Santiago de Cuba Kuba


Prozessionen für Schutzheilige und Fidel

Wir entscheiden uns, noch eine Nacht länger in Santiago zu bleiben und einen ruhigen Tag zu verbringen. Unser Vermieter ist in der vorletzten Nacht mit Herzproblemen ins Krankenhaus gekommen, nun ist seine Schwester für unser Wohl zuständig. Sie wohnt im selben Haus und spricht gut Englisch, da sie als Englischlehrerin gearbeitet hat. Ob sie aus Altergründen aufgehört hat, oder weil sie auch vermietet und das lukrativer ist, wissen wir nicht. Leider müssen wir sie gleich zweimal belästigen. Unser erstes Problem ist nicht nur für Kuba typisch, sondern hat uns in Lateinamerika schon immer verfolgt: verstopfte Toiletten. Selbst wenn man sich daran hält, das Toilettenpapier nicht ins Klo sondern in den Eimer daneben zu schmeißen, verstopfen die Rohre ständig. Bei Busbahnhöfen und Restaurants ist das schon eklig, aber im eigenen Bad die Toilette nicht mehr nutzen zu können, ist schon ätzend. Das Problem wird in unserer Abwesenheit umgehend behoben, da kommt das zweite: aus der eigentlich modernen Klimaanlage kommt plötzlich ein Wasserfall in unser Schlafzimmer. Auch das Problem wird umgehend gelöst. Wir können also getrost noch eine weitere Nacht dort verbringen. Unseren „ruhigen“ Tag verbringen wir natürlich auch nicht damit, die Füße hochzulegen, sondern wir machen uns auf zum Busbahnhof und reservieren für den kommenden Tag eine Fahrt nach „Baracoa“. Dann versuchen wir herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur „Basilika El Cobre“ zu gelangen. Wir bleiben letztlich auf einem Taxi hängen. Die alte Karosse hat keinerlei Verkleidung mehr, lässt sich nur noch von außen öffnen, hat aber neue Boxen am Rücksitz befestigt. Zum Glück scheint der Auspuff noch intakt und bläst die Abgase nicht direkt ins Innere. Nach ca 20 km taucht die marmorfarbene Kirche hoch erhoben majestätisch vor den Ausläufern der Sierra Maestra auf. Dieser Anblick ist unser eigentlicher Grund für den Besuch. Die eigentlichen Besucher dieser Basilika sind Gläubige, die die kubanische Schutzpatronin um die Erfüllung ihrer Wünsche bitten und ihr dafür diverse Dinge opfern vom Baseballschläger bis zu Ernest Hemmingways Nobelpreismedaile, die aber heute anderswo aufbewahrt wird. Die „Virgen de la Caridad“ wird laut Reiseführer nicht nur als katholische Heilige verehrt, sondern auch als afrokubanische Göttin Ochún.
Nach einem ausgiebigen Fotostopp lassen wir uns wieder zurück nach Santiago fahren. Abends haben wir dann noch das Glück, eine Prozession durch die Stadt mitzuerleben. Sie geschieht zur Erinnerung an den Todestag Fidel Castros vor ungefähr einem Jahr. Eine große Anzahl Menschen, zum Teil mit Kerzen und laut singend und tanzend, laufen hinter einer Madonnenfigur (vielleicht auch der Schutzheiligen?) und ebenso Großfotos von Fidel, Che Guevara, Hugo Chaves und weiteren mir unbekannten Sozialisten her und singen und skandieren etwas, das ich nicht verstehen kann. Die Mehrzahl der Menschenmenge sind Schwarze, zum Teil mit besonderer Kleidung. Im „Parque Céspedes“, dem Hauptplatz  der Stadt vor der „Catedral de Nuestra Señora de la Asuncion“ und dem „Ayuntamiento“ (Rathaus), von dem Fidel Castro 1959 den Sieg der Revolution verkündete, ist eine Fotoausstellung mit Bildern seines Trauerzuges durch ganz Kuba aufgebaut. In den Gesichtern der vielen Trauernden und aus deren Beileidsbekundungen lässt sich schon eine tiefe Trauer ablesen.
Auch heute noch findet man überall im Land Schriftzüge auf Hügeln, auf Autos, an Häusern etc mit „yo soy Fidel“ und ähnlichen Bekenntnissen der Zuneigung.

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https://travelwild.de/kuba-tagebuch-5-12-2017-santiago-de-cuba-baracoa/