27./28.1.2020 Nador Marokko
Wir sind wieder unterwegs 🛫! Am 27.1. gegen 19:45Uhr landeten wir auf dem El Aroui Flughafen bei Nador, das zwischen der algerischen Grenze und der spanischen Enklave Melila am Mittelmeer liegt. Für einen Ryanairflug war die Reise gar nicht schlecht, denn nach dem Starten ging wieder mal das Spiel „mein rechter, rechter Platz ist frei“ los und Stefan und ich konnten uns eine ganze Dreierreihe teilen und mussten nicht getrennt sitzen. Zuerst saßen wir 5 Reihen auseinander, da wir es mal wieder nicht eingesehen hatten, extra dafür zu zahlen, um Plätze nebeneinander zu bekommen. Bei mir blieb der Fensterplatz neben mir frei und als Stefan zu mir kam, flüchtete mein Sitznachbar zur Linken auf einen anderen Platz.
Nach der Landung kamen wir recht zügig durch die Passkontrolle und zu unserem Mietwagen. Einzig der Geldautomat wollte uns keine Dirham ausspucken, aber das kannten wir bereits vom vorherigen Aufenthalt in Marrakesch. Wir suchten unser Apartment und richteten uns ein. Wir hatten über Airbnb Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche und Bad für drei Tage gebucht und die Unterkunft war wirklich nett, bis darauf, dass sie keine Heizung hatte. Wir lösten das Problem damit, dass wir unsere mitgebrachte Minikochplatte anschalteten und auf dem Gasherd in der Küche Wasser kochten, so waren die Temperaturen erträglich. Auch wenn es tagsüber angenehm warm um die 20Grad war, fielen die Temperaturen nachts bis auf 7 Grad. Gut, dass es dicke Decken gab. Nun meldete sich der Hunger, so suchten wir zu Fuß den nächsten Geldautomaten. Dieses Mal hatten wir Glück und er spuckte Dirham aus und wir hatten fortan die richtige Währung in der Tasche. Ab jetzt konnten wir entspannen und gemütlich Crêpes in einem Café bei uns um die Ecke zum Abendessen genießen. Irgendwann nach Mitternacht lagen wir, nach einem langen Tag, in unseren Betten. Ich war noch so aufgedreht, dass es eine Weile dauerte, bevor ich einschlafen konnte.
Der 28.2.2020, unser erster richtiger Tag in Marokko, begann mit dem Einkauf im Laden um die Ecke. In Marokko sind Supermärkte eher rar gesät, man kauft auf Märkten oder in den kleinen Tante Emma Läden um die Ecke. Hier gibt es von Obst bis zum TV-Receiver und von Klopapier bis zu frischen Oliven fast alles, eng gestapelt auf kleinstem Raum. Der halbe Ladeninhalt muss am Morgen auf dem Bürgersteig aufgebaut werden, bis es überhaupt möglich ist, das Geschäft zu betreten und zu erahnen, was es hier alles so zu erwerben gibt. Wir warteten geduldig und zuckelten nach erfolgreichem Einkauf mit Eiern, Marmelade, Broten, Milch, diversem Obst, Käse und Kaffeepulver für rund 7€ wieder ab in unsere Unterkunft. Nach ausgiebigem Frühstück fuhren wir an die Küstenpromenade. Wir mussten feststellen, dass das Vogelschutzgebiet, das Stefan morgens beim Joggen entdeckt hatte, noch im Aufbau ist und erst 2021 eröffnet wird. Überhaupt herrschte in der Stadt rege Bautätigkeit und das was zu erkennen war, ließ für die Zukunft ein attraktives touristisches Küstenstädtchen erwarten. Ein Teil der gepflasterten Promenade entlang der Mittelmeerküste war bereits jetzt nutzbar mit Sitzgelegenheiten, Blick auf kleinen Fischereihafen, Spielplatz etc. Wir erkundeten die Promenade und die Innenstadt zu Fuß, erfreuten unseren Magen mit „Panini fromage“, also Toast mit Käse. Dazu gab es Pommes, Salat, Vorsuppe und marokkanischen Minztee für ganze 5,50€ zusammen(!). Später suchten wir vergeblich den „Nationalpark Artbien“, den wir auf google maps entdeckten. Wir fanden ein Wohngebiet in den Hügeln Richtung Melila, das über ungeteerte Straßen erreichbar und von müllübersätem Bachlauf durchzogen war. Dazwischen wuchsen Kakteen, und auf Geröllhügeln trieb ein Hirte seine Schafe und Ziegen durch die von Plastik übersäte Landschaft. Bereits im Dezember 2018 beschrieb die Heinrich Böll Stiftung, wie das zu der Zeit bereits seit 2Jahren bestehende Plastiktütenverbot auf illegalem Weg immer wieder umgangen wird (https://www.boell.de/de/2018/12/04/plastiktueten-marokko-drakonische-strafen-und-ein-florierender-schwarzmarkt) Hier, in dieser verdreckten Landschaft, kann man die traurige Folge menschlicher Gleichgültigkeit, die es natürlich nicht nur in Marokko gibt, sondern rund um den Globus, deutlich ablesen.
Wir begaben uns rechtzeitig vorm Dunkelwerden wieder in unser Apartment zum Teestündchen und Berichtschreiben, sowie Filmerstellen. Da die Straßen häufig heftige Schlaglöcher oder gewollte Straßenschwellen zur Geschwindigkeitsbegrenzung aufwiesen, Verkehrsteilnehmer häufig ohne Licht unterwegs waren und die Verkehrsregeln in Marokko schnell mal im eigenen Interesse verändert werden, hielten wir es für ratsam, bei Dunkelheit nicht mehr mit dem Auto unterwegs zu sein.
29.1.2020 Nador
Unser Vormittag war durch Gedanken an Stornierung unseres Fluges mit Air China nach Taiwan am 1.3. aufgrund des sich schnell verbreitenden Coronaviruses geprägt. Unsere Tochter hatte den Funken gezündet, als sie von ihren Überlegungen, ihren Vietnamflug zu stornieren, schrieb. Dummerweise hatten wir alle die chinesische Airline mit Zwischenstopp in China gebucht, und das schien momentan aufgrund des Coronaviruses keine allzu gute Idee gewesen zu sein. Wir stellten zunächstl eine Anfrage, ob und welche Kosten auf uns zukämen im Falle einer Stornierung. Uns machte nicht unbedingt der Virus Angst, sondern eher die zu erwartenden Schwierigkeiten, die sich bei der Aus- und Weiterreise aus China ergeben konnten. Wir hatten definitiv kein Interesse an einem Quarantäneaufenthalt in China oder Taiwan.
Gegen Mittag brachen wir dann zu unserem Tagesziel, dem Berg Gourougou auf. Auf schmaler, aber geteerter Straße ging es den Berg hoch, vorbei an Ziegen, Kühen, Schafen und Kakteen zu Pinienwäldchen mit sehr schönen Ausblicken über die bergige Landschaft rundum, die Bucht und die spanische Enklave Melila. Im Schatten der Bäume luden Tische und Bänke zu einem Picknick ein. Leider gab es keine Mülleimer, sodass der gesamte Berg zugemüllt war. Als wir später in einer Bäckerei in Tissamrin am Fuße des Berges einen Deutschmarokkaner trafen, fragte er uns gleich auf Deutsch, wie uns die Landschaft gefallen hätte und klagte über die Verschmutzung überall. Wir konnten leider nur zustimmen. Mir lag aber noch etwas anderes im Magen: in dieser Gegend kommt man nicht umhin, an die vielen verzweifelten Flüchtlinge zu denken, die versucht haben, von hier ins gelobte Europa zu kommen. Das so nett vor sich hin plätschernde Mittelmeer ist das Massengrab von so vielen unschuldigen Menschen geworden. Hier ein Bericht von Amnesti International von 2015 über genau diesen Berg, dessen Natur wir als Touristen genießen: https://www.amnesty.de/journal/2015/juni/das-ghetto
Am Nachmittag besuchten wir den Souk, also die Markthalle von Nador und die umliegenden Gassen voller Verkaufsständen und Geschäftchen. Hier wird alles feilgeboten von Brautkleid bis Autoreifen. In einer gut ausgestatteten Bäckerei tranken wir frischen Orangensaft und der Bäcker schenkte uns zwei leckere Cremeteilchen mit seinem besten deutschen Satz: „zum Probieren umsonst“. Danach begaben wir uns wieder in unser Apartment für den letzten Abend in Nador. Wir planten später zu Fuß wieder in unser Stammcafé Galaxy zu gehen und etwas zu Abend zu essen. Für die Preise lohnte es sich kaum, selber zu kochen und erst noch alle Zutaten zu suchen.
Am kommenden Tag sollte die Reise weitergehen nach Al Hoceima an der Küste Richtung Westen. Dort befindet sich der gleichnamige Nationalpark. Wir hatten einen „Bungalow“ bei Airbnb gebucht und ich hoffte sehr, dass wir keinen Reinfall damit erleben würden. Der Vermieter hatte noch keine Bewertungen und wir sollten nur 20€ die Nacht zahlen für einen ganzen Bungalow. Es gab auch nur Bilder der Umgebung, nicht aber von der Unterkunft selber. Alles hörte sich aber soooo gut an, dass wir die Finger nicht davon lassen konnten.
30.1.2020 Nador-Al Hoceima
Meine Befürchtungen bzgl des Bungalows für 20€ pro Nacht waren leider berechtigt. Am Vorabend versuchte der Vermieter uns davon zu überzeugen, dass wir bei Anreise bei ihm bar bezahlen sollten, was wir natürlich ablehnten, da wir ja über Airbnb bereits per Kreditkarte bezahlt hatten. Er insistierte darauf, dass wir dort wieder stornieren und dann bei ihm bar zahlen sollten. Wir weigerten uns, denn nicht nur, dass wir die Vermittlungsgebühr nicht wiederbekommen hätten, die Sache erschien uns auch von Minute zu Minute dubioser. Er kommunizierte auch direkt mit uns statt über Airbnb. Stefan meldete den Vorfall dort, wir stornierten und forderten auch die Gebühr für die erste Nacht vom Vermieter zurück, die wir laut Stornofrist hätten zahlen müssen. Wir schrieben ausschließlich die Mails an ihn über die Buchungsplattform. Wir vermuteten, dass das ganze Angebot Fake war und es den Bungalow gar nicht gab. Mit dem Typen wollten wir definitiv keinen persönlichen Kontakt haben, also suchten wir uns ein anderes Apartment über Booking.com. In diesem saßen wir nun und fühlten uns damit sicherer, auch wenn die Unterkunft ziemlich mies war. Es war zwar eine ganze Wohnung mit gleich drei Schlafzimmern, die wir ja eigentlich gar nicht brauchten, aber alles recht schäbig und nicht wirklich sauber. Der Vermieter, oder vielleicht war es auch nur der Hausmeister, bemühte sich jedoch redlich. Als erstes funktionierte der Herd nicht, also schleppte er eine ganze Herdeinbauplatte von anderswo an. Der Erfolg war, dass die Sicherung heraus sprang, sobald er mehr als zwei Platten einschaltete. Egal, mehr brauchten wir nicht, aber dass die angekündigte Heizung fehlte, monierten wir schon. Nach einigem hin und her brachte er eine Aircondition mit Heizfunktion aus seiner Wohnung an, die nun auf unserem Sofa lag und uns zumindest im Wohnzimmer Wärme brachte. Für gut 30€ pro Nacht war die Bude im Vergleich zur letzten überteuert, aber wir hatten unser eigenes Reich und Al Hoceima schien auch touristischer zu sein, was den Preis begründen könnte. Im Sommer soll es ein beliebter und lebhafter Badeort an einer von Felsen umgebenen Mittelmeerbucht sein. Was wir bei Anreise bereits feststellen konnten war, dass die Stadt es mit seinen steilen Straßen locker z.B. mit Lissabon aufnehmen kann. Jeder Gang zum nächsten Tante Emma Laden glich hier gleich einem Fitnesstraining und Stefan konnte beim Joggen für den Brockenlauf trainieren.
Die Strecke von Nador nach Al Hoceima fanden wir zu Beginn recht langweilig, sie entwickelte sich dann aber zur malerischen Traumstraße entlang der Küste mit Ausblicken auf bizarre Felsformationen. Kilometerweit fuhren wir durch in die Felsen hineingehauenen Straßenschluchten. Meterhohe Felswände ragen hier an beiden Seiten hoch, bis wieder der Blick aufs Meer freigegeben wird. Nur vereinzelt gibt es mal Häuser, einfache Cafés, Obststände und Polizeikontrollen. Letztere sind in diesem Gebiet zahlreich. Nicht nur, dass südlich im Inland im Riffgebirge das Hanfanbaugebiet Nordafrikas sein soll und trotz drakonischer Strafen noch immer Drogen von hier den Weg nach Spanien finden, die spanischen Enklaven Melila und Ceuta ziehen auch seit jeher Flüchtlinge des afrikanischen Kontinents an, die nach Europa wollen.
31.1.2020 Al Hoceima
Bevor wir an diesem Tag die Stadt erkundeten, genossen wir ein leckeres Frühstück auf der Terrasse eines Cafés in der Innenstadt. Omelett, Brot, Marmelade, Käse, Orangensaft und Kaffee – das „Petit dejeuner“ in Marokko sagte mir bedeutend besser zu als in Frankreich, wo es meist nur ein Croissant mit Espresso gibt. Da unsere Unterkunft kein WLAN hatte, nutzten wir auch die Möglichkeit, kostenlos zu surfen und zu planen, was wir uns anschauen wollten. Wir begannen unseren Rundgang beim Place Mohamed VI., von dem aus man eine schöne Aussicht auf die Bucht hat. Dann scheuten wir keine Mühen und stiegen zahlreiche Stufen hinab zu den Hotels Mercure und Quemado und dessen gleichnamigem Strand. Die Hotels sind meiner Meinung nach ein Schandfleck, auch wenn man offensichtlich versucht hat, ihnen das Aussehen eines leicht gebogenen Oceanliners zu verpassen. Sie sind einfach viel zu groß und wuchtig. Der Strand ist aber ganz nett und gut gepflegt. Ausnahmsweise lag hier mal kein Müll herum.
Nach dem anstrengenden Aufstieg in der Sonne begaben wir uns für eine Weile in das lebhafte Marktgeschehen, liefen dann aber wiederum bergab zum Cap Viejo, von wo aus wir wiederum einen guten Ausblick auf die andere Seite der Bucht mit den Hotels hatten. Wieder bergauf gelaufen, plagte uns nun der Durst und wir tranken den leckeren marokkanischen Pfefferminztee aus Grüntee mit frischer Minze im Café Espace Miramar mit grandiosem Blick auf die Bucht.
Danach schlenderten wir zurück Richtung Auto, fanden unseren ersten großen Supermarkt in einem arabischen Land und kauften Lebensmittel und jedem eine kuschelige Decke. Uns ist die Sauberkeit der Decken in den Unterkünften nicht geheuer. Jetzt hatte jeder für rund 6€ eine flauschige Kuscheldecke, die wir notfalls am Ende des Urlaubs in Marokko lassen müssten, weil wir sonst mindestens 1×14€ für ein zusätzliches Gepäckstück an Ryanair zahlen müssten 🙄.
Wieder beim Auto angekommen, gondelten wir noch ein wenig durch die Stadt auf der Suche nach netten Ausblicken, aber als wir eine derart steile Straße hochgefahren waren, dass wir beim wieder Herunterfahren unten leicht mit der Stoßstange über den Boden schliffen, hatte ich genug von der nervenaufreibenden Fahrerei. Nicht, dass ich selber gefahren wäre, aber meine Nerven litten immer mehr, wenn es brenzlig wurde, als Stefans😳
In unserer Unterkunft wartete bereits seit ein paar Stunden unsere Wäsche sauber in der Waschmaschine darauf, auf der Dachterrasse trocknen zu können. Ja, den Luxus einer Waschmaschinenmitbenutzung und Dachterrasse bot unsere ansonsten eher mäßige Wohnung. Da wir nur minimal mit Wechselwäsche ausgestattet waren, da unser Gepäck ja nur die winzigen Maße von 40x20x25cm haben durfte, war eine Waschmaschine natürlich ein Segen.
1.2.2020 Nationalpark Al Hoceima
Dieser Tag war der Natur gewidmet. Als wir am Morgen aufbrachen, war es wolkiger als die Tage zuvor, aber schon gegen Mittag hatten wir wieder blauen Himmel und Sonne. Wir ließen uns von Google Maps zum Nationalpark Hoceima navigieren. Erst sah es gar nicht so aus, als würde man erkennen, dass es sich um einen Nationalpark handeln könnte, Die Straße führte durch steiniges Gebiet mit Häusern, Gemüsebeeten, Heuballen, die hier hochkant aufgestellt waren und etwas wie Pilze aussahen, da sie oben breiter waren. Zwischendrin wuchsen vereinzelt Mandelbäume und alle paar Meter sah man Betongefäße, aus denen Rohre herausguckten und die mit „Eau“, also Wasser gekennzeichnet waren. Meine Vermutung war zuerst, dass es sich um Wasserstellen handelt, da immer wieder Marokkaner mit mit Wasserflaschen beladenen Eseln vorbeikamen, aber Stefan tippte auf Überläufe für Starkregenfälle🤷♀️
Nach einigen Kilometern endete die Straße und wir fanden einen schönen Wanderweg, der oberhalb der Küste verlief. Er bot schöne Ausblicke aufs Meer und auch auf die Menschen, die hier ihre Äcker bestellten und Wasser und Heu per Eselkraft transportierten. Diesen Weg wanderten wir bis wir an einen Punkt kamen, wo er uns zu schmal und abschüssig erschien. Wir machten kehrt und tranken eine Limo in einem sehr einfachen Café in der Nähe unseres Autos. Auf dem Rückweg zur Hauptstraße N16 sonnte sich eine Schildkröte mitten auf der Straße. Stefan rettete sie vor dem für dieses abgelegene Gebiet recht regen Verkehr, indem er sie auf einen Stein am Wegesrand trug. Es war aber nicht nur eine uneigennützige Tat aus reiner Tierliebe, die Schildkröte ließ sich auch eindeutig besser in der natürlichen Umgebung fotografieren 😂
Wie fuhren ein weiteres Stück gen Westen auf der N16, bis wir wieder einen Abzweig in das Nationalparkgebiet fanden. Wir tankten und stärkten uns mit einer Pizza, bevor wir abbogen. Dieses Mal konnten wir bis zum Port Cala Iris fahren und den Ausblick auf mehrere Felsen vor der Küste genießen. Der letzte Stopp im Park war der Plage de Torres, wo auch Wohnmobile eine Nacht mit Blick auf Meer und Küste verbringen können. Leider hatten wir keine Zeit mehr, noch zum Turm hochzuklettern. Wir liefen nur noch ein paar Meter an der Küste entlang zu zwei Aussichtspunkten.
Auf dem Heimweg kauften wir wieder im Supermarkt vom Vorabend ein und Stefan kochte uns Nudeln mit frischen Tomaten, Koriander und Streukäse.
2.2.2020 Al Hoceima-Chefchaouen
Die 237 Kilometer lange Strecke haben wir in rund acht Stunden mit mehreren Stopps hinter uns gebracht. Den ersten Teil der Strecke entlang des Nationalparks kannten wir ja schon, danach führte uns die N16 nach einigen weiteren Kilometern an der Küste entlang und später vorbei am gebirgigen Nationalpark Talassamtane auf der P4105. Die Straßen waren außerhalb der Ortschaften nur wenig befahren, aber dennoch konnten wir die kurvenreiche Strecke nur langsam, also zwischen 40-80km/h fahren. Vor den Ortseingängen stehen regelmäßig Polizeikontrollen, die vielfach Geschwindigkeitskontrollen durchführen. Außerdem muss man immer mit Schafen, Ziegen, Menschen mit oder ohne Eseln und ähnlichem rechnen. Wir machten Stopp bei einem Café mit hervorragendem Blick auf das Meer und die Küste, guckten uns zu Fuß den malerischen Ort Jebha an, der idyllisch in einer Bucht liegt und mit seinen blau-weißen Gebäuden und stilvollen Straßenlaternen in derselben Farbkombination, auch die ersten anderen europäischen Touristen außer uns anzog. Bis dahin waren uns keine begegnet, hier standen gleich zwei Wohnmobile aus Deutschland und Großbritannien neben uns auf dem Parkplatz. Für Fischliebhaber ist der Ort ein Eldorado, für Vegetarier ist die Nahrungssuche eher schwieriger. Wir fanden ein Restaurant, das uns Pommes machte, aber gleich darauf hinwies, dass ihre Kartoffeln sich besser für Ihre Tajine als zum Frittieren eigneten. Leider werden Tajine fast immer zumindest mit dem Sud von gekochtem Fleisch hergestellt. Es ging uns hier also ähnlich wie in Japan, wo es nahezu unmöglich ist, eine Misosuppe ohne Dashi, also Fischsud zu bekommen.
Gegen 17:30Uhr erreichten wir Chefchaouen und parkten außerhalb des Souks. Es war noch ein ganzes Stück zu laufen, bis wir unsere Unterkunft, das Casa la Hiba, erreichten. Das schmucke Häuschen befindet sich innerhalb der engen Gassen des Souks und ist auch von innen ein Schmuckkästchen. Wir wurden von einem der drei Brüder, die das Haus führen, freundlich und in gutem Englisch begrüßt und über interessante Plätze in Chefchaouen informiert. Unser Zimmer ist super gemütlich, sauber und hat ein tolles Bad. Um wieviel besser ist diese Unterkunft zu unserer letzten!
Darüber hinaus empfingen wir die erfreuliche Mail von Booking.com, dass unsere Unterkunft in Taipeh uns freundlicher Weise die Stornierungsgebühr erlassen hat, d.h., wir haben zwar das Pech wegen des Cororsviruses im März nicht wie geplant nach Taiwan fliegen zu können, aber zumindest legen wir finanziell nicht noch drauf. Einzig allein die schon gekaufte Zugfahrkarte nach Frankfurt müssen wir als Verlust verbuchen.
3.2.2020 Chefchaouen
Der Tag begann mit einem hervorragenden Frühstück auf der Dachterrasse unserer Unterkunft. Crêpes Stückchen, marokkanische Fladen, Brot, zwei Marmeladen, Frischkäse, Oliven, Omelett, Orangensaft und Kaffee und das bei angenehmen Temperaturen und einem fantistischen Blick über die Stadt.
Danach ließen wir uns ohne Plan durch das Labyrinth der Gassen durch die Medina mit ihrem bunten Souk treiben, besuchten die alte Kasbah (Festung) aus dem 15.Jahrhundert und beobachteten bei einer Tasse Kaffee von einer Dachterrasse aus das bunte Treiben auf dem Place El Haouta. Eine Gruppe junger Leute, vermutlich Europäer, lauschten den Gitarrenklängen eines Straßenmusikers, der auch in unserer Jugend genauso dort hätte stehen können. Raggaerythmen von Bob Marley und lange schwarze Locken – dieser Style scheint unvergänglich und gefiel den jungen Zuhörern ebenso wie mir.
Wir ließen uns weiter treiben und kamen zu den Ras El Ma Wasserfällen. Sie sind nicht groß, waren aber einst, als die Stadt vor 600 Jahren gebaut wurde, die einzige Wasserquelle. Sie trieben eine Wassermühle an und dienten der Stromversorgung. Heute sitzen die Einheimischen hier am Wasser, unterhalten sich und waschen ihre Wäsche. Eine alte portugiesische Brücke überspannt den Fluss.
Gegen Nachmittag wurde es uns zu heiß in der Sonne und wir begaben uns in unsere kühle Unterkunft in den schmalen Gassen der Altstadt zur Siesta.
Als es dämmerte liefen wir auf einen Hügel, auf dessen Spitze eine weiße Moschee leuchtete und von dem aus man den Sonnenuntergang hinter der Altstadt beobachten kann. Leider kamen wir zu spät oben an, so dass uns nur noch die „blaue Stunde“ zum Fotografieren blieb.
Zum Abendessen gab es eine Gemüsetajine, ausnahmsweise laut Küche ohne Fleischsud, dann ging’s zurück zu unserem gemütlichen Zimmerchen. Die Stadt ist so schön, dass ich am Morgen einen richtigen Freudenflash hatte😂. Die Häuser alle in weiß-blau hübsch gestrichen, die Gassen sauber, keine Anmache, einfach nur schön!
4.2.2020 Chefchaouen-Talassemtane National Park
Chefchaouen liegt am Fuße des Riffgebirges, einem Gebirgszug des Atlasgebirges. Selbstverständlich mussten wir daher einen Tag für die Natur einplanen. Ich hatte als Ziel die kleinen Wasserfälle von Akchour und die God‘s Bridge im Talassemtane National Park ausgewählt. Es gibt zwar auch noch die großen Wasserfälle von Anchour, aber die Wanderung wäre zu lang und den Beschreibungen nach zu schwierig für mich gewesen. Unsere zwei Ziele lagen ca 30km von Chefchaouen entfernt und so nah zusammen, dass man sie gut auf einer Wanderung verbinden konnte. Insgesamt wanderten wir rund neuneinhalb Kilometer entlang an Flüssen mir mehreren kleinen Wasserfällen, sowie steil bergauf (220Höhenmeter auf 1,7km) zu Aussichtspunkten auf die God‘s Bridge, einer beeindruckenden Naturbrücke, die das Tal überspannt. Der Weg zu den Wasserfällen war ein gemütlicher Spaziergang. Zahlreiche Einheimische boten unterwegs Sitzgelegenheiten an, wo sie Getränke oder das typische marokkanische Gericht Tajine verkauften. Verhungern oder verdursten konnte man auf der Strecke sicher nicht, soviel Stände gab es. Sie fügten sich aber in ihrer Einfachheit gut in die Natur ein und störten nicht. Unterwegs liefen uns Berberaffen über den Weg, die genüsslich Blätter von Sträuchern fraßen. Sie sind eine Art der Makaken und die einzigen, die außerhalb Asiens leben. Laut Wikipedia sind sie stark gefährdet und in Europa und Ägypten bereits ausgerottet. Nur auf Gibraltar findet man noch welche, die dort aber angesiedelt wurden. Sie haben erstaunlich relaxed auf uns reagiert. Die japanischen Makaken flüchteten bereits, wenn sie von weiten Menschen wahrnahmen.
Der Weg zur God‘s Bridge war erheblich anstrengender, da es fast ausschließlich bergauf ging und der Untergrund Trittsicherheit verlangte. Hier gab es keine Verpflegung mehr. Uns begleitete den ganzen Tag strahlender Sonnenschein, der leider das Fotografieren erschwerte. Wir hatten ständig mit harten Kontrasten, Gegenlicht und dem Problem, dass ein Teil der Landschaft im Schatten lag, der Rest aber in sehr hellem Sonnenlicht zu kämpfen. Aber wir genossen den Tag in der Natur sehr.
Wenn man über das Riffgebirge schreibt, kommt man nicht umhin, auch über Rauschgift zu schreiben. Laut Internet wird seit Jahrhunderten Cannabis im Riff angebaut, aber vor der großen Touristenwelle im letzten Jahrhundert nur in kleinen Mengen für „Kief“, wo Marokkaner die weibliche Blüte mit Tabak mischen. Laut Wikipedia kam der Anbau in großem Maße mit der Welle westlicher Touristen. https://en.m.wikipedia.org/wiki/Cannabis_in_Morocco
Heute gilt das Gebiet hier als das Anbaugebiet Afrikas, und trotz Verboten und starken Kontrollen schaffen die Drogen ihren Weg von hier nach Europa.
Meine Befürchtungen, hier ständig angequatscht zu werden, haben sich aber zum Glück nicht bewahrheitet. Ein einziges Mal flüsterte uns ein Marokkaner „Haschisch, Marihuana“ zu. Insgesamt waren die Händler und Bettler bisher völlig zurückhaltend und wir genossen es täglich, unbelästigt durch den Souk schlendern zu können.
Am folgenden Tag würden wir diese wunderschöne Stadt und unser tolles Zimmer wieder verlassen, leider! Den Anblick dieser hübschen blau-weißen Häuser und Gassen, die hübschen Verzierungen und die Sauberkeit werden wir sicher nicht vergessen. Man gibt sich viel Mühe, den alten Baubestand der Medina zu erhalten. Die blaue Farbe hat im Übrigen die Bewandtnis, Böses abzuwehren.
5.2.2020 Chefchaouen-Tetouan
Wir verabschiedeten uns von unserem netten Zimmer und der tollen Stadt Chefchaouen und fuhren wieder nach Norden zur Weltkulturerbestadt Tetouan. Auf den ersten Blick wirkte sie nur groß. Wir bezogen unser Zimmer im Hotel Riad Tetouan, das ok war, aber kein bisschen von dem Charme unserer letzten Unterkunft hatte. Dafür konnten wir direkt davor parken und Frühstück war inklusive. Wir waren gespannt, ob es mit unserem letzten mithalten können würde. Am Nachmittag fuhren wir zur Medina und landeten zuerstl auf der Autobahn, was uns einen Umweg von 28km und eine Mautgebühr von rund 40ct kostete. Letztlich fanden wir den Weg in die lebhafte und enge Stadtmitte und parkten in der Nähe des Souks Newader. Menschenmassen tummelten sich in den Gassen und die Händler verkauften dort alles von flohmarktreifem Schrott über Fisch und Obst. Auffällig und schmackhaft waren die Kekse und anderen Backwaren, die in dieser Stadt überall angeboten werden. Als sich durch das Gewimmel der Soukgassen auch noch ein Trauerzug den Weg bahnte, konnten wir uns nur noch an die Seite quetschen. Außerhalb der Altstadtmauern fielen ein paar imposante Gebäude wie eine Kirche und die Universität auf. Obwohl die Medina mit ihren weißen Häusern auch ihren Charme hat, kommt sie meiner Meinung nach bei weitem nicht an das Schmuckkästchen Chefchaouen heran. Auch an Sauberkeit haperte es hier wieder mal.
6.2.2020 Tetouan
Dieser Tag war überhaupt nicht nach meinem Geschmack. Am Morgen regnete es erst, danach war es den ganzen Tag diesig. Ich hatte schlecht geschlafen, da mich Sodbrennen quälte und dementsprechend war meine Laune nicht besonders gut. Das Frühstück war gut, aber das ganze Ambiente und die Darreichung längst nicht so wie wir es in Chefchaouen erlebt hatten. Wir fuhren wieder ins Zentrum und die Straßen waren genauso gerammelt voll von Autos und Menschen wie am Abend zuvor. Wir schafften es dennoch, einen Parkplatz in der Nähe der „Paloma Blanca“, einer riesigen Taubenstatue in der Mitte eines Kreisels zu finden. Eine Gruppe Fußballfans posierte vor der Taube für Fotos. Nach einer kleinen Runde durch einen Obst- und Gemüsesouk fuhren wir wieder in unser Hotel. Unterwegs besorgten wir uns eine sehr leckere Obsttorte mit Erdbeeren, Himbeeren, Äpfeln und Kiwis aus dem Supermarkt. Süße Leckereien sind hier in Marokko wirklich immer zu empfehlen.
Auf der Ausfallstraße zu unserer Unterkunft hielten auf der Gegenseite eine ganze Anzahl von Kleinbusse und es stiegen massenhaft Polizisten mit Helmen und Schutzschilden aus. Wir vermuteten erst eine Demo, aber dann kamen auch schon Horden von Fußballfans und wir machten uns schnell aus dem Staube. Nach ein paar Stunden Siesta schellte plötzlich Stefans Telefon. Ein Mitarbeiter unseres Telefonanbieters „Orange“ in Marokko, versuchte uns klarzumachen, wie wir unsere nächsten Monatsbeträge zahlen sollten. Wir hatten aber in Nador nur Simkarten für 1Monat gekauft, da wir ja nur 3Wochen im Land verweilen wollten. Der Mitarbeiter meinte jedoch, wir hätten einen 3-Monatsvertrag. Da wir am Telefon mit den Verhandlungen nicht weiterkamen, beschlossen wir, uns zu einem Orange-Geschäft auf den Weg zu machen. Die erste Hürde mussten wir bereits im Fahrstuhl nehmen, in dem wir steckenblieben, der aber zum Glück eine laute Notfallglocke hatte. Danach quälten wir uns nochmals durch den Verkehr, nun auch noch bei Rush Hour und zum Ende des Fußballspiels. Die Fahrt auf der 7-minütigen Strecke zu einer Verkaufsstelle von Orange benötigte heute mehr als eine halbe Stunde. Glücklicherweise konnten wir dort aber unser Problem erfolgreich klären und fuhren zufrieden wieder zurück ins Hotel. Die Stadt schaffte es nicht, uns von sich zu begeistern und ich bedauerte, dass wir die zwei Tage nicht sinnvoller genutzt hatten.
7.2.2020 Tetouan-Fès
Wir waren extra früh aufgestanden, weil uns eine lange Fahrt bevorstand und mussten dann leider feststellen, dass es um 7:45Uhr noch kein Frühstück gab, obwohl es ab 7:30Uhr angeboten wurde. Wir verließen also Tetouan mit knurrendem Magen und stoppten unterwegs für ein Frühstück. Mit ein paar Pausen fuhren wir knapp 8Std nach Fès, wo wir wieder in den schmalen Gassen der Medina ein Zimmer gebucht hatten. Wie in Chefchaouen musste das Auto draußen vor den Toren geparkt werden. Das sind immer die Situationen, in denen ich froh bin, dass wir nur unser Ryanair taugliches Minimalgepäck schleppen müssen. So macht es uns nicht viel aus, es ein Stück zu tragen. Auf den ersten Blick gefiel es uns hier schon viel besser als in Tetouan, wenn es auch nicht die Beschaulichkeit von Chefchaouen hatte. Fès hat rund eine Million Einwohner und gilt als Kulturstadt und geistiges Zentrum Marokkos. Unser Zimmer war recht klein, dafür hatten wir 4Betten. Es handelte sich um ein altes, verwinkeltes Gebäude im typisch marokkanischen Stil mit Innenhof, gemütlicher Dachterrasse mit Blick über die Altstadt und kunstvollen Fliesen und Teppichen. Ein kurzer Gang durch den Souk zum blauen Tor „Bab Bou Jeloud“ zeigte uns, dass wir sicher nicht verhungern würden. Darüber hinaus boten trotz Freitag, an dem viele Geschäfte geschlossen haben, zahlreiche Händler Öle, Kosmetik, Geschnitztes und vieles mehr an. Zu unserer Freude wurden wir aber, außer von vereinzelten Restaurantmitarbeitern, nicht überall angesprochen. Am folgenden Tag wollten wir die kunstvoll gestalteten Tore und Gebäude näher in Augenschein nehmen.
8.2.2020 Fès
Wir schwächelten an diesem Morgen etwas, daher machten wir, nach unserem Frühstück auf der Dachterrasse, nur eine kleine Tour durch die Gassen der Medina. Wir besuchten die Medersa Atterine, eine Koranschule aus dem 14.Jhrd, die bis zum Beginn des 20.Jhrd noch in Funktion war. Heute ist sie Museum und eines der Gebäude, die die UNESCO 1981 zum Weltkulturerbe erklärt hat. Sie ist ein Kunstwerk der Bildhauerei und Schnitzerei. Die winzigen Räume der ehemaligen Schüler erinnern eher Zellen und boten sicherlich keinerlei Ablenkung vom Lehrstoff. Die Medersa befindet sich mitten in der Medina neben der Kairaouine Moschee, die wir als Nichtmuslime leider nicht betreten durften. Wir kamen an einem Klassenzimmer vorbei, wo die Kleinen gerade frühstückten. Die Lehrerin winkte uns rein. Es waren Drei- und Vierjährige, aber an der Tafel standen schon Buchstaben und Zahlen. Wir durften Fotografieren, aber natürlich wurde auch ein Bakschisch erwartet.
Nach der Besichtigung kauften wir uns Kekse und machten es uns ein paar Stunden auf unserer Dachterrasse bei Pfefferminztee und einem Buch bzw Film gemütlich. Am Nachmittag führte uns der Weg zum Park Jnan sbil. Wir folgten Google Maps durch das Gewirr der Altstadtgassen hinaus aus den Stadtmauern, dann entlang beeindruckender Gebäude mit hohen Mauern und verzierten Toren, die alle beflaggt und bewacht und anscheinend Staatsgebäude waren, bis wir den Park erreichten. Hier war ziemlich viel los. Besonders Mütter mit ihren Kindern beobachteten die Springbrunnen und die Vögel auf einer Insel im See und in Käfigen. Als uns der Hunger packte, ließen wir uns in einem Restaurant neben dem Park nieder und genossen Suppe und Stefan eine Art Pastete. In Sichtweite von unserer Restaurantterrasse kam es zwischen ein paar Typen zu einem lautstarken und handgreiflichen Streit. Von weitem sah es danach aus, als hätte ein Marokkaner einen Schwarzafrikaner angemacht, aber wir waren ca 50m entfernt und in Nullkommanix hatte sich eine Menschentraube um sie herum gebildet. Alles fand auf der Straße statt, daher löste sich der Streit auch nach einer Weile auf, als mehrere Autos hupten und durchfahren wollten. Unser Wirt entschuldigte sich am Schluss bei uns für den Vorfall, dabei hatte er gar nichts damit zu tun. Er schämte sich wohl für seine Landsleute. Den Abend verbrachten wir gemütlich in unserer Unterkunft. Auch hier war der Blick von der Dachterrasse wieder sehr beeindruckend. Mitten in einer Medina zu wohnen vermittelt das authentischte Gefühl von Marokko. In den dicken Wänden der Häuser ist es kühl und zumeist ruhig. Kommt man aus der Tür wird es geschäftig, befindet sich das Haus nicht gerade in einer der engen Seitengassen ohne Geschäfte. Das Gefühl von Labyrinth löst bei mir immer etwas Beklemmung aus, besonders wenn man ständig angesprochen wird, obwohl man gar nicht nach Hilfe gefragt hat. Dennoch sollte man sich das Erlebnis, direkt in der Medina zu wohnen, nicht entgehen lassen. Hier findet das Leben statt, sind die Gerüche des Orients anzutreffen und der Ruf der Muezzine klingt aus allen Ecken beim Gebet, auch morgens, wenn es dämmert und man nicht recht weiß, ob man träumt oder ob das was man hört Wirklichkeit ist.
9.2.2020 Fès
Am Morgen haben wir uns auf den Weg gemacht, die „Marinid tombs“, Ruinen alter Gräber zu besuchen. Der Weg führte uns durch das Bab Guissa, das nordwestliche Tor aus der Altstadt auf einen Hügel mit den Ruinen der Gräber. Wir kamen dabei an einer Beerdigung auf einem aktuellen Friedhof vorbei. Der Weg den Hügel hinauf stach uns der Geruch gegerbten Leders in die Nase, da die Gerber ihre Lederstücke in der Sonne auf dem Hang trockneten. Das besondere oben bei den Gräbern ist der Blick über die Altstadt von Fés, die den Namen Fès al Bali trägt. Zu Mittag haben wir uns vegetarisches Couscous auf der Dachterrasse eines Restaurants geleistet. Die Preise hier in der Altstadt sind allerdings nicht so günstig wie sonst in Marokko. Für den Couscous haben wir 6€ bezahlt, was natürlich im Vergleich zu deutschen Preisen immer noch billig ist. Nach der Mittagspause unternahmen wir den wiederholten Versuch, den Kupfersouk zu finden, wo man die Händler beobachten kann, wie sie Muster in die Kupferstücke hämmern und damit kunstvolle Vasen, Kannen, Teller und vieles mehr anfertigen. Als wir später vom Place R‘cif zurück zu unserer Unterkunft wollten, sind wir erst eine ganze Weile in den verwinkelten Gassen herumgeirrt. Die Medina ist ein riesiges Labyrinth von engen Gassen mit immer wieder gleichen Geschäften, die Lederwaren, Teppiche, Tücher, Stoffe, Kupfer- und andere Metallwaren, Henna, Kosmetik und vieles mehr anbieten, sowie zahlreichen Essständen und Restaurants. Verlässt man die Hauptgänge, werden die Gassen noch schmaler und verwinkelter und enden oft auch im Nichts vor einer Tür oder Mauer. In den schmalen Gängen funktioniert häufig auch die Navigation per Handy nicht und man muss den ständigen Angeboten von selbsternannten „Guides“ entkommen, die stets die Hand aufhalten. Sie können gelegentlich hilfreich sein, aber man weiß halt nicht, ob auch auch alle vertrauenswürdig sind. In wenig besuchten, engen und wenig beleuchteten Gassen Drogen angeboten zu bekommen, ist nicht unbedingt das, worauf man sich einlassen sollte. Ich war zumindest recht froh, als wir endlich wieder auf bekannten Wegen waren und letztlich vor unserer Tür landeten. An diesem Tag war es in der Medina auch voller als die Tage zuvor, es waren mehr Touristen unterwegs und damit nahm auch das ständige Angequatsche zu. Sieht man die Armut hier im Lande, wundert es einen nicht.
10.2.2020 Fèz-Taza
Noch etwas Natur schnuppern im Tazekka Nationalpark, das ist das Ziel, warum wir uns weiter nach Osten von Fès nach Taza begeben haben. Unsere Fahrt auf der N16 führte uns entlang an Olivenhainen, Ständen mit Kürbissen und durch kleinere, ärmlich wirkende Ortschaften. Immer dort, wo Markt war, pulsierte das Leben. Über Ernteerzeugnisse, Gebrauchsgegenstände, die wir dem Schrott zurechnen würden, bis zu Second Handkleidung, die vermutlich aus Spendensäcken reicher Europäer stammen, wird hier alles verkauft. Menschen, Esel, Autos, Taxis, Busse, freilaufende, wohl herrenlose Hunde und Katzen tummeln sich am Straßenrand und oft auch auf der Straße. Es bedarf höllischer Vorsicht, nicht irgendwen oder -was unter die Räder zu bekommen. Das weiß auch die Polizei, die so gut wie bei jeder Ortschaft kontrolliert, zum Teil per Kamera die Geschwindigkeit, aber auch die Ladung von Fahrzeugen. Es ähnelt schon sehr Asien, was hier zum Teil nur dürftig gesichert transportiert wird. Strohballen, die doppelt so hoch wie der LKW gestapelt sind, Dutzende Gasflaschen auf offener Ladefläche, alte Frauen, die unter der Last ihrer Rückentrage kaum noch zu sehen sind. Im Ort gilt daher in der Regel 40km/h, vor Polizeikontrollen 20km/h und es gibt zahlreiche Schwellen, um die Geschwindigkeit zu bremsen. Über die Qualität der Durchgangsstraßen kann man sich nicht beschweren. Es gibt zahlreiche Kreisverkehre und häufig sogar beleuchtete Achtungs- und Stoppschilder. Nur die engen Gassen in Wohngebieten sind teilweise holperig und häufig extrem steil.
Auf unserer Fahrt kamen wir am Idriss 1 Stausee vorbei. Seine türkise Farbe und eine einsam in ihm aufragende Palme, sahen irgendwie unwirklich, aber auch nett aus. Als wir nach Taza kamen, waren wir erstaunt, wie groß die Stadt ist. Es dauerte eine Weile, bis wir unseren Airbnb -Vermieter kontaktiert, uns mit ihm getroffen und er uns zu unserer gemieteten Wohnung geführt hatte. Wir hatten eine Küche mit Bad im EG und außerdem, begehbar durch ein offenes Treppenhaus, ein nettes und ganz neues Wohn-Schlafzimmer im OG. Die Aufteilung ist unglücklich, aber sonst ist es wirklich angenehm, wieder mal kochen und eine Waschmaschine nutzen zu können. Am kommenden Tag stand die Erkundung des Nationalparks nebenan auf unserem Programm.
11.2.2020 Taza- Tazekka Nationalpark
Ziel des Tages war der Tazekka Nationalpark vor den Türen der Stadt Taza, wo wir am Abend zuvor angekommen waren. Der Park, mit dem mit 1980m hohen Jbel Tazekka,gehört zum mittleren Atlasgebirge. Wir eroberten den Park per Auto und machten auch einen kleinen Spaziergang und kamen dabei bis auf ca 1650m Höhe. Vorbei an Grotten fuhren wir mal durch Korkeichenwälder, mal durch steiniges Gebirge. Nur gelegentlich trafen wir auf andere Fahrzeuge. An einem Aussichtspunkt standen gleich vier Wohnmobile und wir trafen auch auf einen deutschen, zum Wohnmobil umgebauten riesigen LKW. Da passte sicher eine ganze Wohnung rein. An mehreren Stellen gab es Picknickplätze mit Bänken und Tischen, teils Grillmöglichkeit und Spielplatz und sogar einem geöffneten Kioks. Die Anlagen waren wirklich schön gemacht. Uns boten sich tolle Ausblicke, einmal sogar bis auf eine verschneite Bergkette. Das Wetter spielte hervorragend mit, so war es ein schöner Tag in der Natur. Die nach ihrer Ausrottung wieder aus Tunesien eingeführten Berberhirsche bekamen wir leider nicht zu Gesicht.
12.2.2020 Taza – Tazekka Nationalpark
Am Vormittag fuhren wir zur Medina von Taza, um die Bab Jemaa Stairs anzusehen. Es ist eine breite Treppe mit schönen Straßenlaternen, die durch eine Parkanlage hoch zu der Stadtmauer, die die Medina umgibt, führt. Von oben konnten wir prächtige Ausblicke über die Stadt und die Berge genießen. In der Medina waren wir nur kurz, uns stand der Sinn eher noch einmal nach Natur. Wir suchten uns eine andere Straße in den Tazekka Nationalpark und dessen Umgebung und genossen die abwechslungsreiche Landschaft. Ain Aghbal, ein Wasserspeicher mit Wasserrinnen wie die Levadas auf Madeira, schroffe Felsen, Schluchten, dann wieder liebliche Blumenteppiche, Mandelbäume und immer wieder Korkeichen, die teilweise auch abgeerntet waren. Immer wieder begegneten uns Frauen, Männer und Kinder mit Eseln, die Stroh oder Flaschen transportierten, Hirten trieben ihre Schafe und Ziegen durch die Landschaft, Bauern bearbeiteten ihre Felder und Hunde liefen frei durch die Gegend. Bewohnte Gehöfte und alte Ruinen tauchten immer mal wieder am Straßenrand auf. Da wir nicht auf derselben Strecke wie am Tag zuvor zurückfahren wollten, haben wir uns fast in Schwierigkeiten gebracht. Einen Weg entschieden wir nicht zu fahren, weil er uns zu rauh vorkam, mit dem Erfolg, dass wir später eine viel längere Strecke auf Schotterpiste mit riesigen Löchern und Rillen bewältigen mussten. Mehr als eine Stunde lang rumpelten wir fern aller Zivilisation durch die Natur, wohlgemerkt auf einer Straße, die bei Google Maps angezeigt war und die auch eine Nummer hatte, um am Ende fast einen Totalreinfall zu erleben. 100m bevor wir wieder auf eine normale Straße kamen, war der Weg so eingebrochen, dass wir nur mit äußerster Vorsicht gerade noch die heikelste Stelle passieren konnten. Durch dieses Abenteuer lief uns natürlich auch die Zeit weg, sodass wir erst gegen 21:30Uhr bei Dunkelheit wieder bei unserer Unterkunft ankamen, was wir sonst tunlichst vermieden. Trotz der Zitterpartie war es ein schöner Ausflug an unserem letzten Tag der Reise, den wir noch frei gestalten konnten. Nun blieb nur noch die Fahrt zurück nach Nador und am Tag drauf der Heimflug.
13.2.2020 Taza – Nador
Ein Tag vor Abflug. Der Tag war also ziemlich ausgefüllt mit Fahrerei von Taza nach Nador, wo wir dieselbe Unterkunft wie bei der Anreise gemietet hatten. Inzwischen hatte der Vermieter sogar einen Heizer und Tisch und Stühle für die Küche gekauft. Schade, dass wir das gar nicht mehr richtig ausnutzen konnten. Wir wollten am kommenden Morgen um 6Uhr die Wohnung Richtung Flughafen verlassen.
Die Strecke von Taza nach Nador hat uns total verwundert, bzw. so hatten wir uns zuvor Marokko am ehesten vorgestellt. Wir fuhren stundenlang durch steinige Wüste, im Hintergrund die Berge des Riffgebirges. Es erstaunte mich jedes Mal, wie im Nichts, nur zwischen Steinen und Sand, kleine Blüten ihren Weg ans Licht fanden. Immer wieder gab es Flecken mit lilafarbenen, gelben oder weißen Blumen, die zwischen stacheligen Diestelgewächsen leuchteten. Nach Dreiviertel der Strecke wurde die Landschaft plötzlich wieder grüner, Flächen waren bewirtschaftet, Kakteen wuchsen in dichten Reihen, wobei mir nicht klar ist, ob sie als Hecken dienten oder ob sie wegen ihrer Früchte angebaut wurden. Wir hatten uns gegen 16:30Uhr mit unserem Vermieter zur Schlüsselübergabe verabredet, danach machten wir noch einen Ausflug in Richtung Osten zum Naturschutzgebiet Lagune Mar Chica. Es handelt sich um eine natürliche Salzwasserlagune, die Nador vorgelagert ist. Sie ist ein Paradies für Vögel und wir konnten unsere Fotografiererei nur stoppen, weil uns Mücken in die Flucht trieben. Den Abschluss unserer Reise verbrachten wir in unserem Stammcafé Galaxy bei Pizza und superleckeren Crêpes mit Früchten und Schokoladensoße.
14.2.2020 Rückflug Nador – Frankfurt Hahn
Über diesen Tag gibt es nicht viel zu schreiben. Wir waren drei Stunden vor Abflug am Flughafen in Nador, weil wir noch unser Auto abgeben mussten. Leider kam der Autovermieter aber erst eine Stunde später. Im Flughafen herrschte ebenfalls noch Stille, sodass wir im Auto saßen und warteten. Die Zeit hätten wir vielleicht doch besser im Bett verbracht, aber wer konnte das schon ahnen? Nach Autoabgabe standen wir eine Weile für die Sicherheitskontrolle an, um dann zu erfahren, dass wir unseren ausgedruckten Boarding Pass noch beim Check-in Schalter abstempeln lassen müssten. Beim Online Check-in am Vortag hatten wir schon das Aha-Erlebnis, dass uns Ryanair mitteilte, dass am Flughafen Nador die digitalen Boardingpass nicht akzeptiert würden und wir diese ausdrucken lassen müssten. Nach etwas Sucherei fanden wir ein Hotel, das bereit war, den Ausdruck für uns zu erstellen. Nun musste der Ausdruck auch noch gestempelt werden – komplizierter ging es wohl nicht! Letztlich kamen wir ohne Probleme durch die Kontrollen und flogen schneller als geplant nach Frankfurt, sodass wir fünf Minuten vor der Zeit dort landeten. Nun standen uns noch einige Stunden Fahrt bevor, bis wir wieder bei uns zuhause ankamen.