagartig als wir hörten, dass die Fahrt uns per Strecke/Person 31€ gekostet hätte. Schnell entschieden wir uns um und wanderten zum Osteingang der Aareschlucht. Diese Entscheidung haben wir auf keinen Fall bereut. Die Schlucht war absolut sagenhaft und die Aare schoss mit gewaltiger Kraft durch die Felsen. Teils wurden wir durch Tunnel geführt, wobei wir immer wieder Ausblick auf den Fluss und die gewaltigen Felsmassive hatten. Als wir am Westausgang ankamen, hätten wir von dort weiterfahren können, aber wir entschlossen uns, auch den Rückweg zu wandern und dieses tolle Erlebnis ganz auszukosten. Am Bahnhof Aareschlucht mussten wir dann eine ganze Zeit warten, bis unser Zug kam. Der Bahnhof war dort wie eine U-Bahn in den Felsen gebaut und kurz bevor er kam, öffnete sich eine automatische Tür im Gestein zum Bahnsteig. Wir fuhren nur eine Station bis Brünig-Häsliberg und wanderten durch eine bezaubernde, hügelige Landschaft mit Blick auf die hohen Berge von der Passhöhe zum nächsten Bahnhof in Lungern. Der Weg führte parallel zu der Zugstrecke, wo Zahnradtechnik den Zug bei dem starken Gefälle bremste. Einmal kam auch einer an uns vorbei. Die Wanderung war sehr schön, wurde jedoch von einem drohenden Gewitter in unserem Nacken etwas überschattet. Gewitter in den Bergen können bekanntlich schnell, unerwartet und heftig und besonders gefährlich sein. Wir schafften es aber trockenen Fußes in Lungern anzukommen und hatten dort dann fast eine Stunde Zeit, um dem Namen des Ortes alle Ehre zu machen, nämlich herumzulungern. Wir gingen einmal in den Ort und zurück, bis unser Zug einrollte. Über Sarnen ging es zurück nach Horw und in Sarnen gab es dann den ersten richtigen Schauer unserer Reise, während wir trocken am Bahnhof standen und hofften, dass es in Horw nicht regnete. Es wäre wirklich blöd, wenn wir kommenden Tag ein nasses Zelt einpacken und mit nassen Klamotten zu unserer Servasgastgeberin müssten. Es hatte während unserer Abwesenheit in Horw geregnet, aber anscheinend nicht sehr stark. Wenn wir Glück hätten und es nachts nicht regnete, könnten wir evtl. tags drauf mit trockenem Zeit abreisen.

Mittwoch, 22.6.22 Horw- Aubonne

Ein langer, schöner aber auch etwas anstrengender Tag lag hinter uns als ich an diesem Tag im Bett lag und zu aufgekratzt war, um schlafen zu können. Morgens hatte es, gerade als wir das Zelt abbauten, angefangen zu regnen, aber wir konnten es noch einigermaßen trocken zusammenpacken. Dann begann eine fast 10-stündige Zugreise von Horw nach Aubonne über Luzern, Olten, Spiez bis Zweisimmen, wo wir unseren zweiten Teil der Golden Pass Route begannen. Wir hatten wieder einen Panoramazug und es bot sich uns gleich ein Blick auf beeindruckende Felsspitzen. Im Gegensatz zum ersten Teil, der ja vornehmlich entlang wunderschöner Seen führte, ging es dieses Mal durch Almenlandschaften. Rechts und links gingen die grünen Hänge steil neben unserer Zugstrecke hoch, Almen verteilten sich mit einigem Abstand in allen Höhen und obwohl man eigentlich nicht von Dörfern reden konnte, gab es alle paar Kilometer kleine Bahnhöfe. Oberhalb der grünen Weiden guckten bizarr die Felsen der hohen Berge hervor. Die Strecke war sehr beeindruckend. Zum Schluss führte sie runter fast bis zum Genfer See und endete in Montreux. Hier hatten wir eine Stunde Zeit, um ein wenig herumzulaufen. Die Stadt hatte eine herrliche Lage am See, wirkte aber sehr mondän auf mich. Während unterwegs der Baustil vorwiegend aus netten Holzhäusern bestand, war nun wieder eine Mischung aus unterschiedlichsten Bauten von Hochhaus, dem von vorne sehr reich aussehenden, schlossartigen Palasthotel direkt am See, was im Übrigen von hinten ziemlich bruchreif wirkte, und Häusern ohne besonderem Charakter. Ich muss natürlich dazusagen, dass wir auch nur einen winzigen Ausschnitt von der Stadt gesehen haben, aber der wirkte mir zu sehr auf reich aufgetakelt und der See zu groß. Da haben mir die kleineren Seen auf der ersten Fahrt, wie der Briegersee, besser gefallen. Für uns ging die Fahrt dann noch weiter mit dem Zug nach Aleman und von dort per Bus nach Aubonne. Wir hatten riesiges Glück, dass wir trotz all der Umstiege die Anschlüsse alle bekamen, denn unsere Servasgastgeberin erwartete uns an der Bushaltestelle. Leider begann es pünktlich bei Ankunft zu regnen. Zum Glück wohnten unsere Gastgeber nicht weit von der Haltestelle, denn aus dem Regen wurde heftiger Hagel. Wir wohnten bei einem schweizerisch- schottischen Paar. Er war 72 und aus Schottland, sie 65 und Schweizerin. Wir unterhielten uns auf Englisch, obwohl wir in der französischen Schweiz waren, aber mit Englisch alle einen gemeinsamen Nenner hatten. Unsere Gastgeberin schien bei ihren Reisen mit anderen Hospitility Organisationen und mit Reisenden schon mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht zu haben und stand unserem Besuch kritisch und mit Vorsicht gegenüber. Wir kamen aber gut klar und bemühten uns sehr, ganz angenehme Gäste zu sein, um beiden auch positive Erfahrungen mit Servas zu verschaffen. Bisher hatten sie nur Gäste von anderen Organisationen gehabt, die wohl sehr fordernd waren und auch versuchten zu stehlen. Wir wurden zu leckerem Raclette eingeladen und unterhielten uns über Reisen und Politik in GB und der Schweiz. Beide zeigten ziemlich konservative Ansichten was Sozialsystem, Gewerkschaften und Zuwanderung anging. Am kommenden Tag wollten sie uns die Stadt Aubonne, die nur gut 3000 Einwohner, aber aufgrund ihres historischen Wertes Stadtrechte hatte, zeigen. Hoffentlich würde das Wetter mitspielen.

Donnerstag, 23.6.22 Servas Aubonne/ Ausflug Rolle

Am heutigen Tag zeigten uns unsere Gastgeber Silvianne und Edward mit ihrem absolut süßen und lieben Hund Chester ihre Umgebung. Nach dem Frühstück machten wir einen Spaziergang durch Aubonne. Gerade mal 230 m von ihrem Haus entfernt war ein Schloss, das heute eine Schule beherbergte. Bis vor ein paar Jahren befand sich ebenso ein Gefängnis in dem Gebäude und man konnte den Gefangenen von oberhalb bei der Gartenarbeit zusehen. Jetzt war es der Musiksaal der Schule . Es gab auch noch einen Waschplatz, wo die Leute in der Dorfmitte ihre Wäsche bis in die 60iger gewaschen haben, bevor es Waschmaschinen gab. Der Ort, der aufgrund seiner historischen Bedeutung und weil es eine Stadtmauer und ein Schloss gab Stadtrecht hatte, war wirklich sehr reizvoll und absolut gemütlich. Auch unsere Gastgeber wohnten in einem denkmalgeschützten Haus, das sich über vier Etagen ausdehnte. Nach Aubonne fuhren sie mit uns nach Rolle VD, einem Nachbarort am Genfer See mit einer sehr schönen Promenade mit Blumen und Spielplatz. Auch hier gab es ein mittelalterliches Schloss und einen Yachthafen, wo die Reichen ihre Boote stehen hatten, laut unseren Gastgebern meist nur zum Angeben, statt sie zu nutzen. Rolle hatte auch nette bunte Häuser mit farblich abgesetzten Fensterläden. Die Gegend hier war wirklich sehr schön und man konnte fast nach Frankreich hinüberspucken.

Zum Mittagessen gab es leckere Toasts mit Frischkäse und einer Mischung aus Gruyerkäse, Mehl, Tomaten und Gewürzen überbacken. Eigentlich wird statt Tomaten Wein genommen, aber Silvianne hatte es geändert weil sie dachte, wir nähmen auch zum Kochen keinen Alkohol. Es war sehr lecker. Nachmittags fuhren sie mit uns noch zu einem Park, den Migros, der größte Markt in der Schweiz, der Bevölkerung spendiert hatte. Er hatte einen Kletterpark, Tiere, Sportanlagen, große Rasengebiete, Spielplatz und ähnliches. Dort erwischte uns ein Regenguss. Wir fuhren zu einem Einkaufscenter, wo wir unsere Gastgeber im Restaurant zu Kaffee und Kuchen einluden. Wieder zuhause zeigte uns Silviane Bilder, die sie gemalt hatte. Sie waren wirklich beeindruckend. Sie hatte einen dreiwöchigen Kurs zu einer bestimmten Technik gemacht und ihre Bilder waren wirklich gut. Sie hatte darüber hinaus ein Händchen für Handarbeiten und überall hingen gestickte Bilder. Zum Abendessen gab es vegetarische Paella und wir waren wirklich begeistert von ihren Kochkünsten. Am kommenden Morgen würden wir weiterfahren nach Dijon in Frankreich und zurückkehren in unser kleines Zelt. Ich hoffte, dass es dort nicht solche Regengüsse gab, wie wir sie in den letzten zwei Tagen erlebt hatten. Immerhin hatten wir aber den Großteil des Tages in herrlicher Sonne verbracht.

Frankreich I

Freitag, 24.6.22 Fahrt nach Dijon

Am Morgen mussten wir uns von unseren Gastgebern verabschieden. Entgegen unseres ersten Eindrucks, stellten sie sich als sehr nett heraus. Wir frühstückten gemütlich gemeinsam und Silviane rief für uns beim Campingplatz an und bestätigte noch einmal unsere Ankunft. Diese dämliche Erfindung von Rückbestätigungen waren wirklich nervig, besonders wenn man keine Telefonkarte hatte und die Sprache nicht sprach. Beide plus Hund brachten uns mit dem Auto nach Allaman, damit wir für den Postbus nicht noch zahlen mussten. Das war wirklich total nett, sowie auch die ganzen Unternehmungen am Vortag, die sie mit uns gemacht hatten. Vielleicht konnten wir auch Edward davon überzeugen, dass es nett sein kann, Servasgäste aufzunehmen und zu Gastgebern zu reisen. Durch miese Erfahrungen mit Gästen anderer Gastgeberorganisationen wie Hospitility.com, wo Gäste statt alleine gleich zu viert auftauchten, sich haushalten ließen und auch noch um Geld baten und Gäste sich an ihrer Geldbörse vergriffen und im Haus herumschnüffelten, war Edward ganz gegen Gastgeberorganisationen eingestellt und auch nicht Servasmitglied. Er hatte aber am Vorabend ebenfalls sichtlich Spaß und Interesse am Austausch und an gemeinsamen Unternehmungen gehabt.

Wir fuhren als erstes nach Lyon und lernten gleich, dass in bzw. nach Frankreich mit einem größeren Aufkommen von Reisenden zu rechnen war und das auch in der ersten Klasse. Wir waren rechtzeitig vor Abfahrt am Bahnsteig, aber der Zug stand schon dort und wir bekamen nur deshalb Plätze nebeneinander, weil ich eine Familie gebeten habe, den Platz zu tauschen. In Lyon auf dem Bahnhof war es wuselig wie im Wespennest. Auch hier wurden anscheinend Flüchtlinge aus der Ukraine erwartet, denn Leute vom Roten Kreuz standen schon mit Schildern mit ukrainischer Flagge bereit. Wir hatten eine Stunde Aufenthalt und suchten erstmal einen Weg raus aus dem Bahnhof und dem Gedränge. Draußen bekamen wir einen Anruf aus Deutschland und damit war unsere Zeit für die Erkundung der Umgebung dahin. Wir gingen bereits 30 Min vor Abfahrt zum Bahnsteig, mussten auch durch eine Zollkontrolle, wurden aber nicht kontrolliert. Auch dieser Zug war gut belegt. Beide Züge, weder der RE noch der TER waren besonders gut. Beim RE hatten wir wenigstens noch eine Steckdose, um unsere Handys zu laden, aber das hatte der TER noch nicht mal. Er sah ehr aus wie ein in die Jahre gekommener Intercity mit Gardinen. Zwei weitere Stunden Zugfahrt standen uns bevor, aber nach kurzer Zeit waren wir über die französische Grenze und konnten endlich wieder online gehen und uns die Zeit mit Spanischlernen verkürzen, solange wir nicht durch die Pampa fuhren und kein Netz hatten. Als wir in Dijon aus dem Zug stiegen, fing es an zu regnen, erst etwas, dann wurde es immer stärker, sodass wir uns unter ein Bushäuschen flüchteten. Als der Regen nachließ, stellten wir fest, dass wir nur noch ein paar Schritte vom Campingplatz entfernt waren. Er war hübscher, mit von Hecken umgebenen Parzellen, wo unser Zeltchen fast verloren wirkte. Hier wäre ich gerne mit Womi gewesen! Wir nutzten ein Regenloch zum Zeltaufbau und gönnten uns bei der Rezeption einen Kaffee, da der Platz noch ca.10€ billiger war als gedacht. Wir hatten mit Strom gebucht, aber wir konnten mit den großen Steckdosen für Wohnmobile ja gar nichts anfangen. Handys würden wir wohl beim Spülen im Waschraum laden müssen. Was wirklich dämlich war, war, dass man eigenes Klopapier mitbringen musste. Wir kauften stattdessen Tempos, denn wir brauchten weder 4 Rollen noch wollten wir dafür 3-6€ zahlen. Wo sollten wir denn damit hin? Wir eilten zum Supermarkt und schlüpften in den letzten Minuten hinein. Mit unserem Einkauf wartete ich in einem netten Park auf dem Weg zum Campingplatz, während Stefan Kochgeschirr und Kocher besorgte. Hier konnten wir uns gemütlich auf Bänke an Tischen setzen, statt vorm Zelt auf dem nassen Rasen hocken zu müssen. Wir machten noch einen kleinen Spaziergang, bevor es ins Bett ging.

Samstag, 25.6.22 Dijon

Nachts hatte es geregnet, dementsprechend war unser Zelt am Morgen nass. Von außen vom Regen, von innen von hoher Luftfeuchtigkeit. Mein einziges Verlangen war nur noch ein Waschsalon mit Trockner, denn Handwäsche zu trocknen erschien nahezu unmöglich. Nach dem Frühstück, das wir auf Stefans Regencape vor dem Zelt einnahmen, wanderten wir los. Wir gingen entlang der L’Ouche, einem Fluss mit Staustufe, der in den Lac neben unserem Campingplatz floss. Dort wurde ein netter Strand angelegt. Wir gingen aber heute in die andere Richtung, auf der Promenade zur Stadt. Es war ein netter Weg, bewaldet, mit Sportgeräten, Spielplätzen und Bänken. Mit einem Torbogen, wieder einer Miniversion des Arc der Triumph, empfing uns die Stadt. Von Anfang an waren wir begeistert. Schöne alte Gebäude, viele kleine und besondere Lädchen, häufig mit Spezialitäten der Region wie Senf und Wein. Die leckersten Sachen in den Patisserien wie Törtchen und Maccarons. Durch Zufall standen wir auch plötzlich vor der schönen alten Markthalle, in der an zahlreichen Ständen alles was Landwirtschaft und Fischerei zu bieten hatte, angeboten wurde und auch die Möglichkeit zum Weintrinken und Essen geboten wurde. Draußen vor der Halle wurden an ein paar Ständen ebenfalls Obst und Gemüse verkauft, was wohl nicht mehr den höchsten Ansprüchen gerecht wurde. Unser Pfund Kirschen war aber hervorragend und kostete nur einen Bruchteil von dem Preis in der Halle. Nicht weit von der Markthalle entfernt, fanden wir unsere Levanderie. Wir steckten unsere Wäsche in die Maschine und nutzten die Zeit dazu, uns die Kathedrale Notre Dame von innen anzusehen. Leider wussten wir zu der Zeit noch nicht, dass die Eule von Dijon (Chouette der Dijon) an der Außenfassade angeblich beim Streicheln Wünsche erfüllt. Ich hätte mir gutes Wetter gewünscht. Den ganzen Tag war es super, aber abends, als ich diese Erlebnisse niederschrieb, regnete es in Strömen und gewitterte. Wir saßen unter einem Pavillondach bei der Rezeption des Campingplatzes und hofften, dass es bald aufhörte und wir ins – hoffentlich von innen noch trockene – Zelt könnten.

Zurück zur Stadterkundung: Wir kauften uns Eis und Cappuccino während unsere Wäsche im Trockner herumwirbelte und genossen beides im Park beim Palais des Dukes, dem Herzogenpalast, Stefan das Eis, ich den Kaffee. Ich kaufte mir im 2€ Shop eine Alutrinkflasche, damit wir nicht immer mit 2l Plastikflasche rumlaufen mussten. Durch den Botanischen Garten wanderten wir zurück zum Campingplatz. Ich fragte an der Rezeption, ob ich dort mein Handy an der Steckdose im Wartebereich laden dürfte, aber das wurde mir versagt. Also stellte ich mich mit unseren beiden Smartphones in den Wasch- und Spülraum und verbrachte dort mindesten 20 Minuten wartend bei den Geräten neben einer Steckdose. Was für eine blöde Situation! Die hätten doch z.B. so ein Laderegal mit Schließfächern aufstellen können, wie man es manchmal in Städten oder bei Geschäften findet. Es wäre ja ok dafür zu zahlen, aber diese Warterei im Waschhaus war total blöd. Man konnte noch nicht mal duschen oder auf Toilette gehen, weil man dann die Geräte nicht im Blick hatte. Stefan kochte derweil und wir setzten uns vorne unter das Pavillondach zum Essen. Der Imbiss hatte sowieso an dem Tag geschlossen, also konnte keiner meckern. Während des Essens deutete sich schon ein Wetterwechsel an und es begann heftig zu regnen. Ich verzog mich wieder in den Waschraum , weil es dort wärmer war und ich weiter Strom nutzen konnte. Stefan harrte unter dem Pavillondach aus. Wir hofften und warteten auf ein Regenende oder wenigstens eine Pause, sonst hätten wir uns auswringen können wenn wir beim Zelt ankamen. Hoffentlich würde es morgen früh nicht beim Abbau regnen. Das wäre ein Supergau, denn noch war keine feste Unterkunft in Sicht. Erst hatten wir noch zwei weitere Nächte in Amiens im Zelt vor uns. Dort sollte es aber laut Webseite einen Aufenthaltsraum geben. Wir würden sehen.

Sonntag, 26.6.22 Fahrt nach Amiens

Die Nacht war Horror pur. Zum Glück hatte es nicht die Nacht hindurch gewittert, sonst wäre ich wohl im Waschhäuschen angewachsen. Ich hätte mich nicht ins Zelt getraut, denn es krachte ordentlich und wir konnten in unserem Zelt keine der Regeln befolgen, die wir für Gewitter im Zelt im Internet fanden. Wir konnten definitiv nicht nebeneinander hocken mit geschlossenen Füßen ohne uns zu berühren! Wir stießen ja schon ans Dach, wenn wir mit angezogenen Beinen auf der Luftmatratze und die Daunenschlafsäcke auf uns lagen! Es wäre also von all den Ratschlägen nur der vernünftigste übriggeblieben, nämlich in einem festen Gebäude Schutz zu suchen. Das wäre das Wasch-/Toilettenhaus gewesen. Dann hätte uns auch von oben kein Ast treffen und auch keine reißende, plötzlich sich bildende Überschwemmung wegspülen können. Da es aber aufhörte zu gewittern und „nur“ noch goss, rannte ich bei einer schwächer werdenden Phase zurück zum Zelt. Nun lagen wir möglichst platt auf unseren Matten und versuchten zu schlafen. Mitten in der Nacht musste ich so dringend auf Toilette, dass ich mit mir kämpfte, ob ich in eine unserer Plastikdosen pinkeln oder es wagen sollte, klitschnass und dreckig zurück ins Zelt zu kommen. Letztendlich meisterte ich es ganz gut mit Schirm, konnte dann aber stundenlang nicht einschlafen. Völlig übermüdet begannen wir am Morgen schon vor 7 Uhr zusammenzupacken. Da das im engen und nassen Zelt unmöglich zu zweit ging, packte ich alles Mögliche in meinen Rucksack und lief mit Schirm zum Waschhaus. Stefan packte den Rest und brachte mir etappenweise Sachen. Er hatte seinen Regenponcho an und baute dann zuletzt auch noch das Zelt ab. Alles was klatschnass war, mussten wir außen an den Rucksäcken befestigen. Ich hatte außer meiner Regenjacke, die ich um meinen Schlafsack wickelte, damit er noch geschützter war, noch einen 1€ Poncho mit, und der passte auch über meinen Rucksack. Wir gingen eigentlich viel zu früh los zum Bahnhof, aber es war mal einigermaßen trocken und wir brauchten nicht zu hetzen. Unser TER 17756 war wieder eine heruntergekommene Plüschschaukel mit Abteilen und Gardinen, dafür keinen Strom. Wir waren zu fünft im Abteil, also war 3 Stunden Maskentragen nötig bis Paris Bercy. Es war nicht verpflichtend, aber wir wollten nicht riskieren, unseren Interrailtrip wegen Corona abbrechen zu müssen. Dann fand der blödsinnige Bahnhofswechsel statt. Wir hatten gut eine Stunde Zeit für den Umstieg und mussten mit zwei Metros zum Gare du Nord am anderen Ende der Stadt. Dieses Procedere wäre uns auch nicht erspart geblieben, hätten wir den teureren und schnelleren TGV genommen. Wir standen erstmal in langen Schlangen vor Ticketautomaten bzw. einem Schalter, um Fahrscheine für die Metro zu kaufen, die nicht vom Interrailticket abgedeckt wurde. Wir fanden recht schnell die richtigen zwei Züge, die immer schon einfuhren als wir kamen. In Gare du Nord angekommen folgten wir den Piktogrammen für Züge, gingen durch die Metroschranke, und…saßen fest! Wir sahen hinter den automatischen Ticketschranken Züge auf den Gleisen stehen, kamen aber nicht dorthin, weil wir anscheinend einen falschen Ausgang mit unseren Metrotickets genommen hatten und sie nun nicht mehr funktionierten. Die Zeit wurde knapp, wir fuhren Rolltreppe auf und ab, aber wir waren gefangen. Wir suchten Personal, aber der Infoschalter war nicht besetzt. Nach einiger Suche sahen wir vier SNCF Mitarbeiter zusammenstehen und quatschen. Wir fragten, schon merklich genervt, wie wir nun zu unserem Zug kämen. Man wies uns auf eine Aufzug hin. Im zweiten Untergeschoss wäre ein Schalter besetzt, und man könne uns durchlassen. Wir liefen zum Aufzug, aber er war außer Betrieb. Jetzt waren wir echt sauer und bestanden bei den 4 Mitarbeiter*innen mit der super Servicehaltung darauf, uns zu begleiten, damit wir schnellstens zu unserm Zug kämen. Genervt brachte uns eine zu einem anderen Aufzug, und wir wurden aus dem Gewirr der Schranken entlassen. Nun mussten wir unseren Zug finden. Wir orientierten uns auf der elektronischen Anzeige an der Abfahrtszeit, da wir den Endbahnhof unseres Zuges nicht wussten. Der Zug, den wir fanden, war aber ein Vorortzug und wir mussten zu den Gleisen für Fernzüge. Endlich erklärte uns mal ein Schaffner, wie wir dorthin kämen und dass der Endbahnhof unseres Zuges Calais wäre. Wir schafften es gerade noch pünktlich und fanden gute Plätze mit Tisch in einem modernen Großraumabteil des TER 16368 in der zweiten Klasse, da er keine erste Klasse führte. Wir fuhren angenehm bis Amiens. Laut Internet sollte die Stadt nett sein, ein weiterer Grund, sie zu wählen, war für mich jedoch, dass sie ohne TGV in erträglicher Zeit erreichbar und es von hier nur noch eine kurze Fahrt nach Boulogne Sur Mer war, wo wir uns am übernächsten Tag mit unseren amerikanischen Freunden Luis und Janine treffen und sie mit fertigem Abendessen begrüßen wollten und natürlich, dass es einen bezahlbaren und mit dem Bus vom Bahnhof erreichbaren Campingplatz gab. Letzteres erwies sich dann als nur zum Teil richtig: die Busse fuhren, aber nicht am Sonntag! Da es keinen Sinn machte, bei der Unterkunft zu sparen und dann mit dem Taxi hinzufahren, mussten wir also die gut 5 km mit unserem Gepäck zu Fuß hinter uns bringen. Stefan nahm mir noch etwas Gewicht ab, aber ich war danach dennoch kaputt. Meine Knie mochten es gar nicht, wenn sie außer mich auch noch Gepäck zu schleppen hatten, besonders nicht, wenn sie tags zuvor viele Kilometer gelaufen waren und ich außerdem auch ziemlich übermüdet war. Zum Glück war das Wetter hier bisher gut und wir hatten einen schönen Wiesenplatz nahe der Rezeption. Hier gab es auch Tische und Bänke draußen und einen tollen Aufenthaltsraum mit Heizung, Fernseher und Mikrowelle, der Tag und Nacht geöffnet war. So etwas hätten wir die Nacht zuvor gebraucht! Amiens hatte uns auf den ersten Blick nicht so sehr gefallen, aber der Weg zum Campingplatz ging immer an einem Fluss entlang, an Gemeinschaftsgärten und einem Grüngebiet vorbei, also einer guten Joggingstrecke für Stefan.

Montag, 27.6.22 Amiens

Ich musste meine Meinung über Amiens revidieren. Die Stadt hatte eine sehr beeindruckende Kathedrale, die natürlich auch wieder Notre Dame hieß und Straßenzüge in der Innenstadt, die an Amsterdam erinnerten. Es floss die Somme durch die Stadt und bildete Verästelungen, an denen nette fotogene Häuschen standen und Bars und Restaurants, die zum Verweilen einluden. Stefan hatte diese Ecke bereits am Morgen beim Joggen entdeckt. Nach einem ausgiebigen Frühstück und noch etwas Relaxen mit Spanisch lernen in unserem tollen Aufenthaltsraum mit Wasserkocher, Herd etc. und richtigem Tisch, machten wir uns gemeinsam mit dem Bus auf den Weg ins Zentrum. Es war zwar bequemer zu fahren, aber für die ca. 5km in die Innenstadt benötigte der Bus 50 Minuten. Das hätten wir zu Fuß fast gleichschnell geschafft. Kurz nachdem wir ausgestiegen, aber noch nicht bei der Kathedrale waren, verwandelte sich die Sonne in einen heftigen Regenguss. Eigentlich waren wir extra spät losgefahren, weil ab Mittag kein Regen mehr angesagt war, aber das wusste der Himmel wohl nicht. Wir quetschten uns zwar in einen Hauseingang, aber unsere komplette Vorderseite wurde bis auf die Haut nass. Als der Regen nachließ, rannten wir zur Kathedrale. Da war es trocken, aber uns war kalt in den nassen Klamotten. Wir begaben uns in der Hoffnung auf Händetrockner in die Toiletten der Touristinfo. Leider gab es dort nur Papierhandtücher, aber die taten auch ihren Dienst. Nach einigem Abreiben und noch etwas Sonne draußen war unsere Outdoor-Kleidung wieder trocken, das war schon wirklich super gut. Wir schlenderten durch die hübschen Gassen und begaben uns auf die Suche nach etwas zu essen. Nach dem Essen suchten wir die Bushaltestelle für den Bus zurück, fanden aber dann heraus, dass wir auch zwei Stationen mit einem Zug fahren konnten und dann 2 km zurücklaufen zum Campingplatz. Das dauerte auch nicht länger als mit dem Bus, und mit dem Zug konnten wir kostenlos fahren. Inzwischen hatten wir schönsten Sonnenschein und so genossen wir den Abend auf der Terrasse des Campingplatzes. Wir freuten uns darauf, am kommenden Tag nach Boulogne Sur Mer zu fahren und endlich unsere Freunde wiederzusehen. Für eine Woche im Apartment zu wohnen, war ebenfalls eine schöne Aussicht, obwohl wir die letzte Nacht in unserem Zelt geschlafen hatten wie die Murmeltiere. Nach der durchwachten Nacht davor war das aber auch kein Wunder.

England

England

London

London

Schweiz I

Sch

Italien

Heute startet unsere Reise in den Süden, nach Italien. Hört man die Corona – Nachrichten, kann einem Angst und bange werden. Hoffentlich geht es uns in Italien nicht wie den Reisenden in Portugal und wir müssen wegen der D-Variante des Coronaviruses wieder vorzeitig zurück nach Deutschland oder 14Tage in Quarantäne.
Wir kommen bis Golling an der Salzach. Unterwegs machen wir einen Spaziergang im Naturschutzgebiet Eggstätt-Hemhofer Seenplatte, kurz vor dem Chiemsee. Eine sehr schöne Ecke, da müssen wir nochmal länger hin. Stefan ist früher dort als Jugendlicher mit seinem Bruder Paddelboot gefahren, was heute natürlich nicht mehr möglich ist. Umweltschutz und Lebenslust passen leider nicht immer gut zusammen 🤷‍♀️.
An der Grenze werden auch wir nicht kontrolliert .In Golling laufen wir etwas durch den Ort, bis uns der Regen überrascht. Wir entscheiden uns, in eine Gaststätte zu gehen und das Europapokalspiel gegen England anzusehen, was die deutsche Mannschaft leider verdient verliert. Da dürfen sie nun mit ihren Fans schon wieder nach Hause fahren und hoffentlich nicht zuviele Coronaviren mit D-Variante mitbringen. Ich finde das ziemlich unverantwortlich, die Zuschauerränge so zu füllen und dann noch nicht mal mit Masken, obwohl da alle rumbrüllen und sich in die Arme nehmen. Abstand? – das war gestern😡.

30.6.21

Stefan hat letzte Nacht schlecht geschlafen, weil mal wieder ein Wasserrohrbruch in Bielefeld uns erreichte. Folge: er ist heute ziemlich müde und dementsprechend langsam kommen wir nach Italien, aber wir sind ja auch nicht auf der Flucht. Kurz nach der Grenze entscheiden wir uns, an einem kleinen Rastplatz an der Landstraße zu halten und im Imbiss Pommes Frites zu bestellen. Was wir bekommen, ist eine Art Bratkartoffel mit körnigem Salz. Es schmeckt gut, aber satt macht die kleine Portion nicht. Danach steuern wir die Schlucht Orrido Dello Slizza an, die ich zu Hause bereits bei Google gefunden hatte. Wir unternehmen eine wunderschöne, nur 4km lange Wanderung, die wie durch eine Klamm führt. Traumhaft!
Danach machen wir uns auf die Suche nach einem Nachtplatz und wählen einen Parkplatz ganz in der Nähe, weil es extrem beginnt zu stürmen und ein Gewitter aufzieht. Nach einer Weile war aber glücklicherweise alles wieder ruhig.

1.7.21

Den Tag verbringen wir heute in Udine. Ich hoffe, etwas vom Far East Film Festival mitzubekommen, was hier über mehrere Tage läuft, aber wir können nur an mehreren Stellen in der Stadt Leinwände und Stuhlreihen sehen. Man muss Tickets vorher buchen und ich befürchte, wir verstehen eh nichts. Es war auch ein passender Markt angekündigt, der war aber wohl nur an einem Tag im Juni und Workshops sind sicher in Italienisch und zu Coronazeiten vielleicht auch noch keine gute Idee. Es ist dennoch nett, die Innenstadt zu erkunden mit ihren vielen Cafés, alten Häusern und Plätzen mit italienischem Flair. Weiter südöstlich machen finden wir einen wunderschönen Übernachtungsplatz 😍. Hoch über Cormóns ist ein Wanderparkplatz mit 4 Plätzen für Wohnmobile, kostenlos inklusive Entsorgung und Frischwasser, nur der Strom funktioniert nicht, aber das ist egal. Wir duschen gleich unterm Wasserschlauch, um Schweiß und Sonnencreme loszuwerden. Natürlich über dem Grauwasserabfluss. Von hier kann man zum Castello hochlaufen und hat einen Blick bis zur Adria und den Alpen. Traumhaft! Ein rundum gelungener Tag!

2.7.21

Die letzte Nacht war, zumindest bis 24Uhr, nicht so ruhig, wie an dem idyllischen Ort erwartet. Gegen 22:30Uhr rückte die Feuerwehr an, parkte uns ein und begann einen Baum soweit zurechtzusägen, dass er nicht mehr auf der Stromleitung lag. Deshalb hatte der Stromkasten also keinen Strom für uns und die Laternen blieben dunkel! Danach konnte ich erst eine ganze Weile nicht einschlafen und heute Morgen bin ich kaputt, was auch die 30⁰ gegen 11Uhr nicht besser machen. Wir fahren weiter zum Riserva Naturale regionale Valle Cavanata. Es liegt an einer Lagune auf dem Weg nach Grado und es soll Flamingos dort geben. Wir entdecken zwar Kormorane und andere Vögel dort, aber Flamingos lassen sich leider nicht blicken. Weiter führt uns der Weg nach Grado, vor dessen Toren wir das Womi auf einem großen Parkplatz abstellen und mit den Rädern reinfahren. Die Lage in der Lagune mit mehreren Wasserarmen ist toll, und der Jachthafen mit den teuren weißen Jachten, die sich von dem Blau des Wassers abheben, und dahinter schöne alte Villen, wirkt sehr fotogen. Darüber hinaus ist uns der Ort zu mondän und auch touristisch. Wir haben viel mehr Natur erwartet, nicht teure Geschäfte und Restaurants und Bezahl-Strand. Wir fahren weiter und verlassen die Lagune wieder Richtung Aquileia, wo wir es gerade noch schaffen, in der Basilika das erste frühchristliche Mosaik aus dem 4.Jahrhudert zu besichtigen. Wir übernachten in Palazzolo Dello Stella auf einem kleinen kostenlosen Stellplatz, der zwar Strom hat, aber dafür braucht man Jetons. Weiss der Himmel, wo man die bekommt, es geht auch ohne Strom.

3.7.21
Nach einer schrecklich heißen und stickigen Nacht, in der ich kaum geschlafen habe, sind wir heute Morgen ins Landesinnere zur Quelle von Gorgazo gefahren. In wunderschönem türkisblauen Wasser bietet ein Tauchverein dort Höhlentauchen an. Das machen wir nicht, sondern wandern den Wanderweg nach Mezzomonte. Als wir im Ort ankommen, bin ich völlig fertig. Hitze und 420 Höhenmeter auf 2,5km Strecke waren grenzwertig für mich, besonders weil manche Schritte so hoch waren, dass ich sie nur mit Stefans Hilfe bewältigen konnte. Im Ort laben wir uns in einer Bar an erfrischend kaltem Mineralwasser. Der Rückweg ist dann nur noch bergab über 5km. Unsere Idee, uns danach in einem Badesee abkühlen zu können, ist leider nicht durchführbar. Der erste ist nur zum Angeln und der zweite privat in Besitz eines Kanuvereins. Dort übernachten wir dann zumindest. Zum Abend machen wir noch einen Abstecher nach Pordenone, einem lebhaften und ganz netten Städtchen. Es ist Samstagabend und von Corona spürt man nicht mehr allzuviel. Alle Bars und Restaurants sind auf den Außenterrassen voll belegt. Es ist allerdings eine recht hohe Polizeipräsenz in der Geschäfts- und Gastromeile und ein paar Leute, wie auch wir, tragen wenn es zu eng wird, Masken auch draußen..

4.7.21
Wir besuchen ein sehr schönes Naturreservat, das Canal Novo Valley Nature Reserve in der Laguna di Marano. Nett angelegt mit Wegen, Brücken und Beobachtungsturm können wir zahlreiche Vögel und Wasserschildkrötenchildkröten beobachten und fotografieren. Danach schlendern wir noch durch das kleine Örtchen mit Hafen, in dem zig Boote ankern, bevor wir uns auf den Weg zu unserem Nachtstellplatz begeben. Unterwegs bekommen wir so großen Hunger, dass wir uns eine Pizza zu Mitnehmen kaufen, weil wir nicht noch 1 1/2Stunden bis zur abendlichen Öffnung der richtigen Pizzerien warten wollen. Wir fahren nach Brussa, rund 90km vor Venedig an der Küste. Hier soll es laut Park4Night eine Übernachtungsmöglichkeit geben. Wir treffen auf ein Restaurant, wo uns, als wir kommen, laute Musik entgegenschallt und eine große Wiese mit vielen abgeteilten Parzellen, auf denen Camper, Boote etc. über Nacht kostenlos stehen können. Ich habe erst einen Fluchtreflex wegen der lauten Musik, aber dann beginnt es zu regnen und alle Restaurantgäste flüchten. Danach machen uns die immer größer werdenden Pfützen Sorgen. Hoffentlich schwimmen wir nicht über Nacht weg!

5.7.21
Gestern Abend haben wir noch unser Womi umgeparkt, weil wir befürchteten, wegzuschwimmen. Letzte Nacht hat es gegossen und heute Morgen ist überall Matsch um uns herum. Nach dem Frühstück machen wir uns erstmal wieder auf aufs Festland, um Abwasser, Toilette etc zu leeren und zu tanken, dann geht die Fahrt auf die nächste Landzunge nach Lido di Jesolo, einem bekannten Touristenort. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, dort war ich in meinen zweiten Semesterferien mit meiner Freundin und ihren Eltern. Wir hatten getrennte Apartments, durften uns aber auch mal ihr Auto ausleihen und kamen mit ihnen kostenlos nach Italien, mussten nur unsere Unterkunft zahlen. Stefan und ich baden in diesem Urlaub hier das erste Mal in Italien. Der öffentliche Strand ist ziemlich eingeklemmt zwischen Hotelstränden und nirgends gibt es Schatten. Man darf noch nicht mal selber einen Sonnenschirm aufstellen. Die Einheimischen wollen halt ihre Liegen mit Schirm vermieten. Uns reicht aber eine kurze Abkühlung, wir brauchen keinen Tag am Strand. Abends fahren wir nach Punta Sabioni, von wo Boote und Wassertaxis nach Venedig fahren. Wir kaufen uns je einen Tagespass für 20€ für morgen und werden nicht nur Venedig, sondern auch Burano und vielleicht noch eine weitere Insel besuchen. Wir waren beide schon vor vielen Jahren in Venedig, allerdings bevor wir uns kennenlernten. Nachdem wir die Tickets in der Tasche haben, suchen wir unser Nachtquartier auf. Auf der gegenüberliegenden Seite der Landzunge sind an einer ruhigen Straße mehrere Stellplätze entlang der Straße ausgewiesen. Schön schattig und 250m vom richtig schönen Strand. Die Adria ist hier ganz lange flach, also richtig was für mich und das Wasser ist richtig warm. Wir erleben eine super schöne Abendstimmung und die Außentemperatur ist wirklich angenehm. Zum Abendessen zaubert Stefan ganz unitalienisch Käsespätzle im Womi😂

6.7.21
Wir starten frühmorgens unsere Tour und starten mit Burano, einer Insel, die berühmt ist für ihre vielen bunten Häuser. Es ist dort wirklich traumhaft schön. Alle Häuser leuchten in bunten Farben und man kann entspannt durch die Gassen schlendern oder in den zahlreichen Bars einen Cappuccino oder Espresso genießen. Wir sind gleich mit dem ersten Boot gefahren, daher war es auch noch recht ruhig dort. Ich kann mir vorstellen, dass es später am Tag und im August, wenn in Italien die absolute Hochsaison ist, brechend voll wird. Vielleicht ist es auch noch so ruhig, weil wegen Corona noch nicht soviele Menschen reisen. Von Burano nehmen wir ein Wassertaxi nach Murano, der Insel der Glasbläsereien. Auch hier gefällt es uns sehr und wir können in zahlreichen Lädchen die Glaskunst bewundern. Vieles ist nicht unser Geschmack, besonders die bunten Kronleuchter, aber ein paar Dinge täten uns aber schon gefallen. Leider kosten die Gläser, die wir schön faiden, 60€ das Stück, das sind sie uns dann doch nicht wert. Darüberhinaus dürfen wir unser Womi auch nicht überladen. Zuletzt geht die Fahrt dann nach Venedig. Die Stadt ist wirklich zum Verlieben. Wir lassen uns rund 6 Stunden durch die Gassen treiben bis unsere Füße platt sind. Zwischendurch ruhen wir uns bei Cappuccino und Panini aus und beobachten die vorbeiziehen Menschen und die Gondelieri. Im Licht der untergehenden Sonne fahren wir zurück zum Hafen Punta Sabioni. Ein wundervoller Tag geht dem Ende zu. Wenn jetzt nicht während unserer Abwesenheit das Womi ausgeräumt oder geklaut wurde und auch unsere Räder noch am Hafen stehen, könnte er nicht besser gewesen sein. Die Räder stehen noch da, wo wir sie abgeschlossen haben und auch unser Womi ist noch an Ort und Stelle und niemand ist eingebrochen. Wir fahren noch kurz mit den Rädern zum Strand, um zu duschen und den Tag erfrischt abzuschließen.

7.7.21
Heute Morgen verlassen wir das Meer wieder und fahren ins Inland nach Treviso. Es ist bereits am Wasser um die 30Grad, aber umso weiter wir ins Inland kommen, umso heißer weht der Fahrtwind uns um die Ohren. Als wir gegen Mittag auf unserem geplanten Übernachtungsplatz in Treviso ankommen, zeigt das Thermometer für draußen 32,2Grad und im Womi haben wir satte 36,8Grad. Noch dazu müssen wir eng zwischen zwei italienischen Wohnmobilen parken, sodass die geöffneten Fenster sich fast berühren. Wir flüchten für die kommende Stunde in einen Waschsalon um die Ecke, ein wesentlicher Grund, warum wir gerade diesen Stellplatz als genial angesehen haben. Im Waschsalon ist es schön kühl Dank Ventilatoren und Air condition. Für 8Euro bekommen wir 7,5kg Wäsche wieder sauber und trocken. Als wir uns danach etwas mit unseren Campingstühlen hinters Womi setzen, ist es drinnen 38Grad und wir stellen fest, dass die Grünfläche hinter den Fahrzeugen wohl als Urinal benutzt wird. Es müffelt wie ein öffentliches Klo. Wir bleiben dennoch für eine Weile in dem bisschen Schatten, den das Womi und der Baum spendet, sitzen. Die Sonne steht so hoch, dass sie trotz Baum voll auf die Fahrzeuge prallt. Am Spätnachmittag machen wir uns zur Stadterkundung auf. Durch ein schönes altes Tor betreten wir die Altstadt, die sich besonders durch ihre vielen Arkaden auszeichnet. Die sind natürlich sowohl bei Hitze, als auch bei Regen Gold wert, weil sie die Passanten vor Nässe schützen und Schatten spenden. Unter den Arkaden befaiden sich zahlreiche Boutiquen und Schuhläden italienischen Styles. Daneben natürlich Bars und Restaurants und selbstverständlich Kirchen. Auffallend sind die zahlreichen Wasserräder. Man kann sagen, es ist ein typisches, mit rund 80000Ew. mittelgroßes, italienisches Städtchen. Als wir zum Parkplatz zurückkommen und die Sonne noch immer erbarmungslos auf unser Zuhause herunterprallt, entscheiden wir uns, noch an diesem Abend zu unserem geplanten nächsten Ziel in die gebirgige Landschaft süd-westlich von Padua, in den Regionalpark Collu Euganei zu fahren. Nach endlosem Stadtverkehr kommen wir auf die steile Passstraße, die sich kurvig auf den Roccolopass hochwinded. So richtig gut bekommt das unserem Womi, dass ja bereits heiß durch die Hitze ist, nicht. Es macht zum Schluss ein komisches Geräusch. Hoffen wir, dass es sich morgen nach einer Abkühlung in der Nacht, wieder erholt hat. Hier oben sind es jetzt um 22Uhr immerhin noch 27Grad draußen und 28 innen. Na, das verspricht ja mal wieder eine anstrengende Nacht zu werden🙄

8.7.21
Die letzte Nacht hier oben in der Natur des Regionalparks war um vieles besser als sie hätte in Treviso sein können. Wir sind über 300m höher und stehen im Schatten unter Bäumen. Hier wagte ich es auch, meine Alkovenfenster die ganze Nacht geöffnet zu lassen, sodass immer eine ganz leichte Brise das Klima erheblich verbesserte. Außer meine zahlreichen Mückenstiche und unsinnigem Glockengeläut vom Tal nachts um 3:30Uhr und gegen 4:15Uhr, was mich trotz der Entfernung aus dem Schlaf riss, konnte ich mal richtig gut schlafen. Was das Gebimmel zu sollch merkwürdigen Zeiten sollte, ist mir völlig unklar. Es waren keine Schläge, die die Uhrzeit anzeigten. Den Morgen verbringen wir mit einer recht unspektakulären, 6km langen Wandertour mit einigen Höhenmetern, die aber erfreulicherweise komplett im Schatten von Bäumen verlief. Der Weg zurück zur Küste erweist sich als sehr aufregend. Bei einer Haarnadelkurve, bei der Stefan nicht in einem Zug rumkonnt und am Hang nochmal zurücksetzen muss, sehe ich uns schon den Abhang hinunterstürzen! Danach ist eine Straße so eng, dass kaum zwei Autos aneinander vorbeikommen. Heute wird so richtig sein fahrerisches Geschick verlangt. Wir sind jetzt in Chioggia, das wie Venedig auf einer Halbinsel liegt und Kanäle und viele Brücken hat, aber nicht annähernd so schön ist. Es ist ganz nett, aber man sollte die Autos und Motorräder aus dem Ort heraushalten. So ist es zu lebhaft und laut. Die Nacht werden wir auf dem ersten kostenpflichtigen Stellplatz mit Strom verbringen, d.h. der Ventilator läuft jetzt auf vollen Touren und ich hoffe, wir bekommen es noch etwas kühler hier im Womi.

9.7.21
Der heutige Tag verläuft sehr konfus. Nach den ersten paar Kilometern wird unser Motor plötzlich heiß und das zu Beginn der Siesta. Wir parken in unserer Not in der Einfahrt eines Autogeschäfts, und es kommt natürlich auch gleich jemand raus. Er ist so nett und füllt unser Kühlwasser auf und meint, damit wäre unser Problem gelöst, ist es aber nicht, denn das Wasser ist ja zuvor ausgelaufen. Da alle Werkstätten Siesta machen, parken wir vor einer und fragen im Restaurant nebenan, wann dort wohl aufgemacht wird. Der Wirt spricht Deutsch, denn seine Frau ist Deutsche und wir können die zwei Stunden auf seiner Terrasse warten. Wir müssten noch nicht mal etwas essen, bestellen aber Spagetti, die super lecker sind. Ich esse sie mit Muscheln, Stefan mit Pesto und mit Wasser zusammen kosten sie nur 14€. Der Wirt ruft bei seinem Nachbarn, dem Werkstattbesitzer, an und erklärt unser Problem. Wir können kommen, und der Mechaniker stellt fest, dass der Kühlwasserschlauch kaputt ist. Während er repariert, trinken wir noch Cappuccino und Espresso bei unserem netten Wirt und nach insgesamt 3 1/2Std und 30€ können wir wieder fahren. Der Weg führt uns ins Po Delta, aber da die Radwege alle in der prallen Sonne liegen, geben wir das auf und fahren weiter nach Ravenna, wo wir die lebendige Innenstadt bei Pommes Frites – dieses Mal solche, wie wir sie kennen, – genießen. Beim Rundgang durch die Stadt bekommen wir Lifemusik mit, und die Fußgängerzone füllt sich zum Abend hin ganz schön. Man merkt aber, dass es noch besondere Zeiten sind. Für ein Festival und Freitagabend ist es noch absolut entspannt. Unser Parkplatz ist in ca 25Min Fußweg zur Altstadt, riesig groß und es stehen gerade mal 4 Womis und 4 Autos darauf und das in einer Stadt wie Ravenna in der Hochsaison! Auch in Venedig hat man es gemerkt. Es war weder ein Problem Plätze im Wassertaxi zu bekommen, noch musste man sich auf der Rialtobrücke oder dem Markusplatz drängeln, alles sehr angenehm. Wir haben bisher zum Glück auch noch nie ein Problem gehabt, auf dem gewünschten Stellplatz ein Plätzchen für uns zu finden und hoffen, dass es so bleibt. Wir fühlen uns auch recht sicher, obwohl wir viele Einträge bei den Kommentaren bei Park4Night finden, die vor Einbrüchen und Diebstahl warnen. Hier in Ravenna hat ein nettes französisches Paar auf dem Parkplatz hat sich gleich bereiterklärt, auf unser Womi zu achten. Sie reisen bereits seit 1 1/2 Monaten durch Italien und bisher ohne Probleme.

10.7.21
Von der Stadt wechseln wir heute wieder in die Natur und besuchen unseren ersten italienischen Nationalpark, den Parco Nazionale delle Forreste Casentinesi. Den Namen werde ich mir wohl nie merken, aber das Forreste schon, denn Wald ist hier in dem gebirgigen Park zwischen Forli und Florenz ganz viel. Wir haben eine wunderschöne Wandertour von 10.8km und 290Höhenmetern zu den Wasserfällen von Acquacheta gemacht. Die sind ansich gar nicht so überragend, aber am ganzen Weg läuft der sich aus ihnen ergießende Fluss entlang mit zahlreichen kleinen Wassertreppen, sodass man immer wieder seine Füße ins Wasser stecken kann. Einige Familien plantschen auch munter ganz im Wasser. Der ganze Weg ist schattig und sehr schön angelegt. Unterwegs findet man immer wieder Sitzgelegenheiten und Picknicktische und an einer Stelle können wir kühles, frisches Bergwasser abfüllen. Heute Nacht übernachten wir auf dem Parkplatz, sowie auch noch andere Camper. Es steht kein Verbot, auch wenn es eigentlich in Parks nicht erlaubt ist. Der Campingplatz ist aber überlaufen und wir haben bis morgen früh die Parkuhr gefüttert. Jetzt müssen wir zusehen, dass wir noch kühle Luft ins Womi bekommen, denn das stand tagsüber in der Sonne und hatte bis vor 1Std noch 36⁰. Inzwischen haben wir es aber schon auf 29⁰ runtergekühlt und liegen damit nur noch 1⁰ über Außentemperatur. Hier in Italien haben wir meist nur die Wahl zwischen ersticken in der Nacht oder Mückenterror. Ich sehe schon fast wieder so aus wie in Neuseeland! Das war mir vorher auch nicht bekannt, dass Mücken hier auch ein großes Thema sind🙄. Zum Glück haben wir wenigstens Fliegengitter vor den Fenstern, aber beim Ein- und Aussteigen ist es unvermeidbar, dass sich so ein Biest zu uns verirrt.

11.7.21
Die letzte Nacht war soooo entspannend! Ich habe mir sogar den Schlafsack über mich gezogen, weil es mir nur mit Bettlaken als Zudecke zu frisch wurde! Heute Morgen haben wir draußen 16⁰ und im Wohnmobil 18⁰, ich bin kurz davor, die Heizung einzuschalten😂 Die Temperatur ändert sich leider schnell, als wir wieder Richtung Adria fahren und an Höhe verlieren. Als wir gegen Mittag in Forli ankommen, ist die Stadt nahezu ausgestorben. Keine Ahnung, ob es während der Siesta immer so dort ist, oder ob die Italiener vorschlafen, um heute Abend ihrer Mannschaft im EM Endspiel zuzujubeln (oder sich zu grämen)🤷‍♀️ Die Stadt ist auf jeden Fall sehr schön mit vielen herrschaftlichen Gebäuden und Plätzen, Mosaike an Tunnelwänden statt Graffitis und auch hier gibt es eine Dante– Ausstellung. Es jährt sich der 700. Todestag des Dichters und Philosophen, dem die Italiener ihre Sprache zu verdanken haben. Es ist jedoch knallheiß und als wir zum Womi zurückkommen, sind es 38⁰ drinnen. Wir fahren weiter nach Cesena. Dort gibt es die Bibliothek Malatestiana von 1452, die damit als älteste bürgerlich-städtische Bibliothek Europas gilt. Leider hat sie heute nicht geöffnet. Von außen macht sie nicht viel her, aber die Plakate, die wir von ihrem Inneren gesehen haben, waren sehr beeindruckend. Auch Cesena gefällt uns gut. Der italienische Baustil der Häuser, die meist in Ockertönen gehalten sind mit andersfarbigen Fensterläden, sowie die Bogengänge wirken immer würdig und noch dazu helfen die Gassen und Gänge gegen die Hitze. Unser letztes Ziel für heute ist Verucchio. Hoch über der Landschaft tront das kleine Örtchen mit gerade Mal gut 10000 Einwohnern und ist Mitglied in der Vereinigung der schönsten Orte Italiens. Schon unser Stellplatz hat einen fantastischen Ausblick über die Gegend von Rimini bis zur Adria. Der Ort selber ist nochmal etwas höher mit Eingangstor, Kopfsteinpflaster, das sich den Berg hinauf windet bis zur Aussichtsterrasse. Wenn man wie wir gerade kurz vor Sonnenuntergang hier ankommt, ist man sprachlos ob solcher Schönheit. Morgen wollen wir ins 11km entfernte San Marino. Wir waren beide noch nie in diesem Zwergstaat und sind sehr gespannt darauf, denn die Cita de San Marino liegt ebenfalls auf einem Berg

12.7.21
🇸🇲 ein neues Land auf unserer Liste! Wir fahren heute Morgen die 11 km nach San Marino, sozusagen von einem Hügel auf den anderen. Es ist jedoch so heiß und stickig, obwohl wir auf dem Stellplatz auf ca 500m sind, dass wir bis zum Nachmittag vor unserem Wohnmobil Siesta machen. Wir stehen wunderbar unter Bäumen. Gegen 17Uhr fahren wir dann mit der Gondel hoch in die Cita de San Marino. Sie liegt wunderbar auf über 700m auf bzw im Felsen über der Landschaft. Die Lage, die Gassen und Türmchen und historischen Gebäude sind sehr beeindruckend. Leider übertreiben sie es mit Souvenirgeschäften, in denen zum Teil absoluter Kitsch verkauft wird. Wir scheinen das absolute Glück zu haben, dass es noch recht leer ist. Sonst schieben sich die Touristen wohl durch die Gassen und wir hätten sicher keinen Stellplatz gefunden. Wir durchlaufen immer wieder die Gassen bergauf, bergab, genießen die Ausblicke und den Flair der Stadt und beschließen den Tag mit einer Pizza in einem Restaurant mit Ausblick.

13.7.21

Der heutige Tag beginnt durchwachsen. Als wir gerade vom Stellplatz in San Marino aufbrechen Richtung Rimini, fängt unser Womi wieder an zu stinken. Wir fahren zur Tankstelle und finden heraus, dass es wieder dasselbe Problem mit dem Kühlwasserschlauch ist. Die Tankwartin sagt uns, dass nach der nächsten Kurve eine Werkstatt käme und wir fahren ganz vorsichtig dorthin. Sie haben nicht das richtige Ersatzteil, können aber den Schlauch kürzen und über dem Loch mit Bogenschelle wieder anbringen. Wir befürchten, dass der letzte Mechaniker es auch so gemacht hat und dass es wahrscheinlich nicht das letzte Mal sein wird, dass wir Probleme damit bekommen. Schätzungsweise ist der Schlauch schon ziemlich alt und porös und geht nun Stück für Stück kaputt. Hoffen wir das Beste. Gegebenenfalls fragen wir mal bei einer Fordwerkstatt, wenn wir eine sehen.
Wir fahren weiter nach Rimini, was mich sehr positiv überrascht. Ich habe eine typische Touristenmeile dort erwartet, weil Rimini ja schon als ich Kind war zu den Traumzielen der Deutschen zählte, aber es hat eine schöne Altstadt, mit Eingangstor, Burg, einer schönen Brücke und besonders hübsch finden wir den Teil „Il Burgo“, wo die Häuser mit netten Bildern versehen sind und auch viel Blumenschmuck die Straße ziert. Wir genießen noch zwei leckere Teilchen und trinken gemütlich Kaffee, bevor wir weiter an der Küste nach Fano fahren. Heute ist es fast den ganzen Tag bedeckt und in Rimini fallen innerhalb kürzester Zeit die Temperaturen von 36⁰ auf 28⁰, was sehr angenehm ist. Bei unserem kleinen Abendspaziergang durch Fano, überrascht uns sogar ein Gewitter. Wir werden zwar nass, haben aber noch richtiges Glück, denn als wir gerade wieder im Womi sind, fängt es richtig an zu hageln. Nach 10Minuten ist das Ganze dann aber vorbei. Nachher ist das Klima etwas angenehmer.

14.7.21
Wir wollen vom Meer wieder in die Berge, aber zuerst muss noch Wäsche gewaschen werden. Das erledigen wir zügig in Fano, dann fahren wir Richtung Parco Naturale Regionale Gola della Rossa e di Frasassi. Leider stimmen die Bilder bei Google nicht mit dem Ziel überein. Wir kommen statt zu Höhlen und einer Kapelle im Berg zum Ort Serra San Quirico, der jedoch allein schon den Weg wert gewesen ist. Wir fragen uns durch und man weist uns den richtigen Weg. Bei den Grotten von Frasassi gibt es praktischer Weise auch gleich noch einen kostenlosen Stellplatz für unser Womi. Der Besuch der Höhlen ist mit 18€ und 15€(Behinderte) nicht gerade billig, aber die Ausgabe hat sich definitiv gelohnt. Die Höhlen sind absolut faszinierend, selbst wenn man schon einige Höhlen zuvor gesehen hat. Nach 1,5Std Führung fahren wir noch ein kleines Stückchen weiter zum Fußweg zur Kapelle Tempietto di Valadier, die malerisch über einer Schlucht oben im Berg tront. Die Nacht verbringen wir auf dem Stellplatz bei den Grotten.

15.7.21
Über den heutigen Tag ist nicht viel zu schreiben. Wir bleiben bis nachmittags auf dem Stellplatz bei den Höhlen, weil es hier gutes freies WLAN gibt. Nicht, dass wir dermaßen abhängig wären, aber heute hat unser englischer Freund seine Trauerfeier in Bury St. Edmonds. Das Beerdigungsinstitut schafft die Möglichkeit, online daran teilzunehmen, da aufgrund von Corona nur eine begrenzte Anzahl Personen teilnehmen kann. Ein weiterer Grund ist aber auch, dass er Freunde rund um den Globus hatte, zum Teil gemeinsame mit uns wie unsere Freunde in Kalifornien, die alleine aufgrund der Entfernung nicht anreisen können. Wir benötigen also eine stabile Wlan- Verbindung und finden diese vor dem Ticketschalter der Höhlen. Es ist eine sehr bewegende Rede, die die Dame vom Beerdigungsinstitut hält, die alle Facetten unseres Freundes beleuchtet und noch einmal deutlich macht, wie einzigartig er war. Begleitet wird sie von Bildern und zwei Musikstücken. Er liebte Musik und wird von Pink Floyd verabschiedet. Unser Sohn ist so lieb und hat die Feier aufgenommen, sodass wir sie zuhause auch noch mal in passenderem Ambiente als auf einem belebten Platz vor einem Ticketschalter ansehen können. Wir geben sicher ein merkwürdiges Bild ab, beide mit Kopfhörern auf den Ohren, in unser Handy vertieft und bei mir tropft es gelegentlich aufs Display.
Danach haben wir einige Mühe, zurück Richtung Adria zu fahren, weil wir wegen einer Baustelle total chaotisch umgeleitet werden. Am späten Nachmittag erreichen wir unseren Stellplatz in Jesi auf einem Parkplatz für Camper und PKWs. Wir unternehmen noch einen kleinen Rundgang durch die Altstadt, deren größte Besonderheit wohl ist, dass sie hoch über der Stadt liegt und entweder über Treppen oder einen Aufzug erreichbar ist.

16.7.21
Ein wundervoller Tag! Nachdem wir uns durch Ancona gequält haben, kamen wir zu unserem Ziel, dem Parco Naturale Regionale del Conero. Unser erster Wanderweg führt uns steil bergab über den Sentiero di Mezzavalle (nord) an einen wunderschönen einsamen Strand. Wir haben kein Badezeug dabei, aber ein Mann und etwas weiter ein paar andere Badende sind nackt im Wasser, da hält uns auch nichts mehr zurück und ruckzuck sind die Klamotten aus und der Körper verdeckt von den Wellen. Es isthimmlisch dort und ich kann nur die Kommentare anderer Reisender auf Google unterstreichen: der Weg ist verflixt steil und anstrengend, aber er ist es Wert! Ein paar Kilometer weiter macheen wir wieder Halt und wandern den Sentiero Gigli zur Ruine eines historischen Farmhauses und zur Grotte Romane. Wieder geht es ziemlich auf und ab, aber heute haben wir ein himmlisches Klima mit nur rund 26⁰, da macht das Wandern richtig Spaß. Am Abend suchen wir einen Platz zum Übernachten in Sirolo, aber dort dürfen wir auf keinen Parkplatz, nicht mal zum parken. Wir fahren zurück zu einem kleinen Wanderparkplatz vor dem Ort, wo wir auch übernachten werden und schlendern dann noch zu Fuß durch das kleine, aber sehr touristische Sirolo.

17.7.21

Letzte Nacht gab es auch bei uns Mal ein Gewitter und heute regnete es bis nachmittags. Wir nutzen die Zeit für Shopping. Stefan kauft sich in einem riesigen Laden heruntergesetzte Laufschuhe (was auch sonst😂, er könnte schon eine internationale Ausstellung mit seinen Laufschuhen aus aller Welt machen.) und Wanderschuhe. Seine Wandersandalen, die er mit hat, haben nicht den richtigen Gripp. Teils sind die Wege hier sehr steil, und wenn dann noch Kiesel und Blätter darauf sind, kommt er ins Rutschen. Hoffentlich taugen die Schuhe etwas. Danach lässt er sich bei einem Elektronikladen noch einen sauteuren Displayschutz auf sein Handy machen, weil seiner einen Riss hat. Nun kann man laut Werbung mit dem Hammer draufschlagen, dafür kostet die Folie auch 25€🙄
Nach dem Shoppen haben wir vom Verkehrsgewühl und Einkaufszentren genug und fahren wieder ins Inland. Unser Ziel ist dieses Mal das historische Städtchen Macerata, das mal wieder über allem auf einem Hügel tront. Kurz nach der Einfahrt in die Stadt kommt man zu einem großen Parkhaus und daneben einem Wohnmobilstellplatz. Von dort geht es entweder zu Fuß oder per Aufzug in die Altstadt. Die Stadt hat eine besondere Ausstrahlung. Sie ist alt und jung zugleich. Historische Gebäude wie die Universität, das Theater und Rathaus, sowie Kirchen wechseln sich mit studentischen Cafés und Bars mit jungen Leuten ab, und neben auffallend vielen kleinen Buchläden, kommen hier die Nostalgiefans auf ihre Kosten. Gleich mehrere Schallplattenläden sind zu finden, daneben Vintage- und Kaffeegeschäfte. Es macht wirklich Spaß, hier auf Schaufenstertour zu gehen. Morgen wollen wir wieder ins Gebirge zum Lago di Fiastra und mir graut es schon etwas. Ich hoffe, unser Womi macht nicht wieder Probleme.

18.7.21
Mit großen Befürchtungen fahren wir heute Morgen los, denn wir wissen, es geht in die Berge, wissen aber nicht, wie die Steigungen dorthin seien werden. Unsere Sorgen erweisen sich zum Glück umsonst, unser Womi bringt uns problemlos zum Lago di Fiastra auf 641 Metern. Wir bekommen auch einen wunderbaren Platz auf dem offiziellen Stellplatz, auf dem wir ganz alleine stehen. Wir genießen bei einer Kaffeepause den Ausblick, danach wandern wir zum Örtchen San Lorenzo, das im Winter anscheinend zum Skifahren einlädt und wandern den Naturwanderweg entlang des Fiastra Sees. Eigentlich wollen wir den See umrunden, aber das ist nicht möglich, da auf der einen Seite nur eine Straße ohne Fußweg verläuft, also kehren wir auf demselben Weg zurück. Da wir einen Wasserhahn direkt an unserem Stellplatz haben, und niemand außer uns da ist, nutzen wir die Chance, uns von Kopf bis Fuß darunter zu waschen. Danach ist es mir zum ersten Mal im Urlaub kurz mal etwas frisch. Wir haben draußen 20⁰. Im Womi sind jetzt zur Schlafenszeit angenehme 25⁰, echt entspannend.

19.7.21
Von den Bergen zurück ans Meer. Ein erster Stopp in Sarnano, wieder einem Ort, der oben auf einem Hügel tront und die Altstadt fast ausnahmslos aus engen Gassen und Treppen besteht. Es ist also nicht, wie noch vor ein paar Tagen gedacht, die Ausnahme, dass Orte oben auf Hügeln sind und Aufzüge den Menschen vom Parkplatz unterhalb den Weg zur Altstadt vereinfachen, sondern eher das Typische im bergigen Inland Italiens. Sarnano macht den Eindruck, als hätte es gerade keine Zeit für Touristen, sondern macht sich schön für die kommende Saison. Überall stehen Gerüste an Kirchen und Häusern, und es ist sogar eine Gasse komplett wegen Baustelle gesperrt. Ob es hier vor nicht allzu langer Zeit ein Unwetter gab, oder ob es sich um eine Sanierungswelle handelt, weil sich das in der Pandemiezeit anbietet, kann ich nicht sagen. Es macht den Ort zumindest derzeit nicht sehr einladend. Unser nächstes Ziel ist die Stadt Ascoli Piceno, die ebenfalls landschaftlich grün eingebettet liegt. Sie hat einige herrschaftliche Gebäude, besonders um den Piazza del Popolo zu bieten. Sie wirkt auf mich irgendwie trutziger als die Orte zuvor. Die Steine der Häuser sind größer, grauer und rauher. Reste einer mittelalterlichen Festung mit Museum, das aber heute am Montag geschlossen hat, schließen an die Ponte di Cecco, eine um 25 v. Chr. unter Kaiser Augustus erbaute Bogenbrücke an. Auf dem Piazza del Popolo läd das Jugendstilcafé Meletti zum Verweilen ein. Daran kommen wir natürlich nicht vorbei☕😂. Es ist zu schön, in diesem Ambiente seinen Kaffee zu genießen und die Menschen zu beobachten. Danach erscheint die Fahrt, trotz der Pausen, irgendwie zu lang. Wir kommen in einem Stau auf der Schnellstraße, wobei die Italiener mal locker in voller Geschwindigkeit über eine gestrichelte Spur bis zu nächsten Ausfahrt heizen. Man muss dazu wissen, dass die italienischen Schnellstraßen, sie sind mit blauen Schildern gekennzeichnet und kosten keine Maut, keinen Seitenstreifen haben. Zumindest haben wir es bisher nicht anders erlebt. Zum Teil sind die Spuren ganz schön eng. Die Verkehrsführung ist hier und heute chaotisch und Google führt uns irgendwo ins Nichts, als wir zum nächsten Lidl wollen. Als der Parkplatz, den wir als Nachtplatz geplant haben dann auch noch wegen eines Festes gesperrt ist, ist ziemlich die Luft raus bei uns. Entlang der Küste Richtung Pescara ist es sehr touristisch, eine Hotelanlage nach der nächsten und teure Campingplätze mit Vergnügungspark, für uns aber kaum ein Parkplatz, auf den wir mit Wohnmobil stehen dürfen. Wir müssen noch ein paar Kilometer weiterfahren und finden letztendlich einen öffentlichen Parkplatz in Alba Adriatica zwischen Appartmentanlagen und Supermarkt, der laut Park4night OK ist. Er ist nicht schön, aber besser als nichts und nebenan ist ein Supermarkt für frische Brötchen morgen zum Frühstück.

20.7.21
Obwohl unser Übernachtungsplatz ja nicht gerade einladend aussieht, haben wir bis gegen 7Uhr eine ruhige Nacht. Nach dem Frühstück quälen wir uns weiter entlang der Adria durch einen Ferienort nach dem anderen, und obwohl wir meist nur 100-200m von Strand entfernt sind, sehen wir fast nie etwas davon. Zwischen der Straße und dem Meer verläuft die Eisenbahntrasse, die nicht nur die Sicht versperrt, sondern es uns auch unmöglich macht, näher ranzufahren, denn die Unterführungen haben immer nur eine Höhe von 1,90-2,60m und unser Womi hat nun mal 3,10m. Irgendwann finden wir dann doch mal einen Parkplatz und freuen uns auf eine kurze Runde im Wasser. Es gibt einen kleinen schattigen Park am Strand. Der Strand selber ist überall übersät ist mit Liegen von Hotels, denen das Strandstück gehört. Schön ist was anderes. Da hat man in Deutschland mit seinem Strandkorb weit mehr Platz und Intimsphäre. Ich kümmere mich nicht drum, dass es ein Hotelstrand ist, denn ich will ja nur ins Wasser und habe keine Ahnung, wo irgendwo ein öffentlicher Strand in der Nähe ist, aber beim Abduschen am Strand bereute ich es dann. Selbst die kalte Dusche funktioniert nur mit Duschmarken. Stefan verzichtet daraufhin auf seine Schwimmrunde. Das Natural Reserve Borsacchio können wir aufgrund der niedrigen Unterführungen auch nicht erreichen. Wir fahren weiter Stop&Go bis Pescara und können hier zumindest das Natural Reserve Pineta Dannunziana besuchen. Der Park ist nicht groß, aber verschafft uns wenigstens die Möglichkeit, ein wenig im Schatten spazieren gehen zu können. Es ist heute wieder richtig heiß, die angenehmen Tage mit kleinen Schauern, dafür aber niedrigeren Temperaturen scheinen wieder vorbei zu sein. Besonders blöd ist, dass ich heute unseren kleinen, wassergekühlten Ventilator runtergerissen und damit kaputtgemacht habe. Ich habe diesem kleinen chinesischen Kasten vorher nie etwas abgewinnen können, aber hier in Italien hat er uns bis heute gute Dienste geleistet, und das bei so wenig Stromverbrauch, dass wir ihn dauerhaft laufen lassen können, auch nachts, was mit dem Wohnmobilventilator nicht wagen, zumindest nicht, wenn wir nicht an Strom angeschlossen sind. Hoffentlich finden wir hier nochmal so etwas mit USB – Anschluss. Vorgestern bin ich mit meiner Sportuhr im Salzwasser gewesen, was sie mir auch nicht verziehen hat. Allmählich reicht es mit meiner Kaputtmacherei 😥.
Nachdem wir in Pessaro noch unsere Wäsche gewaschen haben, fahren wir wieder ins Gebirge. Hier ist es kühler und außer, dass wir immer Angst haben, dass das Womi die Steigungen nicht schafft, ist die Fahrerei auch angenehmer und die Landschaft viel netter. Immer wieder sieht man kleine Orte auf den und imposante Berge im Hintergrund. Da ich eine Wanderung bei Komoot im Parco Nazionale della Majella herausgefunden habe, machen wir uns auf den Weg nach Caramanico Therme in den Abruzzen, bzw darüber hinaus, auf steilen, kurvigen Straßen bis zu einem kleinen Agroturismo Campingplatz. Die Fahrt ist etwas abenteuerlich, aber sie lohnt sich. Es ist ein kleiner, netter Platz in der Natur, der zu einem Restaurant mit B&B gehört, sonst ist hier nichts als Landschaft. Der Platz ist ganz einfach, hat aber alles was man braucht. Wir haben ein eigenes Spülbecken, Strom und es gibt eine warme Dusche! Ich fühle mich gerade frisch wie ein Tautropfen😂, denn es ist die erste warme Dusche seit unserer Abfahrt vor 3Wochen! Bisher haben wir immer nur mit kalten Duschen am Strand, untern Wasserschlauch oder Wasserhahn geduscht. Bei der Hitze ist das ansich schon ok, aber die Haare werden doch besser sauber bei warmem Wasser und Shampoo. Morgen werden wir also wandern, hoffentlich wird es nicht zu heiß.

21.7.21
Nach einer super schönen kühlen Nacht, haben wir heute Morgen gegen 9:00 schon 36⁰ draußen und 29⁰ im Womi. Da wir nach Caramanico Terme im Parco Nazionale della Marjella wegen einer Wanderung in der Orfento Schlucht gefahren sind, graut es mir heute Morgen angesichts dieser Temperaturen gewaltig. Der Weg erweist sich jedoch als wunderbar schattig und immer vom Fluss begleitet, sodass man auch immer mal wieder etwas von dem kühlen Nass über Arme und ins Gesicht spritzen kann. Drin baden ist aus Umweltgründen nicht erlaubt. Im Anschluss genieße ich den kleinsten Latte Macchiato in einem Café im Ort, bevor wir zur ca 1stündigen Fahrt nach Sulmona starten. Durch Straßensperrungen und Umleitung fahren wir mindestens 30Min länger. Wir haben eine der seltenen Fordwerkstätte in dieser Region im Internet gefunden und wollen uns endlich den richtigen Kühlwasserschlauch besorgen. Leider haben wir Pech. Sie können ihn erst in 2-3Tagen besorgen. Zum Glück erweist sich die Stadt aber auch so als Prachtstück. Sie liegt eingebettet zwischen hohen Bergen inmitten des Apennin, des Gebirgszuges, der Italiens Wetterscheide bildet und in dem sich in den Abruzzen, der Region, in der wir derzeit reisen, mehrere Nationalparks befinden. Die Stadt Sulmona hatte mehrere prächtige Paläste und Kirchen und besonders beeindruckend ist der Aquädukt mitten in der Altstadt aus dem 13Jahrhundert. Das Bild dieses Gebäudes vor der Bergkulisse genießen wir bei einer leckeren Kugel Eis. Heute Nacht stehen wir auf einem nichtssagenden Parkplatz außerhalb.

Zum Autofahren in Italien muss man sagen, dass es unendlich viele Einfahrtsbeschränkungen in Städten gibt, auf die jeweils mit einer ganzen Litanei Vorschriften auf Schildern hingewiesen wird. Ich glaube, selbst wenn wir Italienisch sprächen, hätten wir Probleme, die Regeln immer gleich zu verstehen. Ich hoffe, uns erwarten Zuhause nachher nicht eine Reihe Strafzettel, weil wir etwas falsch gemacht haben. Kontrolliert werden die Regeln durch zahlreiche Kameras. Auch gibt es unendlich viele Blitzer, auf die zuvor allerdings bei Ortseinfahrten bereits hingewiesen wird. Da sind wir aber glaube ich ganz gut drin.

22.7.21
Wenn man vom Gebirge wieder ans Meer will, bieten sich häufig immer nur dieselben Wege, auf denen man auch angereist ist. Da die schnellste Route wieder über Pescara führt, planen wir, diesmal die Mautstrecke über die Autobahn zu nehmen und in Pescara den Ford-Händler aufzusuchen, den man uns gestern in Sulmona genannt hat. Letztendlich fahren wir dann aber doch nicht Autobahn, da der Händler ewig lange Siesta hat und wir nicht vor der Tür stehen wollen. So machen wir sinnvoller Weise erst noch einen Stopp bei einem Expert Laden und ich bekomme eine neue Uhr, bzw einen Fitnesstracker. Gerade hier unterwegs und bei Hitze ist es mir schon wichtig, meinen Puls immer im Blick zu haben. Dieses neuere Modell kann auch den Sauerstoffgehalt des Blutes messen, was mir sehr gut gefällt, denn mein Pulsoximeter habe ich nicht auch noch mitgeschleppt und ich muss schon zugeben, dass mich das Zählen meiner täglichen Schritte schon auch anspornt. Wir fahren dann weiter nach Popoli, ebenfalls einer kleinen Stadt im gebirgigen Inland. In einem kleinen Euroshop finden wir einen ähnlichen Ventilator mit Wasserkühlung, der über USB Anschluss läuft, wie den, den ich vor ein paar Tagen kaputtgemacht habe. Jetzt haben wir wenigstens nachts wieder einen kleinen Luftzug, auch wenn wir keine Fenster auflassen können. Da wir nach einem Rundgang durch die Altstadtgassen immer noch Zeit haben, kehren wir in einer Gelateria ein, bevor wir weiterfahren nach Pescara. Endlich dort in der Werkstatt angekommen, die wirklich groß und gut ausgestattet erscheint, haben auch sie unser Ersatzteil nicht vorrätig. Sie rufen noch bei anderen Stellen an und informieren sich auch, ob ggf ein anderes Modell infrage käme, aber alles wird verneint. Wir brauchen das Original und auch in den nächsten Werkstätten in Vasto oder Brindisi müssten sie es bestellen. Wir wundern uns etwas, warum es so schwer sein soll, einen dummen Kühlwasserschlauch zu bekommen, aber wir haben halt ein altes Schätzchen, dessen Teile nirgends auf Lager sind. Es gibt nur ein Hauptlager in Bologna, wo wir aber definitiv nicht mehr hinfahren. Leider ist diese Werkstatt nicht bereit, für uns in Brindisi das Teil vorzubestellen, damit wir es in 3-4 Tagen dort abholen können, oder die Werkstatt in Brindisi will das Risiko nicht eingehen, dass wir vielleicht nicht auftauchen. Frust! Dafür sind wir extra nochmal über Pescara gefahren und haben ein paar Stunden Zeit aufgewendet🙄. Die Hitze macht uns auch schon ganz kirre, aber die Strecke von Pescara südlich zum Riserva naturale guidata Punta Aderci erweist sich als viel schöner als die nördliche Strecke durch die Apartmentorte. Wir haben Ausblicke auf das Meer und die Orte sind viel stilvoller, auch wenn hier natürlich ebenfalls touristische Unterkünfte zu sehen sind. Unser Ziel ist das Naturreservat beim Punta Aderci zu dem auch zwei wunderschöne Naturstrände gehören. Wir halten erst auf einem Parkplatz im Norden des Reservates und gehen etwas spazieren und setzen uns an den Strand. Da auf dem Parkplatz ein Schild Campingverbot steht, trauen wir uns nicht, dort über Nacht zu bleiben, auch wenn das Schild nur Zelt und Wohnwagen zeigt. Ein paar hundert Meter weiter ist noch ein Parkplatz mit kleinem Imbiswagen und einer Treppe zum Stand. Dort werden wir diese Nacht verbringen. Komischerweise fahren alle anderen wieder als es dunkel wwird, aber es stehen hier keinerlei Verbote und wir werden auch nur brav parken und keine Stühle o.ä. auspacken. Der Strand ist traumhaft. Ich bin während des Sonnenuntergangs im Wasser und lasse mich einfach nur treiben und gucke in den wolkenlosen Himmel, der einen rötlichen Schimmer von der untergehenden Sonne bekommt. Das ist soooo schön😍 Unser heutiger Übernachtungsplatz macht alles Ungemach des heutigen Tages wett😍.

23.7.2020
Von mir aus könnte der Tag um 18:00 anfangen und um 8:00 aufhören, dazwischen ist es zu heiß zum Denken🥵

Heute Morgen erkunden wir in glühender Hitze Vasto und werden Zeuge einer Hochzeit, danach geht es auf eine längere Strecke Richtung Süden bis zum Nationalpark Gargano in Apulien. Wir sind also nun in der Region, die den Absatz des Stiefels bildet, aber lange noch nicht im Absatz selber. Apulien zieht sich ziemlich in die Länge. Während wir bisher ehr Weinberge unterwegs gesehen haben beherrschen hier Korn, Gemüse aller Art und ganz besonders Olivenbäume das Landschaftsbild. Riesige Plantagen begleiten unsere Fahrt, die heute in großen Teilen auch BSicht auf die Küste bietet. So hatte ich es mir die letzten Tage gewünscht, als die Adria immer durch Häuser bzw Bahndamm verdeckt war. Nach Vico del Gargano windet sich eine steile Straße auf über 300m hoch. Wir parken vor dem Ort beim Friedhof und gehen das letzte Stück zu Fuß zur Altstadt mit ihren engen Gassen. Der Ort wird auch der Ort der Liebenden genannt, weil Pärchen hier anreisen, um sich In der engsten Gasse, der Vicolo del Bacio, die so eng ist, dass man sich berühren muss, die Liebe erklären♥️. Im Ort fällt uns gleich auf, dass wir in den Süden kommen. Hunde streunen in den Gassen umher, die Bewohner sitzen oder stehen vor ihren Häusern oder in den Straßen, immer zu einem Pläuschchen bereit, auch mal von Fenster zu Fenster. Das Italienisch klingt anders, Gehsteige werden spärlicher und leider vermehrt sich der Abfall in den Gassen. Nach unserem Rundgang essen wir noch Pizza auf die Hand und entscheiden, dass wir die paar Kilometer bis Peschici heute noch weiterfahren können. Der Parkplatz dort verspricht einen tollen Ausblick. Schnell wird klar, dass der Weg um einiges länger werden wird als geplant, da wir die ersten zwei Straßen, in die wir abbiegen sollen, mit dem Wohnmobil nicht nehmen dürfen. Wir werden auf der „großen“ SS89 nach Peschici geführt, worüber wir nach den unendlich vielen engen Kurven auch sehr froh sind. Keine Ahnung, was uns bei den anderen Sträßchen bevorgestanden hätte! Gerade als wir ankommen, geht die Sonne als knallroter Feuerball über dem Meer unter.24.7.21
Die letzte Nacht wurde begleitet von ständigem An- und Abfahren von Autos und Motorrädern bis mindestens 3Uhr, begleitet vom Gebell aller Straßenhunde und vielleicht auch Schoßhündchen. Immer wieder fing einer an und die anderen antworteten. Trotz Hitze verrammelte ich alle Fenster, aber das half nicht, auch keine Ohrenstöpsel. Heute Morgen fühle ich mich wie gerädert und das bei 30⁰ am frühen Morgen. Wir laufen nach Peschici rein, frühstücken Hörnchen und Kaffee in einer Bar und erkunden die Altstadt. Ich dachte immer, Lissabon hat viele Hügel und Treppen, aber hier in Italien scheint fast jede Altstadt so gebaut zu sein. In den engen Gassen ist es angenehm kühl gegenüber den anderen Straßen, deshalb ist es verwunderlich, dass nicht auch heute noch so gebaut wird. Für den Verkehr stellt das natürlich ein Problem dar, besonders für die Belieferung der Restaurants. Nicht nur, dass sie versuchen müssen, mit kleinen Lieferwagen die engen und steilen Gassen zu bewältigen, auch die zeitlichen Durchfahrtsbeschränkungen grenzen ihre Anlieferung ein. Peschici ist eigentlich den weißen Städten in Andalusien ähnlicher als den meist ehr bunt oder sandfarbenen Orten, die wir zuvor gesehen haben. Die Burg und die weißgetünchten Häuser schmiegen sich an die Hügel oberhalb der Adria.
Auch Vieste ist eine weiße Stadt mit engen Gassen über wunderschönen Stränden und einer weißen Steilküste mit Höhlen und bizarren Felsen, die aus dem Wasser ragen. Die Landschaft ist wunderschön, aber es ist sehr quirlich und voll von Touristen. In Vieste werden wir gleich von der Polizei unseres Parkplatzes verwiesen, obwohl nirgends ein Verbotschild steht. Sie meinen, Camper wären nur auf Campingplätzen erlaubt, auch am Tag. Wir verziehen uns, der Franzose neben uns bekommt ein Ticket. Einsichtig ist uns das Ganze nicht, denn es sind noch einige Plätze frei, es gibt kein Verbotschild und die Parklücke ist lang genug. Wir sind nur froh, dass wir noch kein Tagesticket für 10€ gezogen hab Wir warnen noch einen Italiener, der sich auch auf den Platz stellen will. Nun haben wir aber ein Problem, wir müssen um 18:00Uhr bei einem Gashandel unsere Gasflasche wieder abholen, wollen aber definitiv nicht auf einen teuren, engen Campingplatz mit Touristengewühl, sondern abends weiterfahren. Eine von mir geplante Wanderung zerschlägt sich ebenfalls, da bereits bei Google eine Straßensperrung auf dem Anreiseweg angezeigt wird. Wir fahren in Viste herum und finden an einer Ausfallstraße noch ein Plätzchen für das Womi und verbringen den Tag dann mit Stadterkundung, Kaffeepause und Imbissbesuch, sowie mit einem Bad im lauwarmen Meer. Direkt neben dem markanten Felsen, der aus dem Wasser ragt, lassen wir uns nieder und ich genieße es, mich wieder auf dem Rücken treiben und sanft von den Wellen schaukeln zu lassen. Am Abend holen wir Stefans Fahrrad vom Womi und gehen zu unserem Gashändler. Wir haben ein etwas unsicheres Gefühl. Stefan hat morgens unsere leere Flasche dort gelassen und keinerlei Beleg bekommen. Wir wissen ja auch, dass das Befüllen von Flaschen eigentlich nicht erlaubt ist in Italien, auf der anderen Seite, muss das Gas ja auch irgendwie in die italienischen Flaschen gelangen, außerdem ist es unsere einzige Chance, wenn wir nicht in 1-2Wochen ohne Gas dastehen wollen. Nicht mehr kochen zu können wäre schon sehr schlecht, keinen Kühlschrank mehr nutzen zu können bei der Hitze, der Supergau. Wir können beim Gashändler nicht parken, deshalb müssen wir die volle Flasche zu zweit auf dem Rad schieben, denn 100m tragen gäbe verdammt lange Arme. Alles geht gut und um 5 vor 6Uhr haben wir unser Fläschchen mit 11kg Gas für satte 50€ gefüllt. Das ist mehr als doppelt so teuer als bei uns zuhause, aber wir sind froh, dieses Problem gelöst zu haben. Danach fahren wir die kurvige, aber sehr schöne Strecke entlang der Küste beim Gargano Gebirge bis zu einem Stellplatz bei einem Restaurant mit Schwimmbad und Tennisplätzen inmitten eines Olivenhains. Statt der in der App angegebenen 15€ müssen wir nur 7€ zahlen und dürfen duschen, Strom nutzen und morgens Wasser tanken und entsorgen. Würden wir im Restaurant essen, müssten wir gar nicht bezahlen, aber das Restaurant scheint nicht so unsere Preisklasse zu sein, außerdem haben sie gerade eine Feier. Wir sind hier im Kreis Foggia, was laut Internet sehr unter dem Druck der Mafia steht. 80% der Geschäftswelt wird hier demnach abgezockt. Besonders unter Druck steht wohl ein Altenheimbetreiber. Es hat bereits zwei Bombenanschläge gegen ihn gegeben. Den Ort werden wir morgen nicht besuchen.

25.7.21
Heute bringen wir eine richtig lange Strecke hinter uns. Nachdem wir auf unserem tollen Nachtplatz im Olivenhain geduscht, Wasser aufgefüllt und entsorgt haben, geht es weiter in den Süden. Zuvor plauschen wir aber noch mit dem Besitzer dieses netten Platzes. Er hat bis zum 15.Lebensjahr in Hessen gewohnt und spricht noch akzentfrei Deutsch. Dass Camper dort übernachten können, ist eigentlich nur seiner eigenen Campingbegeisterung geschuldet. Ansich leitet er mit seinem Bruder ein Restaurant und bietet die Möglichkeit, einen Pool und einen Tennisplatz zu nutzen, was zumeist von den Einheimischen genutzt wird. Wir brechen in glühender Mittagshitze auf nach Bari. Man kann es eh nur im Fahrtwind aushalten, obwohl der auch schon recht heiß ist. Die Landschaft ändert sich, wir kommen an endlosen Stoppelfeldern mit vereinzelten Olivenbäumen oder Büschen vorbei. Streckenweise sind diese auch schwarz verbrannt, ob mit Absicht, oder auf Grund eines ungewollten Feuers, wissen wir nicht. Die Hafenstadt Bari hat uns positiv überrascht. Die Altstadt besteht aus einem Gassengewirr, wie in den meisten italienischen Städten, die hier aber etwas breiter und oft mit hübschen Bögen überspannt sind. Auch hier bieten die Gassen Schutz vor der brennen Sonne. Am Hafen weht ein angenehmer Wind vom Meer her, der unser Womi wieder etwas abkühlen lässt. Als wir ankommen zeigt unser Thermometer 45,9⁰ außen, 35,4⁰ innen. Nach einem Stadtrundgang mit Kaffeepause entscheiden wir, heute noch weiter nach Lecce zu fahren, einer Stadt im Süden den Stiefelabsatzes, die überall in Reiseführern und im Internet gelobt wird. Sie hat es auch wirklich verdient. Zahlreiche unglaublich reich verzierte Barockkirchen und Paläste, ein teilweise freigelegtes, römisches Amphitheater mischt sich mit der Lebendigkeit einer Studentenstadt. Überall junge Leute, Cafés und viel Atmosphäre prägt die Stadt. Hier im Süden trifft man vermehrt auch auf Schwarzafrikaner, die versuchen, sich mit dem Verkauf von Schmuck oder ähnlichem über Wasser zu halten. Leider klappt es hier unten nicht so mit dem Müllsystem, das eigentlich im Norden hervorragend funktionierte. Überall fanden wir dort Container für Mülltrennung und es lag auch selten etwas herum. Heute haben wir an zahlreichen Stellen unterwegs weggeworfenen Müll am Straßenrand gesehen.

26.7.21
Letzte Nacht haben wir auf einem nach Lost Place anmutenden ehemaligen Campingplatz übernachtet. Der Platz liegt im Regionalpark Bosco e Paludi. Hier hat es definitiv vor nicht allzu langer Zeit gebrannt. Viel schwarze Erde, abgebrannte Bäume und Sträucher überall. Es gibt Picknicktische, überdachte Sitzgelegenheiten und Informationstafeln, die aber so mitgenommen aussehen, dass man sie kaum noch entziffern kann und denen ich entnehme, dass hier die Natur beobachtet wird. Außer uns hat noch ein junges Pärchen mit Zelt den Weg hierher gefunden, was bei der abenteuerlichen Schlaglochpiste gar nicht so zu erwarten war. Heute sind wir dann von Apulien über Basilikata nach Kalabrien gefahren, ca 280km, d.h. ca 4 1/2Std Fahrzeit. Wir wollen morgen in den Sila Nationalpark und übernachten heute in Rossano, wohin es schon wieder ganz schön hoch geht. Unterwegs machen wir Stopp für ein Stündchen baden am Golf von Tarent, d.h. auf dem Stück zwischen Absatz und Stiefelspitze. Die Gegend ist ziemlich öde. Es gibt nur Landwirtschaft, eine Öl Raffinerie und Industriegebiete. Kurz bevor die Straße hier nach Rossano abgeht, kommen wir an einer Fordwerkstatt vorbei. Dort verbringen wir dann 2 Std., weil sie eine Möglichkeit sehen, unser Kühlwasserproblem zu lösen. Danach sind wir um 120€ ärmer und hoffentlich war diese Operation nun endgültig erfolgreich. Morgen geht es wieder ins Gebirge und ich habe trotz Reparatur kein gutes Gefühl. Womi hat immerhin schon 251000km auf dem Buckel und ist ein Viertel Jahrhundert alt.

27.7.21
Die Musik hörte letzte Nacht gegen Mitternacht auf, aber es war so grässlich heiß im Womi und wir standen nicht richtig gerade, sodass ich mir einen Großteil der Nacht um die Ohren gehauen habe. Ansich ist es ja sehr lobenswert von der Gemeinde Rossano, Plätze für Camper stadtnah und dann auch noch kostenlos zur Verfügung zu stellen. Leider veranstaltete eine Pizzeria an diesem Abend aber Lifemusik auf demselben Platz. Außerdem war der Platz so doll beleuchtet, dass man im Womi hätte Zeitung lesen können. Wir konnten aber wegen der Temperaturen auch nicht die Fenster und Rollos schließen. Was super dort ist, ist der Trinkwasserbrunnen mit 4 Zapfstellen. Das Wasser schmeckt absolut super, daher kamen allerdings auch bis spät nachts Einheimische mit Kanistern und Flaschenträgern, um sich Wasser zu zapfen. Wir bedienen uns natürlich auch gut davon. Wir schlürfen derzeit so um die 6Liter täglich weg.
Nach dem Frühstück geht es dann wieder bergab bergauf in den Sila Nationalpark. Da eine Straße wieder für uns nicht möglich ist aufgrund Höhe und Breite, führt uns Google mitten durch den engen und bergigen Ort Longobucco, wo die Einheimischen gerade eine Art Weihnachtsbeleuchtung über den Straßen installieren. Ich schätze, das hat was mit einem kommenden Fest zu tun. Wir haben schon in mehreren Städten gesehen, dass dort ähnliche Beleuchtungen in den Straßen hingen und uns gewundert, warum mitten im Sommer noch weihnachtlich geschmückt ist. Nach einem kleinen Rundgang fahren wir weiter und die Strecke steigt richtig an. Stefan muss kilometerweit im ersten Gang fahren, aber dann kommen wir zum ersten Picknickplatz im Nationalpark. Schön schattig unter Bäumen, vorwiegend Pinien, stehen Picknicktische und Feuerstellen bereit und es gehen Wanderwege ab. Wir laufen ein Stück durch den wunderbar üppig grünen Wald, genießen die kühleren Temperaturen auf 1300 m Höhe und nutzen den Picknickplatz zum Mittagessen. Danach will Stefan nochmals dort wandern, ich bin aber von der letzten Nacht so kaputt, dass ich beim Womi relaxe. Weiter geht es im Park zum Lago Cecita. Auch hier ist ein toller Picknickbereich vorhanden. Ich vermute, dass ein Wanderweg am oder oberhalb des Sees entlang geht, aber das erweist sich als Trugschluss. Es ist wieder „nur“ ein Waldweg ohne Seeblick, sodass wir uns zu unserem Nachtplatz aufmachen. Wir stehen auf einem schon etwas in die Tage gekommenen Campingplatz bei einem Hotel, haben Ver- und Entsorgung, sowie Strom, aber die Sanitäranlagen sind nicht (mehr) nutzbar. Wir sind auf 1111m Höhe und freuen uns auf eine ruhige und kühle Nacht🛌💤

28.7.21
Die letzte Nacht war so angenehm wie erhofft. Heute Morgen gegen 8 Uhr ist es noch 19⁰, aber es deutet sich selbst in der Höhenlage schon an, dass es wieder ein heißer Tag wird. Zwei Stunden später fahren wir der Hitze entgegen. Als wir gegen 11Uhr in Cosenza vor dem Waschsalon stehen, haben wir 39⁰, obwohl wir immer noch auf 238m Höhe sind. Während unsere Wäsche in der Maschine kreist, flüchten wir uns ins Café der Tankstelle gegenüber, das Aircondition hat. Für eine Stadtbesichtigung ist es uns definitiv zu heiß, also setzen wir unseren Weg fort Richtung Tropea. Unterwegs wollen wir eigentlich noch zu einem Rastplatz mit Strand, der bei Park4night nett klingt, dabei maneuvrieren wir uns aber ziemlich in ein Nadelöhr. Alles istso zugeparkt, dass wir ganz vorsichtig rückwärts die ganze Straße wieder zurück müssen. Das sind Situationen, die kann man nur zu zweit lösen. Ich gucke hinten und weise Stefan den Weg, da wir ja keine Rückfahrkamera haben. Wir erreichen das Tyrrhenische Meer und Tropea. In Tropea finden wir den angegebenen Parkplatz vor dem Bahnhof, der überraschend angenehm erscheint. Wir parken sogar halbwegs im Schatten. Hoffen wir, dass er so sicher ist, wie er erscheint. Bei unserem abendlichern Rundgang in Tropea gewinnt auch die Stadt unser Herz. Auf Sandsteinfelsen liegt die Altstadt idyllisch über dem Hafen und dem Strand. Sie versprüht Mittelmeer-Flair. Überall gibt es Restaurants mit typischen Gerichten und hier scheinen, zumindest zur Zeit, Zwiebeln an erster Stelle zu stehen. Sie werden überall an Straßenständen angeboten und stehen auf jeder Speisekarte. Etwas eigentümlich klingt für mich dabei Gelato, also Eis, mit Zwiebeln oder Thunfisch 🤔

29.7.21
Die letzte Nacht war heftig, aber nachdem wir ein paar feuchte Tücher aufgehängt hatten, es wagten, unseren Womiventilator auf kleiner Stufe die ganze Nacht laufen zu lassen und außerdem noch das Wassergebläse und zusätzlich zwei kleine Akku Ventilatoren, wovon jeder einen ins Bett mitnahm, schliefen wir irgendwann dann doch ein. Heute Morgen gönnen wir uns deshalb ein italienisches Frühstück, sprich ein Schokocroissant mit Espresso bzw Cappuccino in einer Bar. Um 11:45Uhr müssen wir am Hafen sein zu einer Schiffstour zu den Inseln Panarea und Stromboli. Wir hoffen, dass aufgrund von Corona die Schiffe noch nicht voll ausgebucht werden, aber das erweist sich sehr schnell als Wunschtraum, der nicht erfüllt wird. Es herrscht zwar Maskenpflicht, aber auf sie wird zwar hingewiesen, dabei blieb es aber auch. Während der Fahrtwind übers Deck weht, setze auch ich zwischendurch die Maske ab, denn die erste Fahrtstrecke bis Panarea dauert bereits über 2Stunden und es ist heiß. Den Höhepunkt der Temperaturen haben wir dann auf der wunderschönen Insel Panarea. Ein Traum von weißen Villen mit hellblauen Türen und Fenstern schmiegt sich in engen Gassen den Hügel empor. Die Gärten der reichen Inselbewohner – viele Promis sollen laut Internet die Insel bevölkern – heben sich mit ihren bunten Blumen und blühenden Büschen von dem Weiß ab und bilden vor dem blauen Meer eine Kulisse, die man sich schöner kaum vorstellen kann. Auf den schmalen Wegen fahren kleine Elektrobuggys, wie man sie vom Golf kennt, und bringen die Besucher als Taxis zum Strand. Für Fußgänger wie uns ist das eher nervig, denn die schirßen mit ganz schön hoher Geschwindigkeit durch die Gassen und passen kaum an uns vorbei. Dazwischen gibt es dann immer auch mal Roller, die man auch mieten kann. So richtig genießen können wir die Insel nicht, weil es einfach viel zu heiß ist. Wir sind froh, als wir nach ca 45 Minuten den Strand erreichen. Das Wasser ist unglaublich klar und wunderschön. Umso schwerer fällt es, wieder durch den glühendheißen Sand zu laufen, der danach überall am Körper, vermischt mit Sonnencreme, Salzwasser und sofort auch wieder Schweiß klebt. Nach 2,5Std müssen wir wieder am Schiff sein, um auf die Insel Stromboli mit dem gleichnamigen Vulkan zu fahren. Bereits bei der Fahrt dorthin kann man am helllichten Tage am Rauch, der immer mal wieder aufsteigt, feststellen, dass der Stromboli ein aktiver Vulkan ist. Er ist das letzte Mal 2019 ausgebrochen, Glücklicherweise ist niemand dabei umgekommen, aber die Feuerwehr hatte gut zu tun, um Brände durch umherfliegendes Lavagestein zu löschen. Eine Einheimische erzählt uns, dass ihr Haus ganz unter Lavasand begraben war. Wir erkunden auch hier die Gassen, gehen aber nicht nochmal schwimmen, obwohl auch hier der Strand, dieses Mal mit schwarzem Lavasand, dazu einläd. Stromboli hat einen anderen Charakter als Panarea. Es ist ursprünglicher und hat sich auf Trekkingtouristen eingestellt. Touranbieter, Läden für Wanderbedarf, aber auch Klamottenläden, die mit ihrem Angebot eher an Hippykultur und Himalaya erinnern, darüber hinaus Health Food Gastronomie säumen die Gassen. Als wir zwei Stunden später wieder zum Hafen kommen, trauen wir unseren Augen kaum. Tausende von Touristen drängeln sich auf dem Steg zu ihrem jeweiligen Schiff. Sie kommen in ganzen Busladungen. Es ist unglaublich und macht den Charakter der Insel und die Insel ansich kaputt. Die Dame, die uns vom Vulkanausbruch erzählte, meint, dass es im July und August immer so aussähe bei ihnen und diese Art des Tourismus auch die Preise für die Einheimischen kaputt mache. Außerdem würden diese Touristen – heute gehören wir ja auch dazu, was uns etwas beschämt – den Wert und die Einzigartigkeit der Natur auf der Insel gar nicht erkennen. Sie rät uns, unbedingt im Herbst oder auch Winter wieder zukommen, wo es viel schöner wäre. Tja, gäbe es nicht Corona, hätten wir auch sicher nicht die heißeste und touristischte Zeit gewählt. Als es um 20:30Uhr dunkel wird, beginnt der letzte Teil unserer Reise. Wir fahren mit dem Schiff um die Insel zu der Seite, von der man sieht, dass der Stromboli regelmäßig kleine Eruptionen hat. Auch wir können zweimal beobachten, wie er Feuer speit und auch, wenn es nicht so grandios ist, wie unser Erlebnis damals auf Hawaii, wo die heiße Lava sich mit gewaltigem Getöse in den Pazifik ergoss, ist es dennoch beeindruckend, diese Feuersbrunst zu beobachten. Gegen 23:00Uhr laufen wir wieder in unserem Hafen ein und nach über 180 Stufen zur Altstadt hoch und etwa 30Minuten zu Fuß zum Womi, ist die Abkühlung durch die Fahrt wieder dahin. Der Tag war aber ein dennoch ein sehr schönes Erlebnis.

30.7.21
Seit heute Mittag sind wir auf Sizilien. Von der Strecke bis zur Fähre in Villa San Giovanni und auch von Messina bis hier haben wir nicht allzuviel von der Landschaft gesehen. Gefühlte 80% fuhren wir von Tunnel zu Tunnel. Was schade klingen mag, hatte aber auch eine positive Seite. Wir mussten uns bzw das Womi nicht über alle Berge quälen und im Tunnel brannte die unbarmherzige Sonne nicht auf uns runter. Am Fährhafen und als wir kurz mal gehalten haben, haute uns die Hitze schlichtweg um. Mit dem Wasser aus unserem Tank konnten wir fast direkt Kaffee aufgießen, so heiß war es. Messina, was noch dazu einen ziemlich chaotischen Verkehr aufwies, haben wir gleich verlassen. Zum Stadtbummel waren die Temperaturen unerträglich. Jetzt sitzen wir unter Olivenbäumen am Hang des Vulkans Ätna und genießen die erträglicheren Temperaturen auf rund 600m Höhe. Der Besitzer stellt im Rahmen vom Agrartourismus hier eine Fläche zur Verfügung mit Wasser, Strom und Bad und wir haben einen unglaublichen Ausblick bis nach Taormina, Catania und aufs Meer. Apropos Verkehr: hier gibt es sie noch, die Roller, und die Fahrer überholen nahezu genauso bescheuert wie in Vietnam. Auch die Autofahrer scheinen ihren Führerschein beim Scooterfahren auf der Kirmes gewonnen zu haben. Verkehrsregeln? Wozu gibt’s die denn?
Unsere weiteren Pläne sind noch etwas ungewiss. Eigentlich wollen wir ab Sonntag drei Tage Urlaub vom Reisen machen und haben eine Ferienwohnung in Ravanusa im Westen Siziliens gebucht. Beim näheren Blick auf die Karte sind wir uns jetzt aber gar nicht mehr so sicher, dass wir überhaupt zu der Wohnung mit dem Wohnmobil fahren können. Wir haben jetzt eine Anfrage an den Vermieter gestellt, ob es überhaupt auf den Parkplatz passt und auch dorthin fahren darf. Bei all den Durchfahrtsbeschränkungen ist das gar nicht so sicher.
Auch die Unternehmungen auf Sizilien und ob wir danach auf demselben Weg zurück nach Italien und damit ein ganzes Stück doppelt fahren, oder ob wir versuchen von Palermo nach Neapel rüberzusetzen, hängt noch vom Preis und den Möglichkeiten ab. Kommt Zeit, kommt Rat😅

31.7.2010

Heute besuchen wir den Ätna. Wie wir es schon häufiger gemacht haben, fahre ich mit der Gondelbahn und Stefan wandert hoch. Mit der Gondel kann man die Station La Montagnola auf 2500m Höhe erreichen. Von dort fahren 4x4Busse bis auf 2800m und mit einem Führer kann man dann bis auf 3100m wandern. Der Krater liegt auf 3357m. Soweit die Theorie. Als wir uns oben bei der Station treffen, bietet sich aber nur die Möglichkeit, mit dem Bus bis 2800m zu fahren, dann ist Schluss. Aus Sicherheitsgründen lässt man derzeit niemanden mehr höher auf den Vulkan, weil er wohl momentan sehr aktiv ist. Man muss aber dennoch einen Führer bezahlen, weil die Regierung vorgeschrieben hat, dass in jedem Bus ein Führer mitfahren muss. Zu Fuß darf man alleine nicht weiter hoch. Für uns heisst das, wir müssten zu den 30€, die das Gondelticket bereits für mich gekostet hat, noch einmal 50€ pro Person für Bus und Führer zahlen und kämen dennoch nicht bis zur maximal begehbaren Höhe von 3100m. Hinzu kommt, dass es mir bereits jetzt schon nicht so richtig gut ist. Keine Ahnung, ob die Hitze der letzten Tage zzgl. der recht schnellen Höhenveränderung und der staubigen Luft hier oben mir nicht gut bekommt, ich tendiere dazu, den Ausflug lieber hier zu beenden. Stefan denkt noch eine Weile nach, entscheidet sich dann aber auch gegen die teure Fahrt und läuft lieber eine etwas längere Strecke den Vulkan wieder hinunter und hat dabei auch ein paar interessante Aussichten. Wir treffen uns am Wohnmobil wieder. Ich bin nicht besonders gut drauf, weil ich etwas frustriert bin, dass mein Körper mir einen Strich durch das Erlebnis gemacht hat. Viel sehen außer Vulkanerde und furchtbar viel Staub, wenn die Busse mit Karacho an- und abfuhren, konnte ich nicht. Wir lassen den Tag gemütlich auf dem netten Stellplatz ausklingen, duschen, lesen und unterhalten uns etwas mit einer holländischen Studentin und ihrem Vater. Wir denken, das war es nun mit dem Vulkanerlebnis Ätna, aber denktste! Als Stefan abends noch einmal hoch zur Toilette geht, kommt er ganz aufgeregt wieder: der Ätna hat eine Eruption! Wir laufen zusammen zu einer freien Stelle, wo wir einen unverstellten Ausblick auf den Vulkan haben und bekommen unseren Mund vor Staunen kaum noch zu! Wie ein Springbrunnen spuckt der Ätna sein glühendes Lava hunderte von Metern (später erfuhren wir, dass es sogar Kilometer waren) in den dunklen Himmel. Es ist ein unglaubliches, ein zugleich schönes wie auch etwas beängstigendes Erlebnis, das mit anzusehen. Wir sind ja nur ca. 15km vom Krater entfernt, am unteren östlichen Rand des Vulkans. Fasziniert begucken wir uns mindestens eine Stunde lang das Feuerspiel an und machen Fotos, was das Zeug hält. Auch später gehen wir immer noch einmal wieder aus dem Wohnmobil, um zu gucken, ob die Eruption immer noch weitergeht. Wir liegen schon lange im Bett, Stefan schläft bereits, höre ich es auf unser Wohnmobildach tröpfeln. Ich wundere mich, freue mich schon etwas darüber, dass es nun eventuell etwas abkühlt und gehe noch einmal raus. Es regnet auf mich, aber ich werde nicht nass. Es ist getrocknete Lava, die in der Größe von Hagelkörnern bis feinem Sand vom Himmel auf mich fällt, ein unangenehmes Gefühl, es tut leicht prickelnd weh. Ich wecke Stefan und wir laufen mit Schirm noch einmal vor zum Haus, um sehen zu können, wie der Ätna nun aussieht. Der Feuerstrahl ist nicht mehr da, aber soweit man im Dunkeln sehen kann, schleudert er nun Ascheregen in die Luft. Wir gehen zurück ins Wohnmobil und haben ein nicht mehr ganz so gutes Gefühl. Selbst wenn wir nicht von Asche zugedeckt werden, ist sie auf den Straßen äußerst unangenehm, denn sie macht sie äußerst rutschig. Deshalb stehen in der Gegend überall Schilder, dass Zweiräder bei Asche gar nicht fahren dürfen. Wir hoffen, dass wir am kommenden Tag sicher zu unserer gebuchten Wohnung in Ravenusa gelangen können.

31.8.21
Wir kommen heile vom Ätna weg. Heute Morgen liegt er wieder friedlich im Dunst, auf den Straßen ist aber deutlich zu sehen, bis wo er seine Asche letzte Nacht verteilt hat. Heute ist der heißeste Tag unserer ganzen bisherigen Reise und wir fahren auch noch in die heißeste Ecke der Insel! Ravenusa ist ein wohl eher unbedeutender Ort im Südwesten Siziliens und wir fahren nur deshalb hierhin, weil wir bei Booking eine bezahlbare Wohnung mit Air Condition gefunden haben. Letzteres war das einzige Kriterium, das wir für unseren Urlaub vom Reisen hatten. Nun können wir 3 Tage und Nächte der glühenden Hitze entfliehen und nur in der erträglichen Zeit die Umgebung erforschen. Auf der Strecke nachdem wir unsere kurvige Bergwelt mit den engen, steilen Gassen verlassen haben und auf der Autobahn sind sehen wir Weinanbau,, eine Plantage mit Pfirsichen oder Nektarinen, abgemähte Kornfelder und noch andere Felder, von denen wir nicht wissen, was da darauf wuchs. Sonst nur trockene Hügel- Steppenlandschaft mit manchmal bizarren Felsen.
Von den Bränden in Catania, vor denen wir von zuhause aus immer gewarnt werden, haben wir seit wir in Messina auf der Insel gelandet sind, nichts mitbekommen. Als wir vor 2Tagen von der Fähre zu unserem Übernachtungsplatz bei der Farm am Vulkan gefahren sind, sahen wir an zwei Stellen von der Autobahn aus kleinere Brände und heute auf dem Weg in den Süd-Westen ein paar vereinzelte abgebrannte Felder. Es ist aber auch dermaßen trocken und heiß in dieser Gegend hier, das es ein Wunder ist, dass die hier überhaupt etwas anbauen können.
Am Nachmittag erreichen wir Ravenusa. Unsere Ferienwohnung, eigentlich ist es ein ganzes Haus, ist mitten in den engen Gassen der Innenstadt und dort, wo unser Navi uns hinschickt, finden wir es nicht. Wir entscheiden uns, das Womi erstmal an einer etwas breiteren Stelle der Straße abzustellen und zu Fuß weiterzusuchen. Nach einer Weile finden wir unser Ziel. Das Navi wollte uns durch eine ca. 1 1/2m breite Schneise zwischen zwei Häusern durchnavigieren! Die Vermieter sind nett, sprechen aber nur italienisch, davon aber auch gleich sehr viel. Wir haben nur Bahnhof verstanden 😅. Die Air Condition funktioniert, die Fenster und Türen kann man gegen Hitze verrammeln, wir können duschen, kochen und schlafen – was wollen wir mehr? Mit Hilfe des Vermieters, der vorfährt schaffen wir es, unser Womi auf dem Parkplatz des Hauses zu parken. Ob wir diesen Weg jemals alleine finden, steht in den Sternen. Unsere Wohnung bzw Haus hat mehrere kleine Zimmer, die ineinander übergehen, wir haben also richtig Platz und jeder ein Zimmer zum Schlafen. Abends klopft ein Nachbar, der Jahre lang in Deutschland gelebt hat und bietet uns an, bei eventuellen Problemen zu übersetzen. Ein sehr nettes Angebot!

2.8.21
Draußen 41⁰ bei uns drinnen mit Air Condition auf 17⁰ haben wir ca 23⁰ und bewegen uns bis 17:00Uhr nicht vom Haus weg. Wir nutzen die Waschmaschine in unserem Ferienhaus für große Wäsche, lesen, schlafen und naschen Tiramisu. Erst am späten Nachmittag wagen wir es, noch einen Ausflug in das ca 25 km entfernte Licata zu machen. Google hat uns natürlich mitten ins Zentrum geführt und wir müssen erst mal suchen, wo der Strand ist, dessen Bild bei Google bei der Stadt erscheint. Er liegt direkt hinterm Hafen und hat zwar einen schönen Sandstrand mit felsiger Kulisse, aber das Wasser ist längst nicht so klar wie an den Stränden zuvor. Es ist aufgewühlt und hat auch einige Algen. Meinen Kopf habe ich versucht, über Wasser zu halten. Irgendwie habe ich immer im Hinterkopf, wie viele unschuldige Menschen hier im Mittelmeer vor Sizilien bereits ihr Leben lassen mussten. Unser Heimweg wird spannend. Hoffentlich finden wir unser Domizil wieder, denn trotz Google maps ist das nicht einfach, wenn man nicht alle Straßen fahren kann. Sie sind nicht nur schmal, sie haben auch meistens überhängende Balkone, die für unser Womi gefährlich werden können. Wir finden wieder nicht direkt zum Haus und parken dort, wo wir am Vortag erst standen und gehen noch in die Fußgängerzone, um etwas zu essen. Spätabends klopft es wieder. Der Nachbar teilt uns mit, dass wir das Womi da wegfahren müssten, weil jemand nicht durchkäme. Oh, oh! Wir machen uns auf den Weg. Wir erinnern uns an ein auffälliges Haus an der Straße, die direkt zu unserem führt und an dem wir uns zu Fuß orientiert hatten. Im möglichst weiten Bogen und nur über etwas breitere Sträßchen finden wir mit dem Wohnmobil den Weg zum markanten Haus und demit auch zu uns. Es ist wieder Millimetersache, zwischen den Balkons hindurch rückwärts einzuparken.

3.8.21
Heute wagen wir uns gegen 15:30Uhr in die Hitze und fahren zu den Archäologischen Stätten von Agrigent. Da es dort auch einen nett angelegten Garten gibt mit Zitrusbäumen, Olivenbäumen, Granatapfelbäumen und vielem mehr, sind die über 30⁰ erträglich. Wir dürfen sogar aufgrund meines Behindertenausweises beide kostenlos hinein. Das hat mich doch etwas dafür entschädigt, dass ich auf dem Ätna zu kaputt zum rumlaufen war und nur für die Gondelfahrt 30€ berappt habe.
Wir fahren wieder an zahlreichen Weinfeldern, die meist mit einem Netz oder Planen abgedeckt sind, vorbei. Auch Obstplantagen, ich glaube, es handelt sich um Granatäpfel, kann es vom Auto aber nicht gut erkennen, und abgemähte Felder bestimmen das Bild. An einigen Stellen sehen wir verbrannte Felder und Grasnaben entlang der Straße und es liegt noch ein Hauch von Rauchgeruch in der Luft. Ich frage mich hier ständig, wie bei dieser Hitze und Trockenheit überhaupt etwas gedeihen kann, aber offensichtlich funktioniert es, denn Sizilien erscheint mir nur aus Agrarland zu bestehen, was ich im Internet mit 75% Anteil nahezu bestätigt finde. Wirklich scheußlich sind die Müllberge überall am Straßenrand und auf Park- oder Rastplätzen, so als würden die Leute ihre Mülltüten einfach aus dem Fenster schmeißen.
Morgen fahren wir weiter nach Salemi, ganz im Westen Siziliens. Wir haben auch dort für zwei Nächte wieder eine FeWo gebucht. Es macht keinen Sinn, wenn man sich den ganzen Tag nur irgendwo in Cafés und im Supermarkt herumdrückt, weil es draußen nicht auszuhalten ist und dann nachts nicht schlafen kann. Wir haben uns entschieden, die Fähre von Palermo nach Napoli/Neapel zu nehmen und auch bereits für Samstag gebucht. Die letzte Nacht vor der Fährfahrt am 7.8. wird hart genug werden im Womi und in Napoli sind wir uns auch nicht sicher, wie wir es am besten machen, da wir nachts ja auch einen sicheren Platz fürs Womi brauchen. Es scheint so, dass nicht so leicht eingebrochen wird, wenn man drinnen ist. Napoli ist ein heißes Pflaster, wir gehen sicher auf einen offiziellen Stellplatz.

4.8.21
„Es wird gesagt, dass Filippo Bentivegna seine bekannten Gesichter als seine Untertanen darstellte“, tatsächlich liebte er es, von den Leuten Seine Exzellenz genannt zu werden.“
Der aus einer armen Familie aus Sciacca stammende Künstler konnte aus Geldmangel nicht zur Schule gehen. Er verbrachte ab seinem 20. Lebensjahr 4Jahre bei der Navi von 1908-1912, fand aber bei seiner Rückkehr keine Arbeit und wanderte aus nach Amerika. Seine eigenwillige Kunst kam auch dort nicht gut an und seine große Liebe verlor er an einen Anderen. Krank und stark verändert kam er nach Sciacca zurück, kaufte sich einen Bauernhof und malte und schnitzte hunderte von Köpfen unterschiedlicher Charaktere. Diese waren für ihn Untertanen. Er verstarb krank in Sciacca.
Diese „Outsider Art“, wie die Kunstwerke hier im Castello Incantato in Sciacca genannt wird, besuchen wir. Es ist wirklich sehr beeindruckend, in einer Art Garten zwischen all diesen Köpfen herzugehen. Es gibt auch eine Höhle mit mehreren kleinen Eingängen, in deren Wände er Gesichter hineingemeißelt hat. Nach diesem Kunstbesuch statten wir der Stadt Sciacca noch einen Besuch ab, weil wir zu früh dran sind für unsere Ferienwohnung in Salemi. Mir wird aber gleich etwas dösig im Kopf durch die Hitze, sodass wir zum nächsten Café flüchten und nur den ganz netten Blick über den Hafen von der Stadt aus in Erinnerung behalten werden. Danach fahren wir nach Salemi, im Westen Siziliens. Unterwegs kommen wir an mehreren Stellen vorbei, wo es in der letzten Zeit augenscheinlich auf Feldern und an Straßenrändern gebrannt hat und von weitem sehen wir auch noch einen Hügel mit Qualm und an einer Stelle loderten sogar noch die Flammen. Bei Google gibt es eine Karte mit allen aktuellen Bränden in Italien und im Rest Europas. Ein Roadtrip durch Italien mutet inzwischen etwas wie eine Fahrt durch ein Labyrith an. Es wird allmählich Zeit, dass wir von Sizilien mit seinem feuersbrünstigen Ätna und all den Feuern überall wegkommen. An die Coronagefahr haben wir bei unserer Reise gedacht, aber mit Vulkanausbruch, Bränden überall im Land und Überflutungen bei den großen Seen im Norden haben wir nicht gerechnet. Wären wir in Deutschland geblieben, hätten wir aber ebenfalls mit ständigen Unwettermeldungen gelebt und würden all die schönen Orte hier nicht sehen.
Wir hatten mit unserem Vermieter ausgemacht, zwischen 15-16Uhr zu kommen. Wir sind etwas zu früh und Handwerker und Reinigungskräfte vertrösten uns für eine weitere halbe Stunde. Als wir nach 45Minuten wiederkommen, sind die Handwerker immer noch dabei, Küchenschränke aufzubauen. Es sieht definitiv nicht danach aus, als könnten wir die Wohnung gleich beziehen! Allmählich etwas entnervt warten wir mindestens noch einmal eine halbe Stunde auf dem Balkon, bis der eine Handwerker uns zu verstehen gibt, dass die Küche leider noch nicht zu benutzen sei. Er bietet uns an, eine Küche in der 5.Etage – schätzungsweise die Personalküche – zu nutzen, aber ansonsten könnten wir ja in unsere Wohnung einziehen. Das macht mich ziemlich sauer. Wir haben schließlich für eine FeWo mit Küche bezahlt und wolltn nun nicht zwischen EG und 5.Etage hin- und her rennen! Wir wollen endlich den Vermieter sprechen. Einen Schlüssel haben wir ja auch noch nicht. Unter diesen Bedingungen soll er auf jeden Fall einen Teil des Geldes zurückzahlen. Als der Vermieter nach weiteren 15Min kommt, klärtesich alles zur Zufriedenheit auf. Die Wohnung ist komplett neu, aber er hat Probleme an diesem Tag, Anschlussteile für Gas und Spüle zu bekommen und die Wohnung nicht früh genug gesperrt bei Booking Er schlägt uns vor, uns heute Abend ein Abendessen im Restaurant zu bezahlen und morgen früh könnten wir in seinem Café in der Stadt frühstücken. Die Handwerker würden dann morgen früh die Anschlüsse erledigen und danach könnten wir dann die Küche benutzen. Das Angebot klingt natürlich sehr annehmbar. Er führt uns am Abend zu einer Pizzeria, da das einzige Restaurant im Stadtkern geschlossen hat und wir nicht mehr fahren wollen. Die Pizzen sind super und ganz anders als bei uns. Meine Lachspizza z.B. ist mit heller Soße, Rucola und Balsamico und Stefan hatte eine mit Gemüse gefüllte Pizza mit noch einen runden gefüllten Teil dazu. Den Namen haben wir dummerweise vergessen. Beide sind super lecker. Danach schlendern wir durch die beleuchtete Altstadt, die wirklich etwas Besonderes ist. Inmitten steht über allem eine Burg. Die Gassen ziehen sich darum herum wie in einer Spirale und man hat wiederum Ausblicke auf die tieferliegende Umgebung. Es gibt zahlreiche Kirchen,und an mehreren Stellen tronen Heiligenfiguren auf Sockeln und sind stark beleuchtet. Im Gegensatz zu anderen Städten, in denen abends der Bär los ist, sprich alle Einwohner bevölkern die Bars und Restaurants, sitzen plaudernd auf den Bänken oder kurven mit Auto oder Roller durch die Gegend, ist es heute Abend in Salemi total ruhig. Nur wenige Menschen halten sich draußen auf und viele Bars haben bereits geschlossen. Das lässt die Stadt aber deshalb nicht langweilig erscheinen, sondern eher geheimnisvoll.

5.8.21
Mit einem guten Frühstück beginnt der Tag. Wie versprochen dürfen wir bei unserem Vermieter in seinem Café Tazze Pazze kostenlos frühstücken, während in unserer Fewo Wasser und Gas in der Küche angeschlossen wird. Das genießen wir sehr bei angenehmen 28⁰. Währenddessen beobachten wir und viele Einheimische, wie ein kleiner, vollbeladener LKW, der eindeutig größer ist als unser Womi, mit viel Mühe und mehreren Ansätzen durch die enge Gasse, rückwärts zwischen zwei Häuser einzuparken versucht. Es geht um Millimeter!
Unser erstes Ziel ist heute der Tempel und das Theater von Segesta. Man geht davon aus, dass der 500Jahre vor Christus gebaute Tempel noch gar nicht ganz fertiggestellt war, denn um die Säulen zu schützen, ist bis heute noch eine Schutzschicht vorhanden. Und da beschweren wir uns, wenn ein Flughafenbau bei uns mal etwas länger dauert?😂
Das Theater gilt als eines der schönsten griechischen Amphitheater und ist nicht einmal auf griechischem Boden.

Nach Segesta besuchen wir die Hafenstadt Trapani, dessen Innenstadt einen luftigen und noblen Eindruck machte. Nicht nur die Post im Stil des Arte Nouveau, auch die Gebäude der Regionalregierung und andere Verwaltungsgebäude sind in beeindruckenden Palazzos untergebracht. Eigentlich war noch ein Strandbesuch eingeplant, aber das wird uns zu spät. Wir vermeiden möglichst, bei Dunkelheit zu fahren wegen der engen und kurvigen Straßen und weil abends alle Italiener aus ihren Löchern kommen und die Fahrerei auf den Straßen dann noch wilder ist. In unserer Abwesenheit wurde unsere Küche fertig installiert und wir können uns unser Abendessen in einer komplett neuen Küche kochen. Morgen müssen wir die schöne Wohnung leider schon wieder verlassen und uns steht eine sicherlich heißere und unruhigere, kurze Nacht im Womi im Hafen von Palermo bevor. Wir fahren am Samstag um 8:45Uhr mit der Fähre nach Neapel und müssen spätestens 2Stunden zuvor einchecken. Dann ca 9Std Überfahrt und abends dann Übernachtungsplatzsuche in Neapel.

6.8.21
Um 12 Uhr ist Schluss mit unserem schönen Appartement, jetzt heißt es wieder Womileben, zumindest bis wir was bezahlbares und gescheites in Kampanien finden. Die ganze Ecke um Neapel, Vesuv und Amalfiküste scheint richtig teuer und gleichzeitig dennoch gefährlich, was Autoeinbrüche angeht. Naja, wir werden sehen. Heute haben wir auf dem Weg nach Palermo noch Halt an der Küste beim Naturreservat Capo Rama gemacht. Man kann dort sehr schön oberhalb der Steilküste spazierengehen, unter sich die brausenden Wellen des kobaldblauen Meeres. Das Gebiet ist seit 1968 vom WWF aufgrund seiner besonderen Vegetation geschützt. Außerdem gibt es zwei alte Wehrtürme. Weil es immer noch zu früh für Palermo uar halten wir noch für einen Kaffeestopp an der Küste, bevor wir uns in das Moloch Palermo stürzten. Der Parkplatz an der Straße ist eigenlich nur für PKWs, aber sollen wir deshalb auf unseren Kaffee verzichten? Wir wagen es und behalten das Womi im Blick. Plötzlich fährt Polizei vor und Stefan schleicht sich möglichst unmerklich aus der Bar. Ich gehe ruhig, als hätte ich alle Zeit der Welt, zum Tresen, um zu zahlen. Ich muss warten, denn die Polizisten sind gerade mit der Wirtin im Gespräch. Inzwischen fährt Stefan vor die Tür, um mich einzusammeln. Ich zahle und niemand kümmert sich um uns. Die Polizisten wollten anscheinend selbst nur etwas zu essen kaufen.

Wir erreichen Palermo und ich weiß nicht, was Menschen an dieser Stadt begeistert. Uns erscheint sie laut, verdreckt, voller chaotischem Verkehr und wohl auch mit hoher Kriminalität. Alles was einen Motor unterm Hintern oder der Motorhaube hat, fährt hier als gäbe es keine Regeln. Wenn’s nicht klappt, wird gehubt. Überall liegen stapelweise Mülltüten auf den Bürgersteigen, oder der Müll verteilt sich so überall. Es ist staubig und voller Abgase und die Altstadt besteht eigentlich nur aus Kneipen und Restaurants. Ich habe noch nirgends ein so großes Alkoholangebot gesehen wie hier. Bierkneipen, Cocktailbars, Vinotheken und Alkoholgeschäfte reihen sich aneinander. Nett ist eigentlich das Streetfoodangebot, aber für uns als Vegetarier meist nicht essbar. Also wird es wieder eine Pizza, noch dazu eine schlechte. Auf den großen Parkplatz beim Hafen lassen sie uns als Womi nicht drauf. Keine Ahnung, ob die Wärterin denkt, wir wollten eigentlich zum Hafen, auf jeden Fall winkt sie gleich drei Womis weg. Was nun? Ich pickte irgendeinen Parkplatz aus der Google Karte, der möglichst nahe erscheint. Unsere Nerven liegen von den gefährlichen Fahrmanövern schon ziemlich blank. Wir müssen morgen früh schon spätestens um 6:40 zum Fähranleger kommen, deshalb können wir nicht weit außerhalb parken. Wir finden einen Parkplatz entlang einer nicht so befahrenen Straße, der aber grottenschief ist. Keine Ahnung, wie wir da schlafen sollen. Wir holen uns Parkscheine beim nächsten Tabacci und zahlen bis 20:00Uhr pro Stunde 1€, was OK ist, danach ist frei. Ein Typ, der anscheinend zur Versicherung gehört, vor der wir stehen, versucht uns zu vermitteln, dass wir aufpassen sollen, weil es vorkommt, dass Jugendliche Autos aufbrechen. Wir gehen trotzdem eine Runde, um die Lage abzuchecken. Nach 1 1/2Std gehen wir nochmal beim Womi vorbei und alles ist ok. Der Typ steht allerdings auch noch vor der Tür der Versicherung. Da kann er gerne ein Auge auf unser Womi werfen. Wenn wir unsere Pizza fertiggegessen haben, werden wir uns dann langsam in unser Nachtdomizil wagen. Es reizt uns gar nicht, bei 31⁰ drinnen. Ich bin froh, wenn wir morgen Abend gut in Napoli ankommen und irgendwo außerhalb ein ruhiges Plätzchen finden.
Die Sizilianer scheinen wirklich verrückt zu sein. Nicht nur, das offensichtlich Bauern trotz der Dürre und all der Brände ihre Felder abfackeln, als es dunkel wir gibt es in Palermo auch noch ein Feuerwerk! Letzte Woche, als wir von überall geschrieben bekamen, dass in Catania große Brände wären, haben wir auch dort von unserem Nachtplatz am Ätna aus über der Stadt ein Feuerwerk gesehen. Das ist echt krank bei der Trockenheit!

7.8.21
Die letzte Nacht war mit Ventilatoren und einmal umparken gar nicht so furchtbar. Klar war es heiß, aber zumindest standen wir gerade und ich bin nur gelegentlich aufgewacht, aber immer wieder eingeschlafen. Umso härter ist es, als um 1/4 vor 6Uhr der Wecker schellt. Es ist aber gut, dass wir so früh losfahren, denn Google führt uns erstmal in die Irre und dann blockieren LKWs die Hafeneinfahrt und wir wissen nicht recht, ob wir überholen dürfen. Als mehrere PKWs vorbeifahren, folgen wir ihnen und sind bei den ersten auf der Fähre. Dummerweise bedeute das heute Abend, als allerletzte wieder runterfahren zu können. Das sogenannte“Sonnendeck“ ist dann sehr ernüchternd. Es gibt dort keinerlei Sitzmöglichkeiten. Alternative sind die Restaurants, aber wir haben unser Fresspaket mit, sind die Sitzecken in Nullkommanichts belagert und außerdem wollen wir uns nicht stundenlang in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen aufhalten, die dort ja keine Maske tragen müssen, weil es Restaurant ist. Wie gut, dass wir unsere Campingstühle im Womi haben und Stefan sie auch noch rechtzeitig rausholen kann, bevor das Parkdeck verschlossen wird. Wir verbringen somit unsere Fahrt recht angenehm trotz mangelhafter Fähre. Natürlich hätten wir auch Sessel vorher für viel Geld buchen können, aber wer will schon in einer kinoartigen Bestuhlung, mit vielen anderen Leuten, stundenlang mit Maske in einem Raum sitzen? Gegen 18:30Uhr laufen wir in Napoli/ Neapel ein und finden dann auch einen bewachten Stellplatz durch unsere Park4night APP. Eine Woche nach unserem Vulkanausbruch beim Ätna stehen wir wieder unterhalb eines Vulkans. Der Vesuv

ist glücklicherweise etwas verschlafener und wird uns sicher nicht wieder mit Lavaregen überraschen.

8.8.21
Pompei kennt jeder, aber es hat damals auch andere Städte getroffen, zum Beispiel Ercolano. Die, laut einem Führer reichere Stadt, konnte nach seinen Informationen bedeutend besser aus der Lavahülle befreit werden. Tatsächlich sind viele unterschiedliche Gebäude sogar auf mehreren Stockwerken noch erhalten. Man erkennt Bodegas, ein römisches Bad für Frauen und Männer, unterschiedliche Handwerksbetriebe bis hin zu Wandgemälden in den Wohnräumen der Bewohner. Die Bilder wurden in vier Schichten auf die Wände gebracht und zum Teil besser vorgefunden, als manche Kunstwerke des Mittelalters. Römer wie auch Griechen konnten zu ihrer Zeit bereits Perspektiven in ihren Bildern darstellen und sie gaben den Kunstwerken auch Rahmen, die einfach drumherum gemalt wurden. Ich frage mich, was von unserem heutigen Leben nach solch einem vernichtenden Vulkanausbruch wohl tausende Jahre später noch erkennbar wäre. Bilder sicher nicht.
Nach dem beeindruckenden Eintauchen in die Zeit vor 2000Jahren fahren wir mit dem Vorortzug nach Napoli hinein. Nach der Erfahrung gestern Abend mit dem chaotischen Verkehr, Müll überall, Menschen, die auf den Bürgersteigen leben in Resten von Sperrmüll und Prostitution an der Straße, sind wir erstmal geschockt. Wir wollen auf keinen Fall mit Wohnmobil noch einmal in die Innenstadt, auch weil die Parksituation für uns entweder viel zu teuer (20€ /Tag) oder unmöglich ist. Wir kaufen also ein Ticket und der erste angegebene Zug fällt einfach aus. Wir warten mit Masken bei ca 36⁰ im Bahnhof. Der nächste kommt ca 1Std später. Wir kommen am Bahnhof Porta Nolan an und geraten gleich ins Viertel Mercato. Wie der Name sagt, das Marktviertel, allerdings könnte es so evtl auch in Indien sein. Die Gegend ist total runtergekommen. Der Müll und Gestank erinnerte mich an Rio. Migranten aus aller Welt verkaufen außer Fisch und Obst auch alle möglichen Ramschsachen. Ein paar Straßen weiter dann prächtige alte Bauten unterschiedlicher Epochen und Mülltonnen für Mülltrennung. Wir kommen zu der Ansicht, dass man Napoli nicht an einem Tag und nicht so,wie wir derzeit reisen, also mit Womi ansehen kann. Die Stadt ist groß und vielschichtig und hat sicher einiges zu bieten, so dass es sich lohnen könnte, eine Zugreise mit einen mehrtägigen Aufenthalt in einer Unterkunft und Metroticket zu einem anderen Zeitpunkt, also bestimmt nicht Hochsommer, zu machen. Bei der Zugfahrt zurück nach Ercolano, wo unser Womi steht, habe ich diesen Plan aber schon fast wieder verworfen, zumindest die Idee per Zug zu reisen. Als wir kommen, erhalten wir unterschiedliche Auskünfte, wo unser Zug abfahren soll und als wir dann endlich das Gleis finden, fährt uns der Zug direkt vor der Nase weg. Der nächste soll eine Stunde später kommen, wir können aber nicht mehr aus dem Bahnhof raus, weil unser Ticket an der Sperre bereits entwertet wurde, also wieder langes Warten in der Hitze. Plötzlich sehe ich, dass ein ein weiterer Zug eingesetzt wird, der nach ca 10 Min Wartezeit fahren soll und einige Leute einstieigem. Denkste, der Zugführer macht den Zug immer wieder an und der geht genauso oft wieder aus, als wäre er kaputt, bis er dann pünktlich zu der Uhrzeit, an der der nächste fahren sollte, plötzlich abfährt.🙄 Später entnehmen wir dem Internet, dass auch in Italien die Bahn streikt, leider gab es aber vor Ort keinerlei Info darüber. Nun haben wir eine weitere heiße Nacht auf einem vermüllten Parkplatz, aber umsonst vor uns. Da wir die letzte Nacht auf einem Stellplatz waren, der eigentlich auch nur ein Abstellplatz war, aber Dusche und Strom hatte und vorne jemand saß, dafür aber 20€ bezahlt haben, denken wir , dass es auch billiger geht. Unsere Batterie ist bei dieser Reise wirklich prima. Etwas unruhig schlafe ich dennoch, denn auch nachts fahren immer mal wieder Autos ab oder kommen an. Wir versuchen möglichst unbemerkt im Womi zu übernachten, weil es ja nur ein kostenfreier Parkplatz ist und kein Stellplatz. Mitten in der Nacht fährt ein Rettungswagen mit Blaulich vor und scheint auch jemanden ein paar Meter entfernt von uns einzuladen. Was da los ist, kann ich aber von meinem Alkoven nicht erkennen und Stefan schlummert wie immer und bekommt von allem nichts mit.

9.8.21
Nach Ercolano nun Pompei. Es ist schier unglaublich, wie die Menschen hier 79 nach Christi bereits gelebt haben! Beide Städte müssen einmal wunderschön gewesen sein. Die Häuser innen mit viel Stuck und Gemälden verziert, Innenhöfe mit Gärten, und sie müssen zu leben gewusst haben, denn die Anzahl der Theater, Sport- und Badeeinrichtungen, Bodegas und Restaurants ( man sieht häufig Häuser mit runden, gemauerten Öfen oder Töpfen, ein Führer nennt sie die „MC Donalds der Antike“) gibt es zahlreich und von jetzt auf gleich war alles unter Asche und Lava begraben. Besonders berühren mich die versteinerten Tiere und Menschen, denen man ihre Panik oder Hoffnungslosigkeit noch heute ansieht. So furchtbar der Ausbruch war, er gibt uns heute die Möglichkeit, einen tiefen Einblick in das Leben der Menschen von damals zu bekommen. Eine bessere Konservierungsmethode scheint es kaum zu geben. Was wird von uns einmal in 2000 Jahren erhalten bleiben und was werden die Menschen einmal zu unserer Kultur sagen?
Wir sind diese Nacht auf einem Campingplatz direkt gegenüber der historischen Stätten. Es ist hier verdammt schwer, etwas vernünftiges und bezahlbares zu finden. Wir haben auch beschlossen, den Vesuv nicht zu besteigen. Man muss vorher ein Zeitfenster buchen und wir wissen nicht, ob Womi die 1000Höhenmeter gut wegsteckt und auch mit der Bucherei eines Busses ist das schwer zu koordinieren. Außerdem wollen wir aus dieser touristischen Ecke weg, wo alles doppelt so teuer ist und wir auf einfachen Parkplätzen nachts eingehen, die teuren Stellplätze aber auch kaum mehr zu bieten haben, als Womi neben Womi wie in einer Konservendose. Wir genießen den Blick auf den Vesuv und damit ist es gut. Ebenso haben wir die Amalfiküste gerade gestrichen. Nicht nur, dass Camping unter 40€ kaum möglich ist, habe ich gerade gelesen, dass Wohnmobile nur zwischen 22Uhr und frühmorgens die Küstenstraße befahren dürfen. Was haben wir denn davon? Der Blick von dieser Straße auf die Küste ist doch der Grund, dorthin zu fahren. Ne, morgen geht es ins Landesinnere und im großen Bogen um Rom herum. Zum Einen waren wir dort schon, zum Anderen tun wir uns die Stadtfahrerei dort sicher nicht an.

10.8.21
Heute ist mehr oder weniger nur Fahrtag. Von Pompei brechen wir auf ins Landesinnere nach Caserta, das durch seinen Königspalast berühmt ist. Der barocke Palast ist eines der größten Schlösser Europas und er wirkt wirklich gigantisch, wenn man davor steht. Leider bleibt uns ein Besuch verwehrt, da heute Ruhetag ist. Wir würden wenigstens gerne den Garten ansehen, aber alles ist dicht. Da wir zur Mittagszeit ankommen, ist auch die Fußgängerzone wie ausgestorben. Bei der Hitze keine Siesta zu machen wäre ja auch ziemlich dumm von den Italienern, aber für uns gibt es ja leider nur wenig Rückzugsmöglichkeiten. Eigentlich haben wir wieder eine Stadt mit engen und somit kühleren Gassen erwartet, aber hier sind die Straßen der Fußgängerzone eher breit und mit feinen Boutiquen. Außer in der Fußgängerzone ist die Stadt sehr auf Autos eingestellt, und Fußgänger haben das Nachsehen, ebenso wie Womis. Wir entschließen uns, nicht wie geplant in der Nähe auf einen Stellplatz zu gehen, sondern noch ein paar Kilometer hinter uns zu bringen. Auf einer Karte im Internet können wir die derzeitigen Brände verfolgen, die hauptsächlich im Süden des Landes sind, bzw waren. Wir möchten nicht riskieren, irgendwo in ein brennendes Gebiet reinzugeraten bzw durch Umleitungen und Staus durch die Brände lange Umwege machen zu müssen. Wir fahren die meiste Zeit entlang der Küste und können einige nette Ausblicke genießen. Leider sind die Parkplätze bzw Haltebuchten immer auf der anderen Straßenseite und es istzu gefährlich, es mit dem Womi zu wagen, dort hinüber zu fahren. Wir würden große Probleme bekommen, wieder in unsere Spur zurück zu kommen. Die Fahrweise hier in Italien und besonders im Süden verlangt Stefan so schon die höchste Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit ab. Wir kommen heute bis 89 km südlich von Rom, wo wir morgen den Nationalpark Circeo an der Küste besuchen möchten. Ach ja, unterwegs lassen wir uns bei einer Fordwerkstatt noch zwei neue Abblendlichter einbauen. Sie sind vor Tagen beide auf einmal kaputtgegangen, sodass wir auf die Sicherung getippt haben, aber beide Leuchtkörper sind kaputt. Ich schätze mal, eine Folge des Gerumpels auf teilweise recht schlechten Straßen.

11.8.21
Von Nationalpark zu Nationalpark könnte man den heutigen Tag beschreiben. Am Morgen wandern wir im Nationalpark Circeo erst im Wald zu einem Fluss und danach fahren wir zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Steilküste. Die Fahrt ist wahrhaft abenteuerlich. Die Straße ist sehr eng und kurvig, was aber für uns noch schlimmer ist, sind die Bäume und Büsche, die in die Straße hineinwuchern, sowie Mauern, die nach oben hin schief sind und die Straße noch schmaler machen. Unser armes Womi wird oben drauf und an den Seiten ganz schön gekratzt und teilweise müsseb entgegenkommende Fahrzeuge auch ein Stück zurücksetzen. Weder sie, noch die Autos und Motorräder hinter uns finden das toll, und sobald sich nur die kleinste Lücke auftut, schießen sie von hinten an uns vorbei.😱. Dass ein kleiner Smart und der darauffolgende Kastenwagen nicht aus der Spur fliegen, ist sicher nur einem ganzen Team von Schutzengeln zu verdanken.
Heute ist es wieder entsetzlich heiß. 38⁰ im Schatten und der Fahrtwind immer noch so heiß, dass er auf der Haut brennt, wenn man den Arm aus dem Fenster hält. Irgendwann wuird es Stefan zu bunt und er entscheidet, dass wir zu einem Campingplatz hoch in den Bergen in den Abruzzen fahren, um eine angenehme Nacht zu haben. Er liegt im Skigebiet auf 1149m und soll 25€ kosten. Ich freute mich schon auf Duschen und Pool, besonders, weil wir durch den staubigen Sand auf unserer Wanderung dreckige Beine bis zu den Hosenbeinen haben. Wir erhoffen uns erfrischende Kühle dort oben. Als wir gegen 18Uhr ankommen, stehen bereits 6 Camper auf einer freien Fläche vor dem Campingplatz. Der Platz ist überfüllt und laut einer italienischen Familie ist es daher OK, kostenlos auf dem Platz ohne alles, auch ohne Bäume, zu stehen. Na toll! Nix Pool oder Dusche, kein Stromanschluss, der sorgenfreien Gebrauch des Ventilators ermöglicht, und selbst in dieser Höhe zeigt das Thermometer noch 34⁰ an😥🥵. Außerdem haben wir hier oben nur sehr sporadisch mal Internetempfang, was die Planung der Weiterfahrt nicht vereinfacht. Ich bin erst ziemlich entnervt, aber nach einer Weile kühlt es sich ab. Gegen 20Uhr sind es noch 27⁰ draußen, das verspricht, dass es irgendwann nachts mal so bis 23⁰ runtergeht, eine Wohltat. Bei der exponierten Lage hier, wird die Nacht aber nicht sehr lang, weil früh um 7Uhr die Sonne schon wieder alles brät. Ach ja, zwischendurch regnet es zweimal! Letzte Nacht vielleicht 10Tropfen, gerade soviel, dass ich sie gehört und die Dachluke geschlossen habe, und heute auf der Fahrt noch ein „Guss“ von ähnlicher Stärke. Es ist hier dermaßen trocken, dass man schon Angst hat, bei einem Gedanken an Feuer eines zu entfachen.

12.8.21
Wir fahren wieder runter von unseren luftigen Höhen in den Abruzzen zum Lago del Salto auf ca 700m. Morgens unternehmen wir noch eine kleine Wanderung von fast 7km in der Bergwelt und Stefan ist ganz scharf auf die Sichtung eines Bären, die es hier gibt. Ich bin eigentlich recht froh, dass es nicht zur Life -Begegnung kommt. In Alaska, mit Rangern an unserer Seite, war das eigentlich schon spannend genug😅
Danach geht die Fahrt weiter mit obligatorischem Zwischenstopp bei Lidl, um ein Zitronen-Sorbet zu kaufen und zu genießen, zum Lago del Salto. Da es mal wieder schrecklich heiß ist, machen wir erst mal eine lange Pause auf dem Campingplatz im Schatten des Womis und schlemmern gekühlte Weintrauben. Erst nach 18Uhr gehen wir die 150m zum See runter. Mehr als einen Strand, eine Kirche und eine Pizzeria gibt es dort allerdings nicht und es ist immer noch zu heiß, um sich ans Wasser zu setzen. Der See sieht von oben schön aus, kommt uns aber nicht so richtig sauber vor. Er riecht leicht unangenehm und fordert unsere Badelust nicht heraust, also drehen wir gleich wieder um zum Campingplatz, duschen, essen zu Abend und warten, bis es kühl genug zum Schlafen ist.

13.8.21
Unser Weg führt uns heute mal wieder in ein „Borghi più belli d’Italia“, also einen zu den schönsten Orten Italiens zählenden Städtchen, nach Civita di Bagnoregio, dem ältesten Teil von Bagnoregio, in dem man noch römische und etruskische Reste findet. Er liegt wahnsinnig imposant auf einem Felsen und ist nur mit einem Fußweg verbunden. Für den Besuch zahlt man zuvor. Dorthin zu kommen bei 38⁰ ohne Schatten ist schon ziemlich anstrengend, aber wenn man schon mal dort ist, lässt man sich das sicher nicht entgehen. Es ist schon sehr schön dort in den alten Mauern, aber auch recht touristisch. In den Restaurants werden zumeist Speisen aus den landwirtschaftlichen Betrieben der Region angeboten und es gibt vor den Toren der Civita Verkaufsstände mit getrockneten Pilzen, Früchten und einem Handel heimischer Waren.
Nach dem Besuch sind wir ganz schön ausgelaucht und froh, dass unser heutiger Stellplatz am Bolsenasee liegt und sogar einen eigenen Strand hat😍. Wir parken, schließen Strom an und ab geht`s auf die Liegewiese am See und ins feuchte, (nicht kalte) Nass. Es ist ein schönes Gefühl, mal nicht im Salzwasser zu baden, was sich im Anschluss immer so klebrig auf der Haut anfühlt. Der See ist zwar nicht so klar wie die meisten Strände, an denen wir waren, aber sonst echt ok. Er ist mit seinen 114km² ziemlich groß und wird von Google mit zu Italiens schönsten Seen gerechnet. Wir finden besonders unseren Strand mit gepflegter Rasenfläche, wo man seine eigenen Campingstühle aufstellen kann und nachher nicht alles sandig ist, besonders gut. Für ein paar Stunden halten wir da auch mal Sonnenanbetertourismus aus 😂.
Wie unterschiedlich doch die kostenpflichtigen Stellplätze sind! Beim letzten, wofür wir 20€ gezahlt haben, gab es einen Container mit zwei Damen- und einer Herrentoilette, sowie zwei Duschen. Die Toiletten hatten keinen Brill und die Duschen waren sehr special. Vor der Duschwanne war ein Duschvorhang und in höchstens 20cm Abstand eine Faltschiebetür, die nicht abschließbar war. Zur Erinnerung: der Container war für beide Geschlechter! Um sich umzuziehen, musste man sich in die Duschwanne stellen und hatte hoffentlich eine Tasche für seine Sachen dabei, um diese auf den einzigen Haken zwischen Schiebetür und Vorhang aufzuhängen, sonst hatte man ein Problem, wohin mit der trockenen Kleidung. Es gab im Container zwar einige Anweisungen in Italienisch, wie man duscht, ohne den Container unter Wasser zu setzen, aber bzgl Corona nicht ein Hinweis. Weder auf Maskenpflicht an der Rezeption oder auf den Toiletten, keine Desinfektionsmittel, nix.
Der Platz heute dagegen hat die Toiletten und Duschräume gesperrt und bietet nur eine kalte Außendusche an, was bei dem Wetter völlig ausreicht. An allen Wasserstellen stehen Desinfektionsmittel für die Hände und überall hängen Hinweise auf Abstandsregeln. Tja, so unterschiedlich sind hier die Ausführungen. In Italien gilt inzwischen bei öffentlichen Gebäuden und Innenräumen von Restaurants der Green Pass, also die 3G-Regel. Bei staatlichen Einrichtungen wird immer Fieber gemessen und der Green Pass überprüft, bei Restaurants steht höchstens ein Schild, dass für Innenverzehr ein Green Pass vorliegen muss, fragen tut niemand. Leider braucht man für öffentliche Verkehrsmittel den Nachweis nicht. Ich hoffe auf jeden Fall, dass wir unbeschadet wieder nach Deutschland kommen, wo die Inzidenzen ja ebenfalls wieder ansteigen.

14.8.21
Flucht in die Berge! Heute ist definitiv der heißeste Tag unserer Reise. Bei unserem ersten Stopp im Borgo di Buonconvento geht es gerade noch so, wenn wir uns im Schatten der Häuser entlangschleichen. Als wir allerdings aus einem klimatisierten Eiscafe kommen, haut es uns fast um. Nachmittags beim Lebensmitteleinkauf in der Nähe von Florenz schaffen wir es nur noch mit der Hilfe von einer 1000gr Packung Eis, einen klaren Kopf zu behalten. Laut WetterAPP haben wir 40⁰ im Schatten. Als ich beim Lidl im Eingang durch die Fiebermessung gehe, zeigt das Fieberthermometer 43⁰, nunja, dafür fühle ich mich dann doch noch ziemlich fit😅. Das Thermometer misst wohl eher die Hitze, die durch die Tür hereinkommt. Wir fahren heute richtig lange, rund 230km, was mit Stopps den ganzen Tag dauert, obwohl wir lange Zeit Schnellstraßen mit 90 km/h fahren können und uns nicht nur von Dorf zu Dorf quälen müssen. Eigentlich ist Letzteres ja interessanter, wenn wir nicht immer bangen müssten, irgendwo nicht durch zu kommen oder durch zu dürfen. Wir kommen zum Dorf Montepiano auf ca 700m Höhe, das auf einem Appeninnenpass liegt. Wir haben es wirklich nur auf Grund der Höhe und weil es hier von der Gemeinde einen KOSTENLOSEN Womistellplatz gibt, der außer Strom und Ver- und Entsorgung sogar eine Toilette und Dusche bietet, ausgewählt! Hier wird es tagsüber zwar auch ganz schön heiß, aber nachts kühlt es richtig gut ab. Die Highlights der Toskana wie Sienna und Florenz lassen wir links liegen, denn wer will schon in einem Hitzekessel der Kultur fröhnen? Außerdem waren wir zu Beginn unserer Beziehung schon einmal mit Freunden in der Toskana und haben beide Städte im Dezember bei strömenden Regen „genossen“. In Montepiano machen wir vor dem Abendessen noch einen kleinen Spaziergang, denn um 19Uhr ist das Klima erträglich. Morgen wollen wir Richtung Küste, um möglichst am Montag die Dörfer des Nationalparks Cinque Terre zu besuchen. Es ist gar nicht so einfach, das zu planen. Man kommt dort nur per Zug oder Boot hin und erwandert sich die bunten Örtchen. Problem ist, einen Parkplatz in der Nähe des Bahnhofs und einen Stellplatz fürs Womi in Livorno oder La Spezia zu bekommen. Zum einen dürfen wir nicht jeden nehmen und nicht überall durchfahren, zum Anderen sind die Dörfer ein Touristenhighlight und jeder will natürlich parken. Nunja, wir werden sehen. Erstmal sind es wieder fast 200 km zu fahren.

15.8.21
Wir fahren heute mal ein langes Stück mautpflichtige Autobahn, dennoch wird uns die Strecke bis La Spezia ziemlich lang. Unterwegs ist es wieder richtig heiß, aber hier in der Stadt ist es recht angenehm. Es kommt immer eine leichte Brise vom Meer und wenn die Temperaturen“nur“ noch bei 32⁰ liegen, fühlt sich das inzwischen fast erträglich an. Wir kaufen uns die Eintrittskarten inkl Zugtickets für die 5 Dörfer des Cinque Terre Nationalparks für morgen und parken auf dem wohl einzigen kostenfreien und für Womis zugelassenen Parkstreifen an der Kreuzung einer Durchfahrtstraße, nicht allzu weit vom Bahnhof. Wie wir heute Nacht hier schlafen, weiß ich noch nicht, aber eine andere Möglichkeit gibt es nicht.

16.8.21
Nachdem unsere Übernachtung an der Kreuzung gut geklappt hat, begeben wir uns heute Morgen bei angenehmen 27⁰ auf unseren Tagesausflug zu den 5 Dörfern, die den Cinque Terre Nationalpark bilden. Das Womi kann an Ort und Stelle kostenfrei den ganzen Tag stehen. Das ist sowas wie ein 6er im Lotto, dass wir dort gestern einen Platz ergattert haben, denn von dort ist es nur ca 1km zum Bahnhof. Mit unserer Tageskarte für den Nationalpark brauchen wir nun nicht mehr für Tickets anstehen und können gleich in den ersten Zug nach Riomagiore steigen. Uns wird schnell klar, dass dieser Tag wieder ein Corona- Risikotag werden wird, denn halb Deutschland und halb Frankreich scheinen genau dasselbe Ziel wie wir zur haben🙄 Tja, so ist es halt, wenn man in den Ferien reisen muss, weil man nicht weiß, ob danach noch die Grenzen offen sind. Wir tragen also im Zug und in den engen Gassen der Orte brav Masken, was zwar heiß und anstrengend ist, uns aber trotzdem nicht die Begeisterung für die bunten Örtchen, die sich malerisch an die Steilküste über dem Ligurischen Meer anschmiegen, nimmt. Im ersten Ort, in Riomagiore, gibt es noch einen Aufzug den Berg hoch, in den anderen Orten sind Treppen zu laufen. In den schmalen Gassen dürfen nur noch Sonderfahrzeuge wie Taxis, Müllabfuhr o.ä. fahren, weil sie extrem eng sind und voller Touristen. In den Häusern sind Cafés und Restaurants und winzige Lädchen untergebracht, und viele Einheimische vermieten Zimmer an Urlauber. Jedes Örtchen hat auch eine Badestelle, mal mit kleinem Sandstrand, mal kleine Buchten zwischen den Felsen. Nachdem wir den ersten Ort angesehen haben, entscheiden wir uns, bis zum letzten, Monterosso, mit den Zug zu fahren und auf dem Wanderweg oberhalb der Steilküste von dort nach Vernazza und Coniglia zu wandern. Danach ist der Wanderweg gesperrt, deshalb geht es weiter nach Manarola und zurück nach La Spezia dann wieder mit dem Zug. Den Eintritt zum Wanderweg haben wir mit unserem Tagespass bereits entrichtet. Der Weg erweist sich als anstrengender als erwartet, denn statt auf einer Höhe zu bleiben, führt er ständig steil bergauf und bergab. Meistens sind Stufen aus Bruchsteinen dafür gebaut. Der Weg ist besonders für meine Knie beschwerlich, die sich sicher noch morgen mit Schmerzen rächen, aber die Ausblicke sind es allemal wert. So habe ich heute 34279 Schritte, bzw 22,8 km zu Fuß hinter mich gebracht mit ca 480Höhenmetern und endlich die Cinque Terre besucht, die schon lange auf meiner Bucket List standen.
AmAbend fliehen wir dann von unserem Stadtparkplatz in die Natur. Wir fahren nach Equi Terme auf einen kostenlosen Stellplatz mit Wasser und Abwasser oberhalb des Thermalhotels. Auf dem großen Parkplatz sind wir fast alleine und Schatten gibt es auch. Morgen müssen wir mal gucken, ob wir die Badestelle im Fluss finden, wo eine heiße Quelle hineinläuft. Je nachdem, wie das Wetter wird, nutzen wir das dann für ein Bad. Heute waren die Temperaturen zum Glück viel erträglicher und nachts kühlt das Womi inzwischen auch runter bis 25⁰. Equi Therme liegt genau am Rand der Apuanischen Alpen, deren beeindruckende felsige Bergspitzen uns heute Abend schon auf dem Weg hierhin entgegenstrahlten. Was für ein toller Tag!

17.8.21
Heute ist ein reiner Fahrtag. Vor unserer Abfahrt erkunden wir noch etwas den netten Ort Equi Therme, wo wir kostenlos unter Bäumen und oberhalb eines Flusses mit warmer Schwefelquelle hervorragend übernachten konnten. Das war ein echter Zufallstreffer und der Ort inmitten der Berge ein richtiger Geheimtipp. Er ist wie viele Orte in dieser Region auch als europäischer Geopark anerkannt. Es gibt eine Grotte, die wir aber nicht besuchen können, weil ich gefragt habe, ob es ermäßigten Eintritt für Behinderte gibt. Daraufhin macht man mir deutlich, dass Behinderte nicht reingelassen werden. Wäre ja spannend zu wissen, welch außergewöhnliche Strapazen da auf mich zugkommen wären🤔
Kurz vor Mittag machen wir uns dann auf den ca 2 1/2stündigen Weg durch die steile und kurvenreiche Bergwelt nach Parma. Wir überberqueren den Appeninn Pass Ceretto, quer durch den Parco Nazionale Appennino Tosco- Emiliano. Wie der Name schon sagt, liegt der Nationalpark in den Regionen Toskana und Emilia Romana und ist eine Hochgebirgsregion. Unterwegs macht Stefan alleine noch eine 2-stündige Wanderung, während ich eine Runde schlafe. Wir müssen einkaufen und finden keinen Lidl und gehen deshalb in ein großes Einkaufscenter, was uns aber nur nervt. Die Auswahl ist zu groß und zu teuer, andere Dinge finden wir dagegen gar nicht. Wir sind durch die Hitze, die zwar nur noch um die 33⁰ laiegt und die lange Fahrt schon etwas genervt, was sich dann bei der nächsten Tankstelle, deren Automat unsere Kreditkarten nicht akzeptiert, nochmal steigert. Eigentlich haben wir schon die Nase voll, müssen aber noch Wäsche waschen. Zum Glück finden wir den Waschsalon in Parma sofort und der kostenlose Parkplatz, den ich zuvor herausgefunden hatte, ist auch direkt davor. Schnell füllen wir eine 14kg Maschine, unter anderem mit Bettlaken, mit denen wir uns nachts zudecken. Nach 45Min ist die Wäsche gewaschen, aber wir haben gerade noch 25Min bis der Waschsalon schließt. Damit haben wir nicht gerechnet. Eine Trocknung dauert zwar nur 15Mun, aber alle Baumwollsachen sind danach noch klamm und dass betrifft gerade unsere Laken und mein Schlafshirt und unsere Handtücher. Nun sieht unser Womi aus, als hätten wir vor, es zu verlassen und hätten die Möbel abgehängt und wir müssen sehen, womit wir uns heute Nacht zudecken. Wir fahren dann auch nicht mehr auf den 20€ Stellplatz , sondern übernachten auf dem Parkplatz vorm Waschsalon. Er liegt recht ruhig neben Sport- und Spielplatz in einer kleinen Straße, da sollte es sicher und nicht zu laut des nachts werden. Morgen laufen wir dann nach Parma hinein oder fahren mit den Rädern. Letztes mache ich aber nur, wenn überall Radwege sind, sonst fahren mir die Italiener zu halsbrecherisch.

18.8.21
Wir haben hervorragend auf unserem Parkplatz geschlafen und heute Morgen sind es gerade so um die 20⁰. Es wird dann im Laufe des Tages zwar wärmer, aber alles noch sehr angenehm. Parma begeistert mich sehr. Trotz normalem Wochentag ist es unheimlich ruhig und entspannt. Es sind kaum Autos auf den Straßen, ein paar Radfahrer auf den guten, von der Straße getrennten Radwegen und wenig Müll. Es gibt ausreichend freie Parkplätze. Man merkt eindeutig, dass wir nicht mehr in Süditalien sind. Die Autos fahren nicht mehr ganz so hektisch und es ist angenehm durch die Stadt zu schlendern. Parma hat viel Grün in der Stadt und es gibt zahlreiche wunderschöne alte Palazzios. Selbst die Post ist ein beeindruckendes Gebäude. Das ist die erste Stadt Italiens, in der ich mir vorstellen könnte zu leben.
Nach Parma fahren wir nur ein paar Kilometer weiter nach Sabbionetta. Der Ort ist Weltkulturerbe und auf kleinstem Raum befinden sich innerhalb der Stadtmauern zahlreiche sehenswerte Gebäude. Das für mich faszinierendste ist das Antike Theater Olimpico, das von 1588-90 nach Plänen des Architekten Scamozzi gebaut wurde, nachdem er das bekannte olympische Theater in Vicenza beendet hatte. Herzog Gonzaga hatte ihn hierfür in die Stadt geholt und beschäftigte nach Fertigstellung auch eine theatralische Komikertruppe. Nach seinem Tode verfiel das Theater, wurde als Stall, Kino und Kaserne verwendet, bis es 1969 restauriert und mit einer Show von Monteverdi wieder eingeweiht wurde. Das Theater genießt Weltruf. Es ist laut Wikipedia „das älteste noch vorhandene freistehende und nur für den Zweck des Theaters gebaute Gebäude Europas“. Ein paar Schritte weiter können wir den Palazzo Ducale besichtigen, in dem der Herzog und Personen seiner Zeit in ihrer historischen Kleidung zu bewundern sind.
In der Chiesa die San Rocco hat man eine Kirche in eine Pinakothek verwandelt mit unserer Meinung nach zum Teil sehr gewöhnungsbedürftigen sakralen Gemälden.
Rundherum ist es also ein gelungener Tag, der mit gemütlichem Kaffee und abends Wasser vor einer Bar abgerundet wird. Er hat wieder alle schlechte Laune von gestern vertrieben.

19.8.21
In Sabbionetta fehlt uns noch der Palast des Herzog Giardino, der gestern bereits geschlossen hatte. Gleich um 10Uhr stehen wir vor der Türe, um dieses schon von außen beeindruckend lange Gebäude von innen zu besichtigen. Es ist absolut erschlagend! Alle Räume sind rundherum und an der Decke mit Gemälden versehen, mit teils mythischen, teils sakralen oder auch aus der Natur und dem Alltag entsprungenen Motiven. Darüber hinaus gibt es noch Stuckverziehrungen, die häufig Köpfe von Herrschern oder Tieren darstellen. Ich weiß nicht, wie jemand in so einer überwältigenden Kunstfülle leben und arbeiten konnte.
Nach diesem „Kulturgenuss“😅 machen wir uns auf den Weg nach Verona. Unterwegs bereue ich es schon, weil wieder zig Durchfahrtsbeschränkungen angezeigt werden, die man unmöglich im Vorbeifahren lesen kann. Ich habe bei der Wahl des Parkplatzes schon darauf geachtet, dass er nicht allzu nah an der Altstadt liegt und darüber hinaus in keinem Kommentar etwas von Rad Diebstahl vom Womi oder sonstige Einbrüche erwähnt werden. Nahezu bei allen ausgewiesenen Camperstellplätzen gibt es Berichte zu geklauten Rädern, teils sogar, wenn die Besitzer im Wohnmobil saßen am helllichten Tage! Meine Wahl fällt auf kostenfreie Parkplätze in einem Wohngebiet neben einem Spielplatz/Park. Sie erweisen sich als gut, denn uns wird nix geklaut, während wir in der Stadt sind. Wir müssen zwar ca 2km laufen, aber was ist das schon in einer Großstadt, wenn man dafür einen guten Parkplatz findet? Über Verona gehen Stefan und meine Meinung etwas auseinander. Die Stadt hat unbestritten ein paar sehr beeindruckende Bauwerke, ganz voran die Arena, in der die Opernfestspiele stattfinden. Es erscheint fast unmöglich, dass ein solches Bauwerk vor 2000 Jahren erbaut wurde und heute noch für derartige Veranstaltungen im Gebrauch ist. Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Gebäude und Brücken, die sehenswert sind. Mir ist aber die Altstadt zu touristisch und die Geschäfte zu extravagant. Eine Nobel-Boutique reiht sich an die andere, alle großen Marken von Armani bis Zara sind vertreten. Keine kleinen Gassen mit niedlichen, ausgefallenen Geschäftchen und wenn man um die Mittagszeit nur einen Kaffee irgendwo trinken möchte, hat man Pech. Die Restaurants, Osterias, Enotheken und was es sonst noch so gibt, bieten nur komplette Menüs oder Cocktails und Weine an, natürlich zu gehobenen Preisen. Erst etwas außerhalb werden wir fündig. Verona scheint bei unseren Landsleuten hoch im Kurs zu stehen. Wir hören mehr deutsche Stimmen als italienische. Nach ein paar Stunden Sightseeing machen wir uns wieder auf den Weg aus der Stadt und fahren etwas südwestlich auf einen Stellplatz bei Mantua. Das Städtchen ist zusammen mit Sabbionetta Weltkulturerbe und auch hier ließ der Herzog Giardino anscheinend sehr sehenswerte Gebäude entstehen, die wir uns morgen angucken wollen. Wir sind heute zwar etwas Zickzack gefahren, aber wir wollten nicht auf einen Stellplatz in Verona aus den beschriebenen Gründen und planen eh noch weiter westlich Richtung Riviera zu fahren.

20.8.21
Da wir gestern erst am Abend in Mantova oder Mantua, wie es auf deutsch heißt angekommen sind, erobern wir die Stadt erst heute Morgen. Sie liegt in der Region Lombardei und hat eine herrliche Lage im Dreieck dreier Seen. Auch hier hat das Adelsgeschlecht der Gonzaga geherrscht, was man dem riesigen Palast Ducale, der wie in Sabbionetta voller Gemälde und Stuck ist, bereits ansehen kann. Hier kommen zu den Gemälden und Stuck noch Räume mit Wandteppichen hinzu. Eins ist mal klar, der Herzog dürfte seinem Volk viel Geld gekostet haben! Wenn ich durch solche Paläste oder Schlösser gehe frag ich mich immer, wie man sich darin eigentlich wohlfühlen kann. Hier ist das natürlich besonders so, da bis auf ein paar Sitzmöbel und einem Tisch keinerlei Möbel vorhanden sind. Auch Mantova ist voller historischer Gebäude, wie fast alle alten Städte hier. Es gibt aber auch nette kleine Gassen mit Geschäften und Cafés und gäbe es keine Siesta, wären wir nach dem Stadtbummel wahrscheinlich um einige Euros ärmer und müssten uns Gedanken machen, wie wir zwei Tiffany Lämpchen und/ oder eine neue antike Wohnzimmerlampe heile nach Hause transportieren können. Aber Italien bleibt seiner Siesta treu und ein paar Stunden warten, bis der Laden wieder öffnet, wollen wir dann doch nicht.
Wir machen unser Womi abfahrtbereit, stehen dann aber vor der verschlossenen Schranke der Stellplatzes. Der Parkautomat reagiert nicht auf unsere Kreditkarten und dass er kein Bargeld will, steht bereits dran. Es kann sogar sein, dass wir einen Bedienungsfehler gemacht haben, aber der Automat steht so blöde in der Sonne, dass wir das Display des Kreditkartengerätes überhaupt nicht lesen können. Wir rufen die Notnummer an wo erst niemand erreichbar ist. Nach wiederholtem Versuch verspricht man uns, in 5Minuten jemanden zu schicken. Stefan ist schon da ziemlich entnervt. Als dann aber nach mehr als 5Min immer noch keiner kommt und der am Telefon vertröstet wird, in 15 Minuten wäre jemand vor Ort, macht er sich am Telefon ziemlich Luft, sodass ich ihn etwas bremsen muss. Wir warten dann sicher noch 30Minuten, bis endlich jemand auftauchteund uns die 15€ für die letzte Nacht in bar abnimmt. Endlich können wir unser nächstes Ziel ansteuern. Wir fahren nordwestlich nach Brescia. Ein ehemaliges Kloster und eine große Burganlage über der Stadt beherrschen das Bild hier. Um die Burg gibt es einen schönen und weitläufigen Park, den sowohl Einheimische als auch Touristen für Spaziergänge, Selfies und/ oder Einkehr in die Lokalität nutzen und den Blick über die Stadt bis zu den Ausläufern der Alpen genießen. So laufen wir an diesem Abend noch einmal 7km nachdem wir am Morgen ebensoviel bereits in Mantova herummaschiert sind. Die kommende Nacht verbringen wir auf einem normalen, kostenfreien Parkplatz ca 2km von der Altstadt entfernt liegt, was auch die gelaufenen Kilometer erklärt.

21.8.21
Wieder liegen gut zwei Stunden Fahrt vor uns zu unserem neuen Ziel. Wir fahren südwestlich bis Bobbio, das wiederum nordöstlich von Genua liegt, aber noch nicht in Ligurien, sondern wieder mal in Emilia Romana. Auch dieser Ort gehört zu der Vereinigung „borghi più belli d’Italia“. 614 wurde eine Abtei hier gegründet, die einen großen spirituellen Einfluss hatte und 1014 bekam der Ort von Heinrich II das Stadtrecht zugesprochen. Anders als die meisten Orte zuvor, findet man hier vorwiegend Bruchsteinbauten. Gleich mehrere Kirchen sind in dieser Bauweise erstellt, aber auch Privathäuser und besonders herausragend die Ponte Gobbo, eine alte Steinbogenbrücke über den Trebbia. Die Tallage macht den Ort besonders idyllisch und der glaskare Fluss zieht jährlich Tausende zum Baden in die Region. Auch wir genießen das hier wirklich kühle Wasser. Wir verbringen die kommende Nacht auf dem kostenpflichtigen Stellplatz der Gemeinde und hoffen, dass hier der Parkscheinautomat besser funktioniert als in Mantova und wir morgen nicht wieder vor verschlossener Schranke stehen.

22.8.21
Unser heutige Fahrt führt uns durch das wunderschöne Tal des Flusses Trebbia. Die Strecke ist über die ganzen 60km von Bobbio aus eine Schlangenlinie durch das Gebirgstal und ermöglicht immer wieder Blicke auf den häufig türkis schillernden Fluss. Überall baden Leute und nehmen dafür gefährliche Parksituationen und halsbrecherische Fußwege in Kauf. Da die Temperaturen heute nur bei rund 22⁰ liegen, lassen wir uns nicht verführen, hätten aber auch wohl kaum einen Platz für unser Womi an der engen Straße gefunden. Die Ausblicke lohnen sich aber auf jeden Fall und Stefan genießt das Kurvenfahren. Einziger Wunder Punkt dabei sind die vielen Motorradfahrer, die diese Strecken hier ebenso wie bei uns im Harz lieben. Man muss höllisch aufpassen, dass keiner von ihnen auf der Kühlerhaube landet. Genügend Erinnerungskreuze und Blumen gibt es bereits am Wegesrand. Wir beenden unsere heutige Fahrt in Torriglia, das ganz nett, aber nichts besonderes ist. Ich muss ja bei der Planung auch berücksichtigen, dass Stefan nicht täglich so weit fahren kann und außerdem stellt der Ort hier einen kostenlosen Parkplatz für Wohnmobile zur Verfügung. Wir könnten sogar ins Freibad direkt am Parkplatz gehen, aber weder die Temperaturen noch der Preis von 8€ pro Person für einen Pool, der nichts außer Liegen rundherum bietet, sind attraktiv genug, um uns dorthin zu locken. Lieber suchen wir uns gleich eine Pizzeria für heute Abend.

23.8.21
Uns hat die italienische Riviera gelockt und sie spuckt uns sozusagen gleich wieder aust🙄. Wir machen uns aus unseren luftigen Höhen auf den Weg Richtung Genua zu einem Waschsalon. Wir wollen auf jeden Fall vermeiden, direkt durch die City zu fahren, deshalb fällt meine Wahl auf einen der möglichst im Norden, noch in der Vorstadt liegt. Auf den Bildern bei Google kann man auch einige Parkplätze erkennen, also hoffe ich auf eine unkomplizierte Anreise und Waschaktion. Weit gefehlt! Man kommt aus den kurvigen Gebirgsstraßen sozusagen gleich ins Innenstadtgetümmel. Enge, vollgeparkte Straßen, undurchsichtige Wegführung, und als wir endlich da sind, gibt es ausschließlich Parkplätze für Autos. Wir entscheiden uns, erstmal den nächsten Lidl Richtung stadtauswärts anzufahren, denn der Kühlschrank gähnt auch schon wieder. Bei Lidl glauben wir uns sicher sein zu können, einen vernünftig großen Parkplatz zu finden, aber denkste. Er ist winzig, die Zufahrt teuflisch eng und ich glaube, wir hätten als Womi da auch nicht drauffahren dürfen. Beim Runterfahren müssen wir nämlich unerlaubt abbiegen, weil wir sonst in eine 1,90m breite Straße geraten würden😲. Ich suche einen weiteren Waschsalon raus, denn ich habe mein Bettlaken bereits abgezogen und mit Stefans verschwitzten Sportklamotten zusammen in den Sack gesteckt. Wir müssen also waschen! Wieder gibt es für uns keine Chance, da auch nur irgendwie heranzufahren, also verlassen wir Genua und denken, in einem kleineren Ort an der Riviera sähe es sicher anders aus. Denkste! Nirgendwo dürfen wir mit Womi auch nur halten! Unser Eis, das wir bei Lidl gekauft haben, schmilzt in unserem Kühlschrank allmählich vor sich hin. Wir fahren auf die mautpflichtige Autobahn und dort nach einigen Kilometern auf einen Rastplatz. Der ist zwar auch nur für PKWs und LKWs ausgeschildert, aber darüber setzen wir uns hinweg und essen erst mal Eis. Inzwischen beginnt es zu regnen, das erste Mal mehr als 10Tropfen, und es wird furchtbar schwül, weil das Wasser gleich auf der heißen Straße verdampfe. Hier unten an der Küste haben wir wieder über 30⁰. Wir geben den Gedanken an Waschsalon vorerst auf und ich finde einen kostenlosen Stellplatz bei Park4night in der Nähe des kostenfreien, öffentlichen Strandes Bouffou von dem man gut zum Strand gelangen soll. Der Platz befindet sich jedoch steil hoch auf einer Anhöhe über dem Ort und ist scheußlich. Die Parkbuchten sind so eng, dass man die Womifenster nicht öffnen kann, wenn der Nachbar seines geöffnet hat. Wir entscheiden uns, unseren Besuch an der Riviera abzukürzen. Wir lassen das Womi stehen, gehen den Berg runter und bis zum öffentlichen Strand und beide kurz ins Wasser. Mir sind die Wellen zu heftig. Sie ziehen mir die Beine unterm Körper weg, also bin ich schnell wieder draußen. Stefan findet das stürmischere Wasser zwar ganz nett, aber da ich in glühender Hitze auf ihn warten muss, kann er auch nicht lange drin bleiben. Nachdem wir den Berg wieder hochgelaufen sind zum Womi, sind wir genauso verschwitzt, wie vor dem Bad. Wir entscheiden, dass uns das genug Riviera war und wir wieder in den Norden ins Inland und in die ruhigeren Regionen flüchten wollen. Ich finde einen Waschsalon in der Nähe von Neive, einem hübschen Örtchen in der Region Piemont, was wir eh besuchen wollen. Hier schaffen wir es endlich, unsere Wäsche zu waschen, währenddessen im Womi zu Abend zu essen und danach auf den Stellplatz in Neive zu fahren. Der Ort liegt inmitten von Weinhängen, dementsprechend ist jedes zweite Haus ein Weinlokal. Da haben wir zwar nicht soviel von, weil wir ja keinen Alkohol trinken, aber der Ort ist dennoch schön und liegt wundervoll. Lustig sind die Schornsteine bei einigen Häusern. Sie sehen aus wie kleine Türmchen.

24.8.21
Nach einem kurzen Spaziergang in einem Naturschutzgebiet, bei dem uns nicht ganz klar ist, warum es als solches ausgewiesen ist, fahren wir nach Turin. Ja, das ist auch eine große Stadt mit um die 800000 Einwohnern, aber wir möchten dennoch dort hin und parken recht weit draußen beim Olympiazentrum. Der Parkplatz liegt direkt am Park, durch den wir mit dem Rad entlang des Pos in die Innenstadt fahren können. Unterwegs bietet sich uns ein netter Blick auf eine Brücke und wir kommen zu einem winzigen mittelalterlichen Dorf mitten im Park. Leider kam man in die Gebäude nur mit italienischer Führung, die uns nix brächte mangels Italienischkenntnissen. Wir können aber das Café besuchen und den Außenbereich ansehen und somit etwas von der Atmosphäre genießen. In der Stadt finden wir dann endlich auch mal ein Sozialkaufhaus von Humana und Stefan findet natürlich auch zwei Hosen. Danach schlendern wir durch beeindruckende Alleen und Marmorsäulengänge durch die schöne Stadt. Klar gibt es hier auch alle bekannten Markenstores, aber mit gefällt Turin dennoch besser als Verona. Vielleicht habe ich auch einen besseren Tag heute🤔? Wir werden heute Nacht auf dem Parkplatz übernachten, falls unser Womi nicht geklaut wird während wir in der Stadt rumlaufen, und morgen noch das Filmmuseum und evtl den Palast ansehen. Das Wetter ist sehr angenehm mit 25⁰.

25.8.21
Das Nationale Kinomuseum erweist sich als spitze! Es ist sehr informativ, was die Entwicklung vom Scherenschnitttheater bis zum heutigen Film angeht, aber besonders von der Ausstattung, dem Gebäude selbst und den Animationen her total klasse. Immer wieder wird man durch Räume in andere Zeiten versetzt, z.B. alte Kinos oder Wohnzimmer aus den 60igern, wo Nachrichten aus dem alten Fernseher kommen. Sehr interessant ist z.B. auch ein Vergleich einer Berichterstattung über Gandhis Beerdigung, einmal, wie sie filmisch in die Welt ausgestrahlt wurde und daneben, wie es wirklich aussah, wenn man das ganze durch ein Fenster beobachtet hätte. Das Gleiche auch mit der Ermordung von JF Kennedy. Schon interessant, wie filmische Effekte die Wirklichkeit verändern können. Das Highlight ist aber ein Kinosaal mit Liegesesseln inmitten dieses Turmes, den man auf einem Wandelgang durch die Ausstellung ersteigt. Auf großen Bildschirmen werden Szenen von Filmpreisverleihungen gezeigt. Wirklich hervorragend gemacht. Das gibt dem ganzen Museum einen unverwechselbaren Charakter. Danach genießen wir jeder einen Marocchino , einen Kaffee mit Nutella (eigentlich wohl heißer Schokolade) 😍 und ein Panini, also ein typisch italinisches belegtes Brötchen oder Fladenbrot. Als wir nach dem interessanten Besuch im Kinomuseum und dem Snack im Café wieder zu unseren an einen Straßenmast angeschlossenen Rädern kommen, stehen die Räder zwar noch da, aber das Zahlenschloss ist durchgeschnitten. Ich denke mal, wären wir etwas später gekommen, wären sie auf irgendeinem Transporter abtransportiert gewesen. Wir hatten eigentlich vor, noch ein laut Google interessantes Viertel zu besuchen, wollten aber nur soweit mit Rädern fahren, wo Radwege sind, um Stadtverkehr und Straßenbahn zu meiden. Das können wir nun vergessen. Wir brauchten aber dringend ein neues Schloss, nicht nur, um sie stehenlassen zu können, wenn wir irgendwas besichtigen, sondern auch, um sie auf dem Fahrradträger anzuschließen. Nun find mal mitten in der Innenstadt mit feinen Markenboutiquen einen Laden für Fahrradschlösser! Wir fahren in Richtung unseres Besichtigungsziels und finden einen Laden mit China-Artikeln. Dort haben wir Glück. Viel taugen wird das neue Schloss wohl nicht, wenn Diebe unser altes von meiner Schwiegermutter, das sicher teuer war, anscheinend problemlos durchgekniffen haben, aber besser als nix ist es allemal. Das Stadtviertel, das laut Google interessant aussehen soll, finden wir bis auf eine Kirche mit interessantem Turm nur nichtssagend. Wir fahren zurück zum Parkplatz und hoffen, dass unserem Womi nichts passiert ist, aber das steht noch unberührt an Ort und Stelle. Da fahren wir sei 8Wochen kreuz und quer durch Italien und auch in heikle Städte wie Palermo, Neapel und vor die Tore Venedigs und lassen stundenlang das Womi mit zwei Rädern drauf unbewacht stehen und nichts passiert, aber fahren wir einmal Rad, schon passierts. Nunja, wir haben ja Glück im Unglück, denn die Räder sind noch da und zum Glück hat sich niemand ans Womi rangemacht, wovor wir immer etwas Schiss haben. Bei meiner Suche nach Stellplätzen habe ich noch nie so viele Kommentare, bei denen von Einbrüchen und Womi- und Raddiebstählen berichtet wird, wie hier in Italien. Ehemaligen Kollegen wurde vor Jahren auch in Italien ein Van gestohlen.

Wir fahren weiter nach Avigliana, nicht weit von der französischen Grenze entfert und mit hohen Bergen in Sichtweite, um hier morgen eine Wanderung zu machen.

26.8.21
Heute Morgen wandern wir bei traumhaftem Wetter um den Lago Grande und den Lago Piccolo im Parco Naturale Laghi di Avigliana im Westen von Turin. Ich habe die 9km Tour zuvor auf Komoot gefunden. Vorbei an schattigen Badestellen mit Picknicktischen, auf Holzbrücken übers Wasser (eine super Idee, um die Wanderer nicht immer entlang der Straße schicken zu müssen, wenn Grundstücksbesitzer den Zugang zum See für sich abgeriegelt haben) bis zu einem See Restaurant geht es erst entlang des Lago Grandes, dann etwas entlang der Straße bis ein Waldweg am naturgeschützten Lago Piccolo vorbeiführt. Dort sind Vogelbeobachtungsstellen eingerichtet. Die Gemeinde hat wirklich Glück mit ihren zwei Seen, so kann sie den einen zum Angeln, Baden und Wassersport für Touristen anbieten und den anderen als Schutzraum für Tiere und Pflanzen nutzen und damit auch noch Naturliebhaber anziehen. Im Hintergrund sieht man von weitem bereits den Nationalpark Grand Paraiso mit Bergen bis 4000m Höhe. Das ist unser nächstes Ziel, das wir nachmittags ansteuern. Im Bogen führt uns die Route um die Berge herum erst mal wieder fast bis Turin, wo wir uns mit Lebensmitteln eindecken und beim Lidl 4 junge Holländer, die sich wohl sehr cool fühlen, aber einfach nur idiotisch benehmen, beobachten. Einer fliegt gleich aus dem Laden, weil er sich weigert, eine Maske zu tragen. Die anderen drei scheinen schon gut getankt zu haben und fragen die Kassiererin auf Englisch – sie hatten Glück, anscheinend auf eine englischsprachige Schwarze zu treffen, denn die meisten hier können oder wollen kein Englisch sprechen – ob die Fruit Condome gut wären, machen eindeutige Bewegungen und fordern sie auf, irgendeinen Blödsinn auf Holländisch nachzusprechen. Sie bleibt erstaunlich ruhig. Alles geschieht in einer Lautstärke, dass alle umstehenden Kunden mithören müssen. Mit ihrer frisch erworbenen Ladung Alkohol steigen sie dann in ihren Van und fahren weiter. Man kann nur hoffen, dass der Fahrer nicht soviel gesoffen hatte zuvor wie die Anderen.🙄
Unsere Fahrt windet sich auf vielen Kurven, durch enge Örtchen und einen langen Tunnel mit 15%Steigung bis hoch auf 1600m nach Ceresole Reale im Parco Nazionale Paraiso. Wir finden die Zufahrt zum offiziellen Stellplatz erst nicht und als wir dann zu Fuß dort ankommen, sieht er voll aus und ein Schild teilt mit, dass Anreise bis 18Uhr ist. Wir haben bereits nach 19Uhr. Jetzt stehen wir auf einem Parkplatz vorm Friedhof und hoffen, dass die Polizei uns nicht verjagt. Es stehen keine Verbotsschilder hier und es ist nicht voll. Da die Dusche auf dem Stellplatz, über die ich mich sehr gefreut hätte, wegen Corona eh gesperrt ist, finde ich es auch überhaupt nicht schlimm, wenn wir uns die 11€ für den Platz sparen können. Nur parken können wir auch hier und Entsorgung brauchen wir auch nicht. Der Blick auf die hohen Berge, wiederum über einen See, ist wunderschön! Ich freue mich auf die Wanderung um den See morgen früh.

27.8.21
Die letzte Nacht wurde es zum ersten Mal kühl während unserer Reise. Heute Morgen zeigt das Thermometer draußen 11⁰ und im Womi 14⁰, sodass ich für Stefan Wasser zum Haarewaschen nach seiner Joggingtour heiß mache. Dummerweise braucht er aber solange zum Joggent, dass es schon wieder kalt ist als er zurückkommt. Er ist einen Berg hochgelaufen und hat über 600Höhenmeter in alpinem Gelände gemacht🤷‍♀️
Nach dem Frühstück wandern wir dann gemeinsam um den See und brechen danach nach Aosta auf. Wir fahren ausnahmsweise mal Mautstraße und zahlen für ca 60km mal locker 12€! Würden wir das immer machen, wären wir schnell pleite. Als wir in Aosta auf dem gewählten Parkplatz ankommen, bin ich erst total enttäuscht von Aosta. Eine große, hässliche Stadt, aber als wir die Altstadt gefunden haben, es da außer netten kleinen Lädchen sogar noch archäologische Ausgrabungsstätten gibt, ändert sich mein Bild zusehends. Besonders die Ruine des römischen Theaters ist sehenswert. Bei einem Kaffee entscheiden wir uns, morgen mit dem Skyway auf 3466m Höhe zum Punta Hellbronner auf dem Mont Blank Massiv zu fahren. Wir kaufen die Ticket online und haben Glück, gleich für die zweite Bahn am Morgen noch Tickets zu bekommen. Wir wollen den Sonnenaufgang miterleben! Um zur Gondelbahn Skyway zu kommen, müssen wir noch ca 40km weiterfahren bis Courmayeur. Für die Fahrt dorthin zahlen wir nochmals 12€Maut und es ist eine recht aufregende Fahrt, fast ausschließlich durch Tunnel. Stefan befürchtet, dass wir falsch sind und wir uns nach dem Tunnel in Frankreich befinden. Ich bin mir sicher, dass dem nicht so ist, dann aber gibt mein Handy den Geist auf. Als wir richtig auf dem Parkplatz des Skytrains, einer Gondelbahn, ankommen, versuchte ich es zu resetten, und es geht eine Ewigkeit nicht mehr an! Ich raste schier aus, bis es dann zum Glück wieder funktioniert. Alle meine Bilder und Aufzeichnungen und vieles mehr wären futsch gewesen 😲. Nun müssen wir früh ins Bett, denn wir fahren mit der Bahn um 6:40Uhr🥱

28.8.21
Um 6:00Uhr früh klingelt der Wecker nach einer kurzen Nacht auf dem riesigen Parkplatz der Skyway Gondelbahn zum Mont Blanc. Zügig ziehen wir uns an. An diesem Morgen sind zum ersten Mal auf der Reise die warmen Klamotten gefragt: lange Hose, Fleecepulli, Fleecejacke mit Kapuze. Später merken wir, dass Handschuhe auch nicht schlecht gewesen wären. Schon der Blick vom Parkplatz aus im Dunkeln auf den an der oberen Spitze bereits sonnigen Mont Blanc entschädigt uns für eine unruhige Nacht. Wir versuchen ein Parkticket für unser Womi zu ziehen, denn ab 8:00Uhr muss man zahlen, aber der Automat will unsere Münzen nicht und wir keine italienische Parkbezahl-APP auf unserem Handy, also riskieren wir ein Parkknöllchen und machen uns auf den Weg zur Gondelbahn „Skyway“, um in den Himmel zu schweben. Etwas aufgeregt bin ich schon, denn auf 3466 Höhenmetern wird die Luft schon dünner und wir werden in wenigen Minuten gut doppelt so hoch sein wie in der Nacht. Andererseits sind wir auch in Vietnam mit der Gondelbahn zum Fansipan hinaufgefahren und das letzte Stück sogar noch die vielen Treppen zwischen den Buddhas auf 3140m hochgelaufen. Wir haben das Glück, gleich bei der allerersten Bahn mitfahren zu dürfen. Außer uns sind fast ausschließlich Bergsteiger in der Gondel, die über den Gletscher wollen. Schon auf der Fahrt sehen wir die Sonne hinter den gigantischen Bergen hochkommen. Ein berauschendes Erlebnis! Ich habe keine Luftprobleme als wir oben ankommen, ich steige nur nicht mit Stefan noch die Treppen runter zum Gletscher, um nur einmal auf darauf gestanden zu haben. Eigentlich ist es auch nur der Zugang für Bergsteiger. Das Wetter und der Sonnenaufgang spielen hervorragend mit und was wir in den kommenden zwei Stunden für Eindrücke in uns aufnehmen können, werden wir unser Leben lang nicht vergessen. Dieser Ausblick auf die Bergriesen um uns, das Farbspiel von gelb-rosa- Morgenlicht zum blauen strahlenden Himmel und über allem der Mont Blanc ist schier überwältigend!😍 Wir genießsen die Zeit in vollen Zügen und fotografieren und filmten so viel, dass die Auswahl später schwer fällt. Nach ca 2Stunden sind wir wieder beim Wohnmobil und haben kein Knöllchen. Wir versuchen noch einmal, mit Münzen ein Ticket zu kaufen, vielleicht war es zuvor ja zu früh, aber auch dieses Mal ohne Erfolg. Wir werden übermütig und frühstücken dennoch erstmal, bevor wir uns auf die Rückfahrt durch die kilometerlangen Tunnel der Autobahn zurück Richtung Aosta machen. Noch einmal zahlen wir die teure Maut von 11,80€, aber wir wissen ja nicht, was uns, bzw unserem Wohnmobil und dessen Bremsen bei der anderen Strecke blühen würde. Immerhin müssen wir rund 1200Höhenmeter wieder ins Tal und danach Richtung Cogne wieder hoch auf 1600m. Wir sind fast alleine auf der Autobahn und die Fahrt gestaltet sich recht entspannt. In Cogne, das im gleichnamigen Tal liegt und ein Nebental des Aostatals ist, finden wir auch gleich den Wohnmobilstellplatz. Er ist riesig und liegt unterhalb des Dorfes, aber wirkt dennoch sehr ruhig und entspannt. Ich habe zuvor die Wanderung zu den Wasserfällen von Lillaz bei Komoot ausgeguckt und die unternehmen wir auch. Unterwegs werden wir Zeuge einer Bergnotrettung. Ich schätze, jemand hatte sich böse den Fuß verletzt oder einen Schwächeanfall? Wir halten den Hubschrauber erst für ein touristisches Unternehmen und sind stinksauer über den Staub und Lärm, den er verursacht, bis wir sehen, dass es sich um eine Bergnotrettung handelt. Zwei Personen werden mit dem Seil in den Hubschrauber hochgezogen. Wenn mir das passieren würde, könnten sie mich später im Krankenhaus noch zusätzlich auf Herzinfarkt behandeln😱. Ich würde sterben, wenn ich da an dem Seil über der Welt baumeln würde! Unsere Wanderung geht zum Glück ohne Probleme vonstatten und erweist sich als sehr schön. Nach all den Wochen Ausblick auf vertrocknete Felder und Wälder, ist der Anblick der grünenden und blühenden Natur hier zum Verlieben. Wir können uns gar nicht sattsehen an türkis-blauen Seen und Flüssen, felsigen Bergen mit Schneespitze und grünen Wiesen und Wäldern. Überrascht hat uns hier allerdings, dass in der Gegend anscheinend auch normale Bergwiesen mit großen Wassersprengern gewässert werden. Nach der Wanderung machen wir uns einen geruhsamen Nachmittag und Abend und setzen uns auch mal raus auf unsere Campingstühle.

29.8.21
Letzte Nacht habe ich so gefroren, dass ich davon wach geworden bin, wollte dann aber Stefan nicht wecken, um mir warme Sachen aus dem Schrank zu holen. Wir sind in Cogne auf 1600m und heute Morgen gegen 7:00 ist es nur 5⁰ draußen und 7⁰ im Womi. Bibber! Stefan schreibt mir von seiner Joggingtour, dass es länger dauern wird, weil er auf einen Berg läuft. Ich erkunde erstmal den Wohnmobilstellplatz und finde heraus, dass im Behindertenklo ein Waschbecken mit warmem Wasser ist. Super! Endlich Haarewaschen! Da selbst auf den Stellplätzen, die eigentlich eine Dusche anbieten, diese zur Zeit fast immer wegen Corona gesperrt ist, ist das allmählich ein Problem. Das letzte Mal duschen am Strand ist schon eine Weile her und dort ging es ja auch nur kalt und ohne Shampoo. Heute ist also mein Glückstag. Danach genieße ich im Café einen Cappuccino und für besorge für unser gemeinsames Frühstück zwei Gebäckstangen. Irgendwann nach 11Uhr trudelt Stefan dann auch ein (ach nein, er war ja joggen, also läuft er natürlich ein 😉) und wir frühstücken, machen das Womi abfahrtbereit und verlassen unser schönes Bergdomizil. Über lange Zeit fahren wir immer entlang des Dora Baltea Flusses. Ich lerne gerade erst dass der Fluss im Aostatals gar nicht wie vermutet Aosta heißt, sondern Dora Baltea. Wieder etwas klüger geworden 😅. Auf jeden Fall fahren wir lange an diesem türkisfarbenen Fluss vorbei und es ist eine sehr schöne Strecke, bis wir das Aostatal endgültig verlassen und wieder in der Region Piemont ankommen. Unser Ziel für heute heißt Candelo im Kreis Biella. Wir sind wieder in etwa auf Höhe von Bad Harzburg und können die kurzen Hosen und das T-Shirts wieder anziehen, was uns gestern noch unmöglich erschien. Schnell steigt das Thermometer wieder auf 28⁰. In Candelo gibt es eine komplett erhaltene mittelalterliche architektonische Struktur, die Ricetto genannt wird. Laut Wikipedia wurde dort die Ernte für den Großgrundbesitzer gelagert und gelegentlich diente sie auch zum Schutz der Bevölkerung. Jetzt sind in diesen Gemäuern vereinzelt kleine Geschäfte und zu Museumszwecken ein Raum mit historischen Küchenutensilien und einer mit Utensilien zur Weinverarbeitung. Es ist schade, dass nicht mehr Künstler, Kunsthandwerker oder ähnliches diese Gemäuer mit Leben erfüllen. So wirkt es etwas ausgestorben. Es ist auf jeden Fall erhaltenswert und auch sehenswert.

30.8.21
Nach Candelo steuern wir das „Sondernaturschutzgebiet des Parks Burcina“ an. Warum Sonderschutzgebiet weiß ich nicht, es ist auf jeden Fall ein wirklich netter Park mit vielen unterschiedlichen Bäumen, also eine Art Arboretum. Es gibt aber auch Rhododendren und andere Pflanzen und einen Teich mit vielen Schildkröten. Die sind wirklich süß, denn es sind auch noch ganz kleine dabei. Nach diesem Naturgenuss geht es, wie sollte es auch ander sein, ins Gebirge. Ich habe bei Google den Lago Mucrone gesehen und ausfindig gemacht, dass man sich dorthin ein großes Stück Wanderung sparen kann, wenn man mit der Gondelbahn von der Wallfahrtsstätte Oropa den Berg hochfährt. Nebenbei erscheint die Wallfahrtsstätte, die riesengroß und Weltkulturerbe ist, ebenfalls einen Besuch wert. Ein bisschen unwohl ist mir nur bei dem Gedanken an die Fahrt dahin, denn es ist schon auf Maps erkennbar, dass es eine sehr kurvige und steile Straße werden wird. Wir wagen es und es ist tatsächlich ein knackiger Anstieg mit Haarnadelkurven, aber es geht zum Glück alles gut. Wir fahren als Einzige mit der Gondel in den Nebel. Oben treffen wir dann aber schon noch auf ein paar Menschen. Der Weg zum See ist nicht weit und auch nicht schwierig, von der Natur ringsum sehen wir aber leider nicht sehr viel. Der See liegt geheimnisvoll vor uns und die Nebelschwaden werden mal mehr mal weniger. Der Weg um den See ist etwas schwierig zu begehen, weil man auf Steinen herumbalancieren muss. Wieder zurück an der Seilbahnstation stellen wir fest, dass es noch einen Lift gibt, der aber nur aus runden, an Seilen hängenden Metallkörben für 1-2Personen besteht. Sie sehen aus wir nach oben offene Käfige. Er fährt auf den Monte Camino in 2388m Höhe. Rundherum das Gebäude, eigentlich alles dort oben, sieht ziemlich abgerissen und fertig aus. Sollen wir es dennoch wagen, in so ein Gefährt zu steigen? Die Fahrt ist in unserer Fahrkarte inbegriffen. Mit wackeligen Knien – zumindest bei mir – wagen wir es und stellen uns in so einen kleinen Käfig. Der Mitarbeiter verschließt das Gitter und schon schwebten wir stehend im Metallkäfig über allem den Berg hoch. Etwas mulmig ist mir schon, besonders weil Stefan immer wieder scherzt und an diverse Seilbahnunglücke in Italien, das letzte gerade zu Pfingsten am Lago Maggiore, erinnert. Es ist aber eigentlich ein ganz besonderes Gefühl, viel näher an der Natur als bei einer Gondelbahn, ehr wie im Sessellift. Die Fahrt dauerte ca 15Minuten, bis wir oben im Nebel ankommen. Viel sehen konnen wir nicht und es ist ganz schön kalt. Wir bleiben ein paar Minuten, aber die Wolken tun uns nicht den Gefallen, aufzuziehen. Auf der Rückfahrt wird es dann richtig feuchtkalt und als wir unten ankommen beginnt es zu regnen. Wir wärmen uns kurz im Womi auf und besichtigen dann noch die Wallfahrtskirche und die ganze Anlage rundherum. Sie hat schon eine beeindruckende Lage und Ausstrahlung. Diesen spannenden Tag beenden wir mit so etwas profanem wie einem Waschsalon, aber das muss halt auch zwischendurch sein. Wir erledigen unsere Wäsche und nun stehen eine weitere Nacht auf dem netten Wohnmobilstellplatz in Candelo.

31.8.21
Was für ein Tag! Nach dem Frühstück brechen wir auf in Richtung Varese, in der Lombardei, im Dreieck Lago Maggiore, Lago Varese und der Schweizer Grenze. Da wir recht früh da sind und laut Stellplatz APP das Schwimmen im Lago Varese eh nicht möglich ist, zumindest dort, wo der Stellplatz sein soll, fahren wir weiter zum Regionalpark Campo dei Fiori. Dort wollen wir zum Sacro Monte, dem Heiligen Berg, auf dem 17Kapellen auf einem steilen Pilgerweg zur Kirche, Museum und Krypta hinaufführen.
Ich lese, dass es einen Funicular, also eine Art Aufzug dorthin geben soll. Wir folgen also Google Richtung Sacro Monte und müssen in Velate, einem Ortsteil von Varese feststellen, dass unser Womi wohl zu breit für die Sträßchen ist und stelltn es beim Friedhof ab. Wir hoffen auf den Bus, aber der Busfahrer macht uns klar, dass es keinen Bus zum Sacro Monte gäbe und der Fußweg 2Std dauerte. Wir wollen ja aber nur zum Aufzug, also versuchen wir per Komoot den Weg dorthin zu finden. Erst ist es ja noch ein netter Waldweg, aber dann führt er steil bergauf über einen steinigen Hang. Ich bekomme beim Aufstieg schon Panik, wie ich da später wieder hinunterkommen soll. Als wir endlich bei dem Schrägaufzug ankommen, ist dort alles dicht. Wir entnehmen dem Fahrplan einer Bushaltestelle, dass Busse nur bis zum 28.8. dort fuhren. Wir schließen daraus, dass wir wohl drei Tage zu spät sind. Ich will auf jeden Fall über die Straße zurücklaufen und nicht den Hang wieder hinabsteigen, dabei kommen wir auf den Anfang des Pilgerweges zum Sacro Monte. Eigentlich wollen wir nur zur ersten Kapelle, denn der Weg erscheint uns ganz schön lang und steil, letztendlich „pilgern“ wir aber doch bis ganz oben und genießen traumhafte Ausblicke auf die Seen, Orte und Alpen ringsum. Auch die Kapellen und besonders die Kirche und Gebäude ganz oben sind sehr sehenswert und wir können den Ausblick sogar noch bei Kuchen und Eis auf einer Café-Terrasse genießen. Zurück zum Auto finden wir dann einen viel schnelleren Weg. Dann kommen allerdings zwei Schläge auf einmal. Zuerst teilt unser Sohn uns per WhatsApp mit, dass er eine Warnmeldung auf seiner Corona APP hat, dass er längeren Kontakt mit jemanden, der positiv getestet wurde hatte. Er hat gleich einen Schnelltest gemacht, der zum Glück negativ war. Das Gesundheitsamt in Goslar hat ihm gesagt, er soll sich auf Symptome beobachten, aber muss nicht in Quarantäne weil er geimpft ist. Er ist zur Zeit bei uns in Bad Harzburg und glaubt, dass er im Zug wohl in der Nähe von jemandem positiven saß. Dann wollen wir losfahren und das Womi springt nicht an. Wir vermuten gleich, dass es mehr als die Batterie ist, was der Straßendienst uns dann auch bestätigt. Die Lichtmaschine ist kaputt und nun warten wir auf den Abschleppdienst. Zum Glück sind wir im ADAC und die haben den ACI schon eingeschaltet, der uns gerade bestätigt hat, dass das Abschleppen übernommen wird und wir wohl heute Nacht vor der Werkstatt im Womi schlafen können. Jetzt heißt es warten auf den Abschleppdienst. Es ist schon dunkel, als der Abschleppwagen kommt. Ich befürchte schlimmes. Als wir vor Jahren einmal abgeschleppt wurden, wäre dabei fast unsere hintere Stoßstange mitsamt der ganzen Beleuchtung abgerissen worden, hätte ich nicht laut Stopp gebrüllt. Durch die Schräglage setzen wir schnell hinten auf. Ich versuche meine Befürchtungen dem Mitarbeiter des hiesigen Abschleppdienstes klarzumachen, wobei ich ihn anscheinend an seiner Berufsehre gekratzt habe. Er brabbelt die ganze Zeit vor sich hin „Don`t touch the ground“. Wir sitzen beide im Womi, als wir hochgezogen werden., aber obwohl es furchtbar knartscht, scheint er beim Draufziehen des Womis auf den Abschleppwagen hinten nichts abzureißen. Puh, dann geht es Huckepack ca 20Min durch die Stadt und ins Gewerbegebiet. Niedrig hängende Bäume und Sträucher kratzen an unserer Womihaut und wir befürchten immer, dass es an einem größeren Ast hängenbleibt und etwas abreißt. Beim Abladen hört es sich dann wieder furchtbar an, aber nach ca 10Minuten stehen wir allein im Nirgendwo und warten auf die Werkstattöffnung morgens um 8:00. Wir haben nur noch Kopflampe und Handylicht, da sich unsere hintere Batterie auch total entladen hat. Hoffentlich überlebt sie das. Zumindest können wir hier pennen, wenn wir dazu nicht zu aufgeregt sind. Morgen müssen wir dann sehen, wie wir an Essen kommen, denn hier ist nur Gewerbegebiet. Stefan kann ggf einkaufen fahren, mir hat man anscheinend einen Platten in meine Reifen gemacht. Ziemlich mistig das alles🙄

1.9.21
Wir haben die Nacht vor der Werkstatt hinter uns gebracht🔊😭! Wer meint, im Gewerbegebiet herrscht nachts Ruhe, der hat keine Ahnung! Es war grauenhaft!
Nachdem ich in der letzten Nacht kaum Schlaf bekommen habe, weil ständig Fahrzeuge vorbeifuhren, eine ganze Zeit eine Alarmanlage piepte und tausend andere Geräusche, ebenso wie meine Sorgen um unseren Sohn und um das Womi mich nicht schlafen ließen, bin ich am Morgen wie gerädert. Wir kochen uns frühzeitig Kaffee und essen Müsli, weil unser letztes Brot schon gestern Abend kaum reichte. Gegen 8:00 kommt der erste Mitarbeiter der Werkstatt und wir können wenigstens unsere Handys etc an Strom hängen. Gegen 8:30Uhr checken die Mechaniker unser Womi und kommen ebenfalls zum Schluss, dass die Lichtmaschine hin ist. Erfreulicherweise stellen sie uns in Aussicht, das Ersatzteil noch am Nachmittag zu bekommen und auch heute einbauen zu können. Auch der voraussichtliche Preis um 300€ erscheint uns besser als erwartet. Wir lassen einen Schlüssel in der Werkstatt, nehmen alle wichtigen Papiere mit und machen uns auf den ca 3km langen und ätzenden Weg in die Innenstadt von Varese. Man kann sich vorstellen, dass die Strecke vom Industrie- und Gewerbegebiet in die Altstadt nicht gerade auf einem Wanderweg verläuft. Wir müssen über Kreisel ohne Fußgängerweg und lange auf einem schmalen Seitenstreifen einer Einfallstraße, wo PKWs und LKWs mit 70km/h an uns vorbeibrettern, entlanglaufen. Es gibt aber keine Alternative, als sonst einen ganzen Tag im Womi in der Hitze zu sitzen und zu warten. Wir kommen heile im Zentrum an, essen zusammen noch ein Focaccia, weil das Frühstück doch zu dürftig war und erkunden die Innenstadt. Weil sie nichts besonderes zu bieten hat, laufen wir noch weiter, bis wir bei der Villa Menafoglio Litta Panza ankommen. Es ist eine historische Villa in einem schön angelegten Garten, die von amerikanischen, zeitgenössischen Künstlern mit Bildern und Installationen versehen wurde. Die Bilder sind eigentlich immer einfarbige Platten, die die Farben des jeweiligen Raumes der Villa aufgreifen. Darüber hinaus wurde viel mit Spiegeln gearbeitet, die die Flure doppelt so lang erscheinen ließen. Die Räume sind darüber hinaus mit Plüschsofas und – Sesseln, Klavier und anderen alten Möbeln ausgestattet und die Besitzerin hat eine Sammlung afrikanischer und kolumbianischer Figuren in ihnen aufgestellt. Im anderen Stockwerk haben die Räume nur Leuchtstoffröhren in grellen Farben und unterschiedlichen Formen und Anordnungen. Das hat schon eine Wirkung, auch wenn diese Installationen mich nicht besonders begeistern. Als wir am frühen Nachmittag zurück zur Werkstatt kommen, ist die neue Lichtmaschine noch eingetroffen. Weil wir bei Barzahlung einen besseren Preis angeboten bekommen, als bei Kartenzahlung, machen wir uns nochmals auf den Weg zum nahegelegenen Einkaufscenter mit Bankomat. Wieder geht der Weg an der Leitplanke entlang, immer in der Angst, dass ein Auto uns erwischt. Wir kaufen noch ein paar Lebensmittel ein und als wir zurück kommen, ist unser Womi fast fertig. Der Preis wird sogar noch etwas niedriger als erwartet. Gegen 17Uhr können wir uns wieder auf die Fahrt begeben. Wir wählen Como als Ziel, weil es dort einen Parkplatz mit ein paar Stellplätzen für Wohnmobile mit Strom geben soll, was hier in der Ecke nicht so häufig ist. Wir wollen unsere Batterien mal wieder eine ganze Nacht aufladen lassen. Wir haben zwar Glück, den letzten der fünf offiziellen Stellplätze noch zu ergattern, aber leider haben zwei von den fünfen keinen Stromanschluss und wir gehören zu den zweien! Zu unserem Unglück stellten wir auch noch fest, dass die totale Entladung unsere Wohnmobilbatterie, mit der wir so zufrieden waren, anscheinend kaputtgemacht😭. Nun sitzen wir also die zweite Nacht im Dunklen, können die Toilette nicht abspülen und kein Wasser laufen lassen, weil die Pumpe ja Strom zieht. Für Wasser haben wir kurz das Womi gestartet, damit wir Strom durch die Lichtmaschine bekommen, aber wir können es natürlich nicht nachts anmachen. Ab jetzt können wir also nur noch auf Plätze mit Stromanschluss. Gut, dass uns das erst kurz vor Ende unserer Reise passiert ist!
Als wir in Como ankommen essen wir schnell etwas zu Abend und laufen dann noch durch die Stadt, die ziemlich gut besucht und leider auch recht verkehrsreich ist. An der Seepromenade sind noch viele Baustellen, die wohl Folge der schlimmen Unwetter im letzten Monat sind. Zum Sonnenuntergang fahren wir mit dem Funicular, einer Zahnradbahn, auf den Berg, um die Stadt und den See von oben zu sehen. Leider bieten sich die besten Blicke während der Fahrt und nicht von der Bergstation bzw der darüberliegenden Kirche aus. Auf dem Rückweg zum Wohnmobil machen meine Knie fast schlapp. Über 35000Schritte sind doch reichlich viel an einem Tag!

2.9.21
Der Platz in Como erweist sich in der Nacht und besonders am Morgen als noch mieser, als er zu Beginn schon erschien. Er befindet sich genau an der Kreuzung einer vielbefahrenen Durchfahrtstraße, neben einer Tankstelle, und hinter der nächsten Häuserreihe verläuft die Bahnlinie, von der wir aber nicht viel mitbekommen. Die Straßen sind aber furchtbar, besonders weil die Autos an der Ampel immer wieder anfahren müssen. Das macht nicht nur noch mehr Lärm als beim Durchfahren, sondern auch erhöhte Emissionen. Ich wache regelrecht vom Abgasgestank am Morgen auft. Überhaupt scheint Como mit Verkehr und Abgasen ein echtes Problem zu haben. Schon gestern Abend fiel uns auf, dass die Luft mies war und heute Morgen bildeten sich ab 7 schon lange Autoschlangen auf den Straßen. Mich kann die Stadt, trotz Lage am See und von Bergen umgeben, nicht besonders begeistern.
Wir fahren von Como nach San Pellegrino Terme. bzw ein kleines Stückchen weiter auf einen Stellplatz inmitten der Natur. Er wird uns zwar so um die 16€ kosten, aber das ist er auch wert. Es sind große Parzellen pro Wohnmobil abgeteilt mit Kunstrasen, es gibt Strom, Biertischgarnituren, sogar überdacht, man kann grillen und das Beste: er hat Toiletten und eine warme Dusche, die auch noch geöffnet ist! Unterhalb des Platzes verläuft ein sehr gut ausgebauter Radweg durch das ganze Tal entlang des Flusses Brembo. Es gibt extra Tunnel durch die Berge nur für Radfahrer und Fußgänger! Vor unserem Stellplatz ist ein Rastplatz mit Spielplatz und ein Unterstand mit Kaffee- und Süßwarenautomaten, sowie ein Radverleih. Stefan macht sich gleich auf, zu einer mehrstündigen Radtour. Ich habe mir heute nach der vielen Lauferei in den letzten Tagen, einen Pausentag verordnet, um meine Knie etwas zu entlasten. Als Stefan am Spätnachmittag wiederkommt willich eigentlich mit ihm mit dem Rad nach San Pellegrino Terme reinfahren und lasse ganz mutig den Motor im Womi, aber als es auf der Strecke dann doch für meine Verhältnisse ziemlich hoch und runter ging, entscheiden wir uns, den Rest der Strecke zu Fuß weiterzulaufen. San Pellegrino ist auch bei uns bekannt durch das Mineralwasser, das von hier kommt. Der Ort bietet auch heute noch ein laut Prospekt sehr schönes Thermalbad, was mal locker 45-50€ Eintritt kostet und wir daher nicht von innen sehen werden. Selbst strahlt der Ort jedoch den Charme einer einst wohlhabenden Kurstadt für Sommerfrischler und Badegäste aus, der aber ein paar Jahrzehnte zurückliegt. Ein großes und beeindruckendes Grand Hotel vom Beginn des letzten Jahrhunderts, das verweist und dem Verfall ausgeliefert noch eine glorreiche Vergangenheit erahnen lässt, überblickt den Fluss. Über dem kleinen Ort tront ein Casino, das anscheinend noch betrieben wird. Nach einem kleinen Spaziergang kehren wir zurück zum Stellplatz und genießen Dusche und Abendessen.

3.9.21

Wir kommen allmählich wieder in Gefilde, in denen wir schon waren. Heute fahren wir in der Umgebung von Cislano, westlich des Iseo Sees zum Riserva naturale Piramidi di Zone. Hier stehen Gebilde herum, die sich durch Erosion, Umwelt- und menschliche Einflüsse aus einer Endmoräne entwickelt haben. Einfach gesagt, hat sich die Erdschicht der Moräne aufgelöst, aber dort, wo dicke Felsblöcke lagen, haben diese die Erde direkt unter sich geschützt. Das sieht nun heute so aus, als stünden Mensch ärgere Dich nicht Kegel in der Landschaft herum. Sie nennen sie hier Pyramiden, aber ich sehe da keine Ähnlichkeit. Der Weg von unserem Stellplatz dorthin ist ziemlich steil und sandig und daher schwer zu gehen. Besonders auf dem Hinweg zweifeln wir an dem Sachverstand Derjenigen, die ihn gestaltet haben und vermarkten, denn überall dort, wo man ggf einen Blick von oben auf die „Pyramiden“ haben könnte, sind Zäune und Büsche davor und die Bänke geben Ausblick auf Buschwerk. Erst als wir schon auf dem Rückweg, also wieder bergauf gehen, können wir die Formationen und Erklärungen genießen. Ebenso haben wir einen Blick auf den Iseosee, wobei es dafür schon schönere Stellen auf der Fahrt hierhin gab. Nun sitzen wir auf der Café-Terrasse und genießen unseren Kaffee und den Ausblick auf die Berge ringsum.

4.9.21
Eigentlich wollen wir die heutige Nacht am Gardasee verbringen, aber bei unserem ersten Stopp zum Einkaufen ist die Straße in einen der Orte am See bereits verstopft mit Autos diverser Länder, deshalb nehmen wir davon gleich Abstand. Da Stefan stimmt zu, heute ein längeres Stück fahren zu wollen, also suche ich auf der Strecke nach Trient nach einem Stellplatz mit Strom. Ich finde einen, wo man sogar nur für Strom zahlen muss und erkläre ihn unbesehen zum Ziel. Es steht etwas von nettem Ort mit Park und Einkehrmöglichkeiten in den Kommentaren, also scheint er weder in der Einöde noch an einer Hauptverkehrsstraße zu liegen, das hörte sich OK an. Wir fahren lange auf einer Schnellstraße südlich um den Gardasee herum – leider nie mit Blick auf ihn – bis wir zu den letzten ca 20km der Strecke kommen. Damit habe ich nicht gerechnet: mit 13% Steigung geht es ins Gebirge! Womi hat gut etwas zu tun, um den Berg hochzukriechen und ich bereute meine Ortswahl im Anbetracht auf sein Alter. Wir landen aber gut am Ziel, das Brentonico heißt und nordöstlich des Gardasees liegt. Es handelt sich um ein Ski- und Mountainbikegebiet. Wir machen gemeinsam einen kleinen Ortsrundgang und Stefan wandert noch ein Stündchen alleine, während ich meiner Faulheit fröhne. Morgen wollen wir nach Trient.

5.9.21
Früher fanden wir Sonntage immer doof auf Reisen, inzwischen wissen wir sie zu schätzen. Zum einen haben heute im Ausland viele Geschäfte auch sonntags geöffnet, sodass die Einkaufszonen nicht ausgestorben wirken, was uns aber wichtiger ist, ist dass es viel einfacher ist, einen erlaubten Parkplatz zu finden und der häufig, wie auch in Deutschland, kostenlos ist. Nachteil ist allerdings, dass touristische Highlights eher überlaufen sind. Wir wagen uns heute in die Südtiroler Stadt Trient, die in der Tat gut besucht ist. Dennoch finden wir problemlos einen Parkplatz direkt in der Innenstadt. Wir besuchen zuerst MART, die Galeria Civica, die eher klein ausfällt im Vergleich zu der Werbung, die dafür gemacht wird. Später finde ich heraus, dass es sich in Trient wohl nur um einen Teil des MART Kunstmuseums handelt und die Hauptausstellung wohl im Ort Rovereto ist. Nunja, wir werden es überleben, dass wir sie verpasst haben. Nach der Kunst kommt die Wissenschaft und zwar im MUSE, dem Wissenschaftsmuseum und das hält wirklich was es verspricht. Es ist groß, informativ und beeindruckend. Auf mehreren Ebenen wird man durch ausgestopfte Tiere, Dinosaurierskelette, Computeranimationen, Videos und andere multimediale Angebote vom Beginn der ersten Lebewesen bis zu heutigen Umweltkatastrophen durch die Jahrmillionen geführt. Leider ist es recht voll, trotz Einlassbeschränkungen und nach einer Weile wird es auch wirklich belastend, die FFP 2 Maske die ganze Zeit zu tragen. Es ist dennoch sehr interessant und wir bereuen es nicht, hineingegangen zu sein. Übernachten wollen wir aber nicht in der Stadt, deshalb fahren wir ein Stück nördlich zur Burg Thun, die ehr ein Schloss ist. Sie liegt auf einem Hügel, der rundherum von Apfelplantagen umgeben ist. Von weitem könnte man es für Weinberge halten, weil es gar keine richtigen Bäume, sondern eher Sträucher in Reihe und Glied, voll behangen mit Äpfeln unterschiedlicher Sorten sind. Es gibt welche, die sind schon fast schwarz rot., Die habe ich zuvor noch nie gesehen.
Die Burg können wir nicht mehr von innen besichtigen, weil es kurz vor Ende der Öffnungszeiten ist, aber durch den Garten ringsum können wir noch schlendern und danach machen wir noch einen kleinen Spaziergang macht zu einer kleinen Kirche. Ich denke mal, das wird eine ruhige Nacht, denn morgen ist hier Ruhetag. Es kann natürlich passieren, dass auf der Plantage gearbeitet wird.

6.9.21

Es war eine recht ruhige Nacht, aber heute Morgen um Punkt 7Uhr habe ich wieder das Glück, dass städtische Mitarbeiter mit Freischneidern, Motorsägen etc direkt unter meinem Alkoven beginnen, das Gras aus den Rasensteinen und die Hecke zu schneiden. Nicht nur, dass sie mir meinen Schlaf rauben, ich habe auch wieder wie in Turin die Befürchtung, dass sie sagen, ich müsste hier wegfahren. Stefan ist aber wie immer joggen. Die Sorgen erweisen sich als umsonst und wir machen uns nach dem Frühstück auf nach Bozen, um Ötzi im Museum einen Besuch abzustatten. Das wird aber leider nichts mangels Parkplatz. Wir sind froh, wieder aus der Stadt herauszukommen, weil anscheinend zu bestimmten Zeiten Fahrzeuge der Euronormen 0-3 hier nicht fahren dürfen. Ich meine aber, das bezieht sich nur auf LKWs über 3,5t, zumindest sind wir nicht während der angegebenen Uhrzeiten dort unterwegs. Puh, man muss da so aufpassen🙄. Wir fahren aus der Stadt Richtung Sterzing und bevor wir uns versehen, sind wir auf der Straße zum Penser Joch, einem Pass mit 2211Höhenmetern. Womi hat ganz schön was zu tun, meistert die Strecke aber im Faultiertempo ganz prima. Die Straße muss das Highlight aller Motorradfahrer sein. Wir sehen mindestens 50 unterwegs und oben, fast ausschließlich aus Deutschland. In Sterzing angekommen gucken wir uns ein wenig in der Fußgängerzone um und sind erstaunt, dass soviele Häuser in Südtirol nette kleine Erker haben. Das war uns zuvor nie aufgefallen. Wir gehen zum Schluss unserer Reise nocheinmal gemütlich Pizzaessen und entscheiden uns, nicht noch eine Nacht in Italien zu bleiben. Es gibt in der Ecke nur einen richtigen Stellplatz und das ist sozusagen der Autohof der Brennerautobahn. Wir wollen nicht bei Verkehrslärm schlafen und dafür Geld zahlen. Wir entscheiden, nicht die Autobahn, sondern die alte Brennerstraße zu nehmen und bis Mittenwald zu fahren. Der Brennerpass erscheint lächerlich und wir hätten uns sicher geärgert, dafür auf der Autobahn viel Maut zu zahlen. Erst später, bei Seefeld in Österreich finden wir heraus, wo die ernsten Steigungen sind. Langsam aber sicher kommen wir auch hier hoch und ohne Kontrollen nach Deutschland. Wir übernachten auf dem Parkplatz der Schanze in Garmisch Partenkirchen. Morgen geht es dann, nach genau 10 Wochen unterwegs, wieder nach Zorneding. Eine wunderschöne, spannende und manchmal auch nervenaufreibende Reise geht damit zuende. Ob wir es nun leid sind im Womi zu schlafen? Nein, das könnte noch länger so weitergehen. Außerdem hat sich erfreulicherweise unsere Batterie für den Wohnbetrieb auf dem schönen Stellplatz in San Pellegrino Terme am Stromnetz wieder so erholt, dass wir sie ohne Probleme wieder nutzen können. Es gibt aber auch ein paar Dinge, die Zuhause mal wieder erledigt werden müssen und da die Coronazahlen wieder überall steigen, wollen wir unser Glück auch nicht überstrapazieren. Die letzte Reise in diesem Jahr wird es aber höchstwahrscheinlich dennoch nicht gewesen sein🤔

Was uns in Italien aufgefallen ist:

  • es gibt Automaten, an denen man Wasser zapfen kann, sowohl mit als auch ohne Kohlensäure, kostenlos oder für 5-10ct der Liter.
  • Man kann Marihuana in kleinen Mengen am Automaten kaufen wie Zigaretten.
  • es ist häufig einfacher, kostenfreie Stellplätze oder erlaubte Parkplätze z.T. auch mit Abwasserentsorgung und Strom zu finden, als Stellplätze mit Ver- und Entsorgung gegen Geld, bzw sind sie wenn, dann zu teuer, haben miese Bewertungen, liegen doof z.B. an der Autobahn, oder man muss erst jemanden kontaktieren laut unserer Stellplatz APP .
  • es gibt unwahrscheinlich viele Kreisel. Man scheint einen Großteil der Ampeln durch sie ersetzt zu haben.
  • nirgendwo haben wir bisher soviele Blitzer gesehen wie hier, immer vorher angekündigt. Es gibt sie in jeder Stadt alle paar Kilometer. Es sind orange oder blauen Kästen am Straßenrand. Nach ein paar Tagen bin ich so fixiert darauf, dass ich sogar schon eine blaue Mülltonne dafür gehalten habe😂
  • Mülltrennung gibt es auch hier. Im Norden stehen überall Container für Plastik, Bio, Papier, Glas und Restmüll, wo die Leute ihren Müll hinbringen, oder sie haben kleine Eimerchen, die an die Straße gestellt werden zur Abholung. Was es nicht gibt, ist Flaschenpfand, zumindest nicht auf Plastikflaschen. Unsere Wasserflaschen stapeln sich im Womi und werden an den meist kostenlosen Wasserhähnen auf Stellplätzen oder in Städten wieder aufgefüllt. Im Süden hapert es überhaupt an Müllentsorgung. Da wäre man schon froh, wenn der Müll überhaupt von Straßenrändern und aus der Natur verschwände.
  • Vielleicht liegt es daran, dass viele Italiener Mal in Deutschland gelebt haben, auf jeden Fall findet man überall Würstel auf der Speisekarte. Es gibt sie auf der Pizza, auf Fladen, im Salat…
  • entgegen meiner Erfahrungen von früheren Italienreisen (in den 80gern) fahren heute kaum noch Vespas durch die Gegend, dafür findet man überall Radfahrer und häufig auch richtig gute Radwege, auch in den Städten. Im Süden und besonders auf Sizilien sieht das allerdings anders aus. Da kurven wie eh und je die abgasreichen Roller durch die Gegend.
  • Dass man in Italien in den Städten nicht mit kurzer Hose rumläuft, sondern immer addrett und modisch gekleidet, scheint sich auch nur noch in Reiseführern gehalten zu haben. Auch Italiener*innen tragen häufig legere Klamotten und kurze Hosen in der Fußgängerzone. Natürlich gibt es auch Modepüppchen oder ausgefallene Modelle, aber alles scheint möglich, solange man nicht mit richtig kurzen Hosen und Spagettiträger in die Kirche will.
  • eine Italienreise muss nicht teuer sein. Wie bereits beschrieben, gibt es zahlreiche Stellplätze und Parkplätze, die kostenlos sind und häufig sogar besser als teuere. Campingplätze hingegen sind teuer, aber wer will schon zwischen lauter Dauercampern stehen und häufig auch noch eine Art Vergnügungspark dazu bekommen? Wir jedenfalls nicht. Schwierig wird es in den super touristischen Gebieten wie rund um Neapel, Pompei, an der Amalfiküste oder italienischen Riviera. Dort ist deutlich zu merken, dass man die Wohnmobilisten möglichst auf die Campingplätze verbannen will. Wenn man meinen Bericht aber aufmerksam verfolgt, kann man erkennen, dass wir lange suchen mussten, um einen Stellplatz zu finden und das trotz Hochsaison. Italien ist für eine Wohnmobilreise auf jeden Fall hervorragend geeignet. Wir waren zuvor in keinem Land, wo es so einfach war, Ent- und Versorgungsstationen zu finden und Stellplätze und wo findet man sonst wohl gemeindliche Stellplätze, die zum Teil sogar Strom kostenlos anbieten? Fahrtechnisch muss man sich auf enge Straßen in Städten und häufige Steigungen einstellen. Bei vielen Orten sind daher aber Stellplätze unterhalb oder außerhalb der Altstädte im Angebot, von wo man gut zu Fuß die Attraktionen erreichen kann. Sehr verwirrend sind allerdings die Ein- bzw. Durchfahrtsregelungen, die inklusive Gesetzesangabe unter „Einfahrt verboten“ Schildern stehen, sogenannte ZTLZona a traffico limitato. Es ist schier unmöglich im laufenden Verkehr und ohne oder mit beschränkten Italienischkenntnissen diese Einschränkungen augenblicklich zu erfasen und sich daran zu halten. Überwacht wird die Einhaltung mit Kameras. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob wir noch ein Strafmandat zugeschickt bekommen, weil wir ggf. irgendwo zur falschen Zeit mit der falschen Euronorm oder dem falschen Fahrzeug (Wohnmobilverbot) irgendwo reingefahren sind.
  • In den Bars kostet Espresso in der Regel 1€, Cappuccino 1,20-1,50€, womit man gut leben kann. Pizza ist ähnlich teuer wie bei uns. Außerdem gibt es noch gefüllte Fladen, Paninis oder ähnliches, die auch nicht sehr teuer sind. Pommes kosten ca 2,50€ -3€. Wenn man natürlich ein mehrgängiges Menü haben will, kostet es halt seinen Preis. Es kommt natürklich auch darauf an, wann und wo man ist(s)t. In der Hochsaison auf dem Markusplatz oder ähnlichen hochtouristischen Ecken kann es natürlich teuer werden, wie überall auf der Welt, wo es Tourismus gibt. Wir haben Restaurants meist vermieden, weil wir selten ein ganzes Menü essen wollen und außerdem dort auch meist noch der Serviceaufschlag hinzukommt. Wir kochen auch unterwegs häufig selbst, wenn wir nicht gerade vermeiden wollen, dass es dadurch noch heißer im Womi wird. Wie Zuhause kaufen wir bei Lidl, wo das Angebot ähnlich wie in Deutschland ist, aber natürlich auch regionale Lebensmittel angeboten werden, so gibt es haufenweise unterschiedliche frische Pasta und immer eine eigene Gefriertruhe mit Meeresfrüchten.
  • Als letzte Anmerkung zu den Italienern muss ich noch etwas anmerken: ich kenne kein Volk, das soviel und in jeder Situation telefoniert, wie sie. Da wird lautstark ein Pläuschchen per Skype mit Mutter oder Freundin gehalten, während man den Hund ausführt, beim Joggen werden ernsthafte Diskussionen geführt, zumindest lässt das Gesicht und die Art zu reden darauf schließen, man telefoniert beim Auto- und Radfahren, meist auch per Skype und natürlich beim Essen im Restaurant oder beim Einkauf. Dabei scheint es wichtig zu sein, dass auch die Umgebung etwas davon hat, denn die Lautstärke der Stimme würde sich mancher Stadtführer oder Lehrer bei uns sicher manchmal wünschen.

10 Wochen Wohnmobiltour durch Italien – ein Fazit

Es war eine wunderschöne, erlebnisreiche und gelegentlich auch mal nervige Tour, auf jeden Fall aber unvergesslich!. Das waren für uns die Highlights:

  • Besuch der Inseln Burano und Murano, danach Venedig
  • Wunderschöne kleine Orte, die oben auf Hügeln bzw teilweise Bergen liegen mit mittelalterlichen Strukturen und einem wunderschönen Ausblick auf die Umgebung, z.B. Veruccio
  • Besuch in San Marino
  • Die Grotten von Frassati
  • Die Bucht und der Strand von Conero
  • Der Lago Fiastra im Nationalpark Monti Sibillini
  • Tropea, das wunderschön auf einem Sandsteinfelsen liegt und auf Hafen und Strand blickt
  • die Schifffahrt mit dem Besuch der wunderschönen Inseln Panarea und Stromboli
  • Das Miterleben von stundenlangen Eruptionen des Vesuvs Ätna aus nur 15km Entfernung und die Erfahrung, dass es Lavasand und Bröckchen regnet. Sehr beeindruckend, aber auch etwas gruselig
  • Die faszinierende Innenstadt von Salemi auf Sizilien
  • Die beeindruckendsten Bauwerke der Römer in Ercolano und Pompei und was das Lava davon konserviert hat
  • Die wunderschöne Wanderung von Ort zu Ort in den Cinque Terre
  • Die Fahrt mit Skyways aufs Mont Blanc Massiv und die unbeschreibliche Aussicht von dort
  • Das Kinomuseum in Turin
  • Die Erfahrung in einem metallenen Korblift über der Bergwelt zum Monte Camino zu schweben
  • Die ungeplante Wanderung auf dem Pilgerweg zum Sacro Monte di Varese
  • Die Landschaft auf der Fahrt zum Penser Joch
  • Das leckere Essen, zu dem wir von unserem Vermieter auf Sizilien eingeladen wurden, weil unsere Küche in der Ferienwohnung noch nicht fertig war
  • Italienischer Kaffee und Tiramisu 😍
  • Viele sogar kostenlose Stellplätze von Gemeinden mit Ver- und Entsorgung
  • das unser 25Jahre altes Wohnmobil uns trotz seiner über 250000km bis auf wenige Kleinigkeiten gut überall hingebracht hat
    ++++vieles mehr

Nicht so glücklich machte uns:

  • dass wir wegen Covid 19 in der heißesten und touristischten Hochsaison fahren mussten, weil nicht absehbar war, ob es im Herbst noch möglich ist
  • die zum Teil unerträgliche Hitze bis 40⁰Celsius, besonders auf Sizilien
  • die kleinen Probleme mit dem Wohnmobil, die uns mehrmals zum Besuch von Werkstätten zwang
  • die unverständlichen Verkehrsschilder der diversen Einfahrts- und Durchfahrtsverbote
  • die halsbrecherische Fahrweise vieler Italiener
  • das Fahren mit Wohnmobil auf überfüllten Küstenstraßen und in größeren Städten mit engen Gassen und z.T. niedrigen Unterführungen

Balkantour mit dem Wohnmobil Teil 2: Nordalbanien, Montenegro, Bosnien, Kroatien, Slowenien, Österreich, Rückweg

Noch ein letzter Tag Albanien

Nach 18 Tagen unterwegs von Selb in Bayern über Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro nach Albanien, war am 27.9.18 der Tag gekommen, an dem sich die Rückfahrt nicht mehr länger aufschieben ließ. Wir wollten ja auch entlang der Küste noch ein paar nette Stellen kennenlernen. Ein Ziel hatten wir uns aber noch aufgespart, wir wollten den Skodarsee auch auf der albanischen Seite besuchen. Wir fuhren, nachdem wir die interessante Burganlage in Kuja am Morgen  besichtigt hatten, also wieder Richtung Norden. Es gibt nur sehr wenig Autobahnen in Albanien und auf unserer Strecke über Lezha nach Shkodra ist nur ein kurzes Stück autobahnähnlich ausgebaut. Es geht sehr langsam voran und dennoch sieht man immer wieder Unfälle, denn der Verkehr ist einfach chaotisch, wenn auch nicht mit Asien zu vergleichen, da es zum Glück nicht so viele Autos gibt. Als wir uns, wieder in Shkodra angekommen, ein wenig die Füße vertreten wollten, hatte es gerade gekracht. Ich schätze, es hatte einen Fußgänger oder Radfahrer erwischt. Ein Krankenwagen kam uns mit Blaulicht entgegen. Die Polizei überprüfte gerade einen Mercedesfahrer, der uns selbst zuvor schon halsbrecherisch überholt hatte. Radfahrer und Fußgänger bewegen sich hier kreuz und quer durch den Verkehr, meist gegen die Fahrtrichtung, und laufen auf den paar Kilometern Autobahn oder Schnellstraße zu Fuß herum. Autos überholen halsbrecherisch, kreuzen mal kurz die Fahrbahn der „Schnellstraße“(meist 60km) um verkehrt herum in eine Einbahnstraße zu fahren, überholen in steilen Serpentinen trotz Gegenverkehr oder von rechts. Leitplanken sind nahezu unbekannt im Land. Kaum ein Fahrzeug erscheint voll verkehrstauglich. Warum das so ist, obwohl überall Polizei präsent ist und Autos rauszieht, ist mir ein Rätsel. Ich kann nur eins sagen, so viele Verkehrskontrollen wie bei dieser Balkantour habe ich noch nie zuvor in anderen Regionen erlebt.

Am Abend kamen wir am Shkodar See auf der albanischen Seite an und fanden ein sehr schönes und mit 12€ dennoch günstiges Campingresort östlich vom See, mit direktem Strandzugang. Wir hatten, seit wir Österreich auf der Hintour verlassen hatten, wunderbares Wetter und konnten nun einen traumhaften Sonnenuntergang über dem See genießen.

Nachts gingen die Temperaturen inzwischen manchmal bis 10 Grad runter, aber tagsüber hatten wir immer noch mindestens 25 Grad, also genial. Die letzten Tage und  Nächte zog manchmal stärkerer Wind auf, aber unser Wetterbericht für Montenegro und Kroatien versprach weiterhin sonnige Tage an der Küste.
Am 28.09.18 fuhren wir zurück nach Montenegro und planten, an der Küste entlang Richtung Norden zu fahren.
Bisher hatte uns Montenegro am Besten gefallen. Der Durmitor Nationalpark war einfach umwerfend. In Albanien fanden wir die Burganlagen am beeindruckendsten. Je weiter wir in den Süden kamen, je ärmer wurden die Menschen, kaputter die Straßen aber die Landschaft war überall grandios.
Durch die z.T. katastrophalen und engen Straßen, Steigungen und Serpentinen, sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen hatten wir hier eine Durchschnittsgeschwindigkeit von höchstens 30km/h. Ich war froh, dass Stefan sich als so ein besonnener Autofahrer erwies, den so schnell nichts aus der Ruhe brachte. An der Küste entlang erwartete ich, dass die Fahrten ohne Berge nun entspannter würden.

Küste und Lovćen Nationalpark in Montenegro

Unser erster Stopp in Montenegro brachte uns nach Budva, einer netten kleinen Stadt an der Budva Riviera mit mittelalterlichem Altstadtkern. Besonders ist es aber für seine Strände bekannt und unser Ziel für die kommende Übernachtung war ein Campingplatz an der Jaz Bucht. Wir hatten das große Glück, dass der Platz wohl schon im Wintermodus war. Man durfte dort kostenfrei stehen, Rezeption und Wasserver- und entsorgung, Strom o.ä. gab es aber nicht. Am Strand waren aber noch Liegestühle und Sonnenschirme zu mieten und tagsüber wurden wohl auch noch Aktivitäten wie surfen, Bootfahrten etc. angeboten und Restaurants hatten ebenfalls noch geöffnet. Wir beschlossen unseren Abend mit einem gemütlichen Strandspaziergang.

Der kommende Tag, der 29.9.18, führte uns noch einmal von der Küste ins Inland zum Lovčen Nationalpark. Berge, Wälder und Reste alter Dörfer und tolle Ausblicke boten sich uns. Wir sind ca 9km gewandert und wieder Mal sollte der Weg nicht ansteigen, aber das tat er hier immer! Wir hatten tolle Ausblicke und es war ein netter Weg. Danach wollten wir Richtung Dubrovnik/Kroatien fahren. Zuerst führte uns das Navi über eine ganz merkwürdige Strecke, mit extrem enger Straße, sodass wir bereits in den ersten 10 Minuten mehrere kritische Situationen hatten, wo LKWs kaum an uns vorbeikamen und das, wo es rechts neben uns in die Tiefe ging. Vielfach waren die Felsüberhänge auch so, dass wir mit unseren 3,10 m Höhe nicht direkt an der Wand entlang fahren konnten. – Hatte ich nicht gedacht, die Fahrten würden nun entspannter? – Wir hätten bei Dunkelheit die Strecke nie fahren können und es war absehbar, dass es unterwegs dunkel werden würde. Die Tage wurden leider schon merklich kürzer. Also blieb uns nichts anderes übrig, als umzukehren und eine andere Strecke zu suchen. Wir kamen dann auf die wunderschöne Serpentinenstraße mit Ausblick auf die Bucht von Kotor, dem südlichsten Fjord Europas. Der Ausblick war einfach umwerfend schön. Abends wurde es dann mal wieder eng mit der Schlafplatzsuche. Wir fanden keinen Campingplatz und standen dann auf dem Parkplatz eines Restaurants. Das Ok vom Besitzer hatten wir, aber natürlich wieder keine Registrierung. Andere Camper hatten von der Regelung überhaupt noch nichts gehört und an dem Grenzübergang von Albanien nach Montenegro bekamen wir auch weder eine Broschüre, noch stand dort irgendetwas von Meldepflicht, also wagten wir es. Wir hielten es auf jeden Fall für besser, die Meldepflicht mal nicht zu erfüllen, als bei Dunkeln und müde weiterzufahren.

Am 30.9.18 besuchten wir die Altstadt der UNESCO Welterbestadt Kotor mit seinen schmalen und verwinkelten Gassen und fuhren entlang der Küste nach Perast. Die guterhaltenen Altstädte beider Orte mit ihrem mittelalterlichen Charme und die traumhafte Lage an der azurblauen Adria, mit Bergen im Hintergrund, waren ein wirkliches Highlight. Nun mussten wir Montenegro verlassen, um über Dubrovnik weiter Richtung Norden zu fahren. Unser Fazit zu Montenegro: Dieses kleine Land hat es echt in sich! Es hat wunderschöne Landschaften und Orte – mal abgesehen von der (zumindest uns) nichtssagenden Hauptstadt und versteht es, eine gesunde Mischung aus unberührter Natur und Naturabenteuer mit diversen Sportangeboten zu bieten. Wir wissen nicht, wie es in der Hauptsaison ist, aber in der Nachsaison hielt sich der Tourismus in erträglichen Grenzen.

Kroatien rund um Dubrownik

Wieder ließen wir ein Land hinter uns und überquerten die Grenze zu Kroatien. Nun also wieder EU! Der Grenzübergang Montenegro/Kroatien kostete ca. eine Std. Wartezeit, aber bereitete keinerlei Probleme. Wir bekamen auch keinen Ärger, weil wir zwei Nächte ohne Registrierung in Montenegro übernachtet haben und keine Durchsucherei beim kroatischen Zoll. Es wäre auch reine Zeitverschwendung gewesen, da wir weder rauchen noch trinken und mit Sicherheit keine Drogen oder Menschen schmuggeln.

Direkt nach der Grenze erwartete uns Dubrovnik, wiederum eine imposante Stadt mit Welterbestatus, deren Altstadt komplett von einer im 16.Jh fertiggestellten Stadtmauer umgeben ist. Um auf dieser Stadtmauer laufen zu dürfen, zahlt man 20€ pro Person, was wir recht unverschämt fanden! Sonst ist die Altstadt, insbesondere die Lage, wunderschön. Leider ist sie aber wahnsinnig voll und teuer. Es lagen 2 riesige Kreuzfahrtschiffe im Hafen und zahlreiche Busse stauten sich vor der Altstadt und die Besuchergruppen unterschiedlichster Länder bevölkerten die Sträßchen innerhalb der Stadtmauer. Es war uns zu touristisch, wobei man sich natürlich auch immer selber an die eigene Nase fassen muss, denn auch wir gehören ja dazu.

Am Nachmittag fanden wir einen Campingplatz 9 km nördlich und genossen als einzige Gäste dort den Abend. Später kamen noch ein Zelt und ein Wohnmobil hinzu. Der Preis war mit 10€ völlig ok, es gab warme Duschen, Toiletten, Waschbecken für Geschirr und Wäsche und Strom. Ich bin sicher, wir zahlten auch hier den Nachsaisonpreis.

Am kommenden Morgen ging es Stefan nicht gut, es war ihm schwindelig, er war blass und er hatten Kopfschmerzen. Bei mir kam da gleich wieder unsere Marokkoreise hoch, die uns vor Jahren einen Krankenhausaufenthalt und Krankenrücktransport aufgrund einer Lungenentzündung beschert hatte. Hoffentlich würde es ihm nach einem Ruhetag wieder gutgehen! Der Campingplatz war nett, also wenigstens machte es kein Problem, hier weiter zu bleiben. Mir ging durch den Kopf, dass wir am 12. in Augsburg sein mussten und allzu weit kam man täglich nicht, wenn die meiste Zeit 40 km/h vorgeschrieben und häufig nicht mal das möglich war. Nunja, etwas Zeit blieb uns noch und notfalls ging es dann auf Autobahnen (soweit vorhanden) gen Norden. Wichtig war, dass Stefan wieder fit genug wurde, überhaupt zu fahren. Ich kann das Womi nicht fahren. Nicht allein, dass ich es mir nicht zutraue, es ist einfach zu schwer zu lenken ohne Servolenkung. Es gibt ständig Situationen, wo man z.B. beim Einparken im Stand lenken und vor- und zurücksetzen muss. Da kommt Stefan schon manchmal an seine Grenzen.
Die Ruhe hatte wohl gut getan und Stefan ging es ab Nachmittag wieder besser, sodass wir unseren 1.Jahrestag „out of work“ würdig mit einem tollen Essen beschlossen. Wir wollten eigentlich in ein Restaurant, 10Min Fußweg laut Google, aber das hatte genau seit  diesem Tag Winterpause bis Mai. Auf dem Fußweg zurück zum Campingplatz kamen wir an einem „Agrotourismusbetrieb vorbei, was ebenfalls Messer und Gabel auf seinem Schild zeigte. Als wir das Grundstück betraten, kam uns der Besitzer entgegen und meinte, heute hätten sie eine geschlossene Gesellschaft, aber morgen könnten wir kommen. Wir teilten ihm mit, dass wir am kommenden Morgen weiterführen, da überlegte er es sich schnell anders, lud uns ein mitzukommen und bot uns draußen einen Platz an. Wir teilten ihm vorsichtig mit, dass wir aber Vegetarier seien, aber das war kein Problem. Sein Garten bot Auberginen, Zucchini, Paprika, Tomaten und wir bekamen eine Salatplatte mit Mozarella und leckerem Hartkäse, Oliven und Mandeln und selbstgebackenem Brot. Als wir dachten, das wäre es und eigentlich schon glücklich und satt davon waren, tischte uns seine Frau noch eine Platte mit gegrillten Auberginen, Zucchini, Kartoffeln und Paprika und noch einer Schüssel Salat auf. Dazu gab es frisches, selbstgepresstes Olivenöl, denn sie besaßen nicht nur einen Olivenhain sondern auch eine Ölmühle in altem Stil mit Pferdebetrieb. Eine Agentur vermittelt ihnen immer amerikanische Gruppen für eine Präsentation mit anschließender Grillmahlzeit, und so auch an diesem Tag. Wir platzten fast und hatten im ganzen Urlaub noch nicht so gut gegessen. So war es dann doch noch ein toller Tag. Seit unserem Ende der Berufstätigkeit waren wir an 214 Tagen in insgesamt 14 Ländern unterwegs gewesen, man kann also sagen, dass wir unseren Traum in diesem Jahr wirklich gelebt haben. Hoffen wir, dass es noch lange so bleibt!

So schön der Abend war, so bescheiden die Nacht. Gegen 2 Uhr begann ein Gewitter und versuchte mehr als 3 Std lang über die Berge zu kommen. Dazu Starkregen, sodass wir befürchteten, heute Morgen als Boot weiterfahren zu müssen. Er prasselte auf uns nieder und es krachte und blitzte ununterbrochen. Wir standen unter wunderschönen Olivenbäumen, die natürlich auch vom Blitz getroffen werden konnten. Klar ist man im Wohnmobil wie in einem faradayschen Käfig und damit recht sicher, wenn man nicht gerade Wasser nutzt oder an metallische Teile kommt, die mit der Karosserie in Verbindung stehen. Vor umfallenden Bäumen hilft das natürlich wenig. An Schlaf war nicht zu denken! Stefan ging noch kurz raus, um das Stromkabel abzuziehen, um Überspannungen zu vermeiden und weil unsere Verteilerdose in der Pfütze lag. Trotz Schirm war er in Sekunden nass. Als er dann laut „Farewell“ von der finischen Band Apocalyptica laufen ließ, hatte ich ein bisschen Titanicfeeling. Es erinnerte mich an die Szene, als das Orchester bis zum Schluss auf dem untergehenden Schiff spielte. Es krachte, blitzte und unser „Schiff“ wackelte hin und her.
Am kommenden Morgen mussten wir erst einmal gucken, ob es irgendwelche Schäden gegeben hatte. Wir konnten nichts erkennen und das Wasser war zumindest versickert oder vom Wind getrocknet.

Abstecher nach Bosnien-Herzegowina

Inzwischen hatten wir den 2.Oktober. Wir entschieden uns, nochmal einen kleinen Abstecher nach Bosnien-Herzegowina zu machen. Zum einen hatte ich auf der Karte das Sumpfgebiert Hutovo Blato entdeckt, was uns reizte, außerdem wollten wir auch unbedingt die Stadt Mostar noch besuchen.Wir fuhren auf ca 40km 3x über die Grenze nach Bosnien-Herzegowina! Das Land hat ein ganz kleines Stück Adriaküste abbekommen, daher fährt man auf der Küstenstraße Kroatiens gleich zweimal über die Grenze. Wir besuchten den Naturpark Hutovo Blato, eine herrliche Feuchtlandschaft mit vielen Vögeln und anderen Tieren. Leider haben wir zwar viele Vögel gehört, aber nur wenige gesehen. Einen Frosch erwischte ich in Nahaufnahme.

Mostar gefiel uns gut, es hat eine schöne Altstadt mit Kopfsteinpflaster und eine alte Bogenbrücke über den Fluss Neretwa. Von der Brücke springen Brückenspringer gegen Geld 20m in die Tiefe ins Wasser! Immer wenn sie 40€ von den umstehenden Touristen gesammelt hatten, boten Sie ihren Mutsprung. Die Brücke wurde im Balkankrieg zerstört und 2004 wieder aufgebaut. Die Gassen der Altstadt sind gesäumt von kleinen Geschäften nach türkischem Stil mit dem bekannten Angebot an Teeservice, Schmuck, Wasserpfeifen und Restaurants mit arabisch-türkischen Speisen (türk. Kaffee, Baklava, Hummus, Falafel…). Wie wir bei einer vorbeikommenden Stadtführung erlauschten, sind auch die Moscheen alle nach türkischem Stil ganz aus Stein. Bosnische sollen demnach typischer Weise aus Holz sein. Wir fragten uns, ob wir eigentlich überhaupt schon eine echte bosnische gesehen hatten. Es waren sehr viele Touristen dort und dabei erstaunlich viele Asiaten.
Nach Mostar besuchten wir Blagaj, einen Ort, der im Bosnienkrieg fast um die Hälfte der Einwohner dezimiert wurde, wenn man Google glauben kann. Als Sehenswürdigkeit war ein Derwischkloster zu besichtigen, das oberhalb eines Flusses an den Fels gebaut wurde. Seit Jahrhunderten wurde der Komplex immer wieder durch herunterfallende Felsbrocken zerstört, aber immer wieder aufgebaut.

Zurück an der Kroatischen Küste

Nun führte uns unser Weg nordwestlich Richtung Split, aber diese Nacht hatten wir noch einen besonderen Stellplatz: laut meiner „Park4night-App“ sollte hier bei einem landwirtschaftlichen Betrieb das kostenlose Übernachten im Wohnmobil möglich sein, so erwartete ich irgendeinen kleinen abgeschiedenen Bauernhof. Hier gab es allerdings eine unglaubliche Anlage, das Eco Village Selo Grabovica. In edlen Steinmauern eingefasst ein Restaurant, Appartements, Sportplätze, Reitstall etc. Auf der Webseite kann man sich ein Bild davon machen http://www.ecoselograbovica.com/hr/
Wir durften kostenlos stehen und verzehrten wunderbare Palatschinken mit Nüssen gefüllt und Weinschaumsoße für 2Personen . Ich hoffte, von dem Alkohol darin nicht 😵 Hicks 🤣… Gute Nacht!

Der 4.10.18 brachte uns nach Omiš südlich von Split an der kroatischen Adria. Dort unternahmen wir eine Bootstour in die Cetina Schlucht. Wir waren 2Std mit Pause für Restaurantbesuch unterwegs, bei dem wir uns aber ein bisschen in der Gegend umgesehen haben, statt zu essen. Wir fuhren durch eine beeindruckende, von Felsen eingefasste Flusslandschaft.
Danach besuchten wir Split, wiederum eine Stadt, die als UNESCO Welterbe anerkannt wurde. Dort haben römische Einflüsse stark das Stadtbild geprägt. Übernachtet haben wir außerhalb der Innenstadt in unserem Wohnmobil, einen offiziellen Stellplatz fanden wir keinen.

https://youtu.be/67-5x_s4ShA

Am 5.10.18 stand uns der Sinn nach all den Städten mal wieder nach Natur und es bot sich ein Besuch im Krka Nationalpark an. Er begeisterte uns mit diversen Wasserfällen. Man konnte wunderschön auf Holzstegen durch den Park wandern und zahlreiche Wasserfälle von unterschiedlichen Seiten und Höhen aus bewundern. Rundherum wieder Felsen und in einer befand sich eine Höhle, die Menschen bis ins 16.Jahrhundert zum Schutz vor Kriegen genutzt haben. Es wurden eine Feuerstelle und Kinderskelette drin gefunden. Zur Höhle musste man 517 Stufen erklimmen! Ich war echt verrückt, da hochzusteigen, aber außer dem Höhleninnern bot sich auch ein guter Ausblick auf die Landschaft rundherum, also hat sich die Mühe gelohnt.
Wir sind nach dem Park noch bis Zadar gefahren und übernachteten auf einem bezahlten Parkplatz gegenüber des Busbahnhofs. Nicht schön, aber günstig und zentral gelegen. Wir planten am kommenden Morgen die Stadt anzusehen und danach in den Paklenica Nationalpark zu fahren.

Zadar war ganz nett, aber längst nicht so beeindruckend wie Split oder Dubrovnik. Umso weiter wir in den Norden kamen, umso mehr glichen sich die Geschäfte in den Städten unseren in Mitteleuropa an. Lange Zeit hatten wir gar keine Kaufhäuser oder bekannte Marken mehr gesehen, bestand das Angebot eher aus kleinen Lädchen wie in arabischen Ländern, nun waren wir wieder in der Welt von Lidl, DM, Kaufland und bei Marken wie Zara etc. angekommen. Ich muss sagen, bis darauf, dass wir seit ca 1Woche vergeblich nach Kaffeefiltern suchten, die es nun bei DM endlich wieder gab, hat uns eigentlich nichts gefehlt. Wir machten Pause in einem gemütlichen Café in der Altstadt und mussten zum wiederholten Male zu unserem Bedauern feststellen, dass das Rauchverbot für Restaurants und andere gastronomische Einrichtungen hier leider noch nicht galt oder umgesetzt wurde. Die Nacht verbrachten wir auf einem Campingplatz direkt am Wasser dieser südlichsten Fjordlandschaft Europas. Nun ergriff auch ich die Chance, in der Adria zu schwimmen, aber das Wasser war ziemlich kalt. Selbst Stefan kam nach nicht einmal 5 Minuten wieder aus dem Wasser und der ist in der Regel längst nicht so ein fröstelndes Wesen wie ich.

Am 7.10.18 stand wieder Natur auf dem Programm mit dem Paklenica Nationalpark besucht. Laut Internet sollte es erst ab 14:00Uhr regnen, also bemühten wir uns, gegen 11Uhr dort zu sein. Wir nahmen unsere Regenjacken mit und waren noch keine 500m gelaufen, als es anfing zu regnen. Jacken raus und weiter ging’s, aber als das Ziel nur noch 30Min entfernt sein sollte, waren wir so klatschnass, dass wir aufgaben. Wir hatten Sorgen um meine Kamera, Handy und Reisepässe, denn meine Bauchtasche war inzwischen auch von innen feucht. Wir gingen schnellstmöglich zurück zum Auto, wobei sich dort, wo zuvor Kopfteinpflaster und Splitwege waren, nun Flüsse den teils steilen Weg hinunter führten. Ich war froh, Wanderstöcke mitgenommen zu haben, denn es wurde stellenweise sehr rutschig. So konnte ich etwas mehr Trittsicherheit gewinnen. Meine Wanderschuhe hatten inzwischen etwa soviel Profil, wie Tanzschuhe! Meine Knie fanden die Strecke dennoch eine Tortur. Als wir wieder beim Auto ankamen, kam die Sonne durch!
Wir aßen dann im Womi  und ich legte mich eine Stunde aufs Ohr. Mit unseren nassen Klamotten hatten wir unser Womi von außen dekoriert, dass inzwischen von der Sonne beschienen wurde😳 Wir waren nicht die einzigen Dekorations-Trockenkünstler an diesem Tag auf dem Parkplatz. Gegen 15Uhr brachen wir noch einmal auf und haben die Wanderung entlang des Flusses, zwischen beeindruckenden Felsen hindurch, zu ende gebracht. Der Weg, der zuvor einem Fluss glich, war wieder trocken, aber aus dem ausgetrockneten Flussbett ganz zu Beginn unserer ersten Wanderung, hatte sich ein reißender Fluss entwickelt. Nach Ende des Schauers herrschte reger Klettertourismus im Park und man konnte an den vielen Kletterrouten, zu denen auch extra Wege ausgeschildert waren, erkennen, dass dieser Nationalpark das Highlight vieler Kletterer sein muss. Verschiedenste Schwierigkeitsgrade waren ausgewiesen und die Wege hatten Namen aus den Winnitoufilmen, die in den 60iger Jahren mit Pierre Brice und Lex Barker hier gedreht wurden. Sie sind bis heute Kult. Insgesamt brachten wir an dem Tag zirka 18km Wanderung hinter uns.

Ein Wiedersehen mit Slowenien

Am 8.10.18 verließen wir das Land der Winnetoufilme endgültig wieder. Den Norden Kroatiens mit den Plitvicer Seen und der Stadt Pula hatten wir 2003 bereits mit unseren Kindern schon einmal besucht. Über einen winzigen Grenzübergang bei Brod na Kupi reisten wir in Slowenien ein. Seit langem mal wieder ein Tag Autobahn und dann die letzten Kilometer auf einem kleinen, schmalen Sträßchen mit vielen Schlaglöchern, auf dem man über 5km nur 20Km/h fahren durfte/konnte. So entspannend es war, mal wieder etwas schneller und auf gut ausgebauter und leerer Autobahn zu fahren, haben wir uns später doch geärgert, fast 30€ für ca 220km Autobahn zahlen zu mussten, denn wir hätten auch die Bundesstraße 1 bis Karlovac fahren können.

Für Slowenien hatte ich kurz nach der Grenze einen Parkplatz in der Park4night App ausfindig gemacht, wo man laut App auch übernachten darf. Es handelte sich um einen Schotterparkplatz vor der Schule von Fara. Ob das mit dem Übernachten ok war weiß ich nicht,denn ein Schild gab es keines, aber es wurde dunkel und da es ein winziger Ort und wir die einzigen dort waren,  weiß ich nicht, wer sich an uns hätte stören können. Wir verhalten uns in solchen Fällen, wo wir nicht auf ausgewiesenen Stellplätzen über Nacht stehen, immer so unauffällig wie möglich. Dass wir keinen Müll oder Krach verursachen, versteht sich von selbst.

Da wir 2003 den Großteil unseres Urlaubs in Slowenien verbracht hatten, machten wir dieses Mal nur einmal Stopp in Ljubljana. Diese Stadt hatte es uns bereits damals angetan und wir wollten sie unbedingt wiedersehen. Wir fanden ohne große Mühe einen Parkplatz vor der französischen Botschaft – so kam unser Womi sicher auch in den Genuss, unter Kamerabewachung zu stehen – und schlenderten gemütlich am Fluss Ljubljanica entlang durch die Stadt. Die Stadt ist so entspannend, dass man überhaupt nicht vermutet, dass es eine Hauptstadt sein kann. Blumenkästen an Brücken, Cafés entlang des Flusses und alles wirklich lieblich gehalten, einfach nur schön! Nach leckerem vegetarischem Burger in einem der zahlreichen Bistros, fand ich in einem Second Hand Laden auch noch eine Gore Tex Hose, falls ich mal wieder eine Wanderung im Regen machen möchte 😂 und Stefan ein paar T-Shirts, weil seine von Sonne, Schweiß und Rucksack allmählich sehr mitgenommen aussahen.

Auf kleinen Straßen über österreichische Pässe

Allmählich kamen wir der Heimat immer näher. Nach der Mittagspause in Ljubljana fuhren wir über die Bundesstraße 101 an der Tscheppenschlucht und einem Mahnmal zur Außenstelle des KZs Mauthausen vorbei zum Loibltunnel, der Grenze nach Österreich, Der Tunnel wurde von Gefangenen des KZs errichtet. Überall in Europa trifft man auf grausige Spuren deutscher Geschichte und trotzdem wird der rechte Mob bei uns und anderswo immer mehr😱
Die Fahrt ging dann über eine Serpentinenstraße mit 12%Steigung und Gefälle Richtung Klagenfurt.
Wir wollten versuchen, Autobahnen und Schnellstraßen zu vermeiden, um nicht nochmal eine Vignette kaufen zu müssen. D.h., wir planten am kommenden Tag über den Radstätter Tauernpass mit unserem Womi zu fahren und die Turacher Höhe stand uns bevor, vor deren 17%iger Steigung  der ADAC  Wohnmobile warnte.

Die Tour am kommenden Tag führte uns dann aber parallel zur 95 über die L63 bis Stadl an der Murr und dann über die 99 zum Radstädter Tauernpass bis Pfarrwerfen. Die Strecke durch die Gurktaler Alpen war wunderschön und wir hatten immer wieder Ausblicke auf die hohen Felsspitzen der umliegenden Berge. Den Radstädter Tauernpass fand ich eher enttäuschend. Nicht, dass ich mir für unser Wohnmobil eine schwierigere Strecke gewünscht hätte, aber ich hatte mir unter dem Pass nicht ein enorm ausgebautes Skizentrum vorgestellt. Für Skifahrer muss das im Winter eine Traumlandschaft mit all den Abfahrten und Liften sein, aber jetzt, ohne Schnee und mit dem Wunsch nach unberührter Bergwelt, fand ich es nicht so berauschend. Dafür hat mich die Aussicht auf die Berge in der untergehenden Sonne bei Pfarrwerfen wieder entschädigt.

Wir verbrachten die Nacht zum 10.10.18 in Kuchl, ca 20km vor Salzburg und übernachten auf einem Parkplatz, der nur bis Ende September kostenpflichtig ist. In Österreich ist das Übernachten auf Parkplätzen zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit erlaubt wie in Deutschland, solange es Schilder nicht ausdrücklich untersagen.

Unseren letzten Tag vor Rückkehr nach Deutschland, den 11.10.18,besuchten wir Salzburg. Unsere Tochter hatte uns davon so vorgeschwärmt und wir selber waren nur in unserer Jugend einmal dort gewesen, dass dieser Stopp ein Muss bedeutete. Sie hatte uns auch zur Salzburg Card geraten und schickte uns viele Tipps, was wir uns unbedingt ansehen sollten. Salzburg und besonders seine Lage ist toll. Es ist eine Stadt der schönen Künste mit Festung, Dom, Schloss, vielen Museen etc und das Beste war, dass man mit der Salzburgcard alles kostenlos besichtigen konnte, inklusive der Nutzung des öffentlichen Verkehrs, Bootsfahrt und Bergbahn! Wir kauften uns je eine 24Std Card für 28€ und waren von 11:30-18:00 in diversen Museen, sind mit dem Funikular auf die Festung gefahren und haben uns alles von innen und außen angesehen, haben bei einer 1-stündigen Bootsfahrt auf der Salzach unsere Beine etwas ausgeruht und vieles mehr. Es ist so entspannend, sich nicht bei jeder Sehenswürdigkeit aufs Neue überlegen zu müssen, ob für einen selbst das Angebot den Preis wert ist, oder bei der Benutzung der Busse nicht befürchten zu müssen, dass der Einstieg in den falschen Bus auch gleich noch finanziell zu Buche schlägt. Man sieht sich viel entspannter um und ist viel offener auch für Dinge, die man sich ansonsten vielleicht nicht angesehen hätte.

Seitdem wir dem Tipp unserer Freunde gefolgt waren und in Graz Geissler Eis kennengelernt hatten, waren wir auch in Klagenfurt und Salzburg ebenfalls bei Geissler Eis essen – mmh, lecker! Unser Womi hatten wir etwas entfernt vom Zentrum auf einem Parkplatz für 24Std für 10€ gepackt und konnten auch die Nacht drin schlafen. Am Morgen als wir ankamen, stand ein Bus von Rühe aus Liebenburg bei Goslar, unserer alten Heimat, neben uns – die Welt ist doch klein😂.

Bevor wir dann wirklich über die Grenze nach Deutschland Richtung Augsburg zum Besuch unserer Tochter einschlugen, konnten wir in der Frühe noch mit der Bergbahn auf den Unterberg fahren. Unsere Salzburg Card war ja eine 24Std Card und somit noch etwas gültig-genial! Von dort ging es dann direkt über Augsburg und Bonn, wo wir unsere lieben „Kleinen“ wiedersahen, nach Hause nach Bad Harzburg.
Damit war unsere Balkantour – für dieses Mal – endgültig zu Ende. Es war eine wunderschöne Reise und wir hatten ein riesiges Glück mit dem Wetter. Es kam uns aber auch zu Gute, dass wir letztlich aus familiären Gründen erst 4 Wochen später als ursprünglich geplant starten konnten. Die Temperaturen, auch am südlichsten Punkt zirka in der Mitte Albaniens, wo wir die Rückfahrt starteten, waren gut erträglich. Da wir vor allem wandern und die Städte erkunden wollten und nicht unbedingt einen Badeurlaub planten, waren die Temperaturen genial. Wir hatten die meiste Zeit zwischen 25-30Grad und fast ausschließlich Sonne. Die Hinreise im Inland und erst auf der Rückreise an der Küste hochzufahren, war ebenfalls für unsere Ziele das Richtige. Ab Oktober begann die Nachsaison und der große Trubel an den Stränden, die Staus an den Grenzen, überfüllte Campingplätze, wie wir es zuvor in Kroatien erlebt hatten, waren nun vorbei. Zum Teil konnten wir Campingplätze sogar kostenfrei nutzen wie in der Jaz Bucht. Für uns wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir den Balkan mit Wohnmobil heimsuchen. Das nächste Mal dann weiter östlich, man wird sehen. Unser nächstes Ziel steht bereits fest und unsere Leser dürfen sich dann auf ein etwas weiteres Ziel freuen: Neuseeland!

Balkantour mit dem Wohnmobil Teil I: Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Montenegro, Nordalbanien Hinweg

Reiseeinstimmung beim Festival „Mediaval“ in Selb/Bayern

Der Beginn unserer großen Tour Richtung Albanien fand in Selb im Fichtelgebirge, nahe der Grenze zu Tschechien statt. Wir wollten uns nach vielen Jahren Abstinenz mal wieder ein Festival gönnen, nachdem unser Sohn uns mit seiner Festivallaune angesteckt hatte. Weiterlesen