Taiwan


Di. 9.1.2024

Samstag, 6.1.24 – Montag, 9.1.24 Anreise nach Taipeh

Eine neue, zwei Monate lange Reise begann. Sie brachte uns nach
Taiwan, genauer in die Hauptstadt Taipeh. Die Anreise war verdammt lang und das, obwohl wir in Frankfurt zwischenübernachtet hatten. Am Samstag ging die Reise gegen Mittag los per Zug nach Goslar, von dort per Flixbus nach Kassel und dann mit Flixtrain nach Frankfurt -Süd. Letzterer kam eine Stunde zu spät, somit hatten wir ca. 3,5Std. Aufenthalt auf dem zugigen Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe. Wir konnten echt froh sein, dass ein kleines Einkaufscenter nebenan war, wo wir warm sitzen konnten. Von Frankfurt -Süd fuhr ein Bus bis fast zu unserem Hotel, das nur ca. 15Min Fußweg bis zum Terminal 2 entfernt war. Wir hatten das Glück, dass nebenan ein Rewe bis 22Uhr geöffnet hatte und wir uns so für das Frühstück eindecken konnten. Am Sonntag ging es dann nach einer recht angenehmen Nacht um 10:00 zum Flughafen, wo um 13:45 unsere China-Southern Airline Maschine starten sollte. Alles klappte problemlos, bis wir in der Maschine saßen. Dort verkündete man uns einen um 1 Stunde verspäteten Abflug, weil aus irgendeinem Grund der Tower den Start noch nicht freigegeben hatte. Die Maschine war ganz angenehm mit einer vernünftigen Beinfreiheit und 3×3 Sitzen nebeneinander. Stefan und ich hatten beide Gangplätze, was wir wegen der Beinfreiheit und der Freiheit, ohne Andere zu stören, problemlos aufstehen zu können, gewählt hatten. Das erwies sich auch als ganz gut, bis darauf, dass mein Sitznachbar nachts zig Mal zur Toilette wollte und dann immer noch eine Weile spazieren ging, sodass für mich an Schlafen nicht zu denken war. Gegen 9:00 Ortszeit erreichten wir Guangzhou in China, was für uns gefühlt noch mitten in der Nacht war, weil unser Körper es für 2:00 nachts hielt. Ca 2 Std später ging es weiter nach Taipeh, nachdem wir in Guangzhou einmal ganz durch die Immigration mussten. Nur unser Gepäck war glücklicher Weise ganz durchgecheckt bis Taiwan. Nun standen uns zwei weitere Flugstunden bevor, bis wir gegen 13:30 Ortszeit im Flughafen in Taipei nochmals durch die Passkontrolle mussten und dann endlich in Taiwan waren. Nun stand noch Gepäck abholen, Geld ziehen, eine SIM-Karte und eine aufladbare Geldkarte für den Stadtverkehr kaufen an, bis wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft machen konnten. Die Metro nach Taipeh zu finden war nicht schwierig, komplizierter dann allerdings, den richtigen Bus zu unserem Wohngebiet herauszufinden. Mit Hilfe von Google Maps ging aber auch das. Gegen ungefähr 17:00 waren wir dann endlich am Ziel. Unsere Airbnb Unterkunft bestand aus einem Wohn-Schlafraum mit Küchenecke, einem zweiten Schlafraum, einem Duschbad mit Waschbecken, einer separaten Toilette und einem kleinen Hinterhofgarten mit Waschmaschiene. Es war erst etwas verwirrend, denn die Eingangstür war eine Glasschiebetür, wie wir sie eigentlich zur Terrasse kennen mit Jalousie davor. Der „Schlüssel“, den wir im Schlüsselkasten fanden, war dementsprechend kein Schlüssel, sondern ein Chip, mit dem wir die elektrische Jalousie öffnen und dann das Apartment betreten konnten. Erfreulicher Weise gab es auch überall Moskitogitter vor den Türen. Wir kauften bei 7/11 noch ein paar Kleinigkeiten zum Abendessen und fühlten uns bei dem Angebot an Tütensuppen und Fertigfutter, zumeist mit Fleisch oder Fisch, sehr an Japan erinnert. Wir fanden fertige, wabbelige Käsetoasts, Nudeln mit irgendeinem Gemüseinhalt und für jeden ein Onigiri, d.h. eine Reis- Ecke in Algenblatt, einmal mit Thunfisch für mich und einmal mit Tofu für Stefan. Dann fielen wir gegen kurz vor 20:00 tot ins Bett und zumindest ich schlief mit ein paar Toilettengängen fast 12 Std durch. Stefan sah ich gegen 5 Uhr am Handy, aber dafür schlief er um 8:00 wieder. Ich war gespannt, was uns der erste Tag bringen würde. Wir wollten es sehr ruhig angehen lassen. Wir wohnten die nächsten 14 Tage in dieser Wohnung und würden die Umgebung ausgiebig erkunden. Nach ausgiebigem Ausschlafen machten wir uns gegen Mittag auf den Weg zum nächsten Carrefour Supermarkt. Leider war die Auswahl in diesem auch nicht überwältigend. Es gab die typischen Fertigsuppen, sowohl in der Tüte als auch TK, leider ausschließlich mit irgendwelchen tierischen Inhalten, zumindest soweit wir es erkennen konnten. Auch würde uns unsere Kaffeemaschine in der FeWo nichts bringen, denn es gab nur ganze Kaffeebohnen, Nescafé und Kaffee in Beutelchen, genannt „Drip Coffee“ ähnlich wie Teebeutel, die man in die Tasse hängt und dann aufgießt. Außerdem die Portionsbeutel mit 2in1 oder 3in1, d.h. Nescafé mit Zucker und Milch, wie wir sie Zuhause auch kennen. Wir wählten ein Glas Nescafé und einmal die Aufgussbeutel, weil wir mit letzteren schon anderswo gute Erfahrungen gemacht hatten. Wir fanden eine Art Nuss-Hefe-Zopf und ein Knoblauchbaguette, Marmelade, grünen Tee, Tomaten, Erdnussbutter, Haferflocken, Mandarinen, Nudeln, frische, kleine Pilze, die sich „schneeweiße Biopilze“ nannten, sowie „Komatsuna“ und „Schwarzkopf“,“ zwei Blattgemüse, die Stefan zum Abendessen mit breiten Nudeln in der Pfanne zubereitete. Da er Pesto als Würze nahm, hatte das Ganze ehr einen italienischen Touch, war aber lecker.
Unsere Aktivitäten am ersten Tag waren ein langer Spaziergang zum Luzhou Breeze Park, der aber wohl auch New Taipei Metropolitan Park hieß, zumindest war das in riesigen Lettern dort angebracht, die man sicher vom Flugzeug aus sehen konnte. Der Park war rund um einen See und bot zahlreiche sportliche Betätigungen. Um ihn herum führte ein Radweg, den auch Jogger aktiv nutzten, auf dem See trainierten Ruderer, es gab Sportgeräte, ein Basketball-Feld und ähnliches. Der Park lag inmitten von Hochhäusern und großen Straßen, im Hintergrund ragte der Guanyin Mountain in die Höhe. Wir wanderten um den See herum und dann über eine andere Strecke zurück zum Luzou District, in dem wir wohnten. Unterwegs tranken wir einen Kaffee in einem Café und zwischen 17:30 -18:00 wurde es schlagartig dunkel. Auf dem Heimweg kamen wir durch einen sehr belebten Teil Taipeis, in dem es eine für Autos gesperrte Straße mit dem Luzhou Miaokou Streetfootmarkt gab. Dafür waren wir natürlich genau zur rechten Zeit dort. Es pulsierte das Leben und eine Vielzahl von Farben und Gerüchen begleiteten uns. Nicht immer roch es gut,. Die leckeren Gerüche mischten sich mit Abgasen von Rollern, Gestank von Abwässern und teils auch unangenehmen Essensgerüchen, die wahrscheinlich vom Stinky-Tofu kamen. Zumindest haben wir von diesem zuvor im Internet gehört. Mitten im Gewusel der Straße beeindruckte uns der hübsche Yonglian Tempel, der uns nicht nur durch prächtige Farben und Figuren ins Auge stach, sondern der auch mehrere Etagen hatte, sodass wir einen tollen Blick von oben auf den Streetfootmarkt erheischten. Gemütlich bummelten wir Richtung FeWo, stellten fest, dass es in Taiwan wohl ebenso schwer werden wird, sich vegetarisch in Restaurants zu ernähren wie in Japan, was dazu führte, dass Stefan das bereits beschriebene Abendessen selbst zauberte, während ich unsere in der Waschmaschine gewaschene Wäsche abnahm und meinen Bericht begann. Den Rest des Abends verbrachten wir gemütlich in unserem Zuhause auf Zeit. Leider wagten wir es nicht, uns abends in unseren netten, kleinen Hinterhof zu setzen, weil es trotz Winter auch jetzt noch Mücken gab und wir keine Lust auf Dengue Fieber oder Japanische Enzephalitis hatten. Das Klima war hier in Taipeh gerade sehr angenehm, zwischen 17-20⁰ mit leichter Brise. Nachts zuvor hatte es gegossen, aber der Tag war trocken und zeitweilig sonnig.

Mittwoch 10.1.24 Taipeh

Ziemlich übermüdet wachte ich am Morgen erst kurz vor 10:00 auf. Zu spät am Tag Kaffee zu trinken, Zeitumstellung und Nachbarn, die bis 4:00 morgens noch laut nebenan gelacht und geredet hatten, waren keine gute Voraussetzung für eine erholsame Nacht. Ich versuchte mich fit zu machen mit Gymnastik und Dusche und bereitete Frühstück vor. Erst gegen Mittag machten wir uns dann auf den Weg in die Innenstadt Richtung Northgate, einem der alten Stadttore Taipeis. Wir nahmen den Bus, stiegen aber vor der Zhongxiao Bridge aus, weil es laut Google von dort aus einen schönen Ausblick geben sollte. Wir hätten es lieber sein lassen sollen. Zum einen war es ziemlich diesig und der Blick über den Fluss nicht berauschend, zum anderen mussten wir so über die vielbefahrene, mehrspurige Brücke laufen, wo die Luft dermaßen Abgasgeschwängert war, dass ich freiwillig seit langem Mal wieder eine Maske aufgesetzt habe. Da diese natürlich auch das Atmen erschwerte, war ich sehr froh, die 1038 m Gesamtlänge möglichst schnell überquert zu haben. Das Nordtor kam kurz darauf in den Blick. Das historische, rote Tor war ein Überbleibsel der Guangxu-Zeit der Qing-Dynastie, fertiggestellt 1884 und Hauptzugang zur Stadt. Nur wenige alte Gebäude fanden sich noch in Taipei. Sie wirkten schon fast verloren zwischen Wolkenkratzern, grauen Geschäftsblöcken mit bunter Schrift und mehrspurigen, belebten Straßen. Wir bogen ab in kleinere Straßen, in ein Gebiet, das sich der Fotografie verschrieben hatte. Zahlreiche Fotogeschäfte, eine kleine Grünanlage mit „Camera“-Schriftzug und Symbol, was auf das Gebiet hinwies und ein paar junge Leute, die sich gerade auf dem Bürgersteig liegend von einer weiteren Person filmen oder fotografieren ließen. Wir kamen zu einem gemütlichen Café mit eigener Röstung und spülten den Straßenstaub mit einem guten Kaffee die Kehle runter. Auf dem Weg zur Rainbow-Road kamen wir durch die Metro-Unterführung der Station Ximen, die sich unterschiedlichen Tanzformen verschrieben hat. An einer Stelle übten junge Mädchen Tanzformationen, es ging eine Tür ab zu einem „Pin dance Studio“, an den Wänden wurde Hip Hop und Break Dance malerisch dargestellt und vieles mehr. Beim Verlassen der Station waren wir direkt bei der Rainbow Road, wo bunte Streifen in Regenbogenfarben den Straßenbelag zierten. Er symbolisierte die erste Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen in Asien, hier in Taiwan 2019. Hier begann der Ximending Walkingdistrict, eine Fußgängerzone mit schrillen Läden. Es gab Fotoläden mit diversen, meist kitschigen Accessoires, wo man sich selbst fotografieren, Automatenläden wie auf einem Rummel, wo man mit Glück mit Greifern kleine Kuscheltiere oder ähnliches ziehen konnte, Essstände etc. und wen das noch nicht genug an Japan erinnerte der fand dort einen 5-stöckigen Laden von Don Don Donki, der überlief von japanischen Waren von Süßigkeiten, Lebensmitteln, Schminkprodukten und vielem mehr, alles in schrillen Farben und mit Musik durch Lautsprecher. Das Angebot war sehr authentisch nach unseren Erfahrungen, bis hin zu den völlig überteuerten, als Souvenir einzeln eingepackten, makellosen Früchten, wie wir sie bereits in Tokio bestaunt hatten. Um den Laden wieder zu verlassen, musste man einmal durch alle Gänge laufen, die nicht nur aufgrund ihrer meist super kitschigen und schrillen Verpackungen, sondern auch durch viele Einkaufende eng und entnervend waren. Wir waren froh, als wir wieder raus waren. Last but not least erreichten wir den Huaxi Street Night Market, der die hereingebrochene Dunkelheit mit bunten Lichtern vertrieb. Die Düfte und Speisen ließen uns schon das Wasser im Mund zusammen laufen, aber überall schien auch hier Fleisch oder Fisch im Spiel zu sein. Heute hatten wir aber Glück und fanden ein kleines Restaurant, das uns zwei Gerichte anbieten konnte. Das eine waren Reisnudeln mit Tofu, die in eine süß-saure Suppe mit Gewürzgurken- und Möhrenscheiben getunkt gegessen wurden, das andere ein Salat aus Kraut, mit frischem Koriander und Erdnüssen verfeinert. Dazu gab es kostenlosen Tee. Es schmeckte hervorragend und kostete zusammen nur 7€. Gesättigt traten wir die lange Busfahrt zu unserer FeWo an, kauften nebenan noch etwas zum Frühstück und beschlossen dann den Abend mit Fotos bearbeiten und Bericht schreiben.

Donnerstag, 11.1.24 Taipeh

Dieser Tag war ein Wandertag. Wir fuhren mit Bus und Metro in den Osten der Stadt und machten dort eine herrliche Wanderung auf den Elefant Mountain. Es war ein hervorragend gepflegtes Wandergebiet zu diversen Aussichtspunkten, wo man einen genialen Blick auf die Stadt hatte. Im Vordergrund stand der Taipei 101, das bis 2007 höchste Gebäude der Welt. Der Wanderweg war zumeist als Treppe aus Natursteinen angelegt, daher einfach begehbar, aber schon auch sehr anstrengend, da der Rundweg, den wir dort gemacht haben, auf 8 km Länge 410 Höhenmeter erreichte. Da er aber durch schattige und herrlich grüne Dschungellandschaft mit bunten Blüten vom indischem Stechapfel, der Beerenmalve und der hängenden Hummerschere (keine Angst, ich bin nicht plötzlich Botanikerin, habe aber mal bei Google Lens nachgesehen) führte und immer wieder Rastmöglichkeiten mit Ausblick, kleinen Tempeln oder ähnlichem bot, war die Strecke auch für mich zu schaffen. Nach dem Abstieg über die hunderte von Stufen zitterten meine Beine so, dass wir erst einmal einen Schoko- Frappé und ein Stück Kuchen in einem Café genossen. Danach traten wir den Rückweg an. Bei uns um die Ecke fanden wir ein Restaurant, bei dem die Speisen in Büfettform angeboten wurden und man sich selber bedienen konnte. Wir zeigten unsere Notiz, dass wir Vegetarier wären und die Bedienung zeigte uns, was wir essen konnten. So genossen wir jeder einen bunten Teller mit Mais, Blattspinat, irgendwas lauchartigem und einer gefüllten Schote (Okra?). Stefan nahm sich noch Algen, ich dafür ein Stückchen gebratenen Lachs. Dazu konnten wir uns ein Schüsselchen mit Reis füllen, alles zusammen für 7€. Der Preis ergab sich je nach Gewicht. Es war lecker, also setzten wir uns das Restaurant auf unsere Merkliste. An einem Straßenstand erwarben wir uns noch ein Sahneteilchen zum Nachtisch, dann ging’s zurück nach Hause in unsere Ferienwohnung, die uns sehr gefiel. Wir genossen es, zwei Zimmer zum Schlafen nutzen zu können, sodass jeder ein bisschen Privatraum für sich hatte, außerdem die Waschmaschine, die uns das Leben sehr erleichterte, da Stefan seine Joggingsachen regelmäßig waschen konnte. Absoluter Luxus also. Wir hatten auch versucht, in Taipeh Servasgastgeber zu finden, aber waren gescheitert. Die Koordinatorin hatte aber unsere Anfrage und unsere Reispläne in ihre Servas WhatsApp-Gruppe gestellt und so standen wir inzwischen in Verbindung mit einer Servasgastgeberin, die uns auf unserer Reise die Stadt Taichung zeigen wollte und einer weiteren, bei der wir übernachten konnten, die aber kaum Zeit hatte, weil sie in einem Hotel arbeitete und die Vorbereitungen für das chinesische Neujahr auf Hochtouren liefen.

Freitag, 12.1.24 Taipeh

Während Deutschland bei Kälte zitterte, waren bei uns die Temperaturen bis auf 23⁰ geklettert. Wir kamen mal wieder erst gegen Mittag los, weil wir beide verschlafen hatten. Unsere Probleme, ein- bzw. durchzuschlafen, verfolgten uns weiterhin. Ich war am Abend zuvor total aufgekratzt, weil wir zu lange nach einer Unterkunft für die Neujahrszeit bei Booking und Airbnb gegoogelt hatten. Wir brauchten unbedingt etwas, wo wir uns selbst verpflegen und auch die gesamte Zeit wohnen könnten. Das chinesische Neujahrsfest war eigentlich am 10. Februar in diesem Jahr, aber vom 8.-14. Februar waren Feiertage und die wurden hier, soweit uns bekannt, mindestens ebenso streng genommen wie wir es bei unserer Reise nach Vietnam erlebt hatten. Wir stellten uns also darauf ein, dass keine Geschäfte und wahrscheinlich auch keine oder kaum Restaurants geöffnet haben würden, der öffentliche Verkehr nur eingeschränkt funktionierte und alle Unterkünfte ausgebucht sein würden. Chinesisch Neujahr ist das wichtigste Fest in Taiwan und wird in den Familien gefeiert, daher reisen auch im Ausland lebende Taiwanesen häufig extra an. Es war also wirklich nicht einfach, eine Unterkunft im Süden Taiwans zu finden, in der wir uns selbst etwas zu essen machen könnten. Wir entschieden uns letztendlich für ein Apartment in Kaohsiung. Es klang nicht so super wie unser jetziges, aber so einen Luxus, eine Art Reihenhaushälfte mit zwei Zimmern, Du/WC und Garten zu haben, da würden wir wohl lange drauf warten müssen, oder es würde unbezahlbar. Kaohsiung war eine Millionenstadt mit Hafen, dem Liebesfluss, vielen Parks und scheinbar auch interessanten Gebäuden. War das Neujahrsfest vergleichbar mit Vietnam, versprach das, dass wir die Stadt ruhiger, ohne den täglichen Berufsverkehr, dafür aber geschmückt erleben könnten. Dann hätte die Schließung aller Geschäfte und öffentlichen Einrichtungen für uns wenigstens auch einen Vorteil. Wir ließen uns überraschen.
Heute besuchten wir in Taipei als erstes das historische Anwesen der Familie Luzhou Lee. Das 1857 erbaute Haus wurde 1985 zur Nationalen Stätte und 2006, mit der Eröffnung der Gedenkhalle der alliierten Generäle, zur historischen Stätte erklärt. In dem von einem Park mit Teich und beeindruckenden Bäumen umgebenen Gebäude konnten wir historische landwirtschaftliche Geräte, Einrichtungsgegenstände, Spielzeug und Möbel ansehen. Ausstellungsstücke erinnerten an berühmte Familienmitglieder wie Lee Shuhua, der sich als Prüfer der konfuzianischen Lehre einen Namen machte und zwei Generationen später General Lee You-Pang, der als erster in Taiwan geborener General in der Armee der Republik China gegen Japan kämpfte. Es war sehr entspannend in dieser friedlichen Oase inmitten der Stadt einen ruhigen Ort zu finden, und das Haus beeindruckte durch seine architektonische Struktur. Die Lee Family Residence bestand eigentlich aus einer Ansammlung von Gebäuden in Form eines Hauses mit viereckigem Innenhof und verfügte über insgesamt neun Säle, 60 Zimmer, drei Innenhöfe und 120 Türen und war größtenteils aus Steinen und Ziegeln gebaut.
Unser nächstes Ziel war eine Andachtsstätte, bei der sich ein Straßenmarkt mit zahlreichen Fisch-, Obst- und Gemüseständen befand. Vor der Andachtstätte fand ein Puppentheater statt. Es schien sich thematisch an Erwachsene zu wenden, zumindest schauten diese hauptsächlich zu. Später las ich, dass Tempel häufig Puppentheater, die über Land reisten, zu Tempelfesten einluden. Wir erwarben ein paar Bananen und bei einem Tee-Laden einen Pudding-Milchtee. Er schmeckte nicht schlecht, aber auch nicht aufregend, halt süßer Schwarztee mit Milch und Geleestückchen. Es gab auch einen Grüntee- Macchiato und andere Versionen. Danach wollten wir in den Erchong Floodway Riverside Park, ein als Park angelegtes Überflutungsgebiet. Eigentlich war so ein Naherholungsgebiet zum Radfahren, Spazierengehen und Sport treiben eine gute Sache, aber nicht ganz so verlockend, wenn es direkt unter einer Schnellstraße und neben vielbefahrenen Straßen lag, die auch locker mal 6-8 Spuren haben konnten. In diesem Gebiet wurde auch Gemüse angebaut, was ich im Anbetracht der Abgase sehr bedenklich fand. Wir hatten schon von dem Fußweg hierhin genug von all den Abgasen, sodass wir den nächstbesten Bus zurück nahmen und noch einen ausgiebigen Einkauf in einem PX- Supermarkt erledigten, den wir im Internet herausgefunden hatten. Mit zwei gefüllten Tagesrücksäcken marschierten wir zurück zu unserer Wohnung und Stefan kochte Nudeln mit angebratenem Gemüse und Pilzen. Zum Nachtisch gab es je ein halbes Creme Teilchen und Kumquats. Wir wollten mal früh ins Bett, damit wir vom kommenden Tag etwas mehr haben würden.

Samstag, 13.1.24 Taipeh

Dieser Tag war ein wirkliches Highlight! Bei schönstem Sonnenwetter machten wir uns mit diversen Bussen auf den Weg zum Yehiliu Geopark an der Ostküste Taiwans auf. Die Fahrt dorthin dauerte über 2 Stunden, aber sie hat sich auf jeden Fall gelohnt. Das Meer hatte dort Sand und Felsen zu den bizarrsten Formationen geformt. Es gab „Mushroom Rocks“, also pilzartige Gebilde, wie wir sie zuvor nur in Kappadokien gesehen hatten, da aber nur im Inland, nicht am Meer. Das salzige Wasser und die Kraft der Wellen hatten aber auch noch ganz andere Gebilde geschaffen, die Gesichtern, Tieren oder Drachen ähnelten, aber auch Höhlen und wellenförmige Plattformen. Auf hervorragend angelegten Wegen, die an vielen Stellen sogar für Rollis zugänglich waren, konnten wir durch diese märchengleiche Welt schlendern. Darüber hinaus ging es über zahlreiche Treppenstufen auf einen Hügel mit Aussichtsterrasse. Der Weg führte, wie bei unserer letzten Wanderung, durch dichtes Grün, was gelegentlich einen Blick aufs Meer freigab. Er war daher größtenteils schattig und mehrfach hatten wir das Glück, von unterschiedlichen Schmetterlingen begleitet zu werden. Nach einer ausgiebigen Erkundung der Gegend genossen wir Kaffee und Kuchen im gleichnamigen Fischerdorf Yehiliu. Wir waren in dem Park an diesem Tag natürlich nicht alleine, was man an einem Wochenende, bei super Wetter, an einem touristischen Highlight natürlich auch nicht erwarten konnte, aber wie meistens an solchen Orten, begnügten sich die Mehrzahl der Besucher mit den Fotopunkten zu Beginn und scheuten die körperliche Herausforderung, einige Stufen auf einen Hügel zu laufen, auch wenn 180 Höhenmeter nun nicht so furchtbar viel sind. Manchmal konnte es auch ganz witzig sein, Leute zu beobachten, die sich in eine lange Schlange einreihten, um ein und dasselbe Foto von sich machen zu lassen, wie all die Anderen. Man hatte sogar extra mit Fußabdrücken markiert, wo der beste Spot war. Die Aufnahmen reihen sich dann später in die Millionen gleicher Fotos auf Instagram ein. Das brauchten wir nicht, haben wir entschieden.
Am späteren Nachmittag fuhren wir per Bus und Metro wieder zurück in unser Wohngebiet und aßen noch einmal bei dem Restaurant, bei dem wir am Donnerstag so gut beraten wurden.
Von der Präsidentschaftswahl an diesem Tage nahmen wir eigentlich nur in den Tagen zuvor gelegentlich Fahrzeuge mit Werbeplakaten und Lautsprecher wahr. Da wird bei uns ein größeres Brimborium um die Bundestagswahl gemacht. Sowie es gegen 20:30 aussah, hatte die Demokratische Fortschrittspartei DPP, die für eine dauerhafte Unabhängigkeit von China stand, gewonnen. Der neue Präsident sollte am 20. Mai seinen Dienst antreten. Wir waren gespannt, ob wir in den nächsten Tagen irgendwelche Reaktionen bemerken würden.

Sonntag, 14.1.24 Taipei

Unsere Pläne, an diesem Tag in den Norden zu fahren und heiße Quellen zu genießen, schmissen wir am Morgen direkt über den Haufen. Stefan war ziemlich erkältet und da wäre draußen baden und das in richtig heißen Wassertemperaturen, wohl kontraproduktiv gewesen. Wir ließen es langsam angehen und sind gegen Mittag zum Luzou forbidden City Museum gegangen, das sich dann aber, entgegen der Informationen aus dem Internet, als geschlossen erwies. Wir entschieden uns daher, das National Palace Museum zu besuchen. Es beinhaltete die weltweit größte Sammlung an chinesischer Kunst und Artefakten. Eine temporäre Ausstellung zeigte, wie im 15./16. Jahrhundert die Seefahrt die Weltmeere beherrschte und die unterschiedlichen Kulturen aufeinandertrafen und sich gegenseitig beeinflussten. Fundstücke aus versenkten Schiffen, die den Kämpfen der Eroberer, z.B. der Spanier und Holländer, zum Opfer fielen, wurden im letzten Jahrhundert geborgen und dem Museum zur Verfügung gestellt. Wir sahen die Entwicklung der Buchkunst mit handschriftlichen Seiten, die durch kunstvolle Zeichnungen daneben untermalt bzw der Inhalt näher erklärt wurde. Zur damaligen Zeit war jedes Buch so bunt und künstlerisch gestaltet, wie man es heute fast ausschließlich in Bilderbüchern findet. Wir konnten Meisterstücke chinesischen Geschirrs bewundern mit zierlichsten Formen und Farben, dass die Herrscher der verschiedenen Dynastien ihr eigen nannten, sowie auch ihre Möbelstücke aus Sandelholz. Wir lernten, welchen Wert die Gelehrten der Ausstattung ihrer Schreibstuben beimaßen: Pinselhalter, Pinsel, Tuschsteine etc. aus wertvollsten Materialien wie Elfenbein, dem Horn von Nashörnern, Jade und Bronze, mit den feinsten Verzierungen, die teils nur mit der Lupe zu sehen waren. Die Entwicklung der Kunst wurde mit einer Symphonie verglichen. Farben, Tiere, Landschaften wurden nacheinander bis zur Perfektion entwickelt, bis sie schließlich heute, wie eine Zusammenführung von Tönen, eine meisterliche Symphonie ergaben. Zum Abschluss des Besuches dieses von innen sehr modernen, von außen historischen Museums, besuchten wir noch den Garten, der mit Wasserlauf, Pavillons, kleinen Brücken und schönen Pflanzen und Bäumen einen netten Abschluss bot. Per Bus ging es zurück in unseren Bezirk, wo wir uns mangels Gemüsebrühe eine Tüte fertige Minestrone kauften. Wir hatten Lust, unsere restlichen Pilze und Grüngemüse dieses Mal als Suppe zu genießen. Es gab also eine etwas untypisch Italienisch-asiatische Mischung, aber wir waren wenigstens sicher, dass keinerlei Fischpaste oder Rinderbrühe drin war. Außerdem kauften wir uns ein Eis am Stiel aus Mungbohnen. Es schmeckte interessant, nicht so süß wie Eis bei uns, von der Textur ein bisschen so, als wären Haferflocken drin, ungewohnt aber nicht schlecht.

Montag, 15.1.24 Taipeh