Sancti Spiritus/Ciego de Avila Kuba


Wo nichts zu sehen ist, aber viel zu erleben

Wir machen uns ohne Frühstück auf den Weg zum Busterminal. Ich habe miserabel bzw. bis gegen 3 Uhr morgens gar nicht geschlafen und fühle mich dementsprechend. Das schwüle Klima tut das Seinige und als ich dann noch mit meinem blöden, eh schon kaputtem Fuß wegknicke und hinfalle mit Rucksack auf dem Rücken ist bei mir die Laune auf dem Tiefststand. Zum Glück ist nichts weiter passiert außer einem blauen Fleck und wir finden am Marktstand eine Sesamschnitte und Brot, was wir mit Wasser als Frühstück zu uns nehmen. Gegen 11 Uhr setzen wir unsere Kubarundreise fort und fahren nach „Ciego de Avila“. Am Busbahnhof wartet ein Casabesitzer, worüber wir recht froh sind, denn die Stadt ist kein besonderes Touristenziel und in „Sancti Spiritus“ hatte es eine ganze Weile gedauert, bis wir etwas einigermaßen ansprechendes zum Preis von 25 CUC gefunden hatten. Wir werden von der Besitzerin ausgiebig eingewiesen. Jeder Lichtschalter wird erklärt, und nachdem sie erläutert hat, dass die Metallscheibe vor dem Fenster zum Innenhof davor ist, um Mücken abzuhalten, bin ich glücklich ohne Fenster zu leben. Fenster sind hier zumeist nur verstellbare Holzlamellen, die aber nie vollkommen schließen. Für die Ventilation gegen die Hitze ist das natürlich praktisch, aber gegen Mücken nicht sehr effektiv. Da es Letztere hier gehäuft geben soll, lassen wir also alles dicht und nutzen nur die Aircondition zur Belüftung und den Ventilator, um unsere Wäsche zu trocknen. Wir müssen täglich etwas waschen, weil Stefan morgens immer joggt und wir auch darüber hinaus oft nass geschwitzt sind. Wenn wir keine Dachterrasse zur Verfügung haben, ist der Ventilator ein prima Trockner.
Unsere Vermieterin erklärt uns weiterhin ganz genau die Verwendung unserer Schlüssel, derer wir drei bekommen haben. Häufig bekommen wir nur einen Zimmerschlüssel und es ist rund um die Uhr jemand im Haus, um die Eingangstür zu öffnen. Das ist für Stefan, wenn er früh joggen muss, weil unser Bus früh fährt, immer ein wenig unangenehm. Hier bekommen wir nun aber Schlüssel für Zimmer, Eingangsgitter zum Haus und Innenhof und Eingangstür von der Straße aus. Alle sind ziemlich speziell und zum Teil mit drei Dornen gesichert und alle funktionieren anders. Die Stadt scheint recht unsicher zu sein, denn es soll immer alles abgeschlossen sein. Wir beobachten auch beim Stadtbummel, dass es gesicherte Fahrradabstellplätze gibt. Die Stadt hat eigentlich nichts besonderes, warum man sie unbedingt besuchen müsste. Es gibt einen netten See mit Tretbooten, aber sonst kann ich ihr nicht viel abgewinnen. Sie bietet uns aber noch ein paar Besonderheiten des alltäglichen Lebens. Wir versuchen unseren Hunger in einem staatlichen Restaurant zu stillen. Spaghetti haben wir schon seit „Matanzas“ nicht mehr gegessen und mit Soße Napoli, also nur Tomatensoße und Käse, kann man als Veggie ja auch nichts falsch machen. Das, was wir bekommen, ist in einer Untertassenportionsgröße und nahezu ungenießbar. Die Soße ist allerhöchstens an einer Tomate vorbeigelaufen und der Käse ungenießbar. Es soll wohl eine Art Mortadella sein, die aber so merkwürdig schmeckt und einen bitterem Nachgeschmack hat, dass er für mich nicht mal den Anschein von Käse erweckt. Nach ein paar Bissen Spaghetti ist mein Hunger vergangenen. Das Ambiente entspricht dem, was man auch im sozialistischen Osteuropa vorfand. Man muss fairnesshalber dazusagen, dass die Spaghetti mit zwei Dosen kubanischen Limo umgerechnet ganze 1,20€ gekostet haben. Manchmal ist Sparen eben auch ein Fehler, aber man muss halt auch etwas anderes vegetarisches zum angemessenen Preis finden.
In einer „Dulceria“, wo man in der Regel nur Kuchen und Süßwaren kaufen kann, gibt es hier auch Pizza im Kühlregal, die man entweder dort warmmachen und essen kann, oder zum Backen mit nach Hause nimmt. Wir genehmigen uns ein paar kleine Miniteilchen und Kaffee und beobachten eine Familie mit einem sehr auffälligen Kleinkind von ca 2 Jahren. Nach einer Weile ahnen wir, warum es so auf Krawall gebürstet ist: der Papa schüttet dem Kleinen und seinem ca 15-jährigen Bruder Bier rein! Alkohol ist auch in Kuba für Minderjährige verboten, aber es schütteln zwar Angestellte und Gäste die Köpfe, aber verboten wird es ihm nicht.
In selbiger „Dulceria“ scheint sich dort, wo ich die Toilette vermutet habe, ein Fahrradabstellraum zu befinden. Immer wieder kommen Leute rein und schieben dann durch das Ladencafé ihr Fahrrad nach draußen.
In der Stadt begegnet uns recht viel Armut in Form von Menschen, die auf Parkbänken schlafen oder in Mülleimern suchen.
In dieser Nacht schlafe ich in einem angenehm temperierten Zimmer endlich mal wieder richtig gut und lange.

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